Katzenverhalten schlagartig verändert

Hallo,

ich stelle diese Frage ausnahmsweise für eine Kollegin, die derzeit keinen Internetzugang hat. Natürlich habe ich mich auch schon durchs Archiv gewühlt, ist ja nun doch eine der häufigsten Fragen. Dennoch bitte ich Euch, nochmal draufzuschauen! Folgende Situation:

Katzengeschwisterpärchen, m+w, ca. 4 Jahre alt, beide seit Beginn der Geschlechtsreife kastriert, reine Wohnungskatzen, beide seinerzeit mit ca. 12 Wochen eingezogen. Sie pinkelt schon seit Jahren immer mal wieder auf eine bestimmte Stelle in der Wohnung, ohne dass ein Grund dafür bisher gefunden wurde, auch medizinisch ist natürlich alles abgeklärt. Die beiden untereinander verstehen sich wunderbar.
Vor 3 Tagen änderte sich das schlagartig, von einer Minute auf die andere ging sie auf ihn los. Seitdem darf er nicht unterm Sofa vorkommen, selbst in seinen Verstecken sucht sie ihn auf, verbeißt ihn. Einzige Änderung: am gleichen Tag wurde es draußen deutlich frühlingshaft wärmer, ansonsten hat sich nichts geändert, kein verschobenes Möbelstück, keine anderen Zeiten, keine Putzmittel, etc.
Heute morgen musste meine Kollegin die beiden trennen, um schlimmstes zu verhindern. Seitdem lebt die Katze im Bad, der Kater im Wohnzimmer.

Die Frage natürlich: was tun? Und kann eine Wetteränderung so drastische Verhaltensänderungen mit sich bringen?
Gibt es andere Tips außer Feliway? Das habe ich natürlich schon vorgeschlagen, der dazugehörige Mann ist allerdings von der „Chemie“ im Haus nicht begeistert. Wenn doch Feliway, dann erst Wohnung eindampfen lassen und dann Katzen zusammenlassen? Oder gleichzeitig, um die Verknüpfung herzustellen?

Vielen Dank für Euren Rat!
Anna

Hallo Anna,
ich habe so etwas auch schon erlebt, weiss aber auch nicht die genaue Ursache. Ich hatte eine trächtige und angefahrene Kätzin auf der Strasse gefunden. Da bei und nach der Geburt 2 der Jungen starben hatten wir beschlossen die restlichen 3 zu behalten. Das ging auch genau 4 Jahre gut. Ich weiss das so genau weil wir damals umzogen.
Es waren 3 Mädels; eine von ihnen war schon eine Weile von der Mutter und den anderen beiden immer wieder gemobbt worden. Irgendwann rastete sie aus. Sie hat sich regelmäßig die Mutter gekrallt, sich an ihrem Nacken festgebissen und sie bepinkelt und vollgekackt. Vermittlungsversuche eines ihrer Geschwisterchen wurden regelmäßig änlich geahndet. Mein damaliger Lebensgefährte hat sich irgendwann nicht mehr getraut einzugreifen, da sie uns auch schwanzpeitschend angriff. Ich habe sie einige Male mit Arbeitshandschuhen getrennt. Wenn sie ihre Ausraster hatte durfte nichts was lebt in ihre Reichweite gelangen. Ich hatte mir seinerzeit überlegt ob ich sie für einige Tage in ein Tierheim geben soll, in der Hoffnung, dass es ihr dann wieder zu Hause gefallen würde. Dann griff das Schicksal ein. Sie
bekam eine ziemlich schlimme Infektion und musste für etwa eine Woche in der Tierklinik an einen Tropf, da sie ausgetrocknet war. Zurück kam sie als geläuterte Katze und war ab diesem Zeitpunkt meine „Liebreizende“. Sie hat nur noch einmal einige Jahre später die
Kopf- und Nackenhaare gestellt und mit dem Schwanz anfangen zu peitschen was immer ein Zeichen für ihre beginnende Aggression war; da habe ich sie sofort in die Diele verbannt und 1/2 Stunde
später hatte sie vergessen, dass sie eigentlich schräg drauf war. Kann es sich in diesem Fall auch um einen Befreiungsschlag nach Unterdrückung handeln? Ich glaube, dann ist guter Rat teuer. Vielleicht, wäre es möglich die beiden temporär trennen, den Aggressor für einige Tage aus der Situtation nehmen und zu irgendwelchen zuverlässigen Bekannten geben. Falls das auch nicht hilft, abwarten und letztendlich erwägen ob man die Katzen in diesem Fall nicht besser dauerhaft trennem sollte.
Schlaf gut
Carmen

Hallo,

wir haben auch 2 Stubentiger, die sich an sich gut verstehen.
Zeigt unser Kater allerdings eine Schwäche (normal ist er der Chef) weil er krank ist, wird attackiert.

Ich würde den Angegriffenen tierärztlich durchchecken lassen, ob alles OK ist. Möglicherweise kränkelt er rum und die andere Katze nutzt ihre Chance.

Unser Kater hatte z.B. einmal ein „blaues Auge“, wodurch das Sehvermögen ein paar Tage eingeschränkt war. Unsere Katze hat ihn daraufhin ständig von der „blinden“ Seite her attackiert. Als es ihm wieder besser ging, gabs dann ein kurzes und heftiges Kämpfchen und die Machtverhältnisse waren wieder klargestellt.

Vielleicht mal in die Richtung überlegen, wer ist denn normalerweise bei den Beiden der Chef??

VG,

Birgit

Hallo Carmen, hallo Birgit,

vielen Dank schonmal Euch beiden! Ich habe Eure Ideen, Geschichten, Anregungen sofort weitergegeben, jetzt erst komme ich dazu, Euch auch eine Rückmeldung zu schreiben.
Bisher ist nichts Richtung Unterdrückung/Mobbing bekannt, trotzdem lohnt es sich, die Augen auch in dieser Richtung offenzuhalten.
Der Kater, also der momentan Attackierte, wird nun sicherheitshalber nochmal medizinisch durchgecheckt, um auch das sicher abgeklärt zu wissen.

Wenn sich die Situation verbessert/verändert, gebe ich wieder bescheid. Sollten noch weitere Gedanken dazu auftauchen, nur zu, immer her damit! :smile:)

Vielen Dank + viele Grüße,
Anna

Hallo Anna,

reine Wohnungshaltung ist (mit wenigen Ausnahmen) nicht das, was ich unter artgerechter Katzenhaltung verstehe. Man kann versuchen, sie den Katzen einigermaßen erträglich zu gestalten, aber letzten Endes widerspricht es der Katzennatur derartig, dass man sich über Verhaltensstörungen nicht wundern muss.

Auch Freigängerkatzen prügeln sich - und das oft nicht zu knapp - aber sie haben in aller Regel die Möglichkeit, Konfrontationen aus dem Weg zu gehen oder sich eben irgendwie zu arrangieren, weil sie Ausweich- und Fluchtgelegenheiten haben.

Wohnungskatzen verbringen ein Leben in Unterbeschäftigung. Dabei ist es in meinen Augen überhaupt nicht verwunderlich, wenn sie sich halt dort abreagieren, wo es möglich ist: Am Artgenossen, an der Wohnungseinrichtung oder am Menschen.

Man kann 1001 Theorien entwickeln, warum die beiden sich nun nach 4 Jahren anfangen zu prügeln. Vielleicht hören sie ebenso plötzlich damit auf, wie sie es begonnen haben. Vielleicht bekriegen sie sich aber auch die kommenden Wochen und Monate bis aufs Blut.

Wenn man aus egoistischen Motiven Katzen in vier Wände sperrt, muss man mit solchen Dingen rechnen.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo Jule,

das unterschreibe ich sofort. Nichtsdestotrotz sucht meine Kollegin nach lösungsorientierten Möglichkeiten, dem Streit zu begegnen, selbst wenn Menschen nicht perfekt sind und egoistisch handeln.
Die Freigangsmöglichkeit gab es bisher nicht, im kommenden Jahr wird es sie immerhin geben, dann ist Umzug ins eigene Heim. Das sind schonmal positive Aussichten - vorerst bleibt nur der Versuch, das ehemals stabile Katzenverhältnis untereinander wieder herzustellen.

Danke dennoch für Deine ehrliche Meinung,
Anna

Hallo Jule,

Im Grunde genommen geb ich Dir recht, das Katzen nach draußen gehören.

Aber es gibt immer weniger Gegenden, wo dies möglich ist.
Ich handle weder aus egoistischem Sinne, meine Katzen in der Wohnung zu halten, als eher aus der Not heraus, dass ich weder meine Katze überfahren im Straßengraben finden möchte, noch dahin gemeuchelt von irgendeinem Katzenhasser oder einer Mähmaschine. Hatten wir hier schon alles.

Außerdem sind meine Katzen extrem zutraulich, sie haben nie Angst oder Vorsicht gelernt. Würde ich diese nur dem Wunsch entsprechend Freilauf geben, würde ich die beiden nie wieder sehen.

Ich finde es verletzend uns als egoistisch hinzustellen, wenn man die Umstände nicht kennt.

Ich versuche mein möglichstes, den beiden Ausgang unter Aufsicht zu gewähren.

Aber ich sehe nicht ein, einer Katze den heutigen Gefahren so unbedarft auszusetzen.
In meinen Augen ist Freigang in Städten und stark befahrenen Gegenden eher schon fahrlässig und unverantwortlich, wenn man an dem Tier in irgendeiner Form hängt.

Aber hier scheiden sich die Geister.

LG
Wölkchen

Hallo Wölkchen,

Aber es gibt immer weniger Gegenden, wo dies möglich ist.

Dann sollte man sich überlegen, ob man einer Katze in einer solchen Umgebung gerecht wird. Es gibt ja durchaus Katzen, die im Haus gehalten werden können oder sogar müssen, weil sie gehandicapt sind oder auch beim Vorbesitzer nur eingesperrt gehalten wurden und nun nicht mehr raus können/ wollen. Sich junge, gesunde Katzen zu holen, um sie dann einzusperren, halte ich in keinem Fall für tierfreundlich.

Hier geht es nicht darum, der Katze ein artgerechtes Leben zu ermöglichen, sondern darum, unter allen Umständen mit einer Katze leben zu wollen - unabhängig von deren Bedürfnissen. Und was ist das anderes als Egoismus?

Ich sehe das übrigens nicht unbedingt als verwerflich an. Es gibt viele Formen von Tierhaltung, die allein aus der Prämisse heraus erfolgen, dass das Wohlbefinden des Menschen über das des Tieres gestellt wird. Bei Polizei- oder Katastrophenschutzhunden ist das so, die im Ernstfall ihr Leben und ihre Gesundheit für den Schutz/ die Rettung von Menschenleben lassen müssen. Aber auch bei vielen Behindertenbegleithunden, die häufig weit davon entfernt sind, ein auch nur einigermaßen artgerechtes Leben zu führen.

Man sollte sich nur klarmachen, dass es NICHT die Entscheidung für das Wohl des Tieres ist, sondern eine für das eigene. Auch wenn man sich dabei alle Mühe geben mag, es dem Tier angenehm zu machen.

Und wenn das Tier dann Verhaltensstörungen entwickelt, macht es in meinen Augen mehr Sinn, die eigene Form der Katzenhaltung zu hinterfragen als nach Hintertürchen, Notnägeln und Trostpflästerchen zu suchen.

Ich handle weder aus egoistischem Sinne, meine Katzen in der Wohnung zu halten, als eher aus der Not heraus, dass ich weder meine Katze überfahren im Straßengraben finden möchte, noch dahin gemeuchelt von irgendeinem Katzenhasser oder einer Mähmaschine.

Sorry, aber das ist das Lebensrisiko, das Freiheit mit sich bringt. Hier sind die eigenen Ängste der Maßstab. Man will die geliebte Katze nicht verlieren und sperrt sie deshalb lieber ein. Soll auch zwischen Menschen vorkommen.

Ich lebe mitten in der Natur. Trotzdem verliere ich immer wieder Katzen, weil sie erschossen, überfahren, von Hunden angefallen werden - oder manchmal eben einfach verschwinden. Dennoch halte ich ihr freies Leben für den höheren Wert.

Außerdem sind meine Katzen extrem zutraulich, sie haben nie Angst oder Vorsicht gelernt.

Wie sollen sie auch, wenn sie keine Gelegenheit dazu kriegen?

In meinen Augen ist Freigang in Städten und stark befahrenen Gegenden eher schon fahrlässig und unverantwortlich, wenn man an dem Tier in irgendeiner Form hängt.

Warum muss es dann in einer solchen Gegend ein Tier sein, das in Freiheit leben sollte? Man muss in meinen Augen eben Entscheidungen für seine Lebensweise treffen. Und wenn dies eine katzenfeindliche Umgebung ist, gehört da eben keine Katze hin.

Aber hier scheiden sich die Geister.

Stimmt.

Schöne Grüße,
Jule

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Hallo Jule,

Aber es gibt immer weniger Gegenden, wo dies möglich ist.

Dann sollte man sich überlegen, ob man einer Katze in einer
solchen Umgebung gerecht wird. Es gibt ja durchaus Katzen, die
im Haus gehalten werden können oder sogar müssen, weil sie
gehandicapt sind oder auch beim Vorbesitzer nur eingesperrt
gehalten wurden und nun nicht mehr raus können/ wollen. Sich
junge, gesunde Katzen zu holen, um sie dann einzusperren,
halte ich in keinem Fall für tierfreundlich.

nur zur Hintergrundinfo zu „meinem“ Fall, wobei das in keiner Weise die Richtigkeit Deiner Antwort einschränkt: die Katzen, um die es hier geht, waren zwar jung und gesund, wären aber schlicht umgebracht worden, hätten sie keine Abnehmer gefunden. Wie gesagt, dennoch bleibt Deine Aussage unbestritten wahr, was übrigens auch meine Kollegin offen bestätigt.

Ich sause zum Dienst…
Gruß!
Anna

Hallo Anna,

ich wollte da auch gar nicht großartig missionarisch tätig werden, sondern nur die Blickwinkel in Punkto Verhaltensprobleme ein wenig zurecht rücken :smile:

Schöne Grüße,
Jule

Auch mal Hallo,

Grundsätzlich bin ich ja auch für Freigang, aber und zwar ein dickes ABER:

Wenn ich an so manche Tierheime denke, wo die Mitarbeiter weder genug Platz noch Geld für die Tiere haben und trotz aller Bemühungen nie einen „Wohnzustand“ für Katzen erreichen können der wirklich als gut bezeichnet werden kann, dann kann ich jede Katze die statt dort zu bleiben in ein richtiges Zuhause kommmt, auch wenn es ohne Freigang ist, nur beglückwünschen.

In den Tierheimen leben die Katzen oft in riesen Gruppen auf engstem Raum, oft auch ohne Freigang, denn die meisten sind heillos überfüllt. An Futter gibt es meistens dass was die leute eben grad in die Spendenboxen im Supermarkt gestopft haben, oder was günstig zu bekommen war, denn neben Platz mangelt es allzu oft auch am Geld. Persönliche Zuneigung bekommen sie bestenfalls unregelmäßig von Besuchern, die, wenn das Wetter mal nicht so gut ist oder man nix besseres vor hat, sich dann mal erbarmen für 10 min die niedlichen Kätzchen im Babyzimmer zu streicheln, für soetwas ham die wenigen Pfleger in der Regel keine Zeit. Zu den alten oder kranken Tieren geht kaum mal wer.

Also im Vergleich dazu ist ein Platz (mit einem Katzenkumpel!) in einer Wohnung ohne Freigang, dafür 10 mal so viel Platz wie zuvor, und immer das (hochwertige) Lieblingsfutter, Streichel- und Kuscheleinheiten jederzeit zur Abholung bereit, beim fürsorglichen Dosi, der einen umsorgt und seine Wohnung mit Kratzbäumen und Spielzeugen ausstattet doch sehr viel angenehmer!!

Es ist nicht immer ales schwarz-weiß auf dieser Welt. Es gibt noch sehr viel mehr Beispiele bei denen ich die Katze lieber in einer Wohnung sehe als ihrem Schicksal ausgeliefert (wie das klassische Beispiel das Kitten sonst vom Bauern gekillt werden etc.). Da muss man mal über den Tellerrand schauen.

LG Wizzel