Hallo,
ich hoffe, ich darf auch noch mal?
Zunächst: Weiter oben hast Du geschrieben, dass Dein Standpunkt „unkirchlich“ sei. Hier fängt ein grundsätzliches Problem vieler Diskussionen hier an: Durch diese Art der Etikettierungen (so nehme ich an, meiner wie auch Rolfs werden per se als „kirchlich“ angesehen), scheitern leider hier viele Diskussionen.
Zumindest auch ich würde, vor allem, da wir hier ja eigentlich über die rk Kirche reden (als Protestant hat man es manchmal sehr einfach, weil alle nur jene zu kennen scheinen:wink:, meinen Standpunkt schon per definitionem in dieser Frage für unkirchlich halten. Auch ansonsten finde ich mich kaum in dem wieder, was „unkirchlicher“ Seits als kirchlich unterstellt wird.
Dann hast Du weiter oben geschrieben, Du argumentiertest subjektiv. Das ist natürlich eine philosophische Frage, aber der Sinn unserer Diskussionen ist ja, sein Wissen in Frage stellen zu lassen, INformationen zu erhalten, um zumindest Meinung von Reflexion zu unterscheiden.
Und so sei auch noch vorweg gesagt, dass hier wahrscheinlich auch niemand, der als „kirchlich“ ettiketiert wird, hier das fragwürdige Finanzgebarden vatikanischer Banken verteidigen will - die mögen rechtens (!) sein (warum, wenn es stimmt, sollte es nicht erlaubt sein, in Verhütungsmethoden zu sein), sind aber höchst widersprüchlich. Von mafiösen Strukturen will ich gar nicht erst reden.
Das hast du misverstanden.
Ich bin kein Historiker, noch kann ich mich in die Menschen
der letzten Jahrhunderte hineinversetzen.
Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass
Raub, Erpressung und Fälschungen damals legal und moralisch
einwandfrei waren.
Und du hast ansonsten absolut Recht. Das Konzept des
Naturrechts wurde angewandt, um, im Nachhinein, Verbrechen an
der Menschlichkeit zu verurteilen, die aber nicht gegen das
positive Recht verstoßen haben. Genau das war der Sinn der
Naturrechtidee. Als diese Verbechen begangen wurden, war man
sich der Existens eines Naturrechts im Allgemeinen nicht
bewußt. So!
Die Naturrechtsidee gehört so ziemlich zu den ältesten Rechtsprinzipien, ob Du jetzt mit Deinem Satz die Nazis (und vor allem ihre Juristen) oder die Kirche gemeint hast: Sie war sehr wohl bewusst.
Die dem Menschen unabdingbare zukommende Würde ist zudem eine christliche Grundidee, denn das Christentum spricht dem Menschen seine Würde aus seinem Geschöpfsein zu. Dahinter steht dann sicherlich auch ein komplexeres System mit soteriologischer AUsrichtung, die in der heutigen säkularen Welt auf ein Unverständnis stößt, denn selbige hat eine andere Vorstellung von Würde. Letztere, ja auch in unserem GG festgehalten, ist immer und zu allen Zeiten deifnitionsabhängig (auch die Nazis haben ja behauptet, sie hätten das wahre Naturrecht). Ein gutes aktuelles Beispiel wären Sterbehilfe und Abtreibung, an denen sich säkulare von christlicher Argumentation in der Regel grundlegend unterscheiden - in diesem Fall möchte ich keiner Seite unterstellen, gegen das Naturrecht zu verstoßen.
Ich möchte nicht provozieren noch nerven, aber habe die Frage:
Warum darf man das Naturrecht auf Nazis anwenden aber nicht
auf die Kirche?
Die Anwendung des NAturrechts auf die Nazis war juristisch gesehen der Versuch, einem unglaublichen Verbrechen Herr zu werden.
Auch hier hat dann ein, auf dieser Basis, formuliertes positives Recht über die Verbrechen entschieden.
Zum antiken/mittelalterlichen Besitzerwerb der Kirchen: Zumindest diese Deine Information ist falsch, die Kirche habe das positive Recht selbst geschrieben. Wenn wir mal von Calvins Genfer Versuch absehen (der ja am Stadtrat gescheiter ist) sollte wir vielleicht mal sachlich (!) festhalten, dass es (bis jetzt) noch nie eine christliche Theokratie gab. Die antike war sowieso kein rechtsfreier Raum (Röm. Recht, wer sich für die Möglichkeiten des kirchlichen Besitzerwebs interessiert, möge den Codex Theodosianus lesen), auch das mittelalter nicht, auch wenn dieses Rechtssystem in keiner WEise unseren Vorstellungen (Kodifizierung, Gewaltentrennung etc.) entspricht.
Ich vermute, Deiner Ansicht nach widerspricht das Ablasswesen dem Naturrecht, denn man machte den Menschen Angst. So sei festgehalten, dass der Ablass nie verkauft werden durfte ohne Zustimmung des weltlichen Herrschers. Der hatte in der Regel (in D) recht wenig Angst vor dem Papst und hat sich so manches davon in Verhandlungen versprochen, einen Ablass zuzulassen (Die Macht der weltlichen Herrscher im Heiligen Römischen Reich lässt sich wunderbar daran ablesen, dass die Reformation überhaupt möglich war). Damals wie heute ist Korruption und Vetternwirtschaft, beides im Kirchenrecht absolut verboten, das größere Problem.
Und da es ja um die Kirche geht: Weder die Zehn Gebote, noch
die Bergpredigt, noch irgendeine andere Passage, die ich
kenne, würden diese Methoden der Bereicherung legitimieren.
Und die gab es damals auch schon.
Darum ging es doch. Jemand hat behauptet das wäre damals ganz
anders gewesen.
Der Kirchenbau zur Ehre Gottes ist sicherlich erst einmal nicht irgendwo in der Bibel problematisiert. Nehmen wir unseren Petersablass, so käme ich persönlich zwar auch nicht mit der Bibel weiter, aber mit dem auch damals gültigen Kirchenrecht. Ich erkläre eh immer meinen Studenten, dass der Petersdom eigentlich den Deutschen gehört:wink:
Ok, ich will Deine grundsätzliche Anfrage gar nicht als lächerlich ansehen. Andererseits ist mir Dein Vorwurf „diese Methoden“ etwas zu abstrakt. Gehen wir vom Grundbesitz der rk Kirche in D aus, greift er auch nicht. Oder eben, wie schon mal erwähnt, wir müssten nicht nur die Institution Kirche, sondern den Staat und sämtliche Fürsten, Grafen, Barone und was es sonst noch so gibt enteignen. Der Ablassverkauf (so sehr ich Protestantin bin) kann man natürlich als ein „Geschäft mit der Angst“ bezeichen, aber was ist dann mit dem Verkauf einer Lebensversicherung? Natürlich hast Du völlig Recht, dass man den Menschen keine Angst machen darf (und ihnen damit das Geld aus der Tasche), dass jeder Mensch gelassen und fröhlich in seine Zukunft (ob dies- oder jenseitig) schauen sollte.
Der Vergleich, Ablass - Lebensversicherung, mag für Dich hinken, aber das tut er nur dann, wenn man davon ausgeht, der Ablass habe ein NIchtsexistentes Gut verkauft. Das würde aber eine völlig unhistorische (wenn nicht zynische) Verkennung mittelalterlicher Mentalität bedeuten.
Und zuletzt: Man sollte endlich mit der ebenfalls unhistorischen Arroganz aufhören, die Menschen früherer Zeiten für dümmer zu halten.
Grüße,
Taju