Hi,
weil es sich gerade anbietet:
jetzt mal ganz schlicht: Es gibt für mich drei Gründe, meine
„Zweitklässler“-Tochter in die Schule zu bringen:
Darf ich auch noch den dritten Grund erfahren…
Aber genug der Scherze.
*Der Verkehr, der bei einer der beiden zu überquerenden
Straßen heftig ist (und das Verhalten ihrer Mitschüler, das
ich bei diesem Verkehr beobachten musste und das einer Mutter
schon mal einen kalten Schauer über den Rücken jagt) - noch
dazu ist meine Tochter, obwohl sie in der Großstadt
aufgewachsen ist, im Verkehr und auch sonst ein richtiges
Träumelein, das zeitweise gar nichts um sich herum wahrnimmt.
Das hat NICHTS mit altersgerechter Entwicklung zu tun, und ist
auch nicht „bedenklich“, wie du schreibst; es gibt sicher
einige 7-, 8-Jährige, die so sind.
Nun, ich denke schon, daß ein sechs- oder siebenjähriges Kind so langsam in der Lage sein sollte, auch weitere Wege ohne die Eltern zurücklegen zu können.
Aber, und da habe ich mich im Nachhinein betrachtet wirklich zu drastisch ausgedrückt, es ist in der Tat nicht „bedenklich“, wenn Kinder das erst ein wenig später lernen.
*Die - wenn auch geringe, aber gerade in unserer Gegend nicht
auszuschließende - Möglichkeit, dass sie Menschen treffen
könnte, die Böses im Sinn haben
Nun, das hast Du mit Wiz mittlerweile ausführlich diskutiert. Hier habe ich allerdings eine deutlichere Meinung:
Kinder sollten spätestens bis zur Einschulung gewisse Regeln verinnerlicht haben: Wenn ein Fremder behauptet von den Eltern geschickt zu sein, lügt er. Es gibt eine Reihe von Personen, denen sie vertrauen sollen und dürfen, die sind aber namentlich benannt.
Für alle anderen gilt: es wird nicht mitgegangen, es wird nicht ins Auto gestiegen und es werden keine Geschenke angenommen.
Wenn Eltern ihre Kinder also aus diesem Grund nicht alleine rauslassen (ob jetzt zum Spielplatz oder zum Schulweg), finde ich das wirklich bedenklich. Hier wird Kindern aufgrund eines irrationalen Bedrohungsgefühls eine freie Entwicklung verwehrt.
Und wenn einer dieser Gründe dazu führt einen Viertklässer immer noch nicht alleine auf den Schulweg zu lassen, finde ich das ausgesprochen bedenklich. Das erinnert mich dann ein wenig an den Dreißigjährigen, der noch bei Mama wohnt und weder in der Lage ist sich selbst zu bekochen noch seine Wäsche zu waschen…
*Gestützt werden die beiden oben genannten Punkte noch von der
Tatsache, dass meine Tochter sich daran nicht stört, dass ich
sie in die Schule bringe - das als Antwort darauf, dass sich
die Kinder dann bevormundet fühlen, denken, dass man ihnen
nicht vertraut, verspottet werden etc. - sondern es sehr gern
hat. Wieso schreibst du, das würde nicht zählen?
Das schreibe ich doch gar nicht. Im Gegenteil, der Wunsch des Kindes nach Begleitung ist einer derjenigen Gründe, die ich vorbehaltlos akzeptiere.
Hier ist der Grund für die Begleitung liebevolle Fürsorge statt irrationaler Angst (wobei ich auch anmerken möchte, daß diese Grenze extrem schwammig ist und ich im direkten Umfeld immer wieder den Eindruck hatte, der Wunsch des Kindes ist nur vorgeschoben).
Meinst du, das ist
nicht Charaktersache, sondern ein Erziehungsfehler?
Natürlich kein Erziehungsfehler. Dazu eine kleine Anektode: vor zwei Wochen konnten unsere Jungs endlich ihre eigenen Zimmer beziehen, bis dahin hatten sie ein Gemeinsames.
Gerade unser Großer (10 Jahre und eigentlich ausgesprochen selbstständig) zeigte deutliche Anzeichen von Unbehagen ob der neuen Schlafsituation und bat beim Licht ausmachen darum, daß die Türen der neuen Kinderzimmer offen bleiben sollten (die Zimmer liegen direkt nebeneinander). Die Antwort des Kurzen: „Klar, wenn es Tobi hilft, darf die Tür offen bleiben“
(und mittlerweile genießen beide die Vorteile des eigenen Zimmers)
UND ich urteile wie gesagt nicht über die Eltern
der Kinder, die von weiter her kommen und z.B. mit der U-Bahn
fahren müssen, die ihre Kinder noch bis zur vierten Klasse
hinbringen. (Ich sehe aber auch wirklich fast nie Kinder unter
neun Jahren, die allein mit der U-Bahn unterwegs sind.)
Nun, das habe ich auch an keiner Stelle verurteilt. Wie im vorherigen Posting gesagt halte ich mich mit Urteilen zurück. Was mich an vielen dieser „Bringeltern“ stört habe ich im vorherigen Posting gesagt - da geht es aber eher um die Sicherheit meiner eigenen Kinder.
Da wundert mich so ein Satz schon:
Ich habe schon keinerlei Verständnis, wenn ein normales Kind nach einem halben Jahr (in der ersten Klasse) immer noch nicht alleine laufen darf.
Ich habe mich zu der Handschuhgeschicht ja gar nicht geäußert. Aber es stimmt schon, diesen Satz kann ich so nicht stehen lassen.
Wie oben gesagt, sollte nach meiner Meinung ein Erstklässer einen „üblichen“ Schulweg auch allein bewältigen können - aber „keinerlei Verständnis“ ist deutlich zu scharf formuliert…
Du wirst mir jetzt dagegenhalten wollen, dass du diesen Leuten
nicht SAGST, dass du keinerlei Verständnis hast; aber davon,
dass du anderer Leute Erziehungs- bzw. Kinderaufzuchtsmethoden
respektierst, spricht das ja gerade nicht.
Zwischen akzeptieren und gut finden liegt ein weiter Graubereich… (*grins*)
Ich kenne Eltern, deren Erziehungsstil ich richtig klasse finde und es gibt Eltern, deren Erziehungsmethoden beim besten Willen nicht meine sind.
Ich bin aber alt genug um zu wissen: So lange der Erziehungsstil nicht völlig aus dem Ruder läuft (Mißhandlung, Vernachlässigung) werden aus den Kindern i.d.R. voll lebensfähige Erwachsene. Und es steht mir nicht zu, anderen bestimmte Erziehungsziele vorzugeben.
Insofern: die meisten Erziehungsstile akzeptiere ich, gut finde ich nur wenige.
Gruß Stefan