Klavierhocker

Hallo,

Ich studiere Integriertes Produktdesign und habe als Prüfungsstudienarbeit einen Klavierhocker (höhenverstellbar) zu entwerfen. Da ich selbst keine Ahnung vom Klavierspielen habe etc. hab ich mal einige Fragen an die Pianisten unter Euch:

Ist eine Rückenlehne unpraktisch beim Spielen?
Werden eher Bänke oder Hocker bevorzugt?
Was stört Euch denn an den bisherigen Sitzmöglichkeiten?
Könnte man auch einen Schlagzeughocker verwenden?
Ist es wichtig (z.B. auf der Bühne), daß der Hocker ins Bild paßt - oder eher doch nicht?
Habe ein Piano von Schimmel entdeckt - Pegasus - mit integriertem sitz - ist das bequem - oder sieht das nur gut aus?
Welche Funktion könnte solch ein Hocker noch besitzen - evtl. Notenablage? (oder was braucht man sonst noch zum Klavierspielen…?)
Wie hoch ist in der Regel ein Klavier oder Flügel (vom Boden bis zu den Tasten?)
Wie ist die optimale Haltung beim Spielen?

Ich danke Euch
Steffi

Hallo Steffi,

ich bin gerade im InetCafé und kann deshalb nichts nachmessen. Da könnte dir auch eine Anfrage im nächsten Klavierhaus weiterhelfen. Einige Ideen schreib ich dir aber, die mir eben einfallen:

  • geh in ein Klavierhaus und sitz Probe, damit du einfach mal das Gefühl kriegst, wie es ist, vor einem Flügel zu sitzen, auch wenn du nicht spielen kannst
  • eine Rückenlehne braucht man nie
  • meiner Ansicht nach werden definitiv Bänke bevorzugt, gibt einfach ein stabileres Sitzgefühl
  • deswegen kommt auch ein Schlagzeughocker weniger in Frage, Schlagzeuger haben in der Regel einen runden Aufbau ihrer Instrumente um sich herum, während die Klaviertastatur gerade ist. Daher ist es eben für Schlagzeuger praktischer, einen Hocker zu benutzen, diese Voraussetzungen sind halt beim Flügel nicht gegeben.
  • einfach aus Gründen der Ästhetik halte ich es natürlich für wichtig, dass die Sitzgelegenheit ins Bild passt. Genauso wie du vielleicht ein sehr gutes Essen auch mit dem Auge genießen willst, solltest du auch auf ein harmonisches Aussehen auf der Bühne achten, auch wenns nicht die Hauptsache ist.
  • den integrierten Sitz kenn ich nicht, halte das auch für äußerst unpraktisch, weil doch jede/r SpielerIn eine andere Sitzhaltung bevorzugt.
  • erforderliche Funktion ist die Höhenverstellbarkeit, achte vielleicht auch drauf, dass er tief genug gestellt werden kann, ich kenne einige Pianisten, denen viele handelsübliche Stühle auf ihrer niedrigsten Stufe noch zu hoch sind, aber das sind natürlich wirklich ganz individuelle Bedürfnisse.
  • Notenablage brauchst du denke ich nicht, da bieten Klavier/Flügel genug Möglichkeiten.
  • zur Sitzhaltung:
  1. Höhe der Sitzbank und ihr Abstand zum Klavier
    Die richtige Höhe der Sitzbank und ihr Abstand zum Klavier ist ebenfalls eine Frage des persönlichen Geschmacks. Eine gute Ausgangsbasis kann folgendermaßen bestimmt werden. Setzen Sie sich auf die Bank mit den Ellbogen an Ihrer Seite und den Unterarmen parallel zu den Tasten. Mit den Händen in Spielposition auf den Tasten sollten die Ellbogen in Höhe der Tasten sein. Setzen Sie nun Ihre Hände auf die weißen Tasten - der Abstand der Sitzbank zum Klavier (und Ihre Sitzposition) sollte so sein, daß die Ellbogen gerade am Körper vorbeigehen, wenn Sie sie aufeinander zubewegen. Setzen Sie sich nicht in die Mitte der Bank, sondern sitzen Sie näher zur Vorderkante.
    (aus http://www.schulseiten.de/fopp-de/c1ii1.html)
    und als musikalischere Annäherung:
    http://www.peter-feuchtwanger.de/deutsch/sitzen.html
    (z.B. letzter Absatz: „Die richtige Atmung (Sie atmen aus, wenn Sie ein Wort sprechen.) die richtige Haltung am Klavier, die richtige Höhe des Klavierstuhls (die Klaviatur sollte sich in einer Linie mit Ihrem Ellenbogen befinden; sitzen Sie keinesfalls höher!), der richtige Gebrauch von Fingern, Hand und Arm sowie die Freiheit und Durchlässigkeit von Schulter, Handgelenk und Daumen, ferner elliptische Bewegungen (meistens in der linken Hand im Uhrzeigersinn, in der rechten Hand gegen den Uhrzeigersinn), all dies sind grundlegende Anforderungen an korrektes Klavierspiel, einen schönen singenden Ton und eine virtuose Technik.“)

und noch ein paar praktische Überlegungen:

  • es darf nicht quietschen, Achtung auf eventuell geräuschvolle Materialien
  • bitte eine gute Polsterung vorne am Stuhl, also kein Holzrahmen und nur auf der Sitzfläche gepolstert (http://www.stuhlverkauf.de/images/a9607.jpg als don’t-Beispiel)
  • gerade Sitzfläche erforderlich, bitte kein „Einsinken“ in die Polsterung
  • viel Spaß und schreib mal, wies dir beim Entwerfen geht

Lieben Gruß,
Anna

schöne frage, schöne antwort! ich bin nur gelegenheitspianist und sitze auf einem verstellbaren hocker aus einem bekannten schwedischen möbelhaus, daher geb ich meinen senf nicht detailliert dazu. nur ein kleiner hinweis:

  • erforderliche Funktion ist die Höhenverstellbarkeit, achte
    vielleicht auch drauf, dass er tief genug gestellt werden
    kann, ich kenne einige Pianisten, denen viele handelsübliche
    Stühle auf ihrer niedrigsten Stufe noch zu hoch sind, aber das
    sind natürlich wirklich ganz individuelle Bedürfnisse.

das problem mit den üblichen klavierbänken ist meines erachtens, daß die stabilität ab einer gewissen höhe leidet. je mehr entfernung zwischen unterkonstruktion und sitzfläche ist, desto eher ist nur der hebemechanismus an der stabilität beteiligt, und das hat eben grenzen. deswegen baut man die bänke nicht einfach generell tiefer.

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Klavierhocker
Hallo Anna,

Danke für Deine Antwort…hab noch ne Frage…

Nehmen eigentlich Konzertpianisten ihre eigenen Hocker und Flügel/Klavier mit auf Tour oder steht das schon alles bereit?

Beim Kauf: Gibt es zum Klavier passend den Hocker? - oder suche ich mir irgendeinen aus?

Viele Grüße
Steffi

Beim Kauf: Gibt es zum Klavier passend den Hocker? - oder
suche ich mir irgendeinen aus?

nein - ja.

eventuell gibt es spezielle modelle vom klavierhersteller, aber das ist nur so zwingend zu kombinieren wie schuhe und jacke: wenn der selbe schriftzug drauf steht, gut, wenn nicht, auch egal.

die wichtigste entscheidung dürfte sein, ob klassisch schwarz (paßt zu den meisten flügeln, weil üblicherweise schwarz) oder braun (das paßt wiederum eher zu pianinos, die selten schwarz sind). die bauart ist gewohnheits- und geschmackssache und hängt mit dem klaviermodell nicht wirklich zusammen.

Hallo
einige kurze Bemerkungen:

Ist eine Rückenlehne unpraktisch beim Spielen?

Wurde mir früher empfohlen, und ich hatte auch tatsächlich einen Stuhl mit Rückenlehne.
Diese darf natürlich die Bewegungsfreiheit nicht im Geringsten einschränken. Ist aber vielleicht ganz sinnvoll als Stuhl zum Üben (mehrere Stunden), natürlich nicht für’s Konzert.

Werden eher Bänke oder Hocker bevorzugt?

Bänke, man kann rutschen und sitzt einfach besser.
Hocker wurden wohl nur erfunden, weil man sie über die Spindel sehr einfach verstellen kann (durch Drehen). Man sitzt aber absolut besch…eiden darauf.

Was stört Euch denn an den bisherigen Sitzmöglichkeiten?

Häufiges Quietschen der Höhenmechanik.
„Schwitz“-bezüge (man klebt irgendwann fest).
Stundenlanges rauf- und runterdrehen bei wechselnden Pianisten.
Das erlebe ich hier jedes Mal: 5 Pianisten, 5 Körpergrößen, 5 verschiedene Stuhleinstellungen. Da wird zwischen der Musik gekurbelt (und gequietscht) was das Zeug hält.
Und anschließend sieht man dem einen oder anderen ganz deutlich an, wie unwohl er sich fühlt (wegen nicht genau getroffener Höheneinstellung).
Eine praktische Verbesserung wäre eine Art „Merkposition“ bzw. mehrerer, sodaß die Pianisten einen Hebel auf Pos. A-B-C stellen und *magic* die Einstellung stimmt.
Kennt man auf elektronischem Wege von Fahrersitzen bei Autos, die mechanische Verwirklichung dürfte etwas kniffliger sein…

Könnte man auch einen Schlagzeughocker verwenden?
Ist es wichtig (z.B. auf der Bühne), daß der Hocker ins Bild
paßt - oder eher doch nicht?

Auf der Bühne, im Konzertsaal usw. selbstverständlich!

Habe ein Piano von Schimmel entdeckt - Pegasus - mit
integriertem sitz - ist das bequem - oder sieht das nur gut
aus?

Es sieht nur gut aus (aber eigentlich nicht einmal das…).

Welche Funktion könnte solch ein Hocker noch besitzen - evtl.
Notenablage?

Nein. Getränkehalter *scherz*

(oder was braucht man sonst noch zum
Klavierspielen…?)

So einiges :wink: aber das ist nicht so sehr vom Hocker abhängig.

Wie hoch ist in der Regel ein Klavier oder Flügel (vom Boden
bis zu den Tasten?)
Wie ist die optimale Haltung beim Spielen?

Individuell

Ich danke Euch

Ich bitte dich.

Steffi

Herm

PS. Ich hielte es für sinnvoll, zwischen Übungsbank/stuhl/hocker und Konzertsaal-Version zu unterscheiden.
Übungsversion: ergonomisch, bequem, Rückenentlastend, schweißfrei …
Konzertsaal: Optik, Design, Höhenverstellung

Polstermaterial!
Hallo Stefanie,

das Material, aus dem das Sitzpolster gemacht ist, und wie es
mit der Konstruktion verbunden ist

  • es muss eine mittlere „Haerte“ haben, weder soll man einsinken
    noch das Gefuehl haben, auf hartem Holz zu sitzen
    ist evtl. Geschmackssache
    (waere extrem innovativ, wenn die Polsterhaerte individuell
    einstellbar waere :wink:)) )

  • Echt-Leder muss nicht besser sein als Kunst-Leder, immerhin
    schwitzt man durch die Hose

  • bei meiner Sitzbank ist die Lederoberflaeche nicht flach,
    sondern „gebirgig“, in den „Talsohlen“ sind Knoepfe appliziert
    –> meiner Meinung nach kann die heisse Luft (nein, beim Spielen wird nicht gefu… !) so besser entweichen als bei einer
    komplett glatten Oberflaeche

Auf der Orgelbank bevorzuge ich uebrigens gar kein Kissen o.dgl.,
ich muss mich ja drehen koennen fuer die hohen und tiefen Pedaltasten

  • ein Kissen wuerde irgendwann unterm Hintern wegrutschen…

Bin mal gespannt aufs Design! Postest Du das mal irgendwann, ja?

Gruss
Stefan

Auch Polstermaterial …
Hallöle.

Auch ohne professioneller Klafünfspieler zu sein, rate ich Dir zu intensiver Kontaktaufnahme mit einem Polsterer (Raumausstatter kennen sich üblicherweise auch gut mit Polstermaterial aus). Es ist nämlich wichtig, dass die Sitzfläche bei unterschiedlichen Temperaturen möglichst gleich hart bleibt. Und wenn der Tastenquäler mit seinem - warmen! - Bobbes daraufhängt, während er gleichzeitig auf seinem Instrument wütet wie ein Duracellhase auf Ecstasy, können Schaumstoffmaterialien schon mal ganz gut kollabieren. Gibt es bei schlechten Motorradsitzen, aber auch bei Kneipenhockern und anderen Sitzmöbeln. Abgesehen davon, dass dadurch die Sitzhöhe veründern wird, passiert auch folgendes :

Es sitzt der Virtuose
In seiner Anzugshose
Direkt auf dem Brett.
Das findet er nicht nett
und wird recht bose.

Soviel zum Innenleben. Außenherum sollte ein nicht klebender, möglichst antistatischer Stoff verwendet werden - es ist einfach nur doof, von einem Hocker aufzustehen und alles klebt am *PIEP* …

Gruß, Eillicht zu Vensre

Hallo Steffi,

zu deiner Frage wegen der Notenablage: Ich fände eine integrierte Schublade o.ä. für die Noten gut. Da wären sie gut verstaut und trotzdem in der Nähe des Instruments.

Zur Höhenverstellbarkeit: Klaviere gibt es in unterschiedlichen Höhen. Nicht nur in der Gesamthöhe, sondern auch die Tasten sind unterschiedlich hoch, je nach Modell, angebracht. Unser Klavier z.B. ist so niedrig, dass ein großer Erwachsener da seine Beine nicht mehr drunter kriegt, ganz egal, wie hoch die Klavierbank ist. Du musst also zuerst wissen, für welche „Klaviergröße“ dein Sitzmöbel sein soll.

Zum Material: Ich finde es schon deutlich ansehnlicher, wenn die Oberflächen von Klavier und Bank harmonieren bzw. im Idealfall gleich sind. Unser Klavierbauer bietet auf Bestellung Klavierbänke in genau dem selben Holz an wie das Klavier.

Von einer Rückenlehne rät unsere Klavierlehrerin dringend ab, sie verdirbt die Haltung, sagt sie.

Grüße
Ulla

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Danke für eure Antworten
Steffi