Salut Chrissie,
Ihre kurze Nachricht klingt natürlich schlimm, aber es gibt viele Faktoren die es zu berücksichtigen gilt und die man als Außenstehender nicht immer (er)kennt.
Ist das Kind physisch (körperlich) krank (z.B. KISS-Syndrom, möglich bei Säuglingen und Kleinkindern)?
Liegt eine psychische Erkrankung des Kindes oder der Mutter vor? (Aussage der Mutter:„Du Arschloch“ = psychiatrisch möglich: Form der Koprolalie - vokale Ticstörung - etwa bei 30% der Gilles-De-La-Tourette Patienten.)
Wie ist die allgemeine Lebenssituation (finanzielle Umstände, familiäre Anbindung, Sozialkontakte etc.)?
Diese und noch mehr Fragen sind zu berücksichtigen.
Natürlich ist jeder von uns geneigt einem schutzbedürftigem Kind seinen Beistand zukommen zu lassen, doch darf auch die mögliche Hilfsbedürftigkeit der Mutter dabei nicht vergessen werden.
Möglicherweise ist es auch die MUTTER, die Hilfe braucht, aber aus unglücklichen Umständen heraus keine bekommt.
Als praktisch verwertbaren Ansatz könnte man das Anschreien und Beschimpfen durch die Mutter, sollte es in der Öffentlichkeit stattfinden, möglicherweise unauffällig aufzeichnen (Handy/Smartphone, Diktiergerät etc.), damit diese Aufnahme dem Jugendamt, Ordnungsamt oder der Familienhilfe einen Eindruck des Geschehens vermitteln kann.
Damit wären wir auch schon bei einem Stichwort: Jugendamt.
Sollten Sie den Eindruck haben, dass das Kind misshandelt wird, so sollten Sie nicht zögern diesen Eindruck dem Jugendamt mitzuteilen. Nicht nur körperliche „Züchtigung“, auch seelisch ist eine Misshandlung möglich und kann u.U. als Straftat angesehen und geahndet werden.
Allerdings sollten Sie vermeiden selber die Mutter auf den Ihnen aufgefallenen Mißstand anzusprechen!
Begründung: Sollte die Mutter tatsächlich ihr Kind auf irgendeine Art misshandeln und Sie sprechen sie darauf an, wird sie sich möglicherweise
zu a) ertappt dabei vorkommen und deswegen
zu b) dafür sorgen, dass man sie eben nicht mehr dabei ERWISCHT (Kind wird schon bestraft wenn es nur zu laut weint/schreit) und
zu c) die Schuld (für die ihr peinliche Situation) dem Kind geben, welches in der Folge um so mehr darunter zu leiden hat.
Sollten sie allerdings eine offensichtliche und akute Handlung in der Öffentlichkeit miterleben, in der das Kind geschädigt wird, sollten und können Sie handeln.
Dies kann diplomatisch dadurch geschehen, in dem Sie die Mutter einfach höflich ansprechen und in ein Gespräch über die Nachbarschaft verwickeln („Ach wie schön dass ich sie hier treffe. Ich wollte sie schon seit längerem Fragen was sie von der Sache mit den Mülltonnen halten.“ etc. seien Sie kreativ). Dieses Gespräch wird die Mutter, zumindest in diesem Augenblick, davon abhalten weitere Aktionen gegen ihr Kind durchzuführen. Im Verlauf des Gespräches können Sie so vielleicht sogar das Kind mit einbeziehen („Hey, Du hast aber tolle Schuhe an.“ etc.). So läßt sich auch ein wenig über das Kind und dessen Umgang/Zutrauen mit und zu anderen Menschen in Erfahrung bringen. Aber konzentrieren Sie sich nicht zu sehr auf das Kind, dies könnte die Mutter mißtrauisch machen. Seien Sie stets höflich und sachlich, auch wenn es Ihnen in diesem Moment schwer fallen mag. Nach mehreren dieser Begegnungen, bei denen Sie gelegentlich ein nettes Wort an das Kind richten, wird das Kind beginnen Ihnen ein wenig Vertrauen entgegen zu bringen und möglicherweise auch die Mutter, bei der wir ja immer noch im Hinterkopf haben, dass auch SIE hilfsbedürftig sein könnte!
Vielleicht ist es nach einigen (möglicherweise gut verlaufenden) Gesprächen mit der Mutter möglich, diese „beiläufig“ auf das Schreien des Kindes anzusprechen (z.B. „Sagen sie mal, Ihr Kind weint ja recht oft. Ist es krank?“)
Fazit:
-Wenn Sie, liebe Chrissie, das Gefühl haben, dass (aus welchen Gründen auch immer) das leibliche oder seelische Wohl des Kindes gefährdet ist, dann müssen/sollten Sie das Jugendamt einschalten.
-Machen Sie erwähnte Aufzeichnungen (Handy etc.) um Ihre dortigen Aussagen zu untermauern.
-Wenn es Ihnen möglich ist unterbrechen Sie die Mutter bei der Beschimpfung ihres Kindes, aber bleiben Sie dabei höflich und wählen ein unverfängliches Gesprächsthema aus.
Aber wie eingangs erwähnt; gibt es zu viele unbekannte Faktoren um nun eine exakte Vorgehensweise anzuraten.
Ich hoffe, ich konnte mit dieses Zeilen dennoch ein wenig behilflich sein und zumindest einen Ansatz für Sie stellen, auf dem Sie Ihr weiteres Vorgehen aufbauen können.
Mit bestem Gruß
*Kepano