der fiktive Herr S. aus B. möchte sein kürzlich ins schulpflichtige Alter gekommenes Kind von Anfang an in klassischer deutscher Rechtschreibung unterrichten lassen, so, wie sie vor 2002 an deutschen Schulen gelehrt wurde, und nicht gemäß seit 2002 umgesetzter Deformregeln. Welche rechtlichen Mittel stehen Herrn S. zur Verfügung, diese seine Begehr erfolgreich durchzusetzen? Gibt es entsprechende Präzedenzfälle?
Herr S. kann sich eine Schule suchen, in der die klassische deutsche Rechtschreibung vor der Reform von 2002 unterrichtet wird und sein Kind dorthin schicken. Kein Problem - ganz easy! Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu hören ist, wird an der Bambino Private Secondary School in Malawi noch die alte deutsche Rechtschreibung unterrichtet. Nix wie hin!
Ich bin ja auch der Meinung, daß sich eine Sprache auf natürliche Weise weiterentwickelt und sich nicht per Gesetz verordnen und in Formen pressen läßt.
Man braucht sich ja nur die Rechtschreibung aus dem 17. Jahrhundert anschauen. Und die von den 1930ern. Hat schon einen enormen Wandel durchgemacht.
Ich weiß ja nicht, welche klassische Rechtschreibung du meinst, ich gehe mal von der vor der Reform 1998 aus.
Meine Schulzeit fiel genau in den Übergangszeitraum… mußte beide lernen bis zur dritten Klasse alte, ab vierter neue, wobei bis 2002 ja beide Formen erlaubt waren.
Ich mache dir wenig Hoffnung, daß du da bei staatlichen Schulen was durchsetzen kannst, die Rechtschreibung wurde 1998 vom Bundesverfassungsgericht, unserer höchsten Gerichtsinstanz, beschlossen. Daran müssen die sich halten.
Da müßtest du dich dann an die nächsthöhere Instanz wenden. Oder eine Privatschule finden, die das noch so im Lehrplan hat.
Oder nach Österreich ziehen, da gab es keine Rechtschreibreform, aber dafür hat es da andere grammatikalische Besonderheiten.
Er kann sich einen Privatlehrer suchen, mit dem einen Vertrag darüber abschließen, dass er das Kind in klassischer deutscher Rechtschreibung unterrichtet.
Was versteht Herr S. itzo unter klassischer deutscher Rechtschreibung? Wie weit vor 2002 möchte er denn zurück? 50 Jahre, 100 Jahre, 300 Jahre, 1000 Jahre?
Welchen Nutzen ziehen Herr S. und sein Kind aus diesem absonderlichen Ansatz?
Den Sinn des Ganzen verstehe ich auch nicht. Was sollte es bringen, wenn das Kind dann in 10 Jahren die Rechtschreibung von vor 35 Jahren beherrscht?
Es sei denn es strebt ein Berufsleben als Meister des Antiquariats an.
Dieses Ansinnen empfinde ich als sehr angenehm und ich würde gern von einer positiven Antwort profitieren.
Was diese Reform aus dem Schriftbild gemacht hat seit 1996, wird immer unerträglicher. Und die Wiedereinführung der heyseschen s-Schreibung ist da noch das geringste Übel.
Offenbar hat Herr S. aus B. ja selbst noch richtig schreiben gelernt. Warum mag er es seinem Kind nicht entsprechend selbst vermitteln?
Ich habe dies bei meinen Kindern getan - allerdings mit nur mäßigem Erfolg: Sie schreiben trotzdem „aufwändig“, setzen Deppenkommas und Deppenleerzeichen und können nicht zwischen „zusammen fahren“ und „zusammenfahren“ unterscheiden.
Eventuell ist die Schreibung gemeint, die sich bis in die 90er Jahre auf natürliche Weise entwickelt hat, bevor die KMK meinte, alles über den Haufen werfen zu müssen und eine Reform auf die Menschen losgelassen hat, die derart schlecht war, dass sie anschließend noch mehrfach reformiert werden musste.
Danke. Herr S. meinte exakt selbiges: die vor jener durch die KMK beschlossene Deform von 1998 gültige Rechtschreibung wird gemeinhin auch als „klassische“ bzw. „traditionelle Rechtschreibung“ bezeichnet.
Eigentlich sollte ja durch die neue Rechtschreibung einiges vereinfacht werden, aber wenn man viele jungen Leute heute sieht, die ausschließlich die neue Rechtschreibung gelernt haben oder lernen, dann kommt man eher zu der Ansicht, dass es noch schwieriger geworden sein muss.
Zusätzlich dazu noch eine zweite Rechtschreibung versuchen zu vermitteln, ist wohl auch gänzlich zum Scheitern verurteilt, wenn nciht mal mehr die angeblich einfachere der beiden beherrscht wird.
Bereits dieser Ansatz führt in die falsche Richtung, dabei ist es so herrlich simpel:
Wenn man bedenkt, dass ein Text üblicherweise[1] mehr Leser als Autoren hat, muss man schließlich folgern:
Das Schreiben ist fürs Lesen gemacht, nicht fürs Schreiben.
Es will mir nicht einleuchten, warum man derart an der Essenz des Schreibens vorbeidenken konnte. Offenbar war die Profilierungssucht stärker als die Vernunft.
[1] Mal abgesehen von den Doktorarbeiten bestimmter Politiker, den Steuergesetzen und dem, was mancher Nutzer hier so hinterlässt…
Ja, da sind wohl die Rechtschreibreformer nicht konsequent genug gewäsen. Gleich mal für die nächste Reform anmelden. Es müsste dann auf aufwänden und Aufwändung heißen.