Kevin Kühnerts Thesen zum Demokratischen Sozialismus

Richtig. Bzw. aus dem „sicher nicht“ versehentlich ein „sicherlich“ gemacht. So, wie es jetzt da steht, möge es bitteschön als Ironie durchgehen …

Ertappt. Y’en a pas un sur cent et pourtant ils existent … Der grundsätzliche Aspekt bei Kühnerts Äußerungen (und über Grundsätzliches zu reden ist am 1. Mai ja auch durchaus angemessen) ist natürlich die Frage, ob man die Deckung von Grundbedürfnissen dem freien Unternehmertum als Quelle der Profitmaximierung anvertrauen sollte. Die Parole, dass „der Markt“ - insbesondere der im neoliberalen Geist entfesselte - da die optimale Strategie zur Menschheitsbeglückung sein soll, hat mehr mit gläubiger Inbrunst zu tun als mit nüchterner ökonomischer Vernunft. Genau in diesem Geiste wird das ja auch propagiert - nur dass die Kanzel des Predigers zum Massenmedium, Adam Smith zum Messias und die alleinseligmachende Catholica zum System der freien Marktwirtschaft (vulgo Kapitalismus) mutiert ist. Und so wird nun auch erwartungs- und pflichtgemäß im Chor das ‚apage satanas‘ psalmodiert, wenn ein wildgewordener Juso aus Jux und in Feiertagslaune mal den Gottseibeiuns des Sozialismus heraufbeschwört.

Nicht, dass wir uns missverstehen: Kevin Kühnert gestehe ich das Vorrecht der Jungen zu, radikal zu denken. Wobei dieses Vorrecht zwar selten mit der Selbsteinsicht eines Walter Benjamin verbunden ist („Immer radikal, niemals konsequent in den wichtigstenDingen zu verfahren“) aber doch in der Praxis eben genau darauf hinausläuft. Gedankliche Unschärfe gehört nun einmal zum Rüstzeug des Politikers und derer, die es (wie Herr Kühnert) werden wollen - bzw. ist eine Voraussetzung dafür. Wobei man ehrlicherweise einräumen sollte, dass bei einer staatlich garantierten und organisierten Grundversorgung Oma Susi auch keiner Mieteinnahmen mehr zur Sicherung derselben bedürfte. Dafür aber Oma Emma, die nie hinreichend Wohnraum zum Vermieten übrig hatte, auch nicht. Auch, wenn es dann vielleicht bei der einen oder anderen Oma nicht mehr für Bananen reicht oder die Kreuzfahrt mit der Aida …

Im Zweifel lässt man sich des hehren Zieles wegen vom Staat direkt oder indirekt bezahlen.

Da treffen eben fundamentalistische Ideologen, die sich irgendwie für hipp und neo- halten, auf behämmerte Visionäre, denen es allein darum geht irgendwie möglischt weit weg von rechts zu sein und alles auf der linken Seite im strahlenden Glanz erscheinen zu lassen.

Entweder ist der Kevin umnachtet und versucht den vergammelten, von der Realität widerlegten Marx mit Neuanstrich als Heilsbotschaft zu verkaufen, evtl. um seine Position innerhalb der Jungsozialisten zu festigen, die Altgarde anzupinkeln oder seinen Narzissmus mit Rampenlich zu umschmeichelnm, oder er hat sich für einen Spitzenpolitiker einer Jugendorganisation als unfähiger Dampfplauderer erwiesen, der nicht richtig ausformulieren kann, mit welchen Mitteln Wünschenswertes im Rahmen der Machbarkeit umgesetzt werden kann.

Die Teilhabe der Belegschaft am Eigentum Betrieb ist seit den 80ern sogar von der CDU formuliertes Ziel. Nur wollte die Belegschaft in den letzten Jahrzehnten nur selten statt mehr Lohn eine Unternehmensbeteiligung erhalten. Da wäre ja auch Engagement und vor allem Risiko mit einhergegangen.

Ich tippe auf einen wirren Geist, der tatsächlich denkt, die Vergesellschaftung brächte mehr Gerechtigkeit und damit bessere Lebensverhältnisse, weil es das Streben des Menschen ist, solidarisch zu sein. Wer dann eben nicht so ist, wird über kurz oder lang aussortiert, umerzogen oder für geisteskrank erklärt. Und individuelle Freiheit wird im Vergleich zur Utopie doch sowieso viel zu sehr überbewertet, oder? Der neue Mensch ist nur eine Armlänge entfernt, wenn man historische Maßstäbe anlegt. Im Grunde gibt es da wenig Unterschied zum reinen Menschen der Rechtswirren.

Gruß
vdmaster

Er hat bereits nachgelegt: Alles was er gesagt habe, habe er auch so gemeint.

Möglicherweise will er auch einfach ein (noch) miese(re)s Abschneiden bei der EU-Wahl für die SPD. Denn im Herbst steht die Frage an, ob die SPD in der GroKo verbleibt oder nicht. Und wenn der Juso-Siegried den Drachen erschlägt, dann ist ihm der Heldenstatus sicher.

Außerdem: Aus Ruinen auferstanden …

Gruß
vdmaster

P.S.: Im sehr linksgeneigten SPD-Landesverband hat man ja auch erst vor einigen Monaten die Vorsitzende bestätigt, die die SPD zielsicher in der Wählergunst mehr als zu halbieren verstand. Denn schuld waren ja die anderen, doch nicht sie oder ihr Wahlkampf (wobei das ihr hier den Verband inkludiert).

Diese Alternative gibt es doch längst. Er rekapituliert das, was die Linkspartei so (noch) nicht zu sagen wagt, aber eigentlich meint und anstrebt.

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Echt? Das haben die so wirklich noch nicht gesagt? Ich dachte, das sei ein basic?

In dieser Deutlichkeit. Sie schwurbeln um die Gesamtkollektivierung herum.

Ich habe ja immer hauptsächlich Frau Wagenknecht in vielem, was sie sagte verfolgt.
Die war schon immer recht deutlich.

Geht es wirklich um gnadenlose Gesamtkollektivierung oder vor allem jetzt um die Vorstellbarkeit neuer Wege nach einem Neoliberalismus, der unerträglich geworden ist auf vielen Ebenen?
Und um die Eröffnung neuer Denkwege auf breiterer Flur?
Immerhin das hat er geschafft.Über der Linken Ideen wurde niemals so viel geredet.

Gestern war das Thema im Bayern 2 Tagesgespräch, das es auch als podcast gibt.
Es war auffallend, wie groß die Zustimmung war, ich hatte einen shitstorm erwartet.
Ich spreche von einem Hauptklientel Mittelstand, gebildet.
Es kamen verschiedenen Fachleute zu Wort, interessante Zusatzgedanken.

Ja, Machtumverteilung.
Wie weit „auf demokratischen Weg“ (14 und 15 GG) Vermögen umverteilt werden kann, hat er offenbar nicht weiter angedacht.

Kann man so sehen.

Gruß
F.

Yepp.
Aus der Nummer kommt er nicht mehr raus.

Wofür er dann, z.B. von Nahles, ganz leicht als Mit-Schuldiger ausgemacht werden kann?
Für Nahles und Konsorten ist das doch eine ganz brauchbare Situation. Die Verluste, die eh eintreten werden, lassen sich jetzt leicht dem Kühnert anhalsen. Fast wie dafür bestellt :wink:

Ich kann die Gründe für seinen Vorstoß zum jetzigen Zeitpunkt nicht einschätzen, aber es ist m.E. nicht zu leugnen, dass er damit einen Schwung in die Debatte gebracht hat, den die SPD langfristig unabdingbar braucht.

Aber was soll die SPD denn machen? CDU light? Grün light?
Das führt doch auch nur sicher in die Bedeutungslosigkeit.
Klar bringt es der SPD nichts, sich nun einfach „linker“ einzurichten (da ist im Süden bald die 5%-Hürde zu hoch), aber sie muss sich grundlegend erneuern, und das muss bei ihr naürlich „von links her“ geschehen, woher denn sonst?

Gruß
F.

Absolut berechtigt, diese Aussagen zu tätigen.

Aus meiner Sicht wollte Kühnert bei seinen Beispielen aber vermutlich einfach „populistisch“ auf der Welle „böse Autoindustrie“ und „böse Vermieter“ mitschwimmen.
Das halt ich für eher ungeschickt gemacht.

Die Kreuzfahrt mit der AIDA ist eh bald weg, aber nicht dank der SPD, sondern dank den Grünen.

Gruß
F.

Ich meine eher die offiziellen Verlautbarungen wie Wahlprogramme. Sarah war in Talkshows einigermaßen deutlich, weitaus deutlicher in ihrer Mitgliedschaft bei Linksextremisten. Btw erschien sie mir in späteren Jahren etwas gemäßigter durch Ihre Beziehung zu Lafontaine.

Es gibt in D schlicht keinen (Wirtschafts)Neoliberalismus wie er gerne von Linken als Reaktion auf die Agenda 2010 als Menetekel beschworen wird. Es ist nach wie vor das System der sozialen Marktwirtschaft. Natürlich wurden einige alte Zöpfe der fetten Jahre mit Wirtschaftswachstumsraten von denen man heute nur träumen kann, abgeschnitten. Sie führten auch zu einem stetig zunehenden Heer von Arbeitslosen, von denen ein keineswegs geringer Teil ganz bequem in der Hängematte vor sich hinschmarotzte, weil er meinte es wäre der Lebensanspruch den Nektar von der Allgemeinheit zu saugen. Ich kenne mehr als genug Leute, die in den 80ern ganz zielgerichtet auf arbeitslos machten. Hier mehr Druck für Arbeitsfähige aufzubauen war absolut richtig. Dafür hat man an anderer Stellle den Sozialstaat deutlich ausgeweitet bspw. in der Grundsicherung.

Damit wir uns nicht mißverstehen. Es gibt einige Auswüchse bei den Reformen. So z.B. die mehrfache Wiederholung von Leiharbeitsverträgen, denen anschliessend wieder mehrfach befristete Arbeitsverträge folgen. Auch Superreiche wie Klatten/Quandt könnten nach meinem Dafürhalten im Vermögen mäßig geschröpft werden. Das darf nur nicht auf das Ziel der Enteignung via Besteuerung in der Form hinauslaufen, dass das Vermögen am Ende auch von Jahrzehnten kompett umverteilt ist.

Im Grunde wehrt sich doch der Neoliberalismusrufer dagegen, dass die Globalisierung und Weltoffenheit die er an der einen Stelle bejubelt tatsächlich auch auf dem Wirtschaftsweg Eingang in sein behagliches soziiales Netz findet.

Neoliberalismus ist die Wiedergeburt des Manchesterkapitalismus, den Marx in seiner Zeit zurecht maximal kritisierte. Nicht einmal in den USA gibt es ihn noch. Und die Verhältnisse in den USA sind ja weitaus arbeitnehmerfeindlicher als in der sozialen Marktwirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmerrechte.

Das ist dermaßen schwammig, dass man schlicht alles reinpacken kann. Kühnert kann doch gerne seine Thesen verbreiten. Das finde ich sogar insoweit gut, als es in klar als Sozialisten ausweist. Einen, der besser in der radikalen Linkspartei aufgehoben wäre als in der SPD. Er mag sich ja einbilden, dass eine neue Linksfront (R2G) mehrheitsfähig ist. Aber sie ist es allenfalls im arithmetischen Umfragenhöhenflug für quasi Millisekunden und wäre es in keinster Weise, wenn Kühnerts Vorschläge Programm würden. Da wären die Zentrifugalkräfte innerhalb der Grünen und SPD viel zu hoch. Vielleicht träumt er aber auch von einer in Osten und Westen gleichstarken SED. Also genauer eine SED-PDS (Partei des demokratischen Sozialismus).

Das würde immerhin durch Zerschlagung der SPD und Grünen dazu führen, dass deren Reste sich mittiger orientieren könnten. Fragt sich nur, wo der größere Teil verbliebe … in der Mitte oder zum Linksrand abgewandert. Das gäbe auf jeden Fall neuen Wind im Parteiensystem.

Du meinst, er wird (analog zum „Überläufer“ Ziemiak) dann neuer Generalsekretär, um die Jungen bauchzupinseln? :grin:

Ich glaube, dass er nach wie vor auf die Zerschlagungen der GroKo zuarbeitet.

Eine Debatte braucht die SPD nicht. Sie braucht einen echten Neuanfang. Einen kompletten Rücktritt der alten Parteischranzengarde. Einsetzung einer zeitlich befristeten Interimsführung mit dem erklärten Willen, sich nicht später zur Wahl zu stellen. Dann eine grundlegende Debatte und die Neuaufstellung von Vorsitz und Präsidium, wobei sich die alten Funktionäre dann auch wieder zur Wahl stellen könnten, wenn sie es noch einmal wissen wollen. Andererseits … vielleicht ist die SPD auch historisch durch, hat sich selbst überlebt und ist thematisch so sehr ausgeblutet, dass sie den Spagat zwischen alten Wählerschichten und Anbiederei bei Themen der Grünen nicht mehr hinbekommen können. Vielleicht ist sie jetzt erst einmal langfristig auf irgendwas knapp über 10% beschränkt. Sie wäre nicht die erste sozialdemokratische Partei in der EU, die sich selbst abgeschossen hat und zur Mumie verkommen ist.

Wieso denn nicht sozial, demokratisch und mittig? Da müsste man nur glaubhaft rüberkommen und agiler als die Merkeldrohnenpartei, die in Kürze ihre Pharaonin zu Grabe tragen wird, auftreten. Denn AKK hat sich bislang als sehr schwächliche Gegnerin erwiesen. Mittlerweile würde sogar ein farbloser Scholz in einer Direktwahl mit ihr konkurrieren können. Mit Erfolgsaussicht. Da muss es doch noch irgendwo besseres Personal geben.

Gruß
vdmaster

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Das habe ich gemeint. (Vermutlich aber anders, als Du :- ) )
Im Sinne von
„Nach Auffassung des Wirtschaftswissenschaftlers Andreas Renner steht Neoliberalismus in der modernen Begriffsverwendung als politisches Schlagwort für ökonomistisch verengte Politikkonzepte, die soziale und ökologische Probleme nicht lösen, sondern eher verschärfen.“
Aus wiki

Renner und andere weisen ja auch darauf hin, dass der Begriff schwammig geworden ist.
Ich will also auf ihn verzichten.
Was ich meine ist das, was meinen bescheidenen Nachforschungen nach auf M. Thatcher (und Reagan) zurück geht, die Europa vorgemacht hat, wie man Krisen zunächst einmal löst, auf längere Frist aber für einen m.E. nicht akzeptablen Preis. (Ein völlig anderes Thema unter dieser Überschrift ist die „Lösung“ der Probleme, die 2008 eskaliert sind. Ich bange davor und kann es gleichzeitig kaum erwarten, dass das bereinigt wird.)
Privatisierungen und Deregulierungen. (Unter Ausschluss der Gewerkschaften!)
Kühnert verstehe ich so, das er gegen genau diese Deregulierungen vorgehen will.

Ich bin keine Wirtschaftswissenschaftlerin und bin nicht froh darüber, dass sich eigentlich jeder und jede heutzutage solche Dinge überhaupt bewusst machen muss, aber eigentlich ist es doch nicht schwer zu spüren, was richtig und was falsch ist.
Die Mietensituation in D ist ganz sicherlich falsch und wird , wenn das so weiter geht zu großen Konflikten führen.
Privatisierungen bis hin zur Privatisierung von Trinkwasser, wie es in EU-Ländern schon Alltag ist dienen nicht mehr dem Leben in einer Gesellschaft, sondern allein schon der Gedanke, damit Renditen zu erzielen ist pervers.

Das „grenzenlose Wachstum“, das Mantra unserer Wirtschaften, das über allen anderen Werten zu stehen scheint und nach dem Entscheidungen getroffen werden, die aber immer mehr nur wenigen nutzen, die so viel materielle Werte besitzen, dass es obszön ist und wie sie in 1000 Leben nicht ausgeben können und das aber unsere biologischen Grundlagen zerstört, deren Erhaltung eigentlich nicht in Frage gestellt werden sollte und die oberste Priorität haben sollten- ein System, das zu so etwas führt, kann nicht richtig sein- das gehört grundlegend gewandelt.
Das wird nicht gehen, ohne radikale neue Denkwege und die Bereitschaft, Übergangskrisen in Kauf zu nehmen.
Und wenn einer dann mit Arbeitsplätzen kommt ist das zwar berechtigt, man sollte sich aber im Interesse nachfolgender Generationen immer auch die lang- und nicht nur die mittelfristigen Folgen von Entscheidungen angucken.
Und genau darum finde ich Kühnerts Ansatz, die Ansätze der Linken und früher einmal und heute nur noch teilweise die Ansätze der Grünen haargenau richtig.
(Die Grünen sind eine Sache für sich.Es hat tatsächlich, und hier im Forum zu Recht ja auch immer wieder zur Sprache gebracht zu merkwürdigen Auswüchsen geführt.Auch die Grünen müssten endlich anfangen, ihren unsäglichen Denkterror und ihre Übertreibungen zu reformieren.)

Da misst Du ihm m.E. viel zu viel Ehre zu. Erkennbar will er nicht lediglich Auswüchse der Agenda 2010 korrigieren, von denen es an der ein oder anderen Stelle welche gibt. Die vollständige Rücknahme hielte ich für Schwachsinn, der auf nostalgischer Erinnerung an Boom-Jahre basiert („Die fetten Jahre sind vorbei“). Der Weltmarkt ist seither viel wichtiger und dichter für D geworden und in vielen früheren Schlüsselindustrien wurden wir schlicht von der Konkurrenz abgehängt.

Wieso das denn? Sie ist nicht falsch, sondern unterliegt ebenfalls Angebot und Nachfrage. Man kann zu sehr geringen Preisen viel Mietraum bekommen, wenn dort die Nachfrage gering ist. Und man bekommt eben in (anteilig) wenigen Gebieten auch wenig Mietraum nur zu horrenden Summen, weil er dort extrem begehrt ist.

„Die“ Politik hat das ihre dazu getan, um die Situation anzuheizen. Einerseits durch teure Gesetzgebung im energetischen Bereich, was die Preise anziehen ließ. Wobei das mitunter zu echten Problemen in der Wohnqualität führt (Schimmelbildung bei mehr Isolierung) und andererseits, indem sie mit „wir schaffen das“ in den letzten Jahren zusätzlich zwei Mill. Menschen ins Land ließ. Dies bei ohnehin schon geringerem Mietangebot als früher. Auch wurde der soziale Wohnungsbau auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene seit Jahrzehnten sträflich vernachlässigt. Der grösste Preistreiber ist aber die Tendenz zu mehr Wohnraum für weniger Personen. Die Anzahl der Single- und Kleinhaushalte hat zugenommen, ebenso der erwünschte Bedarf an Quadratmetern. Es gibt zahlreiche Ein-Personen-Haushalte, die bei 80 qm liegen. Einiges früher hätte es dort eher vier Personen als Bewohner gegeben. Aber allein das ist ein Thema für mehrere eigenständige Threads.

Viele der Privatisierungen wurden aber mit dem Argument der Kostenreduzierung von Kommunen durchgeführt, die trotz Finanzspritzen nicht das Geld hatten, um ihre Kassen stabil zu halten. Geschweige denn, dass sie ausreichend in Infrastruktur hätten investieren können oder wollen. Was Kommunen hier außerordentlich schröpft, sind die Kosten für Soziales. Und über die Verteilung dieser Gelder bezogen auf verschiedene Herkunftsgruppen diskutieren wir hier besser nicht. Sonst bricht hier gleich wieder das Thema „rechts“ aus.

Nicht das Wachstum zerstört die Umwelt. Die diesbezüglichen Basics könnte Dir @C-Punkt (wieso wird er nicht aufgelistet?) erläutern. Sicher … das nur auf Profit basierende, mangels Vorschriften ungezügelte, kann das, je nach Sektor. Aber es ist schlicht die Überbevölkerung bei zeitgleich völligem Fehlen von jeder Art Umweltbewusstsein in der zweiten oder dritten Welt. Da wird weggeworfen als gäbe es kein Morgen. Weil es keine Regeln gibt und eher selten gesellschaftliches Verantwortungsgefühl. Was aber auch hierzulande bzgl. des Themas Müll eher bescheiden ausgeprägt ist. Da wird dann eben der Sondermüll einfach im gelben Sack entsorgt, statt ihn bei der entsprechenden Sammlung oder Sammlungsstelle abzugeben. Hauptsache aus den Augen. Finde ich zum kotzen. Recycling, also auch die Fortführung der Wertschöpfungskette, ist oberstes Gebot, wenn Kosten und Gewinn auch nur ansatzweise ein Gleichgewicht bilden. Überwiegen die Kosten deutlich, ist wenigstens die vernünftige Deponierung angesagt. Denn oft werden in den Folgejahren Verwertungsprozesse durch bessere Technik auch sinnvoll.

Der „Linke“ Sigmar Gabriel … eher ein moderater Mitte-Linker unter den Linken hat Kühnert zurecht kritisiert, indem er sagte, dass seit 100 Jahren die historische Empirie beweist, dass der Sozialismus ein Irrweg ist, der zur Verelendung der Bevölkerung führt.

Unabhängig davon würde auch der Manchesterkapitalismus zur Verelendung führen.

Gruß
vdmaster

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Absolute Zustimmung.
Diese komplexen Dinge sind doch immer multifaktoriell.
Aber auch geben tut es seriell Sanierungen, die in Folge zu Mietsteigerungen ins Endlose führen. Und Wohnraum als Renditeobjekt und, noch schlimmer, als Spekulationsobjekt.
Und zu wenig Baugrund in den Städten.
Und eine alternde Gesellschaft mit vielen Menschen , die nach auf dem Land erfolgter Kinderbrutphase in die Städte zurück wollen. Womöglich noch als Single in eine große Wohnung.
Auch die Schimmelsanierungen sehe ich durchaus kritisch.Das war nicht mal halb fertig gedacht und schon rausgehauen.

Ich ahne, darauf verzichte ich gerne.
Als Biologin könnte ich dazu auch einiges erläutern, und dort setze ich auch meine Prioritäten.
Über Umweltthemen zu sprechen, und nur von Wirtschaft, nicht aber von Ökosystemen Ahnung zu haben macht für mich nicht viel Sinn. Damit wäre genau die Priorität gesetzt, die ich ablehne.

Anekdote dazu, vorgestern ging ich mit 2 Waldbesitzern durch ihren Wald, es ging darum, wie dieser Wald in Zukunft gemaneged werden solle.
Einer setzte mir sehr zu, indem er als Wirtschaftsmensch die ganze Zeit nur von Konzepten und Effizienz quasselte. Kam mit absurden Ideen, wie man den Wald seiner Meinung nach handeln sollte.
Als wir dann raus gingen zeigte sich, dass er nicht einmal eine Hasel von einer Esche unterscheiden konnte.So geht das nicht.
Zum Glück ist der andere Teil des Paares, dem der Wald gehört die Biologin, Besitzerin und Entscheiderin. Alles gut. Man lässt mich vernünftig machen :- ). Der Wald entwickelt sich zu einem Hort des Lebens, das Totholz darf weitgehend bleiben und vieles mehr auch. Es leben dort Salamander, Eidechsen, Uhus et cetera. Das hätte der Mann am liebsten alles aus Inkompetenz und falschen Prioritäten weg saniert.
Mir geht es um Prioritäten, bei aller Offenheit für wirtschaftliche Faktoren.Denn die sind langfristig wichtig.

Bei dem Müllthema in jeder Hinsicht vollste Zustimmung.
Und Ratlosigkeit ob der Zustände in Asien und Afrika.
Vermutlich ist der Zug längst abgefahren, aber dennoch voller Einsatz , finde ich, aus emotionalen und aus individuellen Gründen der Verantwortlichkeit.
Und , damit wirst du gerechnet haben:
Natürlich brauchen wir Umwälzungen nicht nur europaweit, sondern weltweit! Das westliche „Geschenk“ des Materialismus (basiclektüre „Haben oder Sein“, Fromm) ist erstens in nicht wenigen Teilen der Welt für die Zustände mit verantwortlich und zweitens und vor allem ist es an seine Grenze gekommen.
Das ist nicht nur ein politisches Thema, auch nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch und zuerst ein ethisches und philosophisches.

So, wie er bisher gelebt wurde, ja, absolut. Weil auch er nie über die materialistische Ebene hinaus kam.
Wenn ich mir die Menschheit so angucke, glaube ich inzwischen, dass wir wieder einmal fulminant an uns selber scheitern werden, auch das könnte Biologie sein. Ganz langfristig aber haben wir uns auch immer weiter entwickelt, mit den entsprechenden Krisen an jeder Schwelle.

Um es kurz zu machen: Wachstum ist wie Evolution. Da gibt es kein bekanntes Ende. Wachstum entsteht durch die immer weiter reichende Verwertungskette, weil jeder Zwischenschritt (jede Mutation) einer Wertsteigerung entspricht, die zum Wachstum hinzugerechnet wird.

Bei Subsistenzwirtschaft ist das Wachstum (nicht das der Maisstaude) schnell abgebrochen. Es wächst etwas und wird gegessen. Schon der Weiterverkauf statt des Verzehrs erzeugt weiteres Wachstum (Umfang an Wirtschaft). Kommt das vom Zwischenhändler zum Großhändler, wird an einen Weiterverarbeiter verkauft und dann verzehrt, dann ist das bisherige Wachstum das Vielfache höher als bei der Subsistenzwirtschaft. Der Clou dabei ist, dass durch Verbesserung der Produktionsprozesse mehr Leute Zeit für andere Arbeiten statt des Anbaus von bspw. Mais haben. Es werden Produktivkäfte freigesetzt, die bspw. :wink: Biologie studieren und wieder die Produktionsprozesse in der Landwirtschaft effektiver gestalten können.

Der Schwarzwald ist btw ein recht gutes Beispiel für Verwertung ohne Hirn, nur des Proftes wegen. Mitte des 19. Jahrhunderts war er (u.a. wg. der holländischen Flotte) fast vollständig abgeholzt worden. Man forstete ihn damals wieder auf und schuf Regularien wie „raus kommt an Holzmenge nur, was in 12 Monaten wieder nachgewachsen ist“. Leider ist die Fokussierung für meinen Geschmack immer noch zu sehr auf wirtschaftliche Verwertbarkeit ausgerichtet, was man an der/n bevorzugten Baumsorte erkennt. Der frühere Mischwald mit vielen Buchen und Eichen wäre mir lieber. Und ich bin der erste, der sich für mehr Naturschutzgebiete bis hin zu Urwäldern im Schwarzwald ausspräche. Das wäre auch ein Thema für Enteignungen mit Augenmaß und langer Perspektive.

  1. Bitte verschone mich mit Fromm und ich such nicht weiter nach C-Punkt.
  2. Der Materialismus ist nur ein Gegenentwurf zum Spiritualismus, keinesfalls eine europ. Erfindung. Aber er fand natürlich ausgerechnet bei den Linken im Kommunismus/Sozialismus seine grösste historische Ausbreitung in der Neuen und Neueren Geschichte. :smile:

Wenn wir es nicht packen, haben wir es nicht verdient und werden von der Evolution weggespült.

Ich habe allerdings sehr viel Vertrauen in die Spezies mit der bisher grössten Anpassungsfähigkeit bei gleichzeitig grösstem (Erfinder)geist. Nur wird die Erde allein - auf sehr lange Sicht betrachtet - nicht ausreichend sein. Die Zukunft steht somit in jedem Fall in den Sternen.

Gruß
vdmaster

Wobei ich Dir uneingeschränkt Recht gebe :- ) .

Aber, bitte: Mais ist keine Staude :kissing_smiling_eyes:

Tststs…die Angst der Männer vor der Psychologie. Aber auf alle Fälle: deal!

Zum Rest muss ich noch nachdenken.

Ich war mir unsicher und habe es eben riskiert. Ist sie nur biologisch keine oder auch umgangssprachlich, also für bilobildungsferne Typen wie mich? Dir zum Tost; Ich kann Gestrüpp mit Not gerade noch von einem höheren Säugetier oder Reptil unterscheiden … meist.

Jetzt werd mal nicht sexistisch. Fromm langweilte schon vor Jahrzehnten.

Das hängt damit zusammen, dass ich in meiner Freiburger Zeit mit Leuten Kontakt hatte, die viel (viel zu viel) über Wilhelm Reich, seine Faschismustheorie laberten und von da einen direkten Weg zu Fromm sahen. Verbunden mit viel Bla und ganz, ganz wenig Ahnung über Geschichte, Politik und ihre -Systeme, Technik, Physik, Chemie oder ähnlichem. Typische Szenedemogänger, die sich wahrschein ärgerten 68 nicht in Berlin gewesen zu sein. Che-Verehrer (ohne Kenntnis über diese Revolution), UdSSR- Sympathisanten, Mao-Sympathisanten, Alles-was-gegen-die-USA-ist-Sympathisanten, Empörer über den Umstand, dass die jungen Grünen keine APO mehr sein wollten. Typisches Wählerpotential für die heutige Partei ÖkoLinx. Sektierer vom Feinsten mit arbeits"kritischer" Lebenseinstellung.

Was selten ein Fehler sein kann.

Botanisch ist sie ein Gras.
Wer´s mehr mit Essen versteht dann eben ein Getreide.
Noch biobildungsferner kann ich nicht, solche Typen sind mir unheimlich. :- )
Aber Vorsicht, Reptilien haben sogar mitunter Menschengestalt!

Die Sexismusdebatte geht mir sowieso auf den Sack.Selbstverständlich nur im übertragenen Sinne.
(Ja, sie ist an einigen Stellen sehr wichtig, aber frau muss es nicht übertreiben.)

Ah, hm, da kann doch aber Fromm nichts dafür.
Es wurden schon ganz andere mißbraucht für schräge Wege.

Die leben aber meist im Erdinneren (abgesehen von Ihren Agent*innen) und sind daher ein Fall für die Geologie. :smirk:

Ich wollte noch einen Siggi einwerfen