Klingen diatonische Halbtonschritte romantisch?

Ich beschäftige mich z.Z. mit romantischer (Pop-) Musik.
Hier wird sehr häufig Chromatik verwendet, also Töne benutzt, die nicht in der diatonischen Moll- bzw. Durtonleiter enthalten sind.

Bei einigen Popsongs, die traurig oder wehmütig klingen sollen (den Songtexten nach zu schliessen) fällt auf, dass in deren Melodie häufig diatonische Halbtonschritte vorkommen. In C-Dur wären das also C-H und E-F.

Demnach wird also das Intervall der kleinen Sekunde gezielt angewendet, um oben genannte „Emotionen“ auszulösen?

Kann mir jemand evtl. Lektüre zu dem Thema empfehlen?

Danke!

www.myspace.com/klausvilgertshofer

Antwort:
Lektüre über Harmonielehre in der Pop-Musik habe ich nicht parat, nur meine Kenntnis und Erfahrungen aus der
Klassischen Musik insbesonder Oper sind vorhanden.
So werden in der Spätromantik nicht nur einzelne Töne, sondern vielmehr verminderte Dreiklänge in ihren Umkehrungen eingesetzt, um klagende und wehmütige Effekte zu erzielen. (Wagne R. in „Othello“, Arie „Wie bist du bleich, mein Lieb“ Takte 22 verm h-moll; Schubert, Beethovens Klaviersonaten, u.v.a. )
Übrigens müßte es eine Harmonielehre der Popmusik geben. Ich empfehle, Musikverlage und Musikhochschulen zu befragen.
Wilfried

Hallo,

welche Songs meinst du denn? Kannst du ein paar Beispiele nennen?

Gruß Susi

Hallo,

das Kleine Sekunden „romantisch“ klingen mögen, hat wohl was damit zu tun, dass es einfach ein Tonschritt ist, die von sich heraus schon ruhig und gelassen klingen. So aber auch Ganztonschritte, also Große Sekunden, die ebenfalls ruhige Melodiebewegungen bilden.

Doch auch Tonsprünge, wie z.B. eine Große None sind „emotionsgeladen“. Das Lied „My Heart Will Be Go On“ von Celiné Dion benutzt z.B. an manchen Stellen die Große None und die klingt sehr emotional.

Man darf das allerdings auch nicht allzu theoretisch sehen. Mit Melodien einfach herumexperimentieren und nicht nur mit Tonschritten arbeiten, denn auch Sprünge rufen an manchen Stellen den gewünschten Effekt hervor.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen.

Grüße,
Steven S.

Guten Tag,
das beschriebene „Phänomen“ gibt es nicht nur in der (Pop)musik, sondern tritt vorher schon auf in der Musik des Barock (bzw. Ende Renaissance). Hier wird es als Seufzer-Motiv beschrieben, d.h. eine kleine Sekunde (zumeist) abwärts z.B. C zu H, etc. Dieses gibt zwar auch aufwärts, kommt aber nur sehr selten vor. Besonders häufig findet man das Seufzer-Motiv bei Bach (z.B. Brandenburgisches Konzert Nr. 2).
Mit diesem Hintergrund, vermute ich, dass diese Motiv aus der „alten Musik“ in der neuen Musik adaptiert wurde. Ob dieses nun romantisch klingt oder nicht kann ich selbst nicht beurteilen. Jedoch ist es richtig, dass damit gewisse Emotionen (Leid, Schmerz, Trauer, etc.) geweckt werden sollen.
Als Lektüre würde ich Bücher, die sich mit dem Thema des Barocks (evtl. Werkanalysen) beschäftigen, empfehlen.

Beste Grüße
CL

Super! Das ist genau das, was ich wissen wollte.

DANKE!

Kann ich dich zukünftig mit weiteren Fragen „nerven“? :smile:

Gruss

Trigger

Hi, Susanne!

Da gibt es viele Beispiele: „I should be so lucky“ (Kylie Minogue); „Money, money, money“ (Abba); „Stay by me“ (Annie Lennox) etc.

Ich habe soeben von Lichtica erfahren, dass es sich hierbei um sogenannte „Seufzermotive“ handelt.

Wieder was dazugelernt! :wink:

Gruss

Trigger

Ja, natürlich! Genau aus dem gleichen Grund bin ich doch auch hier: Um Fragen zu stellen und sie hoffentlich beantwortet zu bekommen.

VG
Lichtica

Hallo

Ich glaube nicht, dass die bloße Chromatic die Besonderheit ist, sondern ich denke die Klangfarbe des „Vorhalts“ isses. z.B. C-Dur und Ton e + f: Ton e statt f nacht aus dem C-Dur Akkord einen Sus 4 Akkord (Vorhalt) und diese Spannung mit der Auflösung zu (Ton e) C-Dur ist eine beliebte Klangfarbe. Dazu gehört freilich auch sus2 (Ton d statt e) und die große Septime h (Cj7). Ausserdem sind Ton h - c der Vorhalt der Dominante G7 und auch die Subdominante darf gerne als sus4 Akkord gespielt weerden, obwohl die sus4 also Ton bes nicht zur C-Dur Tonleiter gehört …

Sers _ Maxx

Viertelnotenswing im 3/4 Takt?
Hallo, Lichtica!

Hab dich mit der Expertensuche nicht gefunden, versuch’s jetzt auf diesem Weg. Du hast mir schon einmal sehr geholfen; hier eine neue Frage:

Bei vielen Popmusik-Songs im 3/4 (oder im langsamen 12/8) Takt ist mir aufgefallen, dass innerhalb eines Taktes (oder einer ternären Einheit beim 12/8 Takt) oft ein Anapäst verwendet wird, das heisst, die letzte Zählzeit, also das dritte Viertel, ist betont.

Meine Frage: Kann man das als Swing interpretieren, da hier die im Takt/Metrum am wenigsten betonte Zählzeit hervorgehoben wird (z.B. durch Synkopation oder Tonhöhenakzent)? Oft wird auch die 2. Zählzeit akzentuiert.

Im 4/4 Takt „swingt“ die Melodie, weil dort im Viertelnotenswing ja auch die sonst unbetonten Zählzeiten (die 2 und die 4) betont sind.

Danke für’s Antworten!

Trigger

Hallo Trigger,
also auf ein Neues:
Man könnte das durchaus als Swing interpretieren, da es nach dem von dir schon beschriebenen Prinzip funktioniert bzw. praktiziert wird. Wenn man es allerdings ganz genau nehmen möchte, wird es sich bei dem jeweiligen Song - vermute ich - um einen sog. Jazz Waltz handeln.
Bei diesem wird als eine Art „Begleiterscheinung“ die zweite oder dritte Zählzeit betont (meist durch ein Achtel). Auch gibt es bei den meisten Jazz Walzern einen stetigen Rhythmus mit einer Pulsnote (die 1. Zählzeit) gefolgt von zwei Akkorden, normalerweise die selben und normalerweise auch eine Akkordumkehrung des Grundtons (Pulsnote oder die Achtel).

So, ich hoffe, das war irgendwie verständlich. Wenn nicht, dann bitte einfach nochmal nachfragen.
Beste Grüße Lichtica

Erstmal Danke für deine Antwort! Hat wieder etwas Licht in’s Dunkel gebracht. :wink:

Mir fällt halt auf an den meisten „Jazz-Waltz“ Stücken, die ich kenne, dass diese Betonung der letzten Viertel (eben wie bei einem Anapäst innerhalb des Taktes) „exzessiv“ betrieben wird.

Meine Überlegung ist die: Wenn man die drei ternär gespielten Achtel auf einem Beat im Swingrhythmus umdeutet zu einem einzelnen Takt im 3/4 Metrum, wird dort die letzte Viertel betont. Im Swing wird ja auch die letzte von drei Noten betont (Off-beat). Somit ergibt sich doch eigentlich, dass im „swingenden“ 3/4 Takt die 3. Zählzeit hervorgehoben werden muss.

Bei so ziemlich allen Popsongs im 3/4 Takt (bzw. 12/8 Takt), wie oben schon gesagt, habe ich dieses „Phänomen“ beobachtet. Das muss sich ja irgendwie begründen lassen.

Viele Grüsse!

Trigger

szmmctag

Hallo Trigger,

also auf ein Neues:
Man könnte das durchaus als Swing interpretieren, da es nach
dem von dir schon beschriebenen Prinzip funktioniert bzw.
praktiziert wird. Wenn man es allerdings ganz genau nehmen
möchte, wird es sich bei dem jeweiligen Song - vermute ich -
um einen sog. Jazz Waltz handeln.
Bei diesem wird als eine Art „Begleiterscheinung“ die zweite
oder dritte Zählzeit betont (meist durch ein Achtel). Auch
gibt es bei den meisten Jazz Walzern einen stetigen Rhythmus
mit einer Pulsnote (die 1. Zählzeit) gefolgt von zwei
Akkorden, normalerweise die selben und normalerweise auch eine
Akkordumkehrung des Grundtons (Pulsnote oder die Achtel).

So, ich hoffe, das war irgendwie verständlich. Wenn nicht,
dann bitte einfach nochmal nachfragen.
Beste Grüße Lichtica

Guten Abend Trigger,

wenn ich nun ehrlich sein soll, dann weiß ich nicht, was ich Dir nun noch neues antworten soll. Alles was ich Dir hätte schreiben können, hast Du selbst schon geschrieben mit Begründung, Erklärung und allem drum und dran.
Also, im Moment kann ich Dir da auch nicht weiterhelfen, als ich bzw. Du selbst schon getan hast.

Abendliche Grüße
Lichtica