Kleisthenes Phylenordnung

Wissenschaft Geschichte
#1

Hallo!
Ich habe eine Frage zu der Phylenordnung Kleisthnes’.
Ich habe gelernt, dass er das Land in 10 Phylen aufgeteilt hat. Diese Phylen haben je 50 Mitglieder in den Rat der 500 (Boulen) bestimmt.
Nun hab ich in einem Heft der BpB (Informationen zur politischen Bildung) nachgelesen, dass Kleisthenes das Land auch in Demen (Gemeinden) unterteilt hat, und diese wiederrum eine ihrer Bürgerzahl entsprechende Quote von Mitgliedern in den Rat der 500 delegiert haben.

Was ist nun richtig bzw. was war zuerst da? Die Einteilung in Phylen oder Demen? oder bestand beides zur gleichen Zeit? Und wer entsandte nun die Mitglieder in den Rat der 500?

Wär super wenn mir jemand weiterhelfen könnte!
Danke!!!

#2

http://de.wikipedia.org/wiki/Attische_Demokratie

#3

Hallo, Petra!

Ich habe gelernt, dass er das Land in 10 Phylen aufgeteilt
hat. Diese Phylen haben je 50 Mitglieder in den Rat der 500
(Boulen) bestimmt.

Das ist richtig. Genauere Informationen dazu liefert der schon genannte Artikel in Wikipedia.

Nun hab ich in einem Heft der BpB (Informationen zur
politischen Bildung) nachgelesen, dass Kleisthenes das Land
auch in Demen (Gemeinden) unterteilt hat,

Auch das ist richtig.

und diese wiederrum eine ihrer Bürgerzahl entsprechende Quote von Mitgliedern in den Rat der 500 delegiert haben.

Darüber finde ich keine genauen Angaben, habe aber nicht die Zeit, lange herumzusuchen. Nur so viel:
Kleisthenes und die Demen:
Er bildete in den vorhandenen Ortschaften Demen, d. h. Kommunen als selbstständige politische Einheiten unter der Leitung je eines démarchos/Bürgermeisters. Nur wer als demótes/Demenangehöriger in die Bürgerliste eines demos eingetragen war, hatte das athenische Bürgerrecht, und von da an wurde nicht mehr der Vatersname, sondern der Name des Demos Bestandteil des bürgerlichen Namens (wenn auch die Adeligen sich nicht streng danach richteten). Der Demos war also eine rein lokale Einrichtung und war definiert durch den Grundbesitz, die kommunale Kasse und die lokalen Kulte. Anfangs waren es knapp über hundert, später werden 174 erwähnt.
Man könnt meinen, die Entsendung von Abgeordneten in den Rat durch die Demen stünde da in Widerspruch zu den von Kleisthenes erfundenen neuen Phylen, die ja durch die Kombination aus je einem Drittel Stadt (ásty), Küste (paralía) und Binnenland (mesógeios) gerade die lokalen Verwandtschafts- und Abhängigkeitsverhältnisse überwinden sollten. Andererseits muss aber bei der Wahl der 10 Abgeordneten pro Phyle jeder dieser drei Bezirke mitwirken: wie ich meine, durch die Demen in diesen Bezirken. Außerdem war da die Wahlberechtigung am leichtesten zu überprüfen.
So würde es sich auch erklären, dass die Lenker des Staates bis einschließlich Perikles immer Adelige waren. Denn trotz der Gleichberechtigung aller Bürger galt innerhalb der Demen die 4-Klassen-Einteilung Solons weiter (wichtig für die Rekrutierung zum Heer), und da hatten die Adeligen als die großen Grundbesitzer praktisch doch den größten Einfluss.
Gruß!
Hannes

#4

Hallo Petra,
ich fasse in meiner Antwort ISBN 3423044004 Buch anschauen S. 333ff zusammen - dort auf S. 390 auch Angaben zu vertiefender Literatur. Wohl nicht unbedingt das Aktuellste zu dem Thema, aber hinreichend für eine Antwort.

Kleisthenes löste die alten vier ionischen Phylai (Stämme) auf und teilte die attische Bevölkerung in 10 Phylai ein, deren Namen und Kulte er durch Delphi autorisieren ließ. Jede Phyle bestand aus drei Gruppen (Trittyes) von Gemeinden (Démoi), einer in der ‚Stadt‘ (wozu auch der Peiraieus und die Zentralebene zwischen Hymettos und Aigaleos gehörten), einer an der Küste und einer im Binnenland. Die kleinste Anzahl von Demoi für eine Phyle waren 6, die größte 21. Die Démoi der Küste und des Binnenlandes gingen auf bereits bestehende Gemeinden zurück, während die der Stadt möglicherweise (man weiss es nicht genau) neue, künstliche Einteilungen waren. Die zehn neuen Phylen waren in etwa gleich groß; sie bildeten die Basis der Militärorganisation.

Die Démoi unter der Leitung von Démarchoi (‚Ortsvorstehern‘) bildeten die lokale Verwaltungsebene, sie führten auch die Bürgerlisten. Durch die Änderung der Wehrverfassung wurde nun auch eine Umgestaltung der Boulé (des ‚Rats‘) notwendig - aus den 400 Mitgliedern der solonischen Verfassung (100 Vertreter jeder der 4 Phylai) wurden nun 500. Jede Phyle loste 50 Vertreter aus; auch der täglich wechselnde Vorsitzende der Boulé wurde ausgelost. Die Boulé bereitete die Volksversammlungen vor, führte ihre Beschlüsse aus und beaufsichtigte die Beamten. Die Ratsmitglieder amtierten für ein Zehnteljahr; ein Ratsmitglied durfte im Lauf seines Lebens nur zwei mal amtieren.

Dadurch (und auch durch das Losverfahren) wurde verhindert, dass bestimmte Gruppen dauerhaft ein Übergewicht im Rat erlangen konnten. Das richtete sich gegen die aristokratischen Phratriai - ebenso wie die Führung der Bürgerlisten durch die Démarchoi und vermutlich auch die Neuordnung der Stammesstruktur selbst.

Freundliche Grüße,
Ralf