KFZ-Steuer-Ermäßigung bei Behinderung

Hallo,
meine Frau hat einen Schwerbehinderungsgrad von 70% und das Kennzeichen G für Gehbehinderung. Bisher hatte sie die Wertmarke für den Öffentlichen Nahverkehr. Da das inzwischen auch kaum noch geht, wollen wir jetzt die Steuerermäßigung für den PKW in Anspruch nehmen. Das entsprechende Beiblatt haben wir bereits und haben das - weil wir nicht wußten, daß es dafür ein Formular gibt - mit formlosen Antrag dem Zollamt eingereicht. Die haben uns jetzt zwar das Formular geschickt, aber gleichzeitig auch so eine Art Drohung. Amtsdeutsch: „Entspricht die Benutzung des PKW nicht dem Zweck des Gesetzes, so ist sie zweckfremd…“ Aha. „Zweckfremde Nutzung liegt auch bei Fahrten von Angehörigen vor.“ „…sei es auch nur vorübergehend.“ „und führt zum Verlust“ etc…
Was heißt denn das? Der Wagen ist auf meine Frau zugelassen, sie selber kann aber schon seit zwanzig Jahren gar nicht mehr fahren. Ich muß sie überall hinfahren. Das ist möglicherweise noch nicht zweckfremd. Aber wenn ich allein einkaufen fahre, ist das zweckfremd??? Oder mal allein meine Mutter besuche?
Also dafür daß sie an einen Behinderten schreiben, die lange über 60 ist (und ich bin noch älter…), drücken die sich ziemlich „behördlich“ aus…
Kann das jemand einschätzen? Danke und Gruß Lutz

Sie [Die Steuerermäßigung] entfällt, wenn das Fahrzeug zur Beförderung von Gütern (ausgenommen Handgepäck), zur entgeltlichen Beförderung von Personen (ausgenommen die gelegentliche Mitbeförderung) oder durch andere Personen zu Fahrten benutzt wird, die nicht im Zusammenhang mit der Fortbewegung oder der Haushaltsführung der behinderten Personen stehen.
(§ 3a KraftStG)

Du darfst das Fahrzeug zum Einkaufen benutzen - es ist ja euer gemeinsamer Haushalt.
Beim Besuch deiner Mutter ist es eine Zweckentfremdung.
Dann musst deine Frau dem Hauptzollamt schriftlich mitteilen, dass das Fahrzeug zweckentfremdet wird. Es ist dann die Kraftfahrzeugsteuer für den Nutzungszeitraum der Entfremdung zu entrichten, mindestens aber für einen Monat.

Würdest du deine Mutter besuchen, um dort etwas von dem leckeren selbstgebackenen Brot für euren Haushalt abzuholen, sähe das schon wieder ganz anders aus.

Ich gebe hier keine Anleitung zur Steuerhinterziehung, aber bleiben wir mal realistisch: Bei seltenen Fahrten mit eventueller Zweckentfremdung kann das doch keiner nachweisen.

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Einkauf für die Frau oder euch beide ist völlig OK. Aber nicht der Besuch deiner Mutter durch Dich allein.

Hallo Lutz,

das liegt daran, dass es eine Behörde ist, die sich rechtssicher ausdrücken muss und da ist es eben egal, ob ein gehbehinderter erst 18 oder über 70 ist - die Formulierungen im Gesetz sind identisch. Wobei manche Behörden mittlerweile auf „einfache Sprache“ in ihren Bescheiden und Auskünften setzen.

  • wenn dein Nachbar oder eine evtl. vorhandene Schwester deiner Frau das Auto fahren würde, um für sich selber einkaufen zu fahren, wäre das zweckfremd
  • wenn er / sie für deine Frau (und dich) damit einkauft ist das o.k.
  • wenn du deine Frau spazieren fährst ist das o.k.
  • wenn du damit allein in Urlaub fährst ist das zweckfremd

Fazit: das steuerlich ermäßigte Fahrzeug dient dann allein der Versorgung und dem Transport deiner Frau - wenn es für andere Zwecke verwendet wird, ist das eine Zweckentfremdung. Wenn deine Frau einen Besuch bei deiner Mutter machen will, dann aber plötzlich Kopfschmerzen bekommt, so dass du alleine fahren musst, um sie zu vertreten, ist alles gut :wink:

Gruß h.

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Das ist ja völlig weltfremd! Genaugenommen und die Ehrlichkeit aller Beteiligten vorausgesetzt kann dann NIEMAND diese Steuerermäßigung in Anspruch nehmen. So ein Jahr hat 365 Tage und da kann mir niemand erzählen, daß da nicht mal EINE Alleinfahrt des Ehemannes oder ggf. der Ehefrau z.B. zu einem eigenen Arztbesuch anfällt…
Gruß Lutz

Was ist daran weltfremd? Immerhin willst du auf den G-Ausweis deiner Frau Steuern sparen …

Mein Vater (schwerst gehbehindert, Rollifahrer) hatte ebenfalls den G-Ausweis, hatte von der Gemeinde einen Behindertenparkplatz direkt vor der Haustür bekommen, hatte den Berechtigungsschein für andere Behindertenparkplätze, durfte theoretisch kostenlos incl. Begleitung Öffis nutzen … und sein Auto war steuerfrei

Deswegen durften wir Kinder und die Enkel das Auto nur nehmen, wenn wir/sie für ihn oder mit ihm unterwegs waren. Wenn er sein Auto der Enkelin für eine Urlaubsfahrt auslieh, hat er das eben gemeldet und dann für den Monat Steuern gezahlt. Bei Einzelfahrten ohne Vater/Opa dabei, brauchte man halt einen „Grund“ - und der fand sich immer … irgendwie …(Tabletten holen, Einkaufsfahrt, …)

Gruß h.

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Kleine Korrekturen, weil das so nicht sein kann.

  1. Man hat entweder die KFZ-Steuerermäßigung bzw. -befreiung oder die Möglichkeit (gegen Erwerb einer Wertmarke) kostenloser Nutzung des ÖPNV. Man muss sich jahresweise entscheiden.
  2. Wenn er die Berechtigung zur Nutzung eines Behindertenparkplatzes (blauer Ausweis) hatte, hatte er nicht Merkzeichen G sondern aG. Es gibt noch seit geraumer Zeit den orangenen Parkausweis, der allerdings nur in einigen Bundesländern die Nutzung der Behindertenparkplätze erlaubt, und der einen etwas größeren Personenkreis umfasst. Dagegen spricht dann aber der eigene Parkplatz.
  3. Die Möglichkeit, kostenlos eine Begleitperson mitzunehmen, hängt am Merkzeichen B. Das gilt dann unabhängig davon, ob man die Variante Steuer oder Wertmarke genutzt hat. Die Begleitperson kann kostenlos mitkommen, egal ob die Hauptkarte bezahlt wurde oder nicht. Das gilt nicht nur in Verkehrsmitteln, sondern auch beim Eintritt in vielen Museen, Theatern, Zoos etc.
    Vermutlich hatte dein Vater also Merkzeichen aG und B. Das ändert nichts an den richtigen Aussagen zum Thema KFZ-Steuerbefreiung

zuersteinmal: die Steuerbefreiung berechtigt zur Benutzung des Fahrzeugs nur den Halter oder, im Falle der eigenen Behinderung durch die Beauftragte Person. Aber es berechtigt auch zu Fahrten IM AUFTRAG ODER VERSORGUNG des Fahrzeugeigentümers. Nicht zulässig so d Fahrten ohne diese Voraussetzungen.
Man kann jedoch eine kurzzeitige Besteuerung (z.B. für einen Monat mindestens) beantragen. Dies wird durch das zuständige Hauptzollamt in der Regel problemlos genehmigt.
Alles. andere wäre Steuerhinterziehung!
Davon unabhängig, die Behörden, insbesondere die des Bundes (Zoll, Bundespolizei etc.)sind gehalten auf Verlangen einen Bescheid in s.g. einfacher Sprache zu übermitteln.
g.s. ein ehemaliger Zöllner