Knorpelablösung - Belastungsaufbau und Prognose

Liebe Experten,

gleich zu Anfang will ich sagen, daß mir bewußt ist, daß man medizinische Fragen immer am besten einem Arzt vor Ort stellen sollte. Allerdings habe ich das in meinem Fall getan - und mein Arzt hat so „drumrumgeredet“, daß meine Frage nicht wirklich beantwortet war. Ich weiß auch, daß „Ferndiagnosen“ unmöglich sind etc. Ich wäre dennoch sehr dankbar für Ihre Meinungen/Erfahrungen!

Ende Juli habe ich mir bei einem Sturz eine nicht dislozierte Fraktur der lateralen Talusschulter zugezogen, sowie eine Ruptur des Lig. talofibulare ant. und eine des M. flexor digitorum longus. Das OSG war luxiert (nach medial), die restlichen Bänder inkl. Syndesmose intakt, aber überdehnt. Zusätzlich (und das ist die Crux für mich) hat sich an der Talusrolle der Knorpel „abgehoben“, wohl i.S. einer Osteochondrosis dissecans (zumindest fiel der Begriff). Im Kontrastmittel-MRT (3.8.11) war zu sehen, daß der Knorpel noch blutversorgt ist.

Nach initialer Ruhigstellung soll ich nun (seit 3.8.) wieder belasten und tue das auch - ich habe einen Vacoped-Stiefel. Neben den „normalen“ Schmerzen, die ich schon von anderen Bänderdehnungen kenne, habe ich jedoch auch stechende Anlaufschmerzen übereinstimmend mit der Position des Knorpeldefektes.

Mein Orthopäde sagte mir, ich müßte schon nach einer Woche (also seit 10.8. eigentlich) ohne Krücken laufen können, nach zwei weiteren sollte ich auf den Stiefel verzichten können. Ich trage den Stiefel jedoch schmerzbedingt immernoch und kann auch noch nicht den ganzen Tag ohne Krücken laufen!
Auch Flektion und Extension im OSG sind weiterhin stark eingeschränkt, obwohl ich fleißig übe (momentan etwa 0/0/45°), seitlich traue ich mich noch nicht zu üben…

Meine Frage hierzu ist: Ich mache mir Sorgen bzgl. Arthrose - diese wäre doch die Folge, wenn sich der Knorpel nicht wieder anlegen sollte?
Was ist Ihrer Erfahrung nach günstiger für das „Wiederanlegen“ des Knorpels - sollte ich trotz Schmerz möglichst viel bewegen und belasten, oder sollte ich es lieber ruhiger angehen lassen und länger als geplant mit Teilbelastung auf Krücken gehen?

Mein Fokus liegt eindeutig auf dem Langzeitergebnis, ich bin bereit, jetzt die Zähne zusammenzubeißen, wenn dafür meine Chancen steigen, der Arthrose zu entgehen! Wie stehen hierfür wohl meine Chancen?

Oh, ich bin übrigens 30 Jahre alt und übergewichtig, ansonsten aber einwandfrei gesund.

Für Ihren Rat wäre ich sehr dankbar.
Mit besten Grüßen,
L. Weipert

lieber Herr Weipert,

mit den Einschränkungen der Ferndiagnose, die sie bereits erwähnten gibt es für mich einige weitere Überlegungen:
1.) welches genetische Risiko für Arthrose bringen Sie mir (einmal in der Familie die Blutsverwandten nachschauen, wer bereits unter 65 neue Gelenke brauchte.
2.) was sprocht dagegen eine MRT mit Knorpelsensitiver Wichtung (ggf. sogar ein Hochfeld-MRT) zu machen, um den Verlauf des Knorpels im Verlauf zu beobachten

Das könnte viele Fragen klären. Das MRT ist nicht teuer für den Orthopäden (vielleicht 80€), das Hochfeld MRT wird man ein wenig in den größeren Städten ggf. an Unikliniken suchen gehen müssen.

Grade wenn der Schmerz nicht besser wird und bei Mobilisation Schmerzen auftreten kann man damit überprüfen, ob sich das Knorpelteilchen erholt oder ggf. eher verschlechtert. Dann kann es ggf. sinnvoll sein athroskopisch eine Fixiereung oder ein Anpassung vorzunehmen. Oder man sieht man kann nicht viel machen, dann weiß man das wenigstens auch und weiß wo der Schmerz herkommt.
Könnte mir vorstellen, dass das Knorpelteil nicht wieder „angegangen ist“ oder in nicht ganz „normaler Positio“ und sich nun der Knorpel nun einschleift.

So wie wenn man Parkett verlegt hat, aber im Bereich der Tür irgendwie ein wenig u hoch gekommen ist. Die Tür ist schwergängig, geht aber „mit schleifen“ darüber. Dann schleift sich so lange was ab, bis die Tür wieder gägnig ist. Das Parkett hat zwar einen ordentlichen Schaden geht aber wieder.
Das könnte die Situation sehr gut erklären. Wann die Arthrose dann auftritt, entscheidet allein wieviel „Holz“ runter ist. Ist bei der Mobilisation schon der knorpel runter dann sofort, ansonsten muss man schätzen. Manchmal merkt man es dann nach 18 Monaten auch erstmal ne Weile (manchmal Jahrzente) nicht mehr, bis dann langsam der Schmerz wieder kommt. Vielleicht kann man dann ja schon ganz andere Dinge als jetzt.

Da bei der Erholung der Knorpel eine gewisse Bewegung braucht, wird das weiter nötig sein, Scherkräfte bei mangelhaften Anwahcsen wären blöd, deswegen würde ich persönlich bei geplanter zunehmender Belastung mit Scherkräften das MRT überlegen oder (wie schon selber vorgeschalgen) die TEilbelastung noch eine Weile beibehalten, bis die Schmerzen abnehmen.

Achtung, Teilbelastung

Lieber Herr Dr. Ahrens,

erstmal vielen lieben Dank für die schnelle und ausführliche Antwort. Das hilft mir sehr weiter!

Leider bin ich (durch die Bundeswehr) in meiner Arztwahl eingeschränkt und befinde mich derzeit auch für längere Zeit in den USA. Vermutlich will mir daher hier niemand etwas Konkretes sagen - die amerikanischen Ärzte leiden ja sehr unter der Klagewut unzufriedener Patienten und fürchten wohl ein Verfahren, wenn etwas nicht so kommt wie sie gesagt haben. Daher sagen sie dann lieber nichts, egal wie deutlich ich mache, daß mir nichts ferner liegt als einen Arzt zu verklagen, weil er mir einen Ratschlag erteilt.

Das bedeutet leider für mich, daß ein Hochfeld-MRT wenig greifbar ist. Schon um Physiotherapie muß ich kämpfen - bisher noch vergeblich. Ich werde jedoch versuchen, auf eigene Faust zivil einen Sportorthopäden zu finden (zum Glück befinde ich mich in einer mittelgroßen Stadt) und hoffe, daß ich dessen Rechnung dann aus eigener Tasche bezahlen kann.

Ich habe momentan wirklich Angst davor, daß die jetzigen Schmerzen das „Endergebnis“ darstellen und nicht wieder besser werden. Dabei war ich nach dem cMRT noch so happy, als es hieß, alles sei noch lebendig und durchblutet!
Die „äußeren“ Faktoren sprechen jedoch für mich - meine Familie hat nur einen einzigen Arthrosefall (meine Großmutter brauchte ein Kniegelenk mit ca. 75 Jahren; meine Eltern sind beide über 70 und gelenkgesund), ich habe nie geraucht und auch keinen Diabetes.

Vielen Dank für die Warnung vor NSARs; ich nehme zwar keine Schmerzmittel für meinen Fuß, werde aber auch von NSARs absehen, wenn ich das nächste Mal Kopfschmerzen habe.

Nochmals ganz herzlichen Dank für die Hilfe!
Mit lieben Grüßen aus Texas,
Lenia

Lieber Herr Weipert,
zunächst bitte ich um Entschuldigung für die späte Antwort, aber ich war verreist. In ihrem Falle ist ein regulärer Belastungsaufbau, wie sie ihn beschrieben haben unter Schutz durch die orthetische Versorgung, die Sie beschrieben haben angeraten. Man kann dabei nichts falsch machen, denn „et kütt wie et kütt“, wie man in Köln sagt. Es kommt wie es kommt. Sollte an dem abgebrochenen Knorpelstück noch Knochen sein, so ist ein Einheilen möglich. Knorpel allein heilt nicht, da Knorpel nicht durchblutet ist. In jedem Falle kommt es zu einer Stufe zwischen den abgebrochenen Knorpelteilen, die auf den darauf laufenden Knorpel wie ein Hobel wirken und es kommt zu einer Arthrose, was die Schmerzen erklärt, unter denen sie derzeit leiden. Dies entspricht dem sogenannten typischen Verlauf einer derartigen Verletzung. Im weiteren kommt es aber dann zu einer Glättung der „Hobelkanten“ im Sinne einer Entschärfung und zu einer Auffüllung der Lücken mit Bindegewebe. Trotzdem muss es nicht bei diesen Schmerzen bleiben. Der Spontanverlauf einer Arthrose ist wellenförmig, das heißt die Schmerzen werden weniger und kommen wieder. Nützlich wäre hierbei natürlich eine Gewichtsreduktion, da diese den Druck auf den beschädigten Knorpel reduziert. Im schlimmsten Falle heilt das abgebrochene Stück nicht ein und bewegt sich als freier Gelenkkörper, was zu sehr unangenehmen Einklemmungen führen kann. Dann sollte man das Stück entfernen.

Gute Besserung!

Ein Orthopäde

Hallo,
leider sind pauschale Aussagen nicht möglich, wie lange eine Erkrankung konkret dauert.
Grundsätzlich kann ein "vitaler - also lebender - Knorpledefekt folgenlos ausheilen, aber auch dauerhafte Beschwerden verursachen.
Leider kann man da kein grundsätzlich Aussage ohne konkrete Informationen gestalten
Grüße
Dr. Nicolas Gumpert

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