'Kein Neid empfinden': Welche Diagnose?

Moin Wissende und Profi-Psychologen :smile:

Hab mal ne FRage: Wenn jemand keinen Neid empfindet, in welchen „Diagnose-Rahmen“ würde das am besten passen? Is mir klar, das da Randinformationen fehlen; ich bräuchte einfach mal ne kleine fundierte Diskussion zur Fragestellung!

Vielen Dank,

Thom

OB
weil, das ist doch keine Fehlfunktion.

Gruß

Stefan

Apathie
Kretinismus
oder auch ganz einfach Zufriedenheit

Gruß
nicolai

Du widersprichst Dir selbst
Moin,

abgesehen von der Tatsache, dass ich ebenso wie meine Vor-Schreiber keinen Grund zu einer Diagnosestellung sehe:

Is mir klar, das da Randinformationen fehlen; ich bräuchte einfach
mal ne kleine fundierte Diskussion zur Fragestellung!

Um über Dein „Problem“ zu diskutieren fehlen nicht nur Randinformationen, sondern Kerninformationen um zu wissen, was Du überhaupt meinst.

Pit

Hallo!

Hab mal ne FRage: Wenn jemand keinen Neid empfindet, in
welchen „Diagnose-Rahmen“ würde das am besten passen?

In entsprechenden emotionsdiagnostischen Instrumenten ist Neid wohl zumeist ein Teilbereich von Ärger/Wut/Zorn.
Nun kann ein sehr niedriger Wert in diesem ganzen Bereich z.B. auf eine Aggressionshemmung hinweisen.
Wirklich spezifisches kann man aber aus geringer Neid-Empfindung gewiss nicht herauslesen.
Sämtliche Emotionen haben Bedeutung immer nur im KONTEXT anderer Emotionen bzw. der Gesamtpersönlichkeit.

Gruß
Tyll

Diagnose für Dich?
Moin, Thom,

die Fragestellung ist mir völlig rätselhaft. Ich habe mich noch nie geärgert, weil jemand mehr hat als ich; Ärger könnte höchstens auslösen, wenn ich sehe, wie derjenige dazu gekommen ist. Und mir kann niemand erzählen, ich wäre behandlungsbedürftig.

Wie man in Köln so schon sagt: „Man muss ooch jönne könne!“

Gruß Ralf

Hab mal ne FRage: Wenn jemand keinen Neid empfindet, in
welchen „Diagnose-Rahmen“ würde das am besten passen?

Kommt drauf an, warum er keinen Neid empfindet. So für sich alleine ist das bloß ein Symptom wie „Schwitzen“ - und „Schwitzen“ kann man, weil man Fieber hat, ebenso wie nach einem 100-Meter-lauf. Der 100-Meter-Läufer ist aber nicht deswegen nicht krank.

Is mir
klar, das da Randinformationen fehlen

Hier fehlt jegliche Information.

Gruß,
Max

Hallo,

ich würde mal sagen, kein Symptom, keine Diagnose. Neid an sich ist kein normaler Zustand, dessen Fehlen auf eine Störung hinweisen würde.

Viele Grüße

Hallo,

es könnte bedeuten, daß er seine Situation als im großen und ganzen zufriedenstellend empfindet und es daher für ihn keinen Anlaß zum Neid gibt.

Neid ist nicht von vorneherein schlecht. Er ist eine Emotion im Umfeld von Ärger oder Zorn und drückt subjektiv empfundene Ungerechtigkeit aus. Ohne Neid würden die stärksten Individuen alle Ressourcen an sich reißen und die Schwächeren, die nicht zum Zug kommen, würden es bis zur Selbstaufgabe hinnehmen. Sie würden heute noch „Kuchen essen“, nur weil sie halt kein Brot mehr haben.

Grüße,

I.

Hallo,

ein relativer und spezifischer Gedankengang, angeregt von und ergänzend zu Idomeneos
Er [Neid] ist eine Emotion im Umfeld von Ärger oder Zorn und drückt subjektiv empfundene Ungerechtigkeit aus.

Neid als emotionale Reaktion ist stets die Folge bzw. das Ergebnis von Vergleichen mit anderen.

Wenn jemand keinen Neid empfindet

kann oder möchte dieser jemand demzufolge keine Vergleiche anstellen?!

in welchen „Diagnose-Rahmen“ würde das am besten passen?

In diesem Brett z.B. etwas in Richtung Wahrnehmungs- oder Empathiedefizit, gestörtes Sozialverhalten. Konkreteres zu nennen wäre nackte Spekulation.

Is mir klar, das da Randinformationen fehlen

Ist daher auch nur ein gedanklicher Ansatz von mir, weil du nach Möglichkeiten fragst.

Franz

oder auch ganz einfach Zufriedenheit

Gruß
nicolai

das finde ich trifft es auf den Punkt :smile: wer mit sich selbst zufrieden ist hat keinen Grund Neid gegenüber jemand anderen zu empfinden

herzliche Grüße
Carmen

In entsprechenden emotionsdiagnostischen Instrumenten ist Neid
wohl zumeist ein Teilbereich von Ärger/Wut/Zorn.
Nun kann ein sehr niedriger Wert in diesem ganzen Bereich z.B.
auf eine Aggressionshemmung hinweisen.

Ich kenne das Gefühl von Ärger, Wut und Zorn, aber mit Neid habe ich nichts am Hut. Soll ich mir deswegen Sorgen machen?

Wirklich spezifisches kann man aber aus geringer
Neid-Empfindung gewiss nicht herauslesen.
Sämtliche Emotionen haben Bedeutung immer nur im KONTEXT
anderer Emotionen bzw. der Gesamtpersönlichkeit.

So wird es sein.

Grüsse,
Hannelore

Ich kenne das Gefühl von Ärger, Wut und Zorn, aber mit Neid
habe ich nichts am Hut. Soll ich mir deswegen Sorgen machen?

Nur wenns dir Freude macht, Hannelörchen?

Du hast doch hoffentlich nicht verstanden, ich hätte gemeint … Nicht doch.
Aber so Leute ganz ohne Neidempfinden … kann ich mir gar nicht vorstellen, dass es die gibt. Die nennen das wahrscheinlich nur anders :wink:

Gruß
Tyll

Hallo Tyll,

wie kann ich etwas benennen, das ich nicht empfinde? Ich kenne Neid nur von anderen. Die sehen dann aus, als würden sie gleich platzen vor Neid und werden auch leicht agesssiv.

Zwischen Neid und Agression sehe ich einen Zusammenhang. Beides geht von innen nach aussen. Allerdings gibt es auch Autoagressionen. Vielleicht ist das ein Denk-Ansatz? Aber wie oder als was kann sich Neid gegen sich selbst richten? Sich selbst nichts gönnen? Das würde aber nicht zu meinen nicht verspürten Neidgefühlen passen, denn ich gönne mir, was ich mir gönnen will und kann. Vielleicht fällt jemandem noch was dazu ein.

Grüsse,
Hannelore

Hallo,

du lässt dich von Tylls Aussage ein wenig verleiten.

Zwischen Neid und Agression sehe ich einen Zusammenhang.

Neid ist die Emotion, Aggression wäre ein äußeres Anzeichen/Reaktion im Zuge der Neidverarbeitung. Eine andere Reaktion, nicht erkennbar für Dritte, ist z.B. „Rechtfertigung“. Ein inneres Vorgehen zur Befriedigung meiner Neidgefühle. Als Kind armer Eltern hatte ich nicht annähernd die Spielsachen von Freunden oder Schulkameraden. Ich konnte es für mich mit den reichen Eltern der anderen relativ einfach erklären, rechtfertigen und bewältigen. Ohne Aggression. Neid war dennoch vorhanden.

wie kann ich etwas benennen, das ich nicht empfinde?

Du nimmst sie (die Unterlegenheit) vermutlich nicht wahr bzw. sie ist dir nicht bewusst. Denn vergleichen wirst auch du dich mit anderen. Mit Sicherheit.

Ich kenne Neid nur von anderen. Die sehen dann aus, als würden sie gleich platzen vor Neid und werden auch leicht agesssiv.

Man darf das Thema nicht alleine an extremen, sichtbaren Verhaltensweisen anderer festmachen.
Du verarbeitest eben nur die Vergleiche anders.
Versteckte Neidgefühle wirst du nicht erkennen.

Ein sehr sehr ähnliches Thema übrigens zu Neid: Eifersucht. Auch diese richtet sich gegen das Glück anderer :smile:

Gegen die subjektiv empfundene, unverdiente Ungerechtigkeit und und und …

Franz

1 Like

Hallo Franz,

das Thema „Neid“ beschäftigt mich immer wieder, weil ich immer wieder mit neidischen Menschen konfrontiert bin und ich deren Neid-Gefühle nicht nachvollziehen kann.

Warum ich nicht neidisch bin, kann ich für mich erklären. Ich vergleiche mich aus demselben Grund auch nicht mit anderen. Wer meine Geschichte kennt, kann es gut nachvollziehen, aber sie ist zu persönlich für hier.

Mein Fazit: Das Fehlen von Neidgefühlen ist kein Krankheitsbild für sich, sondern eine Folge von z.B. einem nicht verarbeiteten Trauma. Wie schon geschrieben wurde: Es fehlen Informationen in der ursprünglichen Frage, ohne die nur spekuliert werden kann.

Grüsse,
Hannelore

Guten Tag,
m.A. nach kann man, auch wenn man nicht in allen Bereichen mit sich zufrieden ist und sich gegenüber machem anderen in Teilbereichen eher nachteilig begabt oder begütert oder charakterlich weniger wertvoll fühlt, dennoch ohne Neidgefühle sein, ohne daß dies als Störung betrachtet werden könnte. Es könnte doch den Betreffenden dazu bringen, lebenslang an sich zu arbeiten oder sich zu bemühen - oder auch, sich mit manchem abzufinden? Was wäre an solchen Reaktionen verfehlt?

Was ich bemerkenswert finde: Leute mit wenig Neid (oder gar keinem) sind relativ wehrlos gegen neidische Mitmenschen: da ihnen selbst solche Gefühle fern liegen, vermuten sie sie auch eher selten bei anderen. Sie kommen gar nicht auf die Idee. Dabei hat Neid u.U. ein erhebliches destruktives Potential.

Möglicherweise kommt es auf die Gesellschaftsstruktur an, ob Neid eine große Rolle spielt - in eher geschwisterlich geprägten Gesellschaften könnte er bedeutungsvoller sein - ? Wenn auch die Geschichten von Kain und Abel oder Jakob und seinen Brüdern(patriarchale Gesellschaft) eher dagegen sprechen.
S.I.

Möglicherweise kommt es auf die Gesellschaftsstruktur an, ob
Neid eine große Rolle spielt - in eher geschwisterlich
geprägten Gesellschaften könnte er bedeutungsvoller sein - ?
Wenn auch die Geschichten von Kain und Abel oder Jakob und
seinen Brüdern(patriarchale Gesellschaft) eher dagegen
sprechen.
S.I.

Ein kleiner Exkurs :
Unsere Emotionen stellen ja auch ein gesellschaftliches Steuerungsinstrument dar. Ihre Bedeutung hängt also von der Art der Gesellschaft ab. Es gibt Emotionen, die in einer Gesellschaftsform willkommen sind, andere, die sich destruktiv auswirken und deshalb von der Gesellschaft missbilligt werden (abschaffen kann man sie natürlich nicht, da sie dem Homo Sapiens zu eigen sind).

In einer Jäger-und-Sammler-Gesellschaft der Khoi-San ist der Neid sehr nützlich. Die Mitglieder einer Gruppe sind recht egalitär, der individuelle persönliche Besitz ist spärlich, das meiste gehört der ganzen Gruppe. Chefs gibt es nur auf Zeit für begrenzte Aufgaben. Über die gerechte Aufteilung der Jagdbeute wird von allen genau gewacht. Die Beute darf von dem aufgeteilt werden, dessen Pfeil getroffen hat. Ein guter Jäger genießt ein hohes Ansehen, aber zu viel davon erzeugt Neid. Es kommt daher vor, dass ein guter Jäger mit dem Pfeil eines schwächeren schießt (und ihm dadurch die Beute zuschanzt), um sich nicht zu sehr zu exponieren. Diese Gesellschaftsform ist seit über 100.000 Jahren stabil. Ich behaupte, sie wäre es nicht ohne die korrektive Funktion des Neides.

Das Christentum ermöglicht größere Gesellschaften, da es das Zusammenleben und die Kooperation von vielen Menschen regelt, die einander nicht kennen („liebe deinen Nächsten“). Es hat zu einer Wirtschaftordnung geführt, die auf Wettbewerb basiert. Ein solcher funktioniert nur, wenn der wirtschftliche Erfolgreiche nicht sozial abgestraft wird. Neid ist dabei hinderlich. Er gehört deshalb zu den Sieben Todsünden, also den unerwünschten Emotionen.

MfG
Klaus

1 Like

Hallo Klaus,

was Du über die Umsetzung von Neid in unterschiedlichen Gesellschaften schreibst, finde ich sehr interessant.
Daraus geht aber doch hervor, daß er in jedem Fall eine unerfreuliche? zu vermeidende? primär schädliche? Reaktion zu sein scheint - in beiden Gesellschaften, nicht nur der christlichen; denn warum sonst sollte der erfolgreichere Jäger seinen Ruhm freiwillig schmälern? Er fürchtet den Neid.
Und, ob in der Gemeinschaft der Khoi-San der Neid bzw. die Neid-Vermeidung betreffs anderer Vorteile/ Vorzüge der Mitmenschen ähnliche sozialfreundliche Folgen hat? Wer die größere Hütte hat … den schöneren Schmuck … usw…
Ich würde sagen, die soziale Verarbeitung des Neides ist unterschiedlich - und sie kann auch in einer christlichen Gesellschaft positiv sein (daß sich z.B. mancher mehr anstrengt, um dasselbe zu erreichen wie ein beneideter Mitmensch …).
Verpönt war Neid wohl in allen Hochkulturen, mehr oder weniger. Das Christentum hat da sogar einen besonders feinsinnigen Akzent gesetzt - in der Lehre der Puritaner. Wer erfolgreich ist und reich wird, auf dem ruht bereits im Diesseits sichtbar der Segen Gottes. Da wird Neid auf ganz spezielle Weise zur Todsünde …

Das Christentum ist aber wahrhaftig nicht die erste Religion, die ein Zusammenleben sehr vieler Menschen ermöglicht … was ist mit all den alten Kulturen, Griechenland, Rom, Ägypten, Assyrien, Persien, Babylon, oder, unschlagbar, was das Alter der Kultur angeht, China? Und - kein Neid in China, oder dieser verpönt? Oder kulturell zum Besseren gewendet?

Ich finde dennoch Deinen Einwand interessant, aber die Schlüsse daraus sind m.E. begrenzt, nicht so allgemeingültig, wie Du sie faßt.

Frdl. Gruß, S.I.