Kleine Geschichte über den Wahlkrampf

Also, es ist eine liebe Gewohnheit von mir, am Motto von Brettern vorbeizuschreiben. Vielleicht hätte ich folgendes unter ‚Geschichten‘ posten sollen, aber schließlich geht es ja auch um politisches. Und für die meisten w-w-wler ist es außenpolitisch. Also bin ich ja auf diesem Brett vielleicht, möglicherweise, gar nicht so falsch…

Was waren für Euch die ersten Frühlingsboten? Erste grüne Knospen? Schneeglöckchen oder die ersten Singvögel?
Hier in der Stadt beginnt der Frühling, wenn der Schani seinen Garten hinausträgt und viele bunte Wahlplakate blühen.
An einem schönen, aber doch recht kalten Vorfrühlingstag ging ich in der Innenstadt spazieren, und wer ihn kennt, wird mir das vielleicht nicht glauben. Da saß doch glatt Joseffele in einem dieser Schanigärten, vor dem Kaffeehaus.
„Was ist los mit Dir, das nächste Mal treffe ich Dich beim Wasserschifahren.“ das war aufgelegt, ich mußte ihn ein wenig aufziehen.
„Hmmm, war das vielleicht antisemitisch gemeint?“
Damit waren wir voll im politischen Geschehen.
„Wenn sich zwei Juden streiten, dann ist das kein Antisemitismus.“ zitierte ich Muzicant.
„Also, daß unsere Väter rassistisch verfolgt worden sind und wir das halbe Leben in Kaffeehäusern zugebracht haben, macht aus uns noch lang keine Juden, und gestritten haben wir heute noch gar nicht.“ meinte Joseffele, wo er recht hat, hat er recht.
„Aber, was mein lieber Josef, sagst Du zu Haiders neuen Sagern?“
„Was ich viel schlimmer finde,“ meinte Joseffele, „ist, daß Schüssel nur drum herumredet, keine Verurteilung, nichts, also ich bin da ganz anders. Also ich finde das, also wirklich, echt, sowas kann man wirklich nicht, also das muß man aufs, also wirklich…“
Jetzt hat er’s ihm aber wirklich gegeben.
Für draußen wars wirklich kalt, also drängt ich Joseffele ins nächste Kaffeehaus zu gehen.
Vorwahlzeiten haben auch ihre guten Seiten, wir konnten uns nach Herzenslust über Wahlplakate lustig machen.
„Frau Pable schaut Haider immer ähnlicher!“ meinte ich.
„Ach, Herbertele, der Witz ist sogar im Parlament gefallen, aber was sagst Du zu dem: ‚Drogen, ich bin auch Mutter‘“
„Ja,“ sagte ich, „vielleicht zündet sie sich ein Haschzigaretterl an, wenn sie ihr Kind nervt?“
Gut gelaunt gingen wir weiter, vorbei am LIF-Plakat "Mehr Farbe, als links und rechts, hmm, mehr Kontrast als oben und unten… "
Wir waren noch am blödeln über Lif-Plakate, da näherten wir und den GRÜN-Plakaten. „Der Frühling wird grün… die Nacht wird dunkel, der Sommer wird heiß…“ blödelte ich…
„Hand drauf, Görk!“ meinte Joseffele.
Nur zu den SPÖPlakaten ist uns nichts eingefallen, und jetzt wird es Zeit ein Geheimnis zu lüften. Die SPÖ hat uns beide angestellt, und nur Plakate veröffentlicht, die wir nicht verblödeln konnten.
Der Rest des Abends verlief beinahe gewöhnlich. Der Kaffee war lau, nur die Schachpartie endete nervenaufreibend mit einem Unentschieden. Fast wie beim österreichischen Fußball. Wir haben beide jede Menge Mattchancen vergeben.

erzähl uns allen, wie du morgen…
…stimmst…:wink:)

CIAo

(p.s.: brauch am 05.05. nen schlafplatz, wie wärs, mischen wir die wiener politik mal so richtig auf?)

Wunderbar :smile:
Gratuliere! Ich muß wirklich sagen, Du hast da *Literatur* geschaffen. (Bin fast neidisch. :wink:)
Das gehört weniger hierher (nix gegen w-w-w :wink:), als in irgendeinen Sammelband zwischen Menasse und Franzobel, in eine Qualitätszeitung als Kommentar auf Seite 3 oder von mir aus in ein Kabarettprogramm.
Ich hab mir jedenfalls erlaubt, diesen Deinen Text abzuspeichern. :smile:

Grüße nach W
Patrick

Danke :smile: und noch ein Geschichterl…
Servus Patrick,

Vielen Dank für die Blumen, das tut gut :smile:

Ich habs jedenfalls Herrn Hufnagl vom Kurier geschickt. Eine Geschichte die ich anläßlich des neuen Kurierlayouts geschrieben habe, hat Herr Hufnagl sogar Herrn Rabl (Chefredakteur) gezeigt (und auf das bin ich Hobbyschreiberling schon ein ganz klein wenig stolz)

Servus
Herbert

PS.: da ist die Geschichte, paßt noch weniger auf dieses Brett - aber was solls, seid Ihr ja von mir schon gewohnt…:

Wie jeden Donnerstag traf ich gestern meinen Freund Joseffele in einem Café. Und wie jeden Donnerstag wartete er schon auf mich, ich habe mich gewohnheitsmäßig verspätet. Wie immer stapelten sich auf dem Sitz neben ihm die Zeitungen, obenauf der Kurier.
„Servus, was sagst Du zu dem neuen Layout, schrecklich nicht?“ begrüßte ich ihn.
„Find ich gar nicht.“ meinte er. „Natürlich haben wir uns an das alte Layout gewöhnt. Für uns ist gewohntes wichtig, vor allem in beunruhigenden Zeiten voller Wertverluste.“
„Ah, nicht für mich, ich bin Neuem voll aufgeschlossen.“
„Oh, mein Freund, gerade Du! Wenn Du eine Reise machst, wohin gehst Du schon am zweiten Tag essen?“
„Naja, zum McDonalds, aber was hat das damit zu tun?“
Jetzt glaubte mich mein Freund dort zu haben, wo er mich haben wollte. „Richtig, und wie hat das Hotel bei Deiner letzten Reise geheißen?“
Ich hab nicht lange überlegen müssen: „Holliday Inn“
Inzwischen haben wir eine Schachpartie begonnen.
„Königsindisch, wie immer.“ murmelte Joseffele. „Du hast schon bei Deinen meisten anderen Reisen im Holliday Inn gewohnt. Und ich verstehe das. Die Zimmer sehen überall auf der Welt gleich aus, das liefert einem den Eindruck von ein bißchen Heimat in der Fremde, genauso wie das Essen vom Mc.“
Ich nahm mir vor Eröffnungen zu lernen. Es kann doch nicht sein, daß die einzige Eröffnung die ich halbwegs beherrsche, Königsindisch ist. Außerdem mußte ich ihm jetzt dringend widersprechen.
„Ah, Du stellst mich also als Gewohnheitstier hin? Das bin ich doch gar nicht.“
„Was ist schlecht, ein Gewohnheitstier zu sein? Gerade heute. Der Schilling wird durch den Euro ersetzt, die Neutralität und die Sozialpartnerschaft werden in Frage gestellt. Und das Berufsleben stellt uns immer wieder vor neue Aufgaben. Eine neue Abteilung, vielleicht eine neue Firma. Das alles ist ziemlich beunruhigend. Da werden feste Gewohnheiten besonders wichtig. Hast Du Dir schon überlegt, warum wir uns jeden Donnerstag treffen?“
„Naja, weil Du nur Donnerstag…“ Das Geschehen auf dem Schachbrett ließ mich verstummen.
„Schach!“ sagte Joseffele. Er beantwortete meine Mattdrohung mit einem Angriff auf meinen Königsflügel.
„Denk doch nach,“ sagte er mit dem gleichen Atemzug mit dem er noch ‚Schach‘ gesagt hat. "Du hast doch auch nur am Donnerstag Zeit, Freitag triffst du Martina, Samstag Deinen Sohn, Sonntag ruhst Du Dich von nichtvorhandenen Strapazen aus, Montag… "
„Das mag zwar so sein,“ sagte ich trotzig „ist aber nur so, weil ich mich nach den anderen richte!“
„Und,“ fuhr er fort, „Du trinkst wie jeden Donnerstag eine heiße Schokolade und ißt ein Linzerkipferl.“
„Nur weil der Kaffee hier komisch schmeckt und die Kipferln die einzig frischen Mehlspeisen sind.“ Wenn er mich überzeugen will, muß er schon mit anderen Argumenten kommen.
„Und Du verlierst wie jeden Donnerstag das Spiel.“
„Du bist heute ein bißchen rechthaberisch, nehme ich an?“ ich ärgerte mich über ihn. Außerdem war das Spiel materialmäßig ziemlich ausgeglichen. Ich beschloß seine Drohung zu ignorieren und griff an.
Nun, was soll ich sagen, drei Züge später war ich Matt.
Nach dem atemberaubenden Match plauderten wir noch ein wenig.
Wie jeden Donnerstag verabschiedete er sich pünktlich um 23h. Ich blieb noch sitzen um ein paar Zeitungen zu lesen. Ich hab ihn durchschaut; er wollte er mich ärgern um mich zu einem unbedachten Schachzug zu verleiten, denn selbstverständlich bin ich kein Gewohnheitstier. Ich nahm mir vor, beim nächsten Mal mich nicht mehr provozieren zu lassen… aber habe ich mir das nicht schon das letzte Mal vorgenommen? und das vorletzte?
So… jetzt noch eine halbe Stunde Zeitung lesen…
Zuerst wie immer den Kurier ‚Gewohnheitstier, Blödsinn…‘ dachte ich. ‚ich lese zwar wie immer als erstes den Kurier aber der hat ja ein neues Layout… und den Hufnagl les ich auch nicht - der ist auf Urlaub…‘

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bestimmt nicht…

…stimmst…:wink:)

CIAo

das soll für immer ein Geheimnis bleiben :wink:

(p.s.: brauch am 05.05. nen schlafplatz, wie wärs, mischen wir
die wiener politik mal so richtig auf?)

OK, den Schlafplatz kannst bei mir suchen (wenn ich da in Wien bin) und aufs aufmischen freue ich mich schon, das können wir ja bei 1 - 2 Bier machen :smile:

Servus
Herbert

…denn soo gute Themen kannst nuuur DU soo gut verpacken.

Gruss

wirklich ‚schoen‘ zu lesen.

Bye
hans

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Servus Hans,

vielen Dank für die Blumen, ich werd noch ganz eingebildet :wink:
aber wenn mir im Durchschnitt nur alle Monate sowas einfällt, wird das entweder ein sehr dünnes Buch, oder ich brauche seeehr lange.

Zudem mein Freund Joseffele heute nicht im Kaffeehaus erschienen ist, und ich weiß warum. Er hat ja vor der Wahl in Wien angekündigt, daß er für jeden erfüllten Wunsch ein Glas Bier, und für jeden unerfüllten ein Glas Wein trinken wird.

Und was hat er sich alles gewunschen…
daß keine Partei die absolute Mehrheit bekommt - Wein,
daß diejenige Partei welche einen negativen, gehässigen Wahlkampf betrieben hat, in der Wählergunst sinkt - Bier
daß das LIF im Wiener Gemeinderat bleibt - Wein
daß die Grünen über 10 % kommen - Bier
daß die Handybörse wenigstens ein Mandat bekommt - Wein
daß die Wahlplakate nun bald verschwinden - Bier
daß die Wahlbeteiligung steigt - Wein

wer Joseffele kennt weiß, daß er zwar kaffeegeeicht ist, aber Alkohol nur in sehr geringen Mengen verträgt. Ich erwarte ihn erst wieder am Dienstag im Kaffeehaus.

Servus derweil,
Herbert

…denn soo gute Themen kannst nuuur DU soo gut verpacken.

Gruss

wirklich ‚schoen‘ zu lesen.

Bye
hans

Servus Hans,

vielen Dank für die Blumen, ich werd noch ganz eingebildet :wink:
aber wenn mir im Durchschnitt nur alle Monate sowas einfällt,
wird das entweder ein sehr dünnes Buch, oder ich brauche
seeehr lange.

Zudem mein Freund Joseffele heute nicht im Kaffeehaus
erschienen ist, und ich weiß warum. Er hat ja vor der Wahl in
Wien angekündigt, daß er für jeden erfüllten Wunsch ein Glas
Bier, und für jeden unerfüllten ein Glas Wein trinken wird.

Und was hat er sich alles gewunschen…
daß keine Partei die absolute Mehrheit bekommt - Wein,
daß diejenige Partei welche einen negativen, gehässigen
Wahlkampf betrieben hat, in der Wählergunst sinkt - Bier
daß das LIF im Wiener Gemeinderat bleibt - Wein
daß die Grünen über 10 % kommen - Bier
daß die Handybörse wenigstens ein Mandat bekommt - Wein
daß die Wahlplakate nun bald verschwinden - Bier
daß die Wahlbeteiligung steigt - Wein

wer Joseffele kennt weiß, daß er zwar kaffeegeeicht ist, aber
Alkohol nur in sehr geringen Mengen verträgt. Ich erwarte ihn
erst wieder am Dienstag im Kaffeehaus.

…herrlich, dann berichtest Du wieder ?

Servus derweil,
Herbert

…denn soo gute Themen kannst nuuur DU soo gut verpacken.

Gruss

wirklich ‚schoen‘ zu lesen.

Bye
hans