Kirche oder 2.Weltkrieg? Wo mehr Tote?

Ich hatte die Tage eine Unterhaltung mit meiner Freundin über das Christentum und dann kamen wir auf die Frage, ob mehr Menschen durch die Kirche oder durch den zweiten Weltkrieg gestorben sind. Kirche im allgemeinen, also seit es sie gibt?
Ich selbst glaube durch die Kirche, meine Freundin is genau anderer Meinung.
Wäre super wenn ihr mir genaueres sagen könntet…

Danke im vorraus^^

Kommt auf die Zählung an
Hallo Kaito,

Rechnest Du die Toten, die im Zusammenhang mit der Kirche im weitesten Sinn umkamen, ist die Zahl hoch. Du müsstest da auch den 2. Weltkrieg dazuzählen, da kirchliche Motive nicht irrelevant waren. Wenn Du schaust, wieviele Tote durch Verschulden von Christen umgekommen sind, ist die Zahl kleiner (allerdings umstritten). Wenn Du aber z. B. die davon abziehst, die durch weltliche Machthaber umkamen, welche sich als Christen bezeichneten und ihre Ansprüche mit dem Argument verteidigten, sie seien eben Christen, dann geht die Zahl gegen 0.

Gruss
Mike

naja das des in dem 2weltkrieg auch religiöse hintergründe gab ist soweit ja klar. Es ist schwer die frage richtig zu formulieren. Weiss auch garnicht wie man das genauer beschreiben soll. Also sehen wir nunmal alles was in irgendeiner art und weise mit der kirche zu tun hat, also alles was von der kirche ausging, wie kreuzzüge usw. .

(so richtig weiterhelfen tut das glaube nicht, aber ich hoffe du verstehst nun wie ich das in etwa meine)

Was ist Kirche
Hallo Kaito,

die Kreuzzüge waren mit weltlichen Interessen verbunden, sonst hätten sie so nicht stattgefunden.

Gruss
Mike

japp aber die kirche hing mit drin und das bringt die frage eigentlich auch näher, also alles wo die kirche drin hängt.
und ich denke mal in gewisser hinsicht hingen sie fast überall mit drin, dem zu folge dürften es ja mehr sein, oder?
bin bei der frage schon total verzweifelt, als ich versucht habe irgendwas im netz zu finden.

‚Mit dem Segen der Kirche‘
Hallo Kaito,

die Meinungen differieren da natürlich extrem. Man kann auch unterscheiden, was ohne den Segen der Kirche (aber evtl. in ihrem Namen) und was mit dem Segen der Kirche ablief.

Der zentrale Punkt, der sich theoretisch aussagen lässt, ist: Die Lehre der Kirche ist nicht absolute Gewaltlosigkeit. Jesus Christus hat zwar im Leben nahezu absolute Gewaltlosigkeit gelebt (bisweilen wird das auch zum Streitpunkt, ob die Kirche Jesus vertritt), Ausnahmen waren die „Tempelreinigung“ (Jesus geht gegen die Markthändler im Tempel mit einer Geisel aus Stricken vor), der Aufruf vor der Passion „jetzt aber, wer ein Schwert hat, der nehme es“ (allerdings relativiert durch die Bemerkung: „Es ist genug“, sobald zwei Schwerter vorhanden sind, und die Bemerkung „Stecke dein Schwert in die Scheide“ an den Jünger, der den Knecht des Hohenpriesters bei der Verhaftung schlug) und etwas abstrakter durch die Lehre „gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“.

Aufgrund dieser Worte hat die Kirche die absolute Gewaltlosigkeit nicht zu ihrem Gebot gemacht und ist also immer wieder darin verstrickt worden, zum einen oder anderen Krieg „ihren Segen“ zu geben.

Die Interessen waren aber bei all diesen Konflikten weltlich, selbst wenn das Etikett „Kirche“ war. Man könnte einmal untersuchen, inwiefern und wann sich die Kirche eigentlich gegen diese Vereinnahmung gewehrt hat oder inwiefern sie dazu verpflichtet ist.

Gruss
Mike

interessanter post. hast du das irgendwie studiert oder so? du scheinst da recht viel ahnung zu haben?
aber auf ne antwort von der frage an und für sich kommt man scheinbar nicht.

Theol. studiert, kam aber nicht vor; Selbststudium
Hallo Kaito,

die Frage ist wirklich kaum zu beantworten. Man könnte z. B. untersuchen, an welchen Konflikten die offizielle Kirchenleitung ein Interesse bekundete. Das wäre eine sinnvolle Fragestellung.

Man müsste aber berücksichtigen, dass es doch nicht die Kirche war, die die Kriege geführt hat (ob das nun Feigheit und Faulheit oder Friedfertigkeit und Liebe ist, sei dahingestellt).

Gruss
Mike

naja das des in dem 2weltkrieg auch religiöse hintergründe gab
ist soweit ja klar.

Hallo Kaito,
wie kommst Du auf diese wunderliche Behauptung?

Überhaupt, was soll Deine Frage (wenn Du sie nicht mal eindeutig formulieren kannst), welche Erkenntnis willst Du daraus gewinnen? Wahrscheinlich willst Du nur Deine zwischen den Zeilen erkennbare Meinung bestätigt sehen: Die Katholische Kirche war für mehr Tote verantwortlich als Opfer im 2. Weltkrieg?

Wolfgang D.

Hallo Wolfgang Digame,

solche Hintergründe lassen sich zumindest konstruieren. Es ist z. B. bekannt, dass der Polenfeldzug in katholischen Kreisen weit weniger Sympathie genoss als der Russlandfeldzug. Wie weit die Unterstützung ging, ist sehr umstritten, aber die Tendenz ist klar. Da die Kirchlichkeit oder die Religiosität als irrelevante Grösse zu betrachten, ist nicht ohne weiteres möglich.

Gruss
Mike

Hallo!

Ich denke, die Sache ist ziemlich eideutig.

Laut Wikipedia fanden im zweiten Weltkrieg 55 Mio. Menschen den Tod. Im 30jährigen Krieg (den man mit Sicherheit zu den Ereignissen zählen kann, die Du meinst), starben 3 bis 4 Mio. Menschen. In den rund 2000 Jahren Kirchengeschichte gab es mit Sicherheit keine 15 Ereignisse, die an Opferzahlen mit dem 30jährigen Krieg auch nur annähernd vergleichbar wären. (Hinzu kommt, dass man die Opfer des 30jährigen Krieges sicher nur zum Teil direkt oder indirekt mit der Kirche in Verbindung bringen kann).

Natürlich gab es Hexenverbrennungen, Kreuzzüge, die Reconquista, die Unterwerfung der amerikanischen Urbevölkerung, … Aber allein schon aufgrund der viel geringeren Bevölkerungsdichte waren die Kriege früherer Zeiten gemessen in absoluten Zahlen weniger verlustreich als heute. Allein die Schlacht von Stalingrad würde mehrere ausgewachsene mittelalterliche Kriege aufwiegen.

Das soll nicht heißen, dass diese Kriege weniger verheerend waren. In meiner Heimatstadt lebten vor dem 30jährigen Krieg ca. 550 Menschen. Danach waren es 150. Heute hat die Stadt 15000 Einwohner. Da wären 400 Tote zwar tragisch, aber das Leben würde irgendwie weitergehen. Damals waren 400 Tote aber 72% der Gesamtbevölkerung.

Michael

Also sehen wir nunmal alles was in
irgendeiner art und weise mit der kirche zu tun hat, also
alles was von der kirche ausging, wie kreuzzüge usw. .

Mal davon abgesehen, dass diese Art der „Rechtschreibung“, des Satzbaus und der Zeichensetzung dem Verstehen eher im Wege steht, als es zu unterstützen…

…sind schon das zwei völlig unterschiedliche Punkte. Wenn eine Vielzahl ihrer Mitglieder z.B. als Soldaten in einen Krieg ziehen, dann hat das etwas mit der Kirche zu tun - und ist trotzdem etwas völlig anderes, als wenn die Kirchenleitung z.B. die Inquisition befiehlt.

Gruß, Martinus…

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Versuch einer Definiton
Hallo an alle,

wissenschaftliches Arbeiten beginnt in der Regel mit der Definition dessen, was man untersucht. Hier wäre die Frage, was ein „Krieg der Kirche“ ist. Offenbar geht es nur um die römische Kirche.

Die weiteste Auslegung wäre, und diese Argumentation habe ich ernsthaft schon gehört, dass alls Kriege mit beteiligten Kirchenangehörigen Kirchenkriege sind. Im konkreten Fall meinte der Argumentatierende, Hitler sei bis zuletzt katholisch gewesen, daher sei die Kirche auch da mitschuldig… Ich hoffe für dieses Forum, dass sich diese weiteste Auslegung mit diesem Argument selbst gerichtet hat.

Bleibt die enge Auslegung. Nur konkret durch die Kirche veranlasste Kriege, oder allgemeiner Gewalt, wäre gemeint. Damit fallen aus Conquista (eine kgl.-span. Angelegenheit) und der 30-Jährige Krieg (Kaiser gegen Territorialherren, bzw. gegen Frankreich/Schweden).
Es bleiben die Kreuzzüge und die Inquisition. Damit gingen die Opferzahlen in die Zehntausende.

Eine mittlere Variante würde alle dezidiert katholischen Mächte dazuzählen, damit wäre die Conquista wieder „drin“. Die Leiden der Indios verblassen aber gegen den Völkermord der mehrheitlich protestantischen Siedler in Nordamerika an den dortigen Indianern.
Diese mittlere Zählung dürfte durchaus den Millionenbereich erreichen, wenn man z.B. auch Frankreichs Eingreifen in den 30-Jährigen Krieg dazuzählt.

Allerdings behaupte ich, dass es wirklich Religionskriege nicht gibt, der entscheidende Impuls ist immer Macht, politisch und/oder wirtschaftlich. Das ist aber einer eigenen Diskussion wert.

Gruß,
Andreas

der entscheidende Impuls ist immer Macht
Hallo Andreas Gorsler,

der entscheidende Impuls ist immer Macht

That’s it.

Gruss
Mike

Hallo Wolfgang Digame,

solche Hintergründe lassen sich zumindest konstruieren.

Konstruieren? Wenn man sich schon eine Meinung zurechtbastelt, so sollte sie schon die tatsächlichen Verhältnisse wiederspiegeln.

Es ist
z. B. bekannt, dass der Polenfeldzug in katholischen Kreisen
weit weniger Sympathie genoss als der Russlandfeldzug.

Die Meinung der Gläubigen ist eine Sache, die geschichtlichen Hintergründe eine andere. Wir sollten uns bewußt sein, dass der Krieg von Deutschland ausging, mit den Zielen der Beherrschung minderwertiger Nachbarvölker, Gewinnung von Lebensraum und Auslöschung der Juden.

Wie
weit die Unterstützung ging, ist sehr umstritten, aber die
Tendenz ist klar. Da die Kirchlichkeit oder die Religiosität
als irrelevante Grösse zu betrachten, ist nicht ohne weiteres
möglich.

Nach den Auswirkungen des Versailler Friedensvertrags wurden Revanche und Aggression von den Deutschen mit einer gewissen Sympathie unterstützt (auch wenn nach dem Krieg keiner in der Partei sein wollte und ein verkappter Widerstandskämpfer war). In diesem Scheißspiel haben die Kirche zugegebenermassen keine vorbildlichen Rollen gespielt. Wenn man an die Rolle des Vatikans beim Fall des Kommunismus betrachtet, hätte mehr Widerstand von den Kirchen ausgehen müssen. Ich wehre mich aber entschieden dagegen, dass die Verantwortung für den Krieg hier nun mit wolkigen Argumenten, Verdächtigungen und Nichtwissen von den Nazis auf die Kirchen verschoben werden soll.

Wolfgang D.

Hallo Wolfgang Digame,

von

konstruieren

rede ich, weil das alles Theorie ist, um über das Töten zu debattieren. Dieses ist nicht einfach so verständlich.

Die

Rolle des Vatikans beim Fall des Kommunismus

war beispielsweise unter anderem gemeint, allerdings nicht so sehr die aktive Rolle. Nehmen wir mal an, Hitler erwägt die Folgen des Russlandfeldzuges und vernimmt bei dieser Gelegenheit, dass er in diesem Feldzug die Katholiken auf seiner Seite hat, schon ganz ohne dass diese irgendwie tätig werden. Es reicht, wenn dies ein Pluspunkt ist, damit es auch in die Waagschale fällt ob Russlandfeldzug ja oder nein.

die Verantwortung für den Krieg

ist somit gar nicht tangiert, und sie im angesprochenen Sinn zu tangieren, hätte ich als Katholik Mühe. Hitler ging es um das Faktische. Mit wieviel Energie und welchen Konsequenzen konnte er einen Angriff starten, um gewinnen zu können. Dass er sich verschätzte, dürfte wohl auf andere Dinge zurückzuführen sein als auf eine allfällige Sympathie von Katholiken gegenüber Stalin.

Gruss
Mike

Hallo Wolfgang Digame,

von

konstruieren

rede ich, weil das alles Theorie ist, um über das Töten zu
debattieren. Dieses ist nicht einfach so verständlich.

Die

Rolle des Vatikans beim Fall des Kommunismus

war beispielsweise unter anderem gemeint, allerdings nicht so
sehr die aktive Rolle. Nehmen wir mal an, Hitler erwägt die
Folgen des Russlandfeldzuges und vernimmt bei dieser
Gelegenheit, dass er in diesem Feldzug die Katholiken auf
seiner Seite hat, die Verantwortung für den Krieg
ist somit gar nicht tangiert, und sie im angesprochenen Sinn
zu tangieren, hätte ich als Katholik Mühe. Hitler ging es um
das Faktische. Mit wieviel Energie und welchen Konsequenzen
konnte er einen Angriff starten, um gewinnen zu können. Dass
er sich verschätzte, dürfte wohl auf andere Dinge
zurückzuführen sein als auf eine allfällige Sympathie von
Katholiken gegenüber Stalin.

Von der Volksmeinung hat sich Hitler eigentlich nie beeindrucken lassen. Die Meinung wurde gemacht und manipuliert, und wer sie nicht begriffen hat landete schließlich im KZ. Freilich bemühten sich die Nazis um eine Sprache, mit der sie die Gläubigen und Gutmenschen erreichen wollten. So wurde viel von der „Vorhersehung“ gelabert, unglaublich perfide auch ein Zitat aus einer Göbbelsrede: Jene Divisionen (gemeint sind natürlich die Deutschen)…„werden in diesen Kampf hineingehen wie in einen Gottesdienst“. Aber das ist mieseste Propaganda und hat mit Religion doch überhaupt nichts gemein. Deshalb würde ich mich hüten, bei den Nazis nach religiösen Hintergründen zu suchen.

Wolfgang D.

Hallo Wolfgang Digame,

Die Meinung wurde gemacht

das ging nicht einfach immer und überall, weil man sich nämlich auch finanziell nicht alles leisten konnte. Gerade bei zahlenmässig starken und anderweitig einflussreichen Gruppen achtete die Führung sehr auf die Motivationen. Was meinte die Industrie zu diesem und jenem Vorgehen, was meinte das befreundete Ausland, was meinte die Wehrmacht, was meinten die Berufsverbände, was meinte die Kirche.

Gruss
Mike

Hallo Wolfgang Digame,

Die Meinung wurde gemacht

das ging nicht einfach immer und überall, weil man sich
nämlich auch finanziell nicht alles leisten konnte. Gerade bei
zahlenmässig starken und anderweitig einflussreichen Gruppen
achtete die Führung sehr auf die Motivationen. Was meinte die
Industrie zu diesem und jenem Vorgehen, was meinte das
befreundete Ausland, was meinte die Wehrmacht, was meinten die
Berufsverbände, was meinte die Kirche.

Hallo Mike,

das mag wohl so gewesen sein. Und wenn die Stimmung „anti“ war dann wurde mit Propaganda eingedroschen. So wurde die Aktion „Gnadentod“ vorbereitet, dann aber - da hast Du Recht, das war eine Aktion, wo die Nazis dem Druck der Öffentlichkeit nachgaben - wegen zunehmender Ablehnung durch die Kirchen, wieder eingestellt. Die Endlösung der Judenfrage wurde ebenso propagandistisch vorbereitet. Nachdem die damaligen Bürger, so wie sie heute sagen, keine Ahnung und wohl auch keine Meinung hatten, wurde die Aktion unvermindert durchgeführt. Selbst als der Krieg schon verloren war und bei der Bevölkerung Kriegsmüdigkeit festgestellt wurde (ablesbar am Wüten der Sondergerichte, Freisler &Co), schafften es die Nazis, dass frenetisch der Totale Krieg gefordert wurde. Also, Mike, ich denke mit Meinungsforschung hatten die Nazis nicht viel am Hut…
Wolfgang D.

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Hallo Wolfgang Digame,

mit Meinungsforschung hatten die Nazis nicht viel am Hut

schön gesagt, Stern.

Bleibt die Frage, ist der Krieg der Kirche keineswegs zurechenbar? Sie hört doch immer wieder der Vorwurf, sie habe sich nicht mit allen Mitteln gesträubt.

Gruss
Mike