Kirchliche Scheidung möglich?

Hallo zusammen!

Ich lese fast täglich über die Geschichte der Familie Fritzl. Und wenn ich sie nicht lese ist ein regelrechter Medienrummel um sie. Man wird also regelrecht mit Informationen und grausigen Details überschüttet. Auch im Fernsehen und Radio wird berichtet.

Nun haben sich daraus einige Fragen entwickelt, die ich gerne beantwortet hätte.

1.) Kann sie eine Ehefrau kirchlich scheiden lassen, wenn ihr Gatte ein Vergewaltiger ist. Ich meine, das kann man ja nicht als Ehe bezeichnen, wenn der Ehemann mit einer anderen ins Bett geht und sich gewaltvoll das holt was er braucht. Ich sehe darin einen Ehebruch.

2.) Zudem hat die Frau Kinder. Hier sehe ich eine Gefährdung, die ja auch in diesem Fall zutraf, da der Herr Ingenieur seine Tochter mißbrauchte und sogar mit ihr Kinder zeugte (Inzest).

3.) Ist es generell in einem solchen Fall möglich, auch wenn eine Scheidung durchgeht, trotzdem zu den Sakramenten gehen zu dürfen und hat die Gattin ein Anrecht auf ein kirchliches Begräbnis, da man ihr ja Mitwissenschaft vorwirft.

Wie sieht das in der röm.-kath. Kirche in diesem Fall aus.

Gruss

Petra H.

Hallo,

meines Wissens nach, gibt es keine „Scheidung“ im Kirchenrecht der r.k.-Kirche. Was es gibt, ist die Annullierung der Ehe. Damit wird sozusagen die Ehe als „von Anfang an als nicht gültig“ erklärt. Zuständig dafür ist die „Rota“, das Appellationsgericht der r.k.-Kirche.

http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6mische_Rota

Gerhard

Hallo Petra,

eine kirchliche Scheidung (der Begriff ist irreführend, weil es keine Scheidung im eigentlichen Sinne ist - im kirchlichen Eheverfahren wird die Ehe für ungültig erklärt) ist nur möglich, wenn der Grund (welche Gründe anerkannt werden, kannst du z. B. hier nachlesen: http://www.erzbistum-koeln.de/erzbistum/offizialat/e…), aus dem ein solches Verfahren betrieben wird, bereits bei der Trauung vorlag. Tritt der Grund erst nach der Heirat auf, hat die Ehefrau schlechte Karten.

Grüße
Renee

Hallo,
wie schon geschrieben: kirchliche „Scheidung“ gibt es nicht, die kath. Ehe bleibt bis zum Tod bestehen. Man darf sich aber trennen:

Katechismus:
_"2383 Die Trennung der Gatten unter Beibehaltung des Ehebandes kann in gewissen Fällen, die das kanonische Recht vorsieht, berechtigt sein.

Falls die zivile Scheidung die einzige Möglichkeit ist, gewisse legitime Rechte, die Sorge für die Kinder oder das ererbte Vermögen zu sichern, darf sie in Kauf 4 genommen werden und ist dann keine sittliche Verfehlung."_

kanon. Recht:
„Can. 1153 — § 1 Wenn einer der Gatten eine schwere Gefahr für Seele oder Leib des anderen Gatten oder der Kinder herbeiführt oder auf andere Weise das gemeinschaftliche Leben unerträglich macht, gibt er dem anderen einen recht maßigen Grund, sich zu trennen, und zwar auf Grund eines Dekrets des Orts Ordinarius und, wenn Gefahr im Verzug ist, auch kraft eigener Entscheidung“

Gruß
Kati

Hallo Petra

Ich kenne die Details des Falles zwar kaum, aber wenn es stimmt, was man so ganz von ferne hört, dann hat dieser Mann eine Disposition gehabt und das schon seit vielen Jahren, welche der Umwelt nicht bekannt war. Das heisst er konnte es fertigbringen, über Jahre und Jahrzehnte hinaus zwei Gesichter zu tragen. Wenn er somit anders disponiert ist, als die Frau zur Zeit der Eheschliessung wissen kann, dann ist die Ehe im Ganzen als ungültig zu betrachten und würde vor einem kirchlichen Gericht als nichtig, d. h. nie zustandegekommen eingestuft. Andererseits hat die Frau als Mitmensch den unmittelbaren Opfern gegenüber, aber evtl. auch dem Täter gegenüber die Pflicht, bis zu einem gewissen für sie noch erträglichen Grade Ansprechpartnerin zu sein und in ihm den Menschen erkennen zu helfen, indem sie bspw. Dritten wie seinen Betreuern im Gefängnis oder seinen Richtern Aufschluss gibt über seine Persönlichkeit und ihre Einschätzung der Lage.

D. h. sie darf sich trennen, ja sie darf die Ehe sogar als ungültig betrachten, bekommt die Sakramente und alles, hat aber die allgemeine Christenpflicht, dem Mann innerlich verzeihen zu lernen und soweit sie kann beim Besserungsprozess auch mitzuwirken, ja sogar die Pflicht, in ihm letztlich den Menschen zu suchen und dann zu achten.

Nachbemerkung. Wir alle sind Raubtiere. Wenn wir Besitz, Macht und Triebbefriedigung in Reichweite erkennen und der Meinung sind, dass wir ja doch nicht erwischt werden, sind wir zu vielem fähig, nicht nur jener Mann ist es. Wir müssen lernen, dass wir alle gefährdet sind, auf äusserst niedrige Stufen abzusinken. Nur wenn wir uns dessen bewusst sind, können wir so einen Mann auch wirksam strafen.
Gruss
Mike

Ich habe gerade einen Beitrag im Psychologiebrett gepostet, auch über

Amstetten. Es ist zwar ein anderer Zusammenhang, dennoch möchte ich

etwas dazu sagen, wenn es erlaubt ist.

Eine Frau sollte in diesen Situationen nicht ein Buch oder die Kirche

befragen, sondern sich selbst und damit Ihre Intuition.

Es gibt zwei mögliche Antworten: "Ja, Sie können sich scheiden

lassen. Nein, Sie können sich laut unseren Gesetzen nicht scheiden

lassen.

Es erhebt sich die Frage nach dem Sinn Ihrer Frage. Sind Sie in einer

ähnlichen Situation?

Eine Frau sollte in diesen Situationen nicht ein Buch oder die
Kirche

befragen, sondern sich selbst und damit Ihre Intuition.
(…)
Es erhebt sich die Frage nach dem Sinn Ihrer Frage.

Der Sinn der Frage ergiebt sich durch den Inhalt der Frage, welcher auf das Kirchenrecht abziehlt. Daher ist die zum X-ten Male ‚Frag Dein Gewissen und nicht die Kirche‘-Regelerinnerung unpassend.

Gruss
Y.-

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Hallo Renee,

Tritt der Grund
erst nach der Heirat auf, hat die Ehefrau schlechte Karten.

Auch wenn das grundsätzlich so stimmt, ist es doch nur die eine Seite der Medaille.
Das Eheeinverständnis, das man unterschreibt before man sich trauen lässt, gilt als Versprechen.

Ein Versprechen im Bezug auf bestimmte Situationen, Vorgänge (aktuelle und zukünftige) erstreckt sich im philosophischen Sinne in die Zukunft hinein. Man ist daran also auch nach 20 oder 30 Jahren noch gebunden.
Beispiel: man erklärt sich einverstanden Kinder katholisch zu erziehen. Selbst wenn man zum Zeitpunkt der Unterschrift voll bewusst dies so wollte, und ein Partner nach Jahren dann doch dagegen ist, bleibt das Versprechen und sollte dies zu einem unüberbrückbaren Zerwürfnis werden, kann dies als Annulierungsgrund dienen, da die Ablehnung des eigenen Versprechens die Ehe nichtig macht.
Hier allerdings kommen wir weg von den klaren Paragraphen des Codex Iure und landen direkt in der Pastoraltheologie und dann der Beurteilung von Fall zu Fall.

In den meisten solchen furchtbaren Fällen findet man dann einen Grund für die Annulierung, schlichtweg, weil man niemandem eine Fortsetzung einer solchen Ehe zumuten kann.

Grüsse
Y.-

Hallo,

In den meisten solchen furchtbaren Fällen findet man dann
einen Grund für die Annulierung, schlichtweg, weil man
niemandem eine Fortsetzung einer solchen Ehe zumuten kann.

Nun, praktisch könnte sich die Ehefrau ja auf jeden Fall trennen - nur eben nicht wieder neu heiraten.
Stimmt doch, oder?

Gruß
eklastic

Hi,

In den meisten solchen furchtbaren Fällen findet man dann
einen Grund für die Annulierung, schlichtweg, weil man
niemandem eine Fortsetzung einer solchen Ehe zumuten kann.

Nun, praktisch könnte sich die Ehefrau ja auf jeden Fall
trennen - nur eben nicht wieder neu heiraten.
Stimmt doch, oder?

Klar kann sie sich trennen. Immer. Und neu heiraten kann man dann nicht. Stimmt.

Bei einer Annulierung - und hierauf bezog ich mich - allerdings wird die Eheschliessung als solches annuliert. Am Naheliegendsten ist da meist die Unreife, die das gegebene Versprechen zum Zeitpunkt der Eheschliessung und der Eheabsichtserklärung nicht ermessen konnte.
Dann ist eine neue Heirat etc. pp. vollkommen normal.

Y.-

Hallo,

danke für die Klarstellung, so dachte ich das auch.
Ich wollte damit nur zeigen, dass niemand eine Frau zwingt mit einem untragbaren Mann zusammenzuleben.

Gruß
eklastic

Danke für die Rückantwort. Gott sei Dank bin ich nicht in einer ähnlichen Situation als Christ jedoch habe ich so manche Fragen über die Kirche. Ich kenne jedoch bei uns im Dorf eine Frau die hat sich krankenreifhaus prügeln lassen und ist bis dato immer noch verheiratet. Da drängt sich bei mir schon die Frage auf, ob sich manche Frau wegen der kirchlichen Ehe nicht scheiden lässt. Denn welchen Grund könnte man auch sonst haben sich nicht scheiden zu lassen.

Liebe Grüsse

Petra Herbst

lassen. Nein, Sie können sich laut unseren Gesetzen nicht

scheiden

lassen.

Es erhebt sich die Frage nach dem Sinn Ihrer Frage. Sind Sie
in einer

ähnlichen Situation?
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Hallo Mike!

Danke für deine Stellungnahme. Ich finde sie sehr gut und hat mein Wissen erweitert. Mir tut am meisten die Tochter Elisabeth leid, die so einen Vater hat und auch deren Kinder, die wahrscheinlich nie ein gutes Verhältnis zu Vater bzw. Großvater haben werden, wenn sie begriffen haben, wie die Wahrheit lautet.

Auch die Frau selbst muss von einer solchen Ehe sicher sehr bedrückt sein, denn wenn man heiratet (da ich selbst verheiratet bin kann ich dazu Stellung nehmen) wünscht man sich doch, dass der Mann, dem man das Jawort gibt bis ans Ende der Zeiten in Anstand und Treue zu einem steht.

Gruss

Petra H.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Was hat das damit zu tun?

Da drängt sich bei mir schon die Frage auf, ob sich manche Frau wegen der kirchlichen Ehe nicht scheiden lässt. Denn welchen Grund könnte man auch sonst haben sich nicht scheiden zu lassen.

Ich weiß nicht, ob es an dieser Stelle überhaupt um die Kirche geht oder einfach um irgendwelche mehr oder minder abstrusen Vorstellungen, die möglicherweise auch anderen Hintergrund haben könnten.

Hierfür gibt es in der Psychologie die Bezeichner „DPD“ (Dependent Personality Disorder = Abhängigkeitsstörung) oder BPS (Borderline Personality Syndrome = Borderliner), und das hat mehr oder weniger gar nichts mit Kirchen zu tun, höchstens daß eine latente Tendenz durch zuviel Unterordnungs-Gepredige manifestiert wurde.

Ich tippe bei der beschriebenen Situation eher auf „ganz normale“ psychische Störung oder ein entsprechendes ethisches System, der katholischen Kirche dafür die Schuld zu geben finde ich doch etwas weit hergeholt: den Schluß würde ich erst dann zulassen wenn ich die Frau, ihre Psyche und Motive kennen würde.

…Nachdenk: Dafür, dass so viele Leute die Lehren und Praktiken der Kirche anzweifeln, räumen sie ihr aber ganz schön viel Macht ein…

Gruß,
Michael

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