Hallo Zoelomat,
ich würde diese Frage mal etwas abwandeln. Es geht weniger
darum, ob sie sich erkennen, sondern ob sie das nötige
Abstraktionsvermögen haben, dass sie selbst existieren.
Warum braucht man ein Abstraktionsvermögen zum Erkennen der eigenen Existenz? Ich würde doch mal ganz naiv annehmen, dass die eigene Existenz die erste und deutlichste ist, die Mensch/Tier wahrnimmt.
Ich denke, also bin ich - der erste und bislang unübertroffene Beweis der eigenen Existenz des jeweiligen Denkers.
Tiere kommen eher nicht auf die abstrakte Idee, dass alles andere nur eingebildet sein könnte.
Würde sich evolutionär nicht durchsetzen, da ein Rind vor einem eingebildeten Löwen nicht weglaufen und daher in dessen sehr realem Magen landen würde.
Abstraktion braucht man doch eher für Mathe als für das Erkennen und Einschätzen von anderen oder sich selbst. Da ist Empathie gefragt.
Aber mein Kater guckt mich ab und zu über den Spiegel an,
obwohl er direkt vor mir steht (auf dem Waschbecken) und weiß,
wo ich bin. Er beschmußt mich nicht am Spiegel, sondern in der
entgegengesetzen, richtigen Richtung.
Dieser Augenkontakt über Spiegel ist das, was mich daran
zweifeln läßt, dass Katzen nicht annähernd begreifen, was ein
Spiegel ist.
Die Unterschiede im Verhalten lassen sich auch anders
erklären. Schmusen mit dem (deinem) Spiegelbild ist halt kalt,
hart und frustierend.
Wäre logisch, wenn der Kater diese Erfahrung gemacht hätte - hat er aber nicht. Er hat nie versucht, mit meinem Spiegelbild zu schmusen, kann also nicht wissen, dass das hart und kalt ist und nicht zurückschmust.
Den Schluss zu ziehen, dass die Katze weiß, dass du und dein
Spiegelbild dieselbe Person sind, halte ich für recht mutig.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Katze nach dem
Abschlecken von Leberwurst von meinem Finger beim Finger
weitermacht, d.h. beißt. Das heißt doch, dass die Katze
überhaupt keine Vorstellung einer Person hat. Da sind sogar
Hunde, die ich nebenbei bemerkt nicht wirklich schätze, eine
Stufe weiter.
Da möchte ich Dich an deine Bemerkung, dass es unterschiedliche Grade von Intelligenz auch bei Tieren gibt, erinnern.
Meine beiden Katzen lecken auch gern was Gutes vom Finger, aber nur, solange etwas da ist. Gebissen haben sie mich in solcher Situation nie.
Wenn meine Katze (die ist etwas empfindlicher) mich mal kurz beißt, weil ich sie falsch berühre, beginnt sie gleich danach, wohl wenn sie meinen Geruch erkennt, mich freundlich zu lecken (putzen).
Wie schon gesagt, die wirklich intelligenten Tiere wissen auch
nicht, wie sie aussehen. Sie merken aber irgendwann, dass das
Spiegelbild genau dasselbe macht wie sie selbst. Und dann
machen sie ein paar Versuche, sich so zu bewegen, wie ein
Gegenüber das in der Zeit nicht schaffen könnte.
Klar, dass schaffen Katzen nicht. Das kann aber auch daran liegen, dass Katzen und Hunde nicht so visuell orientiert sind, wie Unsereins, Affen und manche Vögel.
Stell Dir vor, man hielte Dir einen Geruchsspiegel vor - Du würdest dich sicher nicht erkennen, Hunde und Katzen sich ev. schon, dich auf alle Fälle.
(Beispiel: mein Kater, sehr ängstlich gegenüber allen anderen Erwachsenen, hopste vor Jahren einfach so auf den Schoß meiner Schwester, obwohl sie seltener zu Besuch kam, als manche andere, deretwegen er sich stundenlang im Schlafzimmer versteckte.
Dürfte m.E. am Familiengeruch liegen, anders kann ich mir sein Verhalten partout nicht erklären).
Dieses Versehen hat er schnell bemerkt und den Hopser nie wiederhohlt. Ist aber nach wie vor ihr gegenüber zutraulicher, als bei anderen Erwachsenen.
Wir Menschen neigen doch sehr dazu, unsere sehr eingeschränkten Wahrnehmungsmöglichkeiten als das Non-plus-Ultra hinzustellen und nicht über den Tellerrand zu gucken.
Grundvoraussetzug ist die Bildung eines Konzepts des Selbst.
Dies ist meiner unausgereifen Meinung nach die Spitze der
Bewältigung sozialer Beziehungen. Was passiert, wenn der das
macht, ein anderer was anderes macht und ein dritter dies
beobachtet und ich als vierter dies alles sehe. So gesehen ist
es irgendwo die Spitzenleistung der Gehirnentwicklung, aber
angesichts des Aufwandes von zweifelhaftem Nutzen. OK, wir
Menschen haben dadurch überlebt, aber auch hier und heute sind
geistige Höchstleistungen nicht unbedingt der
Evolutionsvorteil.
Doch, der Evolutionsvorteil ist da. Wir Menschen haben nicht nur überlebt, wir überbevölkern gerade die Erde.
Wenn Dohlen trotz ihrer Intelligenz zu den bedrohten Arten gehören, dann weil es eben uns gibt, mit noch mehr Grips. Wir mögen nicht, wenn Dohlen unsere Saat wegfressen und wir haben Schrotflinten.
Warum gerade einige Vogelarten zu geistigen Höchstleistungen
fähig sind, weiß ich nicht. Katzen sind es definitiv nicht,
warum auch, ich mag sie trotzdem. Und auch einige Hunde,
sofern sie nicht zu „hündisch“ sind.
Dass manche Vogelarten diese Intelligenz entwickelt haben, liegt wohl am Zusammenleben in Gruppen. Eine soziale Struktur (Herden zählen da nicht) fordert Empathie, diese widerum eine gewisses Maß an Intelligenz, fördert aber die Überlebenschancen.
In der Hinsicht sind Katzen eigentlich außen vor, da sie an sich Einzelgänger sind. Gemessen daran sind Katzen ausgesprochen pfiffig.
Deine Katze weiß sicher auch, wie sie dir noch eine Portion Futter abschmusen oder -maunzen kann, oder (O.K., wenn sie deinen Finger nicht als Teil von Dir erkennt, weiß sie es ev. nicht)? Obwohl sie ein Einzelgänger ist. Meine Katzen wissen das sehr gut.
Ich denke, das ist kein reiner Erfahrungswert, sondern stammt noch aus der Katzenkindheit - die bei Hauskatzen nicht endet, wenn die „Mutter“, also der Halter, sie nicht verstößt. Zwischen Katzenjungen und der Mutter gibt es Empathie, bei kastrierten Katzenvätern übrigens durchaus auch.
In der Eltern- bzw. Kindsituation sind also auch die Einzelgänger Katzen zu Empathie fähig.
Meine hochschwangere Katze wollte mich z.B. beim `einmal Junge kriegen´ dabei haben. Ist solange um mich rumgemaunzt, bis ich ihr zu ihrem ausgesuchten Geburtsplatz gefolgt bin und mich zu ihr gehockt habe. Das war schon recht eigenartig. Sie maunzte und ging ein Stückchen, guckte ob ich mitkomme, ging dann etwas weiter, guckte wieder und wartete immer auf mein Folgen. Warum es ihr wichtig war, mich dabei zu haben, ist mir ein Rätsel. Das kannte ich von unseren Hofkatzen früher nicht. Die haben sich versteckt und wollten alleine sein, was ich persöhnlich eher nachvollziehen kann.
Ich will Katzen jetzt nicht als Intelligenzbestien hinstellen. Aber ich habe manchmal den Eindruck, dass da mehr ist, als die Wissenschaft per Erforschung am Maße Mensch herausfindet.
Die Intelligenz eines Wesens, dass olfaktorisch mehr oder ebensoviel wahrnimmt als/wie visuell, kann man nicht rein visuell erforschen. Das ist Birnen mit Äpfeln messen.
Vielleicht sind wir Menschen nicht intelligent genug, die Intelligenz anderer Lebewesen richtig einzuschätzen - das sollten wir zumindest in Betracht ziehen. Überheblich sind wir schon genug.
Gruß, Paran