Hallo,
zu Katzengeschwistern und Geruch habe ich noch eine Kleinigkeit zu ergänzen. Oftmals hat man mit Wurfgeschwistern nämlich tatsächlich doch gute Chancen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, d.h. die Katzen ausreichend Futter, Liegeplätze, Streicheleinheiten etc. bekommen, dass es harmoniert. Das liegt an den bereits angesprochenen Charakterzügen, die sich zwar in einem Wurf auch deutlich unterscheiden können, aber die meisten werden sich ja nun nicht für die beiden total gegensätzlichen Geschwisterchen entscheiden. Wir haben damals die beiden Katerbrüder mitgenommen, die ohnehin immer miteinander gespielt haben.
Zudem kennen sie den Geruch des Geschwisterchens schon immer, das ist für sie etwas Vertrautes. Unsere Gene spielen (ob bei Katze oder Mensch) eine große Rolle bei unserem Geruch. Man bedenke hier immer den Ausdruck „Jemanden nicht riechen können“, wenn man von Antipathien spricht. Insofern ist die genetische Verwandtschaft unter Katzen durchaus ein Faktor, der die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie sich riechen können. Eine Garantie bietet das natürlich nicht.
Als wir einen Kater aus dem Tierheim dazu holten (leider wurde einer unserer Kater von einem Paketlieferanten überfahren), haben wir festgestellt, welche Auswirkungen der Geruch tatsächlich hat. Uns selbst ist aufgefallen, dass der Kater aus dem Tierheim sehr eigen roch (eben wie es im Tierheim so riecht). Wir haben sie erst einmal getrennt gesetzt und ihnen Geruchsproben gegeben. Unser Kater hat den Transportkorb, den wir aus dem Tierheim mitbrachten (wir wollten dort erst nur schauen, haben uns dann aber gleich dazu entschieden, es zu versuchen und hatten deshalb keine eigene Box dabei) fürchterlich angefaucht. Der roch natürlich primär nach Tierheim, unser Neuzugang war dort nicht allzu lange drin. Insbesondere das Handtuch mochte er überhaupt nicht. Nach ein paar Tagen hatte sich für uns Menschen der Geruch unseres neuen Mitbewohners merklich verändert. Wir ließen sie dann unter Aufsicht mal Sichtkontakt entwickeln. Unser Kater, der wirklich gut sozialisiert ist, mit seinen Kumpels draußen gut klar kommt und eigentlich noch nie in ernsthafte Schlägereien verwickelt war, hat sehr gefaucht. Nach zwei Wochen ging dann jedoch das gegenseitige Putzen los. Und wozu? Um die eigenen Geruchsnoten an den Reviergenossen zu verteidigen. Ich denke, der Tierheimgeruch war wirklich ein extremer Geruch, denn das roch ja nach viel mehr Tieren als nur nach einem neuen Kater.
Beim Tierarzt haben wir das Problem nicht. Zum einen sind wir meist mit beiden gleichzeitig hin, zum anderen finden unsere Kater den Tierarzt nicht so schlimm, sie schmusen auch mit ihm. Insofern ist dieser Geruch für sie jetzt auch nicht negativ. Die Brüder wurden gleichzeitg kastriert, insofern war das mit dem Geruch da auch kein Problem. Und eine andere OP gab es nicht (der kleine Kater aus dem Tierheim war schon kastriert).
Bei unserem jetzigen Neuzugang konnten wir das wieder beobachten. Riechen und fauchen. Aber je vertrauter der Geruch wird, umso weniger wurde das. Zudem war es bei weitem nicht so extrem, wie bei dem Kater aus dem Tierheim. Und es liegt nicht daran, dass unser Kater den Kater aus dem Tierheim nicht leiden kann: Die Beiden schmusen mittlerweile miteinander, spielen viel und sind dicke Freunde.
Meines Wissens sind Kätzinnen, was ihr inneres Revier angeht, da auch erheblich rabiater als Kater. Man redet zwar immer von blutigen Katerkämpfen, die unkastrierte Kater untereinander austragen, aber eine Kätzin verteidigt das innere Revier, in dem sie gegebenenfalls ihre Jungen aufziehen will, viel verbissener. Das kann auch bei einer kastrierten Kätzin so sein. Das erklärt vielleicht die heftige Reaktion der Kätzin auf ihren Bruder, der ihr erst einmal fremd vorgekommen ist.
Möglicherweise wäre ein Kater da zwar auch erst etwas reserviert gewesen, aber wäre nicht gleich zum Angriff übergegangen.
Unsere Kater gehen beispielsweise täglich alle Räume ab und reiben sich an bestimmten Punkten, um ihre Duftnote zu hinterlassen. Wenn das eine Weile nicht erfolgt ist, dann ist auch der vertraute Geruch nicht mehr so da. Draußen machen sie das natürlich auch, aber drinnen besonders gründlich.
Das mit der Wiedererkennung der Menschen – ich glaube, das wurde aber auch schon gesagt: Nicht alle Katzen erkennen ihre Menschen sogleich voller Freude wieder. Viele Katzenbesitzer sprechen davon, dass die Katzen nach einem Urlaub erst einmal eingeschnappt seien und nicht kämen. Ich weiß hier nicht, ob wir mit „Eingeschnappt sein“ nicht eine zu menschliche Sichtweise anwenden, oder ob es sich hier nicht eher darum dreht, dass die Katze geruchrlich verunsichert ist und erst über andere Sinne Sicherheit über die Vertrautheit zu diesem Menschen gewinnen muss.
Katzen sind zwar Raubtiere, aber als kleine Raubtiere auch durchaus selbst gefährdet, zur Beute zu werden. Insofern sind sie bei aller Neugierde auch immer vorsichtig.
Ich vermute einfach, da das mit dem inneren Revier bei Kätzinnen schwieriger ist, dass Kater da tendenziell etwas offener sind. Unsere Kater sind beispielsweise nicht „eingeschnappt“, sondern freuen sich. Und als Freigänger sind sie ja auch viele fremde Gerüche gewohnt, sie sind also wohl auch nicht ganz so leicht aus der Fassung zu bringen wie eine reine Wohungskatze (aber in der Frage ging es ja auch um Freigänger). Unsere Kater haben auch keine Probleme mit ihren Kumpels draußen, wenn sie die mal länger (z.B. wenn es mal wirklich eisig kalt ist und hoch Schnee liegt) nicht sehen, weil sie weniger raus gehen.
Die Kätzinnen mit Freigang sind da kritischer: Wenn sie die Artgenossen regelmäßig sehen, ist alles entspannt, wenn da mal eine längere Pause war und diese sich zu nah in deren engeres Revier wagen, ist das Gefauche groß. Aber das ist nun lediglich eine Beobachtung meinerseits, das kann ich nicht mit einer verhaltensbiologischen Studie belegen. Während das mit Kätzinnen und der stärkeren Verteidigung des inneren Reviers durchaus in einschlägiger Literatur zu finden ist.
Wenn die Aggressionen nach dem Tierarztbesuch oder einer längeren Abwesenheit von der Tendenz her immer abnehmen, ist das ja okay. Wenn es böse Prügeleien gibt, dann kann man vielleicht auch ähnlich wie bei einer Zusammenführung unbekannter Katzen vorgehen: Erst Geruchsproben anbieten. Wird dann vermutlich jedoch schneller gehen, als bei ganz fremden Katzen. Wenn es anhält, dann muss man sich natürlich geeignete Maßnahmen einfallen lassen, aber es hat sich ja offenbar wieder entspannt.
Ganz liebe Grüße!