Kleiderordnung

Hallo liebe Rechtsgelehrte und Kollegen, habe eine etwas dümmliche Expertenfrage, die ich den hiesigen Regeln entsprechend folgendermaßen in allgemeiner Form zu stellen wage:

Rechtsanwalt A tritt morgen erstmals in einer Sorgerechtssache vor dem Familiengericht (Berlin) auf. Sollte er eine Robe tragen? (Rechtsanwalt A hat sich vor vielen Jahren vor dem Sozialgericht Potsdam mal ein Versäumnisurteil eingefangen, weil er dort entgegen den örtlichen Gepflogenheiten „nur“ im feinen Tuch, aber eben ohne die ortsübliche Robe erschien…)
für sachdienliche Hinweise bedankt sich schon im Voraus
Rechtsanwalt…
:wink:

Hallo,

IANAL, aber um Streß zu vermeiden könnte der Rechtsanwalt ja seine Robe mitnehmen. Wenn der gegnerische Anwalt seine Robe trägt, kann er seine schnell überziehen, wenn nicht, kann er sie ja über seine Stuhllehne hängen.
Schließlich dürfte es besser sein, die Robe dabei zu haben und nicht zu benötigen, als umgekehrt.
Aber dein Problem wirft bei mir eine andere Frage auf: Haben deutsche Gerichte nicht „Ausleihroben“? Schließlich kann ja immer mal etwas passieren. (zB daß ein Anwalt sich einen Kaffee überkippt oder so) Ich weiß, daß es beim EuGH solche Reserveroben gibt.

Gruß
Sticky

Rechtsanwalt A mag die muffigen Kittel nicht… :wink: aber geben tut’s die natürlich. Dass auch der EuGH solche Leihkittel hat, verlangt allerdings wirklich Respekt ab.
Vielen Dank, nevertheless…

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo!

Rechtsanwalt A tritt morgen erstmals in einer Sorgerechtssache
vor dem Familiengericht (Berlin) auf. Sollte er eine Robe
tragen?

Ist es dermaßen unüblich, vor dem Amtsgericht in Robe aufzutreten? Also ich habe noch keinen beteiligten erlebt, der ohne Robe, sei es auch „nur“ vor dem Amtsgericht, aufgetreten ist. Sind wir da in unserem Landgerichtsbezirk irgendwie komisch? Oder liegt das am Bundesland?

Ich persönlich bin derzeit auch öfters in Robe unterwegs und muss sagen, dass ich das gar nicht schlecht finde…zumal das weiße Hemd mit der weißen Krawatte zur Folge hat, dass man im Amtsgericht und in der Staatsanwaltschaft endlich mal vernünftig gegrüßt wird :wink:

Allerdings ist die Frage meiner Meinung nach für Berlin ganz klar mit einem Ja für die Robenpflicht zu beantworten, da das hier ausnahmsweise nicht aus Gewohnheitsrecht, sondern aus der Allgemeinen Verfügung über die Amtstracht der Berliner Rechtspflegeorgane vom 3.2.2004 ganz eindeutig so hervorgeht.
Danach ist der Anwalt zum Tragen der Amtstracht verpflichtet, die aus einer Robe und einem weißen Hemd mit weißem Langbinder besteht, wobei letzteres freigestellt ist.

Gruß,

Florian.

Hallo,

Robenzwang vor dem AG gibt es offiziell nicht mehr, wird aber faktisch in den allermeisten AGen immer noch respektiert. Was jetzt ausgerechnet Berlin angeht, so ist das AG Neuköln das einzige Gericht gewesen, wo ich mich bislang mit Robe vollkommen overdressed vorkam. Da waren die auswärtigen Newbees genau hieran eindeutig zu identifizieren.

Bei uns in Hannover scheinen die Fronten auch langsam zu bröckeln. Während der heißen Tage kam ein Kollege dem Angebot des Vorsitzenden, der sich auch schon Marscherleichterung genehmigt hatte dahingehend zuvor, dass er erst gar keine Robe mitgebracht hatte. Ich habe dann das Angebot natürlich auch dankend angenommen.

Vor dem LG Hildesheim passierte noch zu Ausbildungszeiten einem Kollegen das Missgeschick, die Robe im Auto liegengelassen zu haben, nachdem er aufgrund von Stau ohnehin schon verspätet war. Die Kammer wollte Milde walten lassen, der Gegner insistierte, wurde aber vom Vorsitzenden schlicht und ergreifend damit nicht ernst genommen.

Vor ca. 2 Jahren ist hier in Hannover übrigens vor dem LG der letzte Kollege mal wegen fehlendem Binder ignoriert worden. Das OLG Celle hat dem Vorsitzenden daraufhin ordentlich einen eingeschänkt.

Gruß vom Wiz

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

zumindest hier hängen ein paar Reserveroben rum für die Referendare, die Sitzungsdienst für die Staatsanwaltschaft machen müssen (für die Nichtjuristen: im Referendariat muss man, wenn man der Staatsanwaltschaft zugeteilt ist, in kleineren Verfahren die Staatsanwalt vertreten).

Ich kam damals aus dem Urlaub zurück, der böse Staatsanwalt, den ich noch gar nicht kannte, hatte angerufen, dass ich am Tag danach zum Sitzungsdienst (mit ihm zusammen) erscheinen müsse. Ich hatte überhaupt keine Ahnung von gar nichts, gedanklich noch auf Madeira, Strafverfahrensrecht ein Buch mit sieben Siegeln. Dazu bekam ich (w, Kleidergröße 38) eine Robe (Herrengröße 54), die mir bis über die Fingerspitzen ging. Ich habe mit feuerrotem Kopf rumgestottert, die Robe mehrmals fast verloren und mir geschworen, nie im Leben mehr bei dieser Richterin aufzutauchen.

In schaudernder Erinnerung

Chrissie

Guten Abend!

Ich trage ausgesprochen gerne Robe, und selbst wenn’s nicht so wäre, bin ich der Ansicht, dass unsere Kundschaft für den Zirkus ganz gut zahlt - da soll sie auch die komplette Show bekommen.

Außerdem habe ich mal gelernt, dass man es nicht riskieren darf, Mandanteninteressen zu gefährden, indem man persönliche Animositäten in den Gerichtssaal reinträgt.

Vor dem Sozialgericht hat man’s auf der Gegenseite in der regel mit „einfachen Beamten“ zu tun - da würde ich niemals auf die Robe zu verzichten, sondern mir denken „Du hast zwar kürzere Arbeitszeiten und verdienst mehr Geld als ich - aber ich habe das Privileg, mir ulkige Gewänder überzuwerfen“…

2 Like

He, danke Euch allen für die vielen wertvollen Tips.

Werde mir (Gelegenheitstäter, bin in meiner aktiveren Anwaltszeit im Bereich Arzthaftung/Medizinrecht eigentlich immer vor dem Landgericht aufgetreten, da stellte sich die Frage nicht; vor dem SG Berlin war Robe hingegen damals total unüblich) morgen so ein Kittelchen leihen - ich denke, meine Mandantschaft hat es tatsächlich verdient, optisch an dem Spass teilzuhaben, den mir Eure Antworten gebracht haben, und wenns denn inzwischen für Berlin sogar gesetzlich geregelt ist…

Übrigens: an die Sitzungsvertretung bei der Staatsanwaltschaft während meiner Referendarszeit habe ich ebenfalls traumatische Leihroben-Erinnerungen: Hatte seinerzeit Kleidergröße 48 und deshalb das Vergnügen, in letzter Minute ein kleines Schwarzes zu greifen, welches zuvor von einer Kollegin getragen worden war, die mit ihrem Parfüm offenbar nicht so sparsam gewesen ist. Ich habe ein bisschen allergisch reagiert und musste mein wohlvorbereitetes Plädoyer tränenden Auges und unter beständigen Niesanfällen vortragen…

Nochmals vielen Dank an alle fleißigen Schreiber,
No.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Dazu bekam ich (w, Kleidergröße 38) eine Robe
(Herrengröße 54), die mir bis über die Fingerspitzen ging. Ich
habe mit feuerrotem Kopf rumgestottert, die Robe mehrmals fast
verloren und mir geschworen, nie im Leben mehr bei dieser
Richterin aufzutauchen.

Erinnert mich an meinen letzten Sitzungsdienst. Ich (m, Kleidergröße 52) bekam die letzte in der StA auftreibbare Robe einer Staatsanwältin (wohl Kleidergröße 38). Ich war froh, dass der Richter in der Verhandlung die Robe nicht zugeknöpft sehen wollte; wäre gefährlich geworden. Aber als Kurzarm-Robe war das gute Stück bei den hochsommerlichen Temperaturen unschlagbar!

Hallo!

Übrigens: an die Sitzungsvertretung bei der Staatsanwaltschaft
während meiner Referendarszeit habe ich ebenfalls traumatische
Leihroben-Erinnerungen: Hatte seinerzeit Kleidergröße 48 und
deshalb das Vergnügen, in letzter Minute ein kleines Schwarzes
zu greifen, welches zuvor von einer Kollegin getragen worden
war, die mit ihrem Parfüm offenbar nicht so sparsam gewesen
ist.

Ach ja, die Leihroben. Das mit dem Parfüm hat die Kollegin aber sicher nicht gemacht, um jemanden zu ärgern. Wahrscheinlich hatte sie nicht am Montag Sitzung, so dass sie die Robe das Wochenende über auf dem Balkon auslüften konnte, sondern mitten in der Woche und wusste sich nicht anders zu helfen, um den netten Geruch, den der Angstschweiß von zig Referendaren hinterlassen hat, zu übertünchen :wink:
Bei mir ist’s Montag auch wieder so weit, es möge mir jemand die Daumen Drücken, dass ich in der Verwaltung am Freitag eine einigermaßen passende Robe erwischen kann.

Gruß,

Florian.