Nein, wieso sollte AE größer als NE oder NA sein?
Weil Du sonst nicht behaupten kannst, daß der antropogene Einfluß „mehr ausmacht, als alle übrigen Einflüße“.
Das kann so oder so nicht sein.
Dann können wir Deine Behauptung ja zu den Akten legen.
NE und NA sind zwar nicht bekannt,
aber die Schätzung von NE und NA befinden sich in ganz anderen
Dimensionen als AE.
Und genau da liegt das Problem. Darauf komme ich unten noch mal zurück.
Ich habe nie behauptet, dass AE größer als NE und NA ist, das
ist es mit Sicherheit nicht.
Was hast Du dann gemeint, als Du sagtest, daß AE „mehr ausmacht, als alle übrigen Einflüße“?
Betrachte z.B. einen Stausee als Analogbeispiel:
[…]
In dieser Analogie gehst Du von der naiven Annahme aus, daß NA und NE konstant und unabhängig voneinander sind und daß das Syszem sich fernab vom stationären Zustand befindet. Diese Annahmen sind im Falle des globalen CO2-Haushaltes unzutreffend. Daß NA und NE nicht konstant sind, ist leicht einzusehen. Daß sie voneinander abhängen ist auch naheliegend. Daß sich das System allerdings in der Nähe des stationären Zustandes befindet bedarf einer Erläuterung. Glücklicherweise hast Du das entscheidende Argument selbst geliefert, so daß ich mir langwierige Überzeugungsarbeit sparen kann. Du sagtes oben
NE und NA sind zwar nicht bekannt,
aber die Schätzung von NE und NA befinden sich in ganz anderen
Dimensionen als AE.
Da die Steigerung des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre kleiner als AE ist, wird der überwiegende Anteil der CO2-Produktion sofort wieder in CO2-Senken absorbiert. Damit befindet sich das System in der Nähe des stationären Zustandes, in dem die Bilanz vollkommen ausgeglichen ist. Das hat dramatische Folgen für den Anteil der antropogenen CO2-Produktion am gesamten CO2-Anstieg.
Um das zu verdeutlichen vereinfache ich Dein Beispiel mit dem Stausee, indem ich eine Badewanne nehme, in die Wasser aus einem Wasserhahn mit der Volumengeschwindigkeit NA hinein und durch den Abfluß mit der Volumengeschwindigkeit NA wieder abfließt. Zusätzlich kann noch Wasser aus einem anderen Zufluß mit der Volumengeschwindigkeit AE zufließen. Im stationären Zustand gilt ohne AE
dV/dt = NE - NA = 0
Das ist gleichzeitig eine gute Näherung für quasistationäre Systeme, wie den globalen CO2-Haushalt, die sich in der Nähe des stationären Zustandes aufhalten.
Weiterhin kommt hinzu, daß der Abfluß nicht konstant ist. Das Wasser fließt nämlich um so schneller ab, je mehr Wasser sich in der Wanne befindet. Es gilt
NA = a·v
wobei a der Querschnitt des Abflusses und v die Geschwindigeit ist, mit der das Wasser hindurchfließt. Für letztere gilt nach Bernoulli
v = √(2·g·h)
und wenn der Querschnitt A der Wanne der Einfachheit halber von der Höhe unabhängig ist, gilt für den Pegelstand
h = V/A
Insgesamt ergibt sich daraus ein stationärer Füllstand von
V0 = NA²·A/(2·a²·g)
Kommt nun der zusätzliche Zufluß AE hinzu, dann ergibt sich ein neuer stationärer Füllstand von
V1 = (NA+AE)²·A/(2·a²·g)
Das isr schon ein wesentliche Unterschied zu Deiner Rechnung, weil der Pegel in diesem Fall nicht proportional zum zusätzlichen Zufluß steigt oder sinkt, sondern auf einem neuen konstanten Niveau stehen bleibt. Wie schnell das passiert, hängt davon ab, wie nahe das System sich am stationären Zustand befindet und wenn die Differenz von Quellen und Senken viel kleiner als die Summe aller Quellen ist (und daß das der Fall ist, hast Du ja selbst zugegeben), dann befindet sich das System sehr nahe am stationären Zustand.
Wie kann es nun passieren, daß sich der Pegel trotzdem ständig ändert? Genau das ist ja offenbar beim CO2-Gehalt der Atmosphäre der Fall. Das ist nur möglich, wenn sich die Lage des stationären Zustandes durch eine Veränderung von Quellen oder Senken verschiebt. Nehmen wir mal an, AE bleibt konstant und NA ändert sich. Dann gilt
dV1/dt = dNA/dt·(NA+AE)·A/(a²·g)
Der einfachheit fasse ich die Konstanten A, a und g, die die Eigenschaften des Abflusses charakterisieren, in einer Konstanten k zusammen:
dV1/dt = k·dNA/dt·(NA+AE)
Nehmen wir weiterhin an, diese Änderung des Füllstandes wäre irgend ein Bruchteil von AE (beim globalen CO2-Haushalt ist es ja ungefähr die Hälfte):
k·dNA/dt·(NA+AE) = f·AE
dann können wir die dafür notwendige Änderung von NA berechnen:
dNA/dt = AE/(NA+AE)·f/k
Wenn man den zusätzliche Zufluß AE nun weg läßt und die Änderung dNA/dt des Zuflusses NA beibehält, dann folgt daraus für die Änderung des Füllstandes
dV0/dt = f·AE·NA/(NA+AE)
Und das ist offensichtlich noch immer größer als Null. Zwar fällt der Wasserspiegel zunächst mit (f-1)·AE ab, aber nur solange, bis der neue quasistationäre Zustand erreicht ist. Danach steigt er munter weiter. Wie lange es dauert, bis der Pegel auf den quasistationären Zustand gefallen ist und wie schnell der Pegel dann wieder steigt, hängt nicht nur von AE, sondern auch von NA ab. Und genau aus diesem grunde habe ich auf die ungeklärte Gesamtbilanz des globalen CO2-Haushaltes verwiesen. Der ist ja noch viel komplizierter, als das simple Badewannenbeispiel. Um so wichtiger ist es, alle beteiligten Komponenten genau zu kennen. Letztendlich läuft die Frage nach dem Anteil der anthropogenen CO2-Produktion an der Erhöhung des CO2-Gehaltes und damit auch nach der Chance, den CO2-Gehalt der Atmosphäre durch eine Verringerung des anthropogenen CO2-Ausstoßes zu senken auf die Frage hinaus, wie weit das System vom stationären Zustand entfernt ist. Und das wiederum hängt vom Verhältnis der Änderung des CO2 und der Summe aller (!) Quellen bzw. Senken ab. Je kleiner dieses Verhältnis ist, um so näher befinden wir uns am stationären Zustand und um so geringer ist der anthropogene Einfluß. Und wie Du selbst sagst, ist das Verhältnis sehr klein.
Zusammenfassend kann man eigentlich nur sagen, daß das System zu kompliziert ist, um es mit solchen Milchmädchenrechungen beschreiben zu können, wie in Deiner Stausee-Analogie. Wenn es so einfach wäre, müßte man keine Supercomputer mit Klimamodellen füttern. Die Berechnung ist sehr viel komplizierter und ohne Kenntnis aller beteiligten Parameter ist das nicht mehr als sinnvollens Raten. Im Grunde sind heutige Klimamodelle nichts weiter als hochgezüchtete Extrapolationen der Klimavergangenheit (anhand derer die kalibriert werden) in die Zukunft und sowas ist immer mit unsicherheiten behaftet. Eine allein auf Naturgesetzen beruhende Berechnung ohne Anpassung an empirische Daten ist derzeit noch nicht möglich. Deshalb kann man zwar die Veränderung des Klimas halbwegs zuverlässig vorausberechnen, aber man kann nicht mit Bestimmtheit sagen, welche Ursachen sie hat.