Hallo,
unsere Sohn ( 9J.) 3.Kl. Grundschule ist mit einem IQ von über
130 als Hochbegabt einzustufen. Im Unterricht bringt er nur
durchschnittliche Leistungen, wir Vermuten er langweilt sich
im Unterricht sehr und würden ihn gern in die 4. Klasse
wechseln lassen.
Was möchte er selber?
Hat jemand erfahrungen mit der Thematik? In
der Literatur die wir bis jetzt zu dem Thema gelesen habern,
wird nur positiv darüber berichtet.
Meiner Meinung nach ist die reine Intelligenz nicht das auschließliche Kriterium, ein Kind eine Klasse überspringen zu lassen.
Zunächst sollte man bedenken, dass das Problem nicht eine bestimmte Jahrgangsstufe betrifft, sondern dass ein hochbegabtes Kind alles schneller begreift. Das bedeutet, wenn Dein Sohn eine Klasse überspringt, dauert es vielleicht kurze Zeit, bis er den Stoff für die entsprechende Klasse aufgearbeitet hat, dann aber langweilt er sich wieder, weil er den neuen Stoff wieder schneller versteht als seine Klassenkameraden.
Fühlt Dein Sohn sich in seiner Klasse wohl? Hat er dort einen Freund, mag er seinen Lehrer? Dann würde ich ihn eher in der Klasse lassen, als wenn er sowieso schon Außenseiter wäre. Wir nannten früher einen Jungen, der eine Klasse übersprungen hatte, „Klassenbaby“. Der war wirklich ein Außenseiter. Allerdings weiß ich nicht, wie wichtig ihm die Integration in die Klassengemeinschaft gewesen wäre.
Ist Dein Sohn eher kräftig oder zierlich? Gerade bei Jungen entsteht ein Teil der Anerkennung über die körperliche Kraft.
Kannst Du vielleicht die Wißbegier Deines Sohnes durch nachmittägliche Aktivitäten befriedigen? Wenn er dadurch intellektuell ausgelastet ist, „ergibt“ er sich vielleicht geduldiger in sein Schicksal, das Schulsystem durchlaufen zu müssen.
Ich habe mich vor vielen Jahren aus o.a. Überlegungen gegen ein Überspringen einer Klasse in der Grundschule entschlossen. Allerdings wurde mir gesagt, mein Sohn solle direkt 2 Klassen überspringen, da er auch in 1 Klasse höher nicht ausgelastet sei. Da kommt der Punkt mit körperlicher Unterlegenheit natürlich besonders zum Tragen. Bei allen Freizeitaktivitäten war er aber immer mit älteren zusammen und wurde auch von ihnen akzeptiert. Meine Bedenken, dass seine Klasenkameraden (wenn er eine oder zwei Klassen überspringen würde) vielleicht die erste Freundin im Arm hätten, während er noch im Sandkasten spielte, war unbegründet.
Mein Mann findet mein Verhalten falsch!
Er (im Ostblock aufgewachsen) meint, dass soziale Kontakte nicht so wichtig seien, und daß man sich als Einzelgänger wohlfühlen könne.
Ich denke, dass die Akzeptanz der Hochbegabung unter Gleichaltrigen in Deutschland geringer ist als in anderen Ländern . Ich habe davon gehört, dass in anderen Ländern Klassenkameraden stolz darauf sind, den „klügsten“ Schüler in ihrer Klasse zu haben. In Deutschland erntet man mit Sonderbegabung aber eher Neid.
Ein Punkt, der mich heute das Überspringen noch mal überdenken lassen würde, wäre
a) die größere Publizität der hochbegabten Kinder
b) vor allen Dingen aber, dass das „Leid“ der Schule schneller zu Ende ist. Die Stunden werden oft als Zeitverschwendung angesehen, und die hochbegabten Kinder lernen in der Schule nicht, zu lernen.
Mein Sohn ist heute erwachsen und studiert. Er fühlt sich wohl, hat ein ausgeprägtes Selbstbewußtsein und meint selbst, dass alles so in Ordnung war, wie es gelaufen ist.
Eine Nachbarstochter (auch erwachsen, Ärztin) hatte nach Aussage der Mutter große psychische Probleme durch das Überspringen von
3 Klassen.
Ich befürchte, es gibt nicht die „richtige“ Entscheidung und bei jeder gibt es positive und negative Aspekte.
Mir fehlen aber die praktischen Berichtserfahrungen von
anderen Eltern.
Schöne Grüße
Sabine