Kinder ins Grundbuch eintragen?

Liebe/-r Experte/-in,

ich würde gerne wissen ob es möglich ist minderjährige Kinder als alleinige Besitzer in ein Grundbuch ein tragen zu lassen?
Wir wollen ein Haus kaufen uns möchten gerne dass unsere Kinder (6 Jahre und 6 Monate als) sofort die alleinigen Besitzer sind.
Wir als gesetzlicher Vormund wollen natürlich bis zu Volljährigkeit alle verbundenen Pflichten tragen.
Sollte dieses möglich sein, würden wir uns weiterhin gerne ein lebenslanges Wohnrecht im besagten Haus sichern.
Ist das Vorhaben nach deutschem Recht realisierbar?
Vielen lieben Dank im Voraus!
LG,
Lena

Hallo Lena,
nach deutschem Recht ist dies möglich, aber warum der Umweg. Die Eintragung als Niesbrauch führt zum gleichen Ziel, nur ohne den Umweg. Dabei „verdient“ das Haus auch noch seine Abgaben. Weitere Angaben sind Rechtsberatung.
Gruß
tummle

Hallo liebe Fragestellerin,

grundsätzlich ist es natürlich möglich auch Minderjährige als Eigentümer von Grundbesitz im Grundbuch eintragen zu lassen.

Das erhellt aus einer einfachen rechtlichen Überlegung

Ehepaar A und B erwerben ein Haus, sie haben die Kinder B und C, die leiblich sind, oder auch adoptiert. B und C sind minderjährig und unter 14, also nicht geschäftsfähig. Die Familie verreist mit dem PKW, es kommt zum Autounfall. B und C bleiben weithin unverletzt, aber A und B werden schwer verletzt und kommen ins Krankenhaus. Sie versterben der Reihe nach recht rasch. Der Erstversterbende hinterlässt dem Letztversterbenden seinen Nachlass nach gesetzlicher Erbfolge. Schon dies bedingt, dass B und C (das Grundstück nebst Bebauung ist je zur Hälfte eingetragen), auf den Nachlass des Erstversterbenden (50%) untereinander die Hälfte erben. Der Letztversterbende erbt allein die andere Hälfte.

Durch den Tod des zweiten Ehepartners gelangt auch dessen Anteil zur Verteilung unter B und C sie werden also schlussendlich je zur Hälfte Erben des Grundbesitzes der Eltern und nach Testamentseröffnung im Grundbuch eingetragen. Indes unter Hinweis auf den Vormund bis zur Erreichung des 18. LJ.

Dieser wird in diesem Fall durch das Jugendamt als Vormundschaftsbehörde bestimmt, haben A und B nicht in ihrer letztwilligen Verfügung Vorsorge getroffen und jemand bestimmt, der die Vormundschaft übernehmen soll und geeignet ist.

Damit ist die Frage beantwortet. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb im Erbfall eine Eintragung der gesetzlichen Erben stattfinden soll, umgekehrt aber nicht möglich sein soll, die Kinder bereits zu Lebzeiten auf dem Objekt als Eigentümer einzutragen.

Die Eintragung ist also nicht das Problem.

Zum Problem wird ein Anderes:

Bekanntlich gilt der im Grundgesetz stehende Satz, dass Eigentum verpflichtet. Das drückt sich in Verpflichtungen aus, die man teils nicht wirklich wählen kann. Z.B. in Grunddienstbarkeiten, mit denen häufig unvermeidbar Grundstücke belastet werden oder belastet sind.

Ein weiteres ist, dass wenn der Erwerb nicht aus bestehenden Mitteln getätigt werden kann, Kredite erforderlich sind. Und auch der lfd. erforderliche Unterhalt eines Grundstücks und einer Immobilie darauf ist nicht gerade billig.

Die Kinder sind aber zuletzt, sind sie als Eigentümer eingetragen für alle Belastungen eintrittspflichtig, die anfallen, und zwar soweit sie ihren Grund in der Eigentümerstellung haben, oder über das Grundbuch besichert sind.

Man muss also schon sehr gute Gründe haben, solch eine Konstruktion zu wählen. Ich halte sie für nicht sehr Verantwortungsvoll gegenüber solch kleinen Kindern.

Stellen Sie sich vor, Sie kommen Ihren Kreditverpflichtungen nicht nach. Dann geht das Grundstück nebst Bebauung in die Zwangsversteigerung. Neben dem Kreditnehmer haftet das Grundstück dinglich/rechtlich und damit auch der eingetragene Eigentümer. Man kann das zu Ende denken: Die ZV erbringt nicht den erforderlichen Erlös zur Deckung der Kosten und offenen Verbindlichkeiten.

Der die ZV Betreibende behält nach dem Zuschlag das Recht, aus dem zugrunde liegenden Titel auch weiterhin die Zwangsvollstreckung in übriges Vermögen zu betreiben. Auch in diesem Fall gegen die Kinder. D.h., sie bürden der Zukunft Ihrer Kinder im Zweifel eine immense Belastung auf. Anders wie wenn Sie das auf den Erbfall oder aber nach der 18. LJ und den Zeitpunkt legen, wo diese bereits selbst Geld verdienen.

Hinzu kommt:

Stellen Sie sich vor, eines der beiden Kinder schafft es nach der Schule halt nicht in einen Beruf. Wird ggf. längere Zeit arbeitslos bleiben. Es kann, zwecks des Immobilienbesitzes, der ggf. aufgrund Ihres Wohnrechts nicht selbst genutzt werden kann, und zwar im notwendigen Umfang kein ALG II beantragen, ist schlicht daran solange gehindert, bis es den Anteil veräußert.

Es sind noch zahlreiche andere durchaus nicht unwahrscheinliche Entwicklungen zu bedenken, bei denen sich die so frühe Eintragung mehr als negativ auf das Leben der Kinder auswirken kann.

Ich frage mich daher, aus welchem eigentlichen Grund sie diese Konstruktion in Betracht ziehen. Ich persönlich würde ihnen davon eher abraten. Der Übergang der Immobilie zu späterem Zeitpunkt lässt sich bestens anderweitig zwischen Ihnen und Ihrem Ehe- oder Lebenspartner absichern. Dazu muss man den Kids nicht zu einem Zeitpunkt, zu dem sie selbst überhaupt nicht die rechtlichen Folgen in der Lage sind, abzuschätzen, so etwas ans Bein binden. Sie wissen auch gar nicht, wie sich Ihr Leben künftig entwickelt.

Räumen Sie sich gegenseitig - siehe das bewusst gewählte Beispiel - ein, den Grundbesitz als Vormund zu veräußern, und verstirbt einer von Ihnen, ob der Andere dann auch tatsächlich diese Verpflichtung verantwortungsvoll genug für die Kinder wahrnimmt. Was wissen Sie denn, wie der verbleibende Teil sich charakterlich unter dem Einfluss ggf. eines neuen Partners entwickelt? Nichts!

Mein Vorschlag, der ohnehin sinnvoll ist, wenn man Kinder und Immobilie hat, machen sie zusätzlich zum Kaufvertrag schlicht und ergreifend ein geeignetes Testament, das die Erbnachfolge verbindlich regelt.

Wenn die Kinder über 18 sind, können sie die Immo immer noch zu Lebzeiten übertragen. Und sollte das Ganze steuerliche oder sonstige rechtliche Hintergründe haben, sollten Sie ohnehin bedenken, ob es sinnvoll ist, seine Kinder in solche Konstruktionen einzubeziehen. Auch hier habe ich die Meinung, dass das dann erst recht völlig unverantwortlich ist.

LG
Thomas Henschel
HV-Thomas Henschel

Hallo Herr Henschel,

vielen Dank für Ihre rasche und ausführliche Antwort.
Natürlich haben wir nicht jede mögliche Variante der Zukunft bedacht, soweit dieses überhaupt möglich ist.

Unsere Kids in Schulden stürzen wollen wir natürlich auch nicht. Das Haus würde aus eigenen Mitteln ohne Kredit finanziert werden. Somit währe das Grundbuch Lastenfrei. Wir haben dies in Erwägung gezogen weil die Kinder es ja eh erben würden und warum dann nicht gleich die Besitzer sein sollten. Wir sind keine Freunde von Verträgen und Bürokratie, das ist auch der einzige Hintergrund zu diesn Überlegungen, daher wollten wir dass es zum Zeitpunkt des Hauskaufes schon alles so eingerichtet wird wie es später sein sollte. Somit währen Testamente, Vererbungen, ect. nicht nötig.
Sicher haben Sie darauf einen klareren Blick da Sie auch über das nötige rechtliche Hintergrundwissen verfügen. Vielleicht erscheint unser Vorhaben auch zu blauäugig. Wir finden es eben schon zu viel was alles geregelt werden muss wenn das Haus erworben wird, das wollten wir in Zukunft unseren Kids ersparen.
Was war die Welt einfach gestrickt als alles noch per Handschlag geregelt wurde :smile:
LG,
Lena

Hallo tummle,
vielen Dank für die rasche Antwort, das reicht mir bereits völlig, so weis ich wenigstens bescheid ob dies überhaupt möglich ist. Danke auch für den Tip mit dem Niesbrauch.
Dazu habe ich noch die Frage:
Darf der Eigentümer des Hauses das Haus verkaufen wenn der Niesbrauch-Bewohner damit nicht einverstanden ist?
Gilt Niesbrauch eben wie Wohnrecht bis zum Tod der jeweiligen Person?
Danke und LG,
Lena

Keine Ursache!

Auch wenn Sie das Objekt komplett aus eigenen Mitteln finanzieren können, sollten Sie bedenken, dass ein Gebäude u.U. sehr unverhofft hohe Investitionen erfordern kann. Denken Sie nur daran, dass das Dach unvorhergesehen Sanierungsbedürftig wird. Oder, was eine Frage des Baujahres ist, der Gesetzgeber erzwingt, dass das Gebäude umfassend klimatechnisch nachgerüstet werden muss.

Die Verträge dazu können zwar Sie völlig allein abschließen, nur vergessen Sie dabei eines, bauliche Leistungen die fest mit dem Bauwerk eine Verbindung eingehen, führen nach dem BGB dazu, dass die Einbauten in den Besitz des Grundstückseigentümer übergehen.

Es ist in der Praxis so selten nicht, dass am Ende größerer Baumaßnahmen der Auftraggeber in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Dem Bauunternehmen oder Handwerker steht dann zur Sicherung seines Werklohnes das Recht der sog. Handwerkersicherungshypothek zu. D.h., er kann vergleichsweise leicht eine Hypothek in das Grundbuch drücken. Es ergibt sich damit die gleiche Situation wie bei der normalen Beleihung, nur sogar verschärft.

Ihre Überlegung ist schon nachvollziehbar. Nur, sie wissen auch nicht, wie ihre Kids sich entwickeln. Stellen Sie sich vor, sie zerstreiten sich mit einem oder beiden aus durchaus auf Ihrer Seite berechtigten Gründen. Dann kann das Wohnrecht zur Hölle werden. Ich hatte schon solche Fälle zu bearbeiten. Wenn dann das Recht nicht verankert ist, dass Sie auch vermieten können, sondern das Wohnrecht nur höchst persönlich nutzen können, haben Sie im Zweifel nichts als Kosten. Z.B., weil sie, um ihre Ruhe zu haben, wegziehen.

Es ist ja nachvollziehbar, dass Ihnen ggf. die rechtlichen Verpflichtungen und Probleme, die Grundbesitz mit sich bringt, unangenehm sind, auch der bürokratische Aufwand, nur, um den kommen Sie ganz sicher auch auf diesem Weg nicht herum. Eher im Gegenteil. Die Konstruktion verpflichtet sie eher noch moralisch wie rechtlich, sich wirklich jede Aktion sorgfältig zu überlegen, die mit dem Besitz in Verbindung steht.

Bedenken Sie: Sie treffen dann jede Entscheidung nicht mehr für sich, sondern letztlich doch für die Kids.

An einem Testament ist auch der Aufwand nicht größer. Das ist kein wirkliches Argument. Im Kern müssen sie dort die selben Themen regeln, nur mit dem wesentlichen Nebeneffekt, dass erst mit dem Tod z.B. eines von Ihnen beiden dann die Regelungen im Grundbuch in Vollzug gehen.

Ich sehe also den Vorteil nicht.

Ich denke aber, wenn Sie Grundbesitz erwerben wollen, sollten Sie ihre Einstellung zu Verträgen und Bürokratie, die schon immer dabei angefallen ist, ändern. Denn früher oder später bleiben Sie davon nicht verschont, das ist ein Grundirrtum, dem viele Erwerber aufsitzen.

Grundstücke und Gebäude wurden allenfalls in finsteren Vorzeiten nur per Handschlag erworben. :smile:)

Schon im alten Rom waren Notarverträge nötig. Ich glaube da verklären Sie aus Mangel an Erfahrung die guten alten Zeiten. *lach*

LG
Thomas Henschel
HV-Thomas Henschel

Sie haben recht mit allem was Sie erwähnt haben, dafür habe ich auch um Rat gefragt. Ganz sicher werden mein Mann und ich uns noch kritisch mit dem Thema aus einander setzen bevor wir etwas unterschreiben.
Was währe es schön wenn man Häuser so kaufen könnte wie Schuhe, einfach Geld auf´n Tresen und nach Haus gehen :smile:)
Ich bedanke mich ganz herzlich dass Sie sich Zeit genommen haben meine Fragen zu beantworten.
LG,
Lena

Hallo Lena,
was ist dann noch Niesbrauch, wenn das Haus oder Wohnung ohne Einwilligung verkauft werden kann. Niesbrauch ist das Instrument für Steuerminderung und Eigentumsvorbehalt, sollten die Kinder Streitigkeiten bekommen. Wichtig ist, es werden Einkünfte erzielt.
Gruß
tummle

Hallo Lena,

natürlich können auch minderjährige Kinder Immobilieneigentum erwerben und damit ins Grundbuch eingetragen werden.

Eventuell ist die Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes erfoderlich; hier wird aber der Notar beraten.

Da die Kinder ja dann alle Lasten des Hauses tragen müssen, ist eine Anmietung durch die Eltern erfoderlich. Die Miete sollte dann alle Kosten des Hauses tragen.

Auch die Absicherung Deines Wohnrechtes ist grundbuchlich möglich; auch hier gilt die Beratungspflicht des Notars.

Bei weiteren Fragen bitte direkte Anfrage per Mail mit entsprechendem Hinweis.

MfG

Stefan Seidel