Hallo, Kernig!
Alles weitere halte ich ganz unsentimental für verfehlt, sonst
könnte man konsequenterweise gar keine wilden Tiere mehr in
Zoos halten.
Ich gönne Dir und den anderen Eisbärbabyfans ihre
Sentimentalität (ist ja auch putzig), meins ist das nicht.
Um mal richtig unsentimental zu sein: Auf unserer Welt ist eigentlich überhaupt kein Platz mehr für Tiere, nirgends, und irgendwann wird für uns kein Platz mehr sein.
Im Ernst, ich hoffe, aus meinem Posting ist hervorgegangen, dass ich dem Ganzen auch ambivalent gegenüberstehe, sonst würde ich mir keine Gedanken darüber machen. Und meine Sentimentalität bezieht sich eigentlich weniger auf „putzig“, als darauf, dass die Tiere eben nicht frei leben können, nach ihrer Fasson, sondern nach dem Willen der Zooleute hin- und hergekarrt werden, mal hier verpaart, mal dort, mit Betäubungsspritzen ruhig gestellt - was oft genug schiefgeht -, dann werden sie in Aufregung versetzt, weil „gesext“ werden muss und geimpft und mal wieder Blut genommen, und ein Haufen unnötiges Theater gemacht, weil’s Fernsehen zuguckt und man ja action haben muss. Das alles war mir eben besonders sauer hochgekommen, als ich diesen Eisbärenmann gesehen hatte, der nun „seine“ Vera wieder decken soll, damit noch ein Eisbärenbaby zur Welt kommt, das vielleicht wieder gefressen wird von der Mutter oder verstoßen oder das in letzter Konsequenz keiner brauchen kann, weil in keinem Zoo ein Platz dafür ist. Und was dann?
Andererseits finde ich Zoos doch gut oder wenigstens besser als nichts; als Gedenkstätte gegen das Vergessen und zur Arterhaltung, und piepegal, ob ein Politiker sich damit profilieren will, soll er doch. Dass die Zoos durch die momentan beliebten Fernsehsendungen sowohl finanziell in die Lage versetzt als auch motiviert werden, den Tieren die bestmögliche Umgebung und Pflege zukommen zu lassen, damit kann ich leben, und die Viecher hoffentlich auch.
Auch sollte man nicht außer Acht lassen, dass Tiere Entwicklungspotential haben; allein durch die Zuchtauswahl, die die besonders gut zu handhabenden Exemplare bevorzugt, werden sie sich in die neuen Daseinsverhältnisse fügen.
In diesem Zusammenhang eine Frage, die nicht sentimental ist, sondern auf die ich mir eine wissenschaftliche Antwort wünsche:
Wohin entwickeln die sich nun tatsächlich, die Tiere, die in Zoos leben, so dicht beim Menschen, ihrer natürlichen Lebensweise entfremdet und befreit von der Notwendigkeit, sich durch Jagd zu ernähren? Werden sie verblöden? Werden sie frei gewordene Zeit und Hirntätigkeit nutzen, um Neues zu lernen? Zum Beispiel gibt es bei Raubkatzen wie z.B. Leoparden, Tigern, Geparden, bei denen sich in freier Wildbahn die Männchen nicht um den Nachwuchs kümmern, ihn sogar töten würden, in den Zoos Kater, die ein harmonisches Familienleben führen; ein Tigerkater hat sich sogar mehr mit seinem kleinen Sohn beschäftigt als die Mutter. Die Tiere schauen ja ebenso aus ihren Käfigen heraus auf uns wie wir hinein zu ihnen; natürlich braucht es lange Zeit, genau wie bei der Menschheitsentwicklung, aber feuern da vielleicht ganz neue Synapsen?
Ich denke nicht, dass Tiere (wie) Menschen werden (sollten), erst recht nicht bessere Menschen, aber traut man ihnen vielleicht zu wenig zu, weil es einfach bequemer ist, gar nicht erst in Erwägung zu ziehen, dass sie mehr Potential haben könnten, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt?
Gruß,
Eva
P.S. Da traue ich mich einfach mal, ganz unverhohlen sentimental zu sein: Kann das sein, dass Eisbär Knut seinen Dörflein gern hat? Und nicht unbedingt zum Fressen?