Klassische Musik interpretierbar?

Ich frage mich ob es in der klassischen Musik auch Lieder gibt die von Liebeskummer handeln selbst wenn kein Text dabei ist. Werden klasische Lieder auch nach irgendeinem zweiten Sinn komponiert oder wird einfach das komponiert was sich gut anhört?

Gibt es vielleicht eine Internetseite die klasische Lieder interpretiert?
Entschuldigung, ich habe keine Ahnung von Klassik es würde mich aber sehr interessieren ob Mozart, Bach und Andere manche Lieder aus einer bestimmten Mutivation heraus komponiert haben.

Mir jetzt aber bitte nicht den Kopf abreißen weil ich diese Frage stelle

LG Lili

Die Antwort auf diese Frage ist normalerweise sehr lang.
Aber ich bin zugegebenermaßen zu faul sie in vollem Ausmaß zu beantworten(:stuck_out_tongue:), deswegen fang ich einfach an und hoffe, das andere noch ergänzen.

Die einfache Antwort auf den Titel: JA!
Natürlich ist die interpretierbar, natürlich gibt es Instrumentalmusik die ein Programm enthält, das beispielsweise über Liebeskummer geht.
Bestes Beispiel: Sinfonie Fantastique von Hector Berlioz.
Aber es geht da auch nicht nur um Liebe, sondern auch um Leben, Tod(Liszt - Les Preludes), Fantasy(Holst - Die Planeten, Ravel - Le Jardin féerique, wenn man es so schreibt).
Das gehört jedenfalls alles in die Sparte Programmmusik.
Also Musik die einen außermusikalischen Inhalt hat.
Brahms beispielsweise prägte wiederum den Begriff der absoluten Musik(vor und nach ihm auch andere).
Musik ohne außermusikalischen Inhalt, die Musik als Kunst an sich.
Aber natürlich wird da auch interpretiert und analysiert.
Klassische Musik wird nach sehr vielen Prinzipien komponiert.
Klar war es für Bach auch wichtig, dass es gut klingt, aber genauso wichtig war es ihm, dass es handwerklich perfekt war, dass es kompositorisch interessant war und anspruchsvoll.
Erst in neuerer Zeit(Ende 19. Anfang 20. Jahrhundert) war der Aspekt der „Schönheit“ nicht mehr so wichtig, was aber auch nicht heißen soll, dass Schönheit in irgendeiner Weise unabdingbar für Kunst wäre, die Masse hört halt bloß gerne nur das Schöne, da muss man nicht so viel nachdenken und kann sich bloß davon berieseln lassen, während man seine Aufmerksamkeit irgendwas anderem widmet.
Damit schweife ich jetzt allerdings ziemlich ab und komme auch langsam durcheinander mit dem was ich sagen wollte.
Wichtig ist: Die Musik ist natürlich interpretierbar.
Jede einzelne Note Bachs, oder Mozarts, oder Beethovens, oder Gustav Mahlers war Absicht, die Musik wurde entwickelt. Natürlich auch unter dem Aspekt der Schönheit und der Emotion, aber da steckt auch handwerklich einiges drin.

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Emotionen in der klassischen Musik
Hi Lili,

nein, dir reißt schon keiner den Kopf ab wegen deiner Frage :smile:

Ich frage mich ob es in der klassischen Musik auch Lieder gibt
die von Liebeskummer handeln selbst wenn kein Text dabei ist.

es würde mich aber sehr interessieren ob Mozart, Bach und Andere manche Lieder aus einer bestimmten Mutivation heraus komponiert haben.

Es gibt zwar „Lieder ohne Worte“ in der Klassik, z.B. Opus 62 von Felix Mendelsohn

http://de.youtube.com/watch?v=lKc_inLbVVY

aber normalerweise sind Lieder eben gesungene Texte. Du meinst aber sicher einfach Musikstücke, die Emotionen widerspiegeln (und dadurch zugleich auch erzeugen), ohne Texte dabei zu haben (wie es ja z.B. in der Oper immer der Fall ist).

Nun hat Musik beinahe immer emotionale Valenzen. Dennoch gibt es zahlreiche Stücke, die dies besonders ausdrücklich machen. Nicht umsonst gehören Ausrücke wie „leidenschaftlich“ (appassionato), „getragen“, „pathetisch“ (pathetique) usw. zu den „Regieanweisungen“ der Komponisten.

Als weithin bekannte Beispiele von expliziten Emotionen sei z.B. genannt:

Franz Liszt: Liebestraum
http://de.youtube.com/watch?v=-kKoHqdImYE&feature=re…

Ludwig. v. Beethoven: Die Wut über den verlorenen Groschen
http://de.youtube.com/watch?v=ZHetvDqnkzE&feature=re…
angeblich tatsächlich entstanden in einer Situation, in der er wütend war, weil ihm etwas gegen den Strich ging.

Fast alle Stücke aus Robert Schumann: Kinderszenen, darin besonders
Nr. 4: Bittendes Kind
Nr. 5: Glückes genug
Nr. 7: Träumerei
Nr. 11: Fürchtenmachen
Nr. 13: Der Dichter spricht
Hier gespielt von Vladimir Horowitz (the Greatest)
1-7: http://de.youtube.com/watch?v=UbcERjreptM
7-12: http://de.youtube.com/watch?v=6JpWM2SU4PI

Speziell zu deinem gewünschten Thema „Liebeskummer“ fällt mir
Peter Tschaikovski: Symphonie Nr. 6 „Pathetique“ ein:
Der 4. Satz „Adagio lamentoso“ deutet ja im Titel an, worum es geht: Dafür ist der Ausdruck „Liebeskummer“ deutlich zu banal. Hier hörst du herzzerreißende Trauer, dramatische Wut, pathetische Resignation, gewaltiges Aufbegehren gegen das Schicksal, leises Weinen - bis zum schreienden Weinen - im Wechsel (genauso wechselhaft, wie die Emotionen in entsprechender Lebenssituation tatsächlich sind) und schließlich das „Loslassen“ … es ist übrigens von Tschaikovski in einer entsprechenden Lebenssituation entstanden: Ja, es war eine verzweifelte, verhinderte Liebe dabei im Spiel.

Hier eine interessante Interpretation davon:
http://de.youtube.com/watch?v=0BFBXKCIAic

Und nicht zuletzt sei noch erwähnt eine zarte Liebesgeschichte:
Chopin, Klavierkonzert Op. 21 (Nr.2 - obwohl es sein erstes war),
das er im Alter von 17 Jahren schrieb, als er in ein junges Mädchen verliebt war (der er es auch widmete). Die emotionale verfassung zeigt sich deutlich im 2. Satz. Hier eine Interpretation von Pollini, einem der großen Meister des Pianos:
http://de.youtube.com/watch?v=XX6PhbfahQ8&feature=re…

Gruß
Metapher

Hallo Lili,

mir fallen da sofort Peter Tschaikovski: Symphonie Nr. 6 „Pathetique“ und viele Kompositionen Beethovens aus seiner mittleren Phase.
Speziell die „Pathetique“ ist für mich in Töne gegossener Liebeskummer.

Gandalf

Ich frage mich ob es in der klassischen Musik auch Lieder gibt
die von Liebeskummer handeln selbst wenn kein Text dabei ist.

zusätzlich zu dem was die anderen geschrieben haben, noch ein denkanstoß:

hat ein lied mit text bzw. ein gedicht immer liebeskummer zum inhalt, wenn es liebeskummer meint? nein, nicht notwendigerweise. natürlich ist es mit bestimmten vokabeln recht leicht, über liebeskummer zu sprechen, aber richtig spannend wird es, wenn man das eigentlich gemeinte mit metaphern umschreibt, sodaß es nicht mal notwendig ist, die einschlägigen vokabeln zu verwenden. so kann man zb. ein gedicht über ein zerbrochenes bild schreiben und liebeskummer meinen. und natürlich hast du das recht, aus einem gedicht über eine kaputte vase liebeskummer herauszulesen, auch wenn der verfasser das vielleicht nicht intendiert hat.

musik verwendet auch ein gewisses vokabular, allerdings ist es noch wesentlich subjektiver als das sprachliche. somit kannst du alles, was du für dich aus der musik herausnimmst, für dich herausnehmen. ob das in einer diskussion mit einem musikwissenschaftler bestand hat oder nicht, ist natürlich eine andere frage, aber letztendlich uninteressant. bis auf die schon genannte programmmusik gibt es in der musik keine objektiven inhalte. gleichzeitig gibt es aber viele chiffren und symbole, die der komponist bewußt einsetzt - und darüber hinaus sehr vieles, was du subjektiv für dich darin entdecken kannst. kein komponist der welt könnte je abschätzen, mit welchen musikalischen vorkenntnissen und erfahrungen du ein werk rezipierst. vielleicht hast du im vorfeld oft musik gehört, in der bestimmte akkordverbindungen vorkommen, dann wirst du diese akkordverbindungen ganz anders wahrnehmen, als jemand anders, der mit anderen hörgewohnheiten zum selben stück kommt.