Keine Chance?

Hallo,

ich habe mal eine theoretische Frage: jemand ist nach einem einjährigen Auslandsaufenthalt (derjenige wollte eigentlich studieren, aber es ist vieles schief gegangen) wieder zurück in Deutschland. Da er kein Geld hat (und wir ihm nichts geben können) geht dieser jemand zur Arbeitsagentur (er ist ja arbeitsfähig- und willig). Die sagen aber, er bräuchte einen Wohnsitz damit sie ihm helfen können. Aber wie soll er denn ohne Geld an einen Wohnsitz kommen? Gibt es da gar keine Hilfen, dass er erstmal an eine Wohnung oder ein Zimmer kommt? Es ist verflixt: ohne Wohnsitz keinen Job oder andere Gelder, aber ohne Geld oder Job kein Geld für die Miete und Kaution. Wie kann man einen Menschen nur so hängen lassen in Deutschland?

Grüße Jessica

Hallo,

Die sagen aber, er bräuchte einen
Wohnsitz damit sie ihm helfen können.

Das stimmt SO nicht. Der Anspruch auf ALG II setzt keinen Wohnsitz voraus - allerdings den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.

Bis zum Alter von 25 Jahren wird allerdings grundsätzlich verlangt, dass derjenige bei seinen Eltern wohnt (gibt natürlich Ausnahmen).

Dass die Behörden bei Wohnsitz-Losen etwas zurückhaltend sind, hat durchaus seinen Sinn. Die Missbrauchsmöglichkeiten sind einfach sehr groß: Man klappere einige Sozialämter ab, lasse sich ein gutes Dutzend Schecks als Soforthilfe ausstellen - und setze anschließend seine Weltreise fort.

Wie kann man einen Menschen nur so hängen lassen in
Deutschland?

Keine Sorge. So leicht wird man in Deutschland nicht hängengelassen. Was konkret zu raten ist, hängt natürlich sehr davon ab, ob derjenige tatsächlich akut von Obdachlosigkeit bedroht ist - oder aber erstmal bei Eltern/Verwandten/Freunden unterkommen kann.

Viele Grüße

Trobi.

Hallo,

danke für die schnelle Antwort.

Nehmen wir in diesem fiktiven Fall mal an derjenige ist 31 und kann aus Platzgründen nicht mehr als 1 Woche bei der Familie unterkommen.

Grüße
Jessica

Dann kann der Betreffende sich immerhin erst mal für diese Adresse melden. Auch wenn die Familie ihn nicht dauerhaft unterbringen kann, kann sie doch wohl seine Post entgegennehmen…

Hallo,

eine Postanschrift reicht aus. Oft kann man eine Meldeadresse bei Obdachlosenheimen o.Ä. bekommen. Am besten mal nachfragen. Die Arbeitsagentur ist nur zuständig, wenn dieser Jemand innerhalb der letzten 2 Jahre mind. 12 Monate Versicherungspflicht nachweisen kann.
Ansonsten ist die Arge zuständig.

Gruß

Hallo,

das löst allerdings das Wohnungsproblem kein bisschen. Denn was bringt dem Betreffenden die Post, wenn er ansonsten auf der Straße sitzt?

Gibt es keine Soforthilfen, damit derjenige immerhin ein Dach über dem Kopf hat?

Grüße
Jessica

Hallo Jessica,
wie stellst Du Dir eine Soforthilfe vor?
Bei einer Postalischen Erreichbarkeit kann derjenige zumindestens einen Antrag auf AlgII stellen.
Grüße
Almut

Hallo,

rein eine postalische Erreichbarkeit würde sich sicherlich herstellen lassen, der Betroffene hätte deswegen aber dann noch lange kein Dach über dem Kopf. Nehme man mal an so ein Betroffener könnte sich bei einem Verwandten anmelden (damit die Post dort ankommt), aber aus Platzgründen nicht dort wohnen bleiben. D.h. die Post kommt an, aber ein Dach über dem Kopf hat er immer noch nicht. Und das ist ja erstmal das maßgeblichste.

Grüße
Jessica

Hallo Jessica,
ich versteh dann das Problem nicht so ganz. Mit dem AlgII werden auch Kosten der Unterkunft abgedeckt, und es gibt die Möglichkeit eine Mietkaution & Erstausstattung entweder als Zuschuss oder als Darlehen zu beantragen. Wohnungangebote muss der Betroffene natürlich selber suchen.
Nochmal meine Frage: Was meinst Du mit Soforthilfe?
Grüße Almut (kannst mich auch gerne anmailen!)

Hallo Jessica,

mit der Postanschrift kann derjenige erstmal einen ALG2 Antrag stellen. Dann kann er sich auf Wohnungssuche begeben. Wenn er seine Ansprüche erstmal nicht allzu hoch schraubt sollte in ein paar Tagen eine Wohnung gefunden sein

Es wird doch wohl kein Problem sein einen Bekannten diese paar Tage auf der Couch übernachten zu lassen - und sei die Wohnung noch so klein.

Gruß

Samira

1 Like

Hallo

seine Ansprüche erstmal nicht allzu hoch schraubt sollte in
ein paar Tagen eine Wohnung gefunden sein

Das ist nicht das Problem, aber Miete und Kaution muss man ja sofort zahlen, dafür ist aber kein Geld da weil es ohne Wohnung kein Job und laut Aussage der Arge kein ALG2 gibt.

Es wird doch wohl kein Problem sein einen Bekannten diese paar
Tage auf der Couch übernachten zu lassen - und sei die Wohnung
noch so klein.

Ein paar Tage sicherlich nicht, aber Problem: siehe oben.

Gruß

Samira

Gruß
Jessica

Sogar in einer kleinen Stadt wie der meinigen gibt es eine Unterkunft für Obdachlose… Und wie schon gesagt: wenn zur Stellung eines Antrags auf ALG 2 eine Postadresse erforderlich ist, macht man die bei der Verwandtschaft und weist bei der Antragstellung darauf hin, daß man akut von Obdachlosigkeit bedroht ist.

falsch

Dann kann der Betreffende sich immerhin erst mal für diese
Adresse melden. Auch wenn die Familie ihn nicht dauerhaft
unterbringen kann, kann sie doch wohl seine Post
entgegennehmen…

tach
kann er eben nicht! in der regel werden meldeadressen bei familie, freunde und kollegen nicht von den ämtern akzeptiert.
und das hat einen nachvollziebaren grund.

damit wären betrug türen und tore geöffnet. leistungsbezieher geht dann ins ausland, der kumpel checkt den briefkasten, und falls mal ein schreiben vom amt kommt, reicht ein anruf, und der l-bezieher fliegt wieder ein.

deshalb: meldeadressen nur bei, von den ämtern akzeptierten stellen. da muss man seine post dann persönlich, gegen die vorlage des perso abholen.

gruß bruno

nicht um heißen brei reden!
tach
manchmal verstehe ich nicht was hier los ist, zumal einige zumindest behaupten, auf den entsprechenden ämtern zu arbeiten.

das problem löst sich wie folgt:

  1. schritt:die person geht erst einmal hin, und meldet sich bei irgendeinem meldeamt in deutschland „ohne festen wohnsitz“

2.schritt:
die person besorgt sich in einer sozialen einrichtung wie caritas usw, eine meldeadresse, damit sie für die arge oder arbeitsamt erreichbar ist. diese meldeadresse kann aber nicht beliebig genommen werden, da nicht alle vom amt anerkannt werden. mal so eben bei einem kumpel geht in der regel nicht.
am besten auf dem amt nachfragen, welche meldeadressen von diesem akzeptiert werden.
mit dieser meldeadresse leistungen beantragen.

3.schritt: sobald die person „ohne festen wohnsitz“ im personalausweis stehen hat, ist der staat VERPFLICHTET, noch am gleichen tag dafür zu sorgen, dass ein obdach zur verfügung gestellt wird. dieses recht ist im grundgesetz verankert.

wie das obdach dann aussieht, hängt im wesentlichen davon ab, wo sich der fall ereignet. in gegenden wo es eh wenig wohnungen gibt, wird das entweder ein obdachlosenheim sein, wenn es dort keines gibt, dann bekommt man auf staatskosten ein hotelzimmer.

kann der wohnungssuchende jedoch vorweisen, dass er wohnung X anmieten kann - hierzu reicht ein vorläufiger mietvetrag - MUSS das amt die kosten übernehmen. notfalls inklusive maklergebühr und kaution.

steht beides zur verfügung, wohnung oder obdachlosenheim - steht es dem wohnungslosen FREI zu wählen was er davon beanspruchen möchte.

wenn ich einen persönlichen rat geben kann, sollte in dieser region ein wohnungsmangel herrschen, einfach nach berlin gehen. dort stehen tausende wohnungen leer. dort bekommt man sofort eine.und besser erst einmal für ein paar monate dort mit wohnung und der möglichkeit durchzustarten, als anderswo nicht zu potte kommen. zumal der winter vor der türe steht.
http://www.gesobau.de/
http://www.degewo.de/content/de.html

nicht vergessen einrichtungsgeld zu beantragen. wenn man wenig kleidung besitzt, auch noch kleidergeldpauschale.

und noch etwas zu kautionsRÜCKZAHLUNG!
solange wie man alg1 oder alg2 bezieht - also in der regel auch unter dem pfändungsfreibetrag liegt - hat die behörde KEINE möglichkeit das geld zurückzubekommen.
das die behörde eigenmächtig das geld in raten von den regelleistungen einbehalten DARF, ist eine urban legend.
aber sie versuchen dieses gerne.

ich bin der meinung, dass man - wenn man hier schon rat gibt, den leuten auch die möglichkeiten aufzählen sollte, die der staat einem gestrauchelten, in not geratenen menschen bietet.
mal so eben " wo ist das problem, der kann doch bei euch schlafen", sorry!

wenn du noch fragen hast, dann melde dich.

bruno

Hallo,

vielen Dank für die ausführliche Antwort. Manchmal kommt man sich hier echt als dummer Bittsteller vor.

Grüße
Jessica

1 Like

nun ja, daran kann man sich gewöhnen. bei tacheles-sozialhilfe.de sind fragen zu h4 und sozialämtern eh besser gestellt. da gibt es wenigstens noch sachbearbeiter, die die anonymität nutzen, fragestellern tipps zu geben, die sie in ihrer amtsstube nicht geben dürfen, ohne angst vor repressalien von ihren vorgesetzten zu befürchten.

bruno