Hallo,
aus eigener Erfahrung berichte ich mal folgendes:
Mein damals 11jähriger Sohn wurde von zwei Jungen, 11 und 12 1/2 Jahre alt auf der Straße bedroht und es wurde ein Raubversuch unternommen, in dem man ihm in die Hosentasche griff und versuchte, Geld zu rauben, was nur deshalb nicht gelang, weil er keines dabei hatte.
Gott sei Dank erzählte er uns dies und meinte, einen der beiden Jungen kenne er sogar, er wisse, wo er wohne, den anderen kenne er nicht.
Mein Mann fuhr daraufhin zu dem bekannten Kind, sprach mit den Eltern und setzte auch dem Jungen ganz gehörig zu.
Zunächst war die Sache für uns erledigt. Etwa ein Jahr später, unser Sohn also mittlerweile 12, die anderen beiden 12 und 13 1/2 wiederholte sich der gleiche Vorgang nochmals, wobei der jüngere (also das, dem mein Mann damals „den Kopf gewaschen“ hat, zu dem älteren meinte: „Lass den in Ruhe, da kümmern sich die Eltern drum“.
Dies beachtete der größere überhaupt nicht und raubte meinem Sohn damals 50 Pfennige. Auch dies erzählte er wieder und daraufhin gingen wir zur Polizei. Zunächst dachten wir, dies sei völlig sinnlos, weil wir ja immer noch nicht wussten, wer der Täter war.
Bei der Polizei wurden wir an eine Abteilung für Jugendkriminalität verwiesen, dort waren wir hervorragend aufgehoben und es war kein Problem, dass wir nicht wussten, um wen es ging. Dort stand nämlich bereits ein Aktenkörbchen bereit, in dem ausschließlich die Vorfälle lagen, die sich auf diesen 13 1/2 jährigen Täter bezogen. Man wusste dort sofort, um wen es ging.
Nach der Anzeigenerstattung hatte unser Sohn entsetzliche Angst, zur Schule zu gehen. Er fragte mich damals, ob er sich „umbringen darf, damit alles vorbei sei“.
Wir sprachen daraufhin mit dem Klassenlehrer, der Schulleitung und nochmals mit der Polizei.
Die Reaktionen waren vorbildlich: Unser Sohn wurde während der darauf folgenden Schultage keine Sekunde aus den Augen gelassen. Sogar die Polizeibeamten fuhren Streife um die Schule.
Nun die Sache beruhigte sich und wir hörten ca. 7 - 8 Monate nichts mehr davon.
Irgendwann aber kam eine Zeugenladung an unseren Sohn. Der Täter war mittlerweile 14 Jahre und 3 Monate alt. Es war nach seinem 14. Geburtstag die 3. Gerichtsverhandlung gegen ihn in insgesamt 70 Strafanzeigen. Ca. 200 Vorfälle gab es vor dem 14. Lebensjahr.
In der Gerichtsverhandlung machte der Richter dem jungen Angeklagten klar, dass er sich im Nachgang zu der Verhandlung von sämtlichen Zeugen fern zu halten habe. Und tatsächlich hat dies geklappt.
Der „Junge“ ist mittlerweile 23 Jahre alt. Lebt immer noch in unserem Städtchen. „Geworden“ ist aus ihm nichts, wie man sich denken kann. Mittlerweile hat er auch schon Jugendarreste und Strafvollziehungsmaßnahmen im Erwachsenenvollzug hinter sich.
Unser Sohn, mittlerweile aber ebenfalls erwachsen, rechnet es uns allerdings hoch an, wie wir uns damals drum gekümmert haben. Und das allein lohnt den Aufwand auf jeden Fall.
S.