Kniffelige Arbeitssituation

Hi,
ich würde gerne ein natürlich theoretisches Scenario vorstellen und mal eure Meinung zur Problemlösung hören, sehr gerne von Arbeitsrechlern die AN in entsprechenden Fällen schon erfolgreich betreut haben. Vermutlich ist es sogar ein Fall, der so oder so ähnlich im Jurastudium vorkommt :smile: .

A=Arbeitnehmer
V=verleihender Arbeitgeber
L=leihender Arbeitgeber( diverse Vorgesetzte, undurchsichtiges Organigramm)

A ist bei V fest/unbefristet angestellt.
A ist Sw-Entwickler und hat im Vertrag mit V zu stehen „IT bezogene Tätigkeiten“.
V hat A an L verliehen.
Der Vertrag zw. V und L sieht angeblich(!!!) als Kerntätigkeit „Datenerfassung“ vor.
Zum Zweck der „Datenerfassung“ sollten von Beginn an diverse Programme entwickelt werden. Zusätzlich kamen Themen, die fraglos „IT bezogene Tätigkeiten“ sind.

Nach Wechsel in diversen Führungsebenen bei L soll A keine Sw mehr entwickeln und eigentlich auch keine objektiv eindeutigen „IT bezogene Tätigkeiten“ mehr ausführen, sondern Tätigkeiten, die bisher Lageristen durchgeführt haben. Der Gebrauch eines PCs und das Ändern von Warenfluß-DATEN-sätzen genügt einem Teil der neuen Führung, dies als „Datenerfassung“ zu definieren.
V erklärt, dass die Definition von L mit „IT bezogene Tätigkeiten“ vereinbar ist.
V würde unter keinen Umständen A bei L gegen einen anderen AN austauschen können|wollen.
V und L verhalten sich, als würden BEIDE eine vorzeitige Aufhebung des V&L-Vertrages wegen „verhaltensbedingter Kündigung“ von A mutmaßlich begrüßen.

A hat jetzt theoretisch folgende Optionen:
A kündigt bei V:
* * Folge: Sperre bei AA; theor. mögliche Schadensersatzansprüche von V( und L), weil Vertrag zw. V&L torpediert wäre

A weigert sich schlichtweg neue „Datenerfassungs“-Aufgaben zu erledigen
* * V würde dies zur „verhaltensbedingten Kündigung“ nutzen
* * Folge: Sperre bei AA; theor. mögliche Schadensersatzansprüche von V( und L), weil Vertrag zw. V&L torpediert wäre

A lässt sich von Anwalt in der Sache vertreten
* * der Anwalt informiert V über falschen Einsatz von A bei L und fordert Abstellung der Situation
* * falls V und L sich weigern, die Situation abzustellen, Gang vors Gericht
* * A würde neue „Datenerfassungs“-Aufgaben nicht weiter ausführen
* * L würde Vertrag mit V wegen Nichterfüllung aufheben
* * V würde dies zur „verhaltensbedingten Kündigung“ nutzen
* * theor. mögliche Schadensersatzansprüche von V( und L), weil Vertrag zw. V&L torpediert wäre
* * Ausgang einer/mehrerer Urteile zu Lohnfortzahlung, Schadensersatz für V&L völlig offen

Wie schätzt ihr die Möglichkeiten von A ein?
Sind Möglichkeiten vergessen worden?
Ist die Anwaltsoption erfolgversprechend?
Gab es in jüngerer Vergangenheit ähnlich gelagerte Fälle, bei denen V( und L) besonderst eindringlich gezügelt wurden?
UND GANZ WICHTIG:
Wem obliegt in D die Definition ob eine Tätigkeit „Datenerfassung“ und/oder „IT bezogene Tätigkeiten“ ist?

Hallo,

kein Anwalt, der halbwegs bei Vertand ist, würde seinen Mandanten bei so einer Situation beraten, die Tätigkeit nicht mehr auszuführen, sondern erklären lassen, das nur noch unter Vorbehalt einer gerichtlichen Klärung zu tun.

So kann das Drohszenario mit Schadensersatz und Gehaltskürzung gar nicht eintreten und alles ist gut.

Das Gericht wird entscheiden, ob das noch zumutbar ist.

Persönlich habe ich den Eindruck, dass A das alles sehr dramatisiert und daher enttäuscht sein wird, wenn es keine harten Worte des Gerichts geben wird. Denn wir reden hier nicht vom Prokuristen, der den Hof fegen soll. Die Tätigkeitsbezeichnung ist hier so weit und auch nicht hochqualifiziert, das kann durchaus noch vertrgsgemäß sein.

VG
EK

Hallo,

mal ganz unjuristisch: Wenn jemand tatsächlich als SW-Entwickler was taugt, dann sollte er in der aktuellen Arbeitsmarktsituation keinerlei Schwierigkeiten haben, einen qualifizierten Job zu finden. Und selbst wenn es als Entwickler nicht reicht, findet man im Supportbereich, Datenerfassung, … durchaus recht problemlos anständige Jobs. Ob über einen seriösen Vermittler oder direkt und auf Dauer. Dann wird beim bisherigen Vermittler gekündigt, und die ganzen Themen von Sperre bis … stellen sich angesichts nahtlosem Übergang gar nicht.

Gruß vom Wiz

Erstmal vielen Dank für deine Antwort.

das nur noch unter Vorbehalt einer gerichtlichen Klärung zu tun.

So kann das Drohszenario mit Schadensersatz und Gehaltskürzung
gar nicht eintreten und alles ist gut.

Das klingt doch nach guten Stichpunkten.

Denn wir reden hier
nicht vom Prokuristen, der den Hof fegen soll. Die
Tätigkeitsbezeichnung ist hier so weit und auch nicht
hochqualifiziert, das kann durchaus noch vertrgsgemäß sein.

Tja und da ist der Knackpunkt:
Wer definiert die Schwelle, ab wann eine Tätigkeit zur einen oder zur anderen Tätigkeitsgruppe gehört?

Um bei deinem Beispiel zu bleiben.
Ist dem Prokuristen das Hoffegen eher zuzumuten, wenn:
* er in seiner Lehre Hausmeister gelernt hatte?
* er erst einen Tag/einen Monat/ein Jahr Prokurist ist?
* der Hof genau jetzt ganz ganz dringend gefegt werden muß?
* die schlechten Geschäfte der Fa. ihn schlecht dastehen lassen?
* seine Branche allgemein hinkt?
* das Wort „Prokurist“ alleine irgendwann einen üblen Ruf in der Gesellschaft bekommt?
* usw usw usw

Das schizophrene Rumgeeier um heute definiert einer eine Sache so und morgen definiert ein anderer die selbe Sache anders ist etwas das dem Charakter eines Vertrages bezüglich Verlässlichkeit, Starrheit und Definiertheit widerspricht.

mfg Andre