Kneipe übernehmen

Hallo,

momentan spielen wir (meine Frau und ich) mit dem Gedanken, eine gut gehende Kneipe zu übernehmen. Der Wirt ist ins Rentenalter gekommen und möchte die nächsten 15 Jahre sein Erspartes verprassen. Meine Frau und ich sind beide selbständig, wenn auch bisher in einer anderen Branche; wir fangen, was unternehmerisches Denken und Handeln betrifft, also nicht bei Null an wie viele andere Wirte, die dann grandios scheitern. Das Konzept der Kneipe soll beibehalten werden; wie gesagt läuft es sehr gut und mit großen Veränderungen würde man wohl eher Gäste verlieren als dazugewinnen.

Der Wirt hat uns bereitwillig schon einige Informationen zur Verfügung gestellt; ich möchte aber nun soviel Fachwissen wie möglich aneignen, um die Informationen auch auf ihre Stichhaltigkeit überprüfen zu können bzw. um die richtigen Fragen zu stellen.

Die Fragen dazu:

  • Gibt es empfehlenswerte Literatur oder Internetseiten zum Thema „Betrieb eines gastronomischen Betriebes“? Mir geht es da vor allem und die betriebswirtschaftlichen/steuerlichen/buchhalterischen Aspekte, weniger um das Konzessionsrecht. (Da bin ich bereits gut informiert.)

  • Gibt es allgemeine Kennzahlen oder grobe Faustformeln zum Verhältnis Gewinn zu Umsatz?

  • Eine buchhalterische Frage: Der bisherige Wirt hat keine Registierkasse, sondern nur eine offene Geldkassette. Wie weist man in so einem Fall gegenüber dem Finanzamt die Einnahmen nach? Ich würde das gerne wissen, bebor ich ihm Fragen stelle.

  • Ein Teil des Geschäftserfolges beruht darauf, daß der Wirt nicht knickrig ist: Er schenkt weit über dem Eichstrich ein, tauscht ein schal gewordenes Bier auch mal gegen ein frisches aus und gibt auch mal eine Runde aus. Wie macht man das gegenüber dem Finazamt plausibel, ohne in den Verdacht zu geraten, Einnahmen an der Steuer vorbeizuschmuggeln?

Liebe Grüße,
Max

Hallo,

  • Gibt es empfehlenswerte Literatur …

Unverzichtbar: http://www.amazon.de/Willst-die-totale-Pleite-erfolg…

lg und viel Erfolg
Richard

Bevor jemand diese Fragen beantwortet mal einige Fragen an dich:

Ist dir bekannt, ob und was mit der Neukonzession geändert werden müsste?

(Stichwort: Bestandschutz, der mit der Übergabe enden würde!)

Beruht der Erfolg der Kneipe auch auf einer langjährigen Premiere/Sky_Nutzung?

(Auch die müsste neu abgeschlossen weden zu deutlich höheren Konditionen.)

Last, but not least:

Wie setzt sich das Stammpublikum zusammen, wieviel Gäste sind mit dem jetzigen Betreiber verwurzelt und blieben evtl. nach einem Wechsel fern, eine nicht zu unterschätzende Realität!

(Betriebsübernahmen können bis zu einem Drittel der Stammgäste kosten …)

Ist dir bekannt, ob und was mit der Neukonzession geändert
werden müsste?
(Stichwort: Bestandschutz, der mit der Übergabe enden würde!)

Da bin ich dran.

Beruht der Erfolg der Kneipe auch auf einer langjährigen
Premiere/Sky_Nutzung?

Nein.

Wie setzt sich das Stammpublikum zusammen

Der größte Teil sind Leuten, die wir seit etlichen Jahren kennen.

wieviel Gäste sind
mit dem jetzigen Betreiber verwurzelt

Ich denke, ein völlig Fremder hätte es verdammt schwer, da rein zu kommen. Gestern hat ein Interessent angerufen, der kannte noch nicht einmal die Adresse des Lokals - ich kenne von den meisten Stammgästen dagegen sogar ihre übliche Bestellung. :smile:

eine nicht zu unterschätzende Realität!

ja, einige werden sicher wegbleiben. Ich denke aber, man würde uns als „die Neuen“ ganz gut akzeptieren.

Gruß,
Max

Hallo

  • Eine buchhalterische Frage: Der bisherige Wirt hat keine
    Registierkasse, sondern nur eine offene Geldkassette. Wie
    weist man in so einem Fall gegenüber dem Finanzamt die
    Einnahmen nach? Ich würde das gerne wissen, bebor ich ihm
    Fragen stelle.

Diese Frage hat viele Facetten.

  • Umsatznachweis Finanzamt
  • Diebstahlschutz Fremde
  • Diebstahlschutz Angestellte

Die erste Registrierkasse wurde von einem Einzelhändler entwickelt, dem der Schwund in die Taschen der Angestellten zu viel wurde. Gibt es keine Angestellten die mir Bargeld zu tun haben, fällt dieser Punkt schon mal weg. In der Gastronomie sind Geldbeutel üblich damit hat man das Geld am Mann und der Diebstahl durch Fremde wird schwieriger. Alternativ kann man mit einer bedienerfähigen Kasse abeiten. Diese lässt Eingaben und Ladeöffnen nur mit Bedieneranmeldung (z.B. durch Schlüssel) zu.

Eine ordentliche Registrierkasse bietet gute Vorraussetzungen für eine unumstößliche tägliche Umsatzabrechnung und enthält ein elektronisches Kassenbuch.
Die tägliche Umsatzabrechnung kann auch auf anderen Wegen erfolgen solange die Tagesumsätze durch Aufzeichnung und nicht durch Zählen ermittelt werden. Außerdem müssen undokumentierte nachträgliche Änderungen ausgeschlossen sein.

  • Ein Teil des Geschäftserfolges beruht darauf, daß der Wirt
    nicht knickrig ist: Er schenkt weit über dem Eichstrich ein,
    tauscht ein schal gewordenes Bier auch mal gegen ein frisches
    aus und gibt auch mal eine Runde aus. Wie macht man das
    gegenüber dem Finazamt plausibel, ohne in den Verdacht zu
    geraten, Einnahmen an der Steuer vorbeizuschmuggeln?

Ein Finanzbeamter kommt zur Würstchenbude und verlangt eine Wurst mit Senf. Er bittet den Würstchenverkäufer doch bitte wirklich viel Senf auf seine Wurst zu machen. Nachdem der verkäufer seine Wurst übergibt, streicht der Beamte den Senf von der Wurst und wiegt ihn nach. Nach kürzem Rechnen verkündet er sein Ergebnis.
Unter der Annahme, daß jeder ihrer Kunden Senf auf seine Wurst nimmt und jeder genausoviel Senf auf seiner Wurst hat wie ich gerade, kann ich mit Rückblick auf Ihre eingekauften Senfmengen nachweisen, daß Sie mindestens 50% Ihres Umsatzes dem Finanzamt verschwiegen haben.

MfG Frank Müller

Hallo Max,

dann viel Glückk und vor allem Erfolg!

Hallo,

neben den vielen nützlichen Hinweisen, die du schon erhalten hast, solltest du dir, besonders im Gastronomiegewerbe, die Bilanzen der letzten 3-5 Jahre geben lassen und lesen.

Und auch verstehen!

Und wenn du sie selbst nicht verstehst, was keine Schande ist, dann ist der Weg zum Steuerberater immer noch günstiger als ein Geschäft zu übernehmen, das eigentlich längst pleite ist.

Denn können die Stammgäste das Lokal wirklich tragen?
Hat der Wirt die letzten Jahre nur noch Verluste gemacht und hört deshalb jetzt auf, solange noch etwas Erspartes da ist?

Übrigens sollte man die Bilanzen nicht so ernst nehmen, wenn nicht mal eine Registrierkasse vorhanden ist. Aber ein Fachmann kann die anhand der Ausgaben via Richtsätzen hochrechnen, was das Geschäft tatsächlich abwirft.

Gruß
Lawrence

Hallo Lawrence!

neben den vielen nützlichen Hinweisen, die du schon erhalten
hast, solltest du dir, besonders im Gastronomiegewerbe, die
Bilanzen der letzten 3-5 Jahre geben lassen und lesen.

Ja, das hatte ich vor.

Und auch verstehen!

Da ich seit zehn Jahren meine Buchhaltung als Selbständiger selber mache, habe ich ganz ordentliche Grundkenntnisse. Sollte für den ersten Überblick reichen.

Hat der Wirt die letzten Jahre nur noch Verluste gemacht und
hört deshalb jetzt auf, solange noch etwas Erspartes da ist?

Macht nicht den Eindruck. Er hört auch nicht überraschend auf, sondern hat das schon vor Jahren angekündigt: „Wenn ich xx werde, höre ich auf!“

Übrigens sollte man die Bilanzen nicht so ernst nehmen, wenn
nicht mal eine Registrierkasse vorhanden ist.

Hmja, ich verstehe. :smile: Da ich eine ehrliche Haut bin, möchte ich mnein Geschäftsmodell aber nicht auf solchen Methoden aufbauen. Da werde ich unter vier Augen mal mit ihm ein offenes Wort reden - und im Zweifelsfall die Finger davon lassen.

Gruß,
Max

Lieber Max,

ich bin ehrlich überrascht: Du und Kneipe? Du bist viel zu reflektiert und „vernünftig“, um im Kneipenleben glücklich zu sein (von Deiner Frau weiß ich natürlich nichts).

Bisher kennt ihr den gastronomischen Betrieb nur als Gäste - hinter dem Tresen sieht die Welt aber ganz anders aus. Wirt zu sein ist ein Knochenjob und beginnt und endet nicht mit den Öffnungszeiten.

Ich weiß ja nicht, ob es dort auch Essen gibt, das erweitert die Arbeitskapazität gewaltig - fängt schon bei den Einkäufen an. Und dann noch die Personalfrage - zu zweit ein Lokal zu stemmen heißt, auf Privatleben so gut wie völlig verzichten.

Ich kenne eigentlich nur klagende Wirte: entweder, dass zu wenig Umsatz da ist, oder dass sie zu viel Arbeit haben.

Und da gibts ja noch den Spruch: „Wer nix wird, wird Wirt“ - Das bist Du doch nicht!

Gruß,
Anja

Liebe Anja,

vielen Dank für die netten Worte.

ich bin ehrlich überrascht: Du und Kneipe? Du bist viel zu
reflektiert und „vernünftig“

Es steckt aber immer auch etwas Vernunft im Wahnsinn. :smile: Das mit der Kneipe - einer Kneipe wie dieser - ist in der Tat ein langgehegter Traum von uns. Wenn ich im Lotto gewonnen hätte, würde ich keine Sekunde zögern, daß Ding zu übernehmen. Es ist nicht unbedingt die 08/15-Bierbude - das Publikum dort könnte man durchaus auch als „reflektiert“ bezeichnen. Auch viele Akademiker aller Art.

In den vergangen Jahren haben meine Frau und ich verschiedene erfolgreiche Veranstaltungen, Parties organisiert - in gemieteten Locations, aber auch dort in der Kneipe. Das zukünftig in eigenen Räumen machen zu können, ist ein prickelnder Gedanke.

Auch deswegen bin ich an objektiven Stimmen von außen interessiert, damit ich nicht vor lauter Prickeln den geraden Blick verliere.

Ich weiß ja nicht, ob es dort auch Essen gibt

Nein.

Und dann noch die Personalfrage - zu zweit ein Lokal zu
stemmen heißt, auf Privatleben so gut wie völlig verzichten.

Die bisherigen Urlaubsvertretungen können wir übernehmen. Die Öffnungszeiten sind sehr privatlebenfreundlich - ob man das so weiterführen kann, steht steht und fällt aber mit den Konditionen des Pachtvertrags. Der Vertrag des alten Wirts war so günstig, daß er es sich erlauben konnte, täglich nur vier bis fünf Stunden abends zu öffnen. (Zu anderen Zeiten wären aber auch keine Gäste gekommen, deswegen war es vom Verpächter vernünftig, lieber solide und dauerhaft wenig Pacht einzunehmen als alle drei Monate einen neuen Pleitier reinzusetzen.)

Und da gibts ja noch den Spruch: „Wer nix wird, wird Wirt“ -

Der alte Wirt war Diplom-Betriebwirt. Er hat mal erzählt, seine Mutter hat es ihm jahrelang nicht verziehen, daß er den Beruf an den Nagel gehängt hat, um eine Kneipe aufzumachen. :smile: War aber auch für ihn ein langegegter Traum.

Das bist Du doch nicht!

Danke!

Liebe Grüße,
Max