Hallo André,
Deine Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten …
Das Islandtief ist nämlich keine lokale Wettererscheinung, wie etwa ein Föhn hinter den Alpen. Daher kann man es auch nicht auf die lokalen Gegebenheiten zurückführen. Die Existenz der Insel Island spielt für das Islandtief keine Rolle. Das gäbe es auch an der Stelle Islands, wenn es dort keine Insel gäbe.
Das Islandtief ist Teil der großräumigen Strömung der gesamten Nordhemisphäre. In den nördlichen mittleren Breiten weht ein breites Band von Westwinden um den ganzen Globus herum. nördlich dieses Westwindgürtels liegt niederiger Druck und südlich davon höherer Druck.
So richtig gleichmäßig ist dieses Westwindband aber nicht. Es bekommt nämlich beim Überströmen von großen Hindernissen wie den z.B. den Rocky Mountains, Grönlands usw. oder beim Überströmen von Temperaturkontrasten am Erdboden wie z.B. der Temperaturunterschiede zwischen den Kontinenten und dem Ozean jeweils eine Auslenkung und wird dadruch zu ganz großräumigen Wellen angeregt: den planteren Wellen. Anstatt ganz gleichmäßig entlang der Breitenkreise zu strömen, bildet das Band eine Wellenlinie um den Globus.
Die Wellen können verschiedene Wellenlängen haben. Z.B. wäre gerade eine Nord- und eine Südauslenkung die Welle eins, zwei Nord- und zwei Südauslenkungen die Welle zwei usw… Alle diese Wellen überlagern sich mit ihren verschiedenen Amplituden und Phasen und ergeben dabei die aktuelle und sehr variable Form des Westwindgürtels. Durch die tatsächliche Land-/Seeverteilung der Norhemisphäre und der tatsächlichen Topographie (also Verteilung der Gebirge) haben alle diese Wellen aber eine etwas bevorzugte Phasenlage. Und diese liegen gerade so, dass oft über Island eine Auslenkung des Westwindbandes nach Süden liegt. Entlang eines Breitengrades geschaut liegt damit über Island im Mittel tiefer Druck. Das liegt also an der großräumigen Verteilung der Landmassen und Gebirge auf der Nordhemisphäre.
Zwei Anmerkungen noch:
Dass das Islandtief Teil des großräumigen Klimas ist, sieht man z.B. sehr schön daran, dass der Druck über Island sehr gut antikorrliert ist mit dem Druck über den Azoren (dem Azorenhoch). Die aktuelle Lage dieser großräumigen „Luftdruckwippe“ (Nordatlantische Oszillation - NAO) betimmt sehr stark das Wettergeschen in Europa.
An diesen Zungen tiefen Drucks (also dort, wo die Winde gerade eine Südauslenkung durchmachen) scheren sich oft eigenständige Tiefdruckwirbel von der großräumigen Dynamik ab und wandern dann ostwärts. Das passiert auch häufig an dem Tiefdrucktrog über Island. Diese abgescherten Tiefdrucksysteme kommen dann als ehemaliges „Islandtief“ über Europa gezogen und sorgen hier für schlechtes Wetter.
Viele Grüße,
Markus