Koalitionsstreit - Verfassungsproblem?

Hallo,

man kann sich die Frage stellen, ob die jetzige „Steuerdebatte“ die Methode ist, mit der der Herr Bundeskanzler die Bundestagsauflösung verfassungskonform gestalten will. SPD-Fraktionsvize Müller erklärte derweil, daß die Bundestagsauflösung kein Problem sei, man bereite sie gerade vor.

Falls die „Steuerdebatte“ die Vorbereitung der Bundestagsauflösung sein soll, dann mag sie den Buchstaben des Grundgesetzes entsprechen, aber ich zweifle, daß eine "Vertrauens"frage aufgrund eines inszenierten Streits verfassungskonform ist.

Von einer inszenierten Auflösung - und die anstehende wäre ja nicht die erste - geht doch ein verheerendes Signal aus: Wenn den Machthabern die Verfassung nicht paßt, brechen sie sie. Damit das nicht so auffällt, wird getrickst. Kennt man so etwas nicht auch aus nur scheinbar demokratischen Staaten?

Deshalb frage ich: Wenn alle Parteien für die Auflösung des Bundestages sind, warum ändern sie nicht das Grundgesetz, so daß sie legal und ohne Inszenierung möglich wird? Man könnte z.B. einen Artikel einfügen, der die Auflösung des Bundestags ermöglicht, wenn zwei Drittel der Mitglieder sich für sie aussprechen.

Was meint ihr?

Grüße,

Oliver Walter

Hallo,

Deshalb frage ich: Wenn alle Parteien für die Auflösung des
Bundestages sind, warum ändern sie nicht das Grundgesetz, so
daß sie legal und ohne Inszenierung möglich wird? Man könnte
z.B. einen Artikel einfügen, der die Auflösung des Bundestags
ermöglicht, wenn zwei Drittel der Mitglieder sich für sie
aussprechen.
Was meint ihr?

Das frage ich mich allerdings auch. Im Moment mal eben auf schnelle da was ändern zu wolln geht nicht. Es müsste von langer Hand vorbereitet werden. Vielleicht nehmen sie s ja zum Anlass. Dann sollte man meiner Meinung nach auch gleich dafür sorgen, dass nicht ständig Whlkampf ist, also endlich die Wahlen der Länder auf einen Termin für alle zusammenzufassen und diesen auf einen Termin zu setzen, der in etwa ein Jahr nach der Wahl der Bundesregierung liegt. Dann würde vielleicht diese ständige wechselseitige Blockade (von Regierung und opositionsgeführtem BR) aufhörn.

Und wie gesagt, ich hoffe noch drauf, dass die Neuwahl05 scheitert. Nicht weil ich ein so großer Fan von SPD/Grün bin, sondern weil ich es für das falsche Signal halte: Geht Rot/Grün kommt s Merkel sammt Kloppertruppe und muss sich auch erstmal im Amt zurechtfinden ->verschenkte Zeit (unabhängig davon, dass ich denen eh nicht viel zutrau)

Kommt die SPD wieder (vermutlich dann doch mit Grün) bekommt Schröder verfassungswidrig eine Amtszeitverlängerung um 3 Jahre. Und die Gefahr der Handlungsunfähigkeit besteht weiterhin, den die SPD selbst zieht nach links, die Regierung aber will und muss (durch Einfluss des BR) einen ganz andern Kurs fahrn.

Grüße
Kroeger

Deshalb frage ich: Wenn alle Parteien für die Auflösung des
Bundestages sind, warum ändern sie nicht das Grundgesetz,

http://focus.msn.de/hps/fol/newsausgabe/newsausgabe…

Gruß,
Christian

Es wundert mich doch sehr, wenn Leute die (sicherlich problematische) Anwendung des Artikels 68 als Verfassungsbruch geißeln, aber gleichzeitig ohne mit der Wimper zu zucken, auf eine Verfassungsänderung bestehen, die wesentliche Grundsätze der Verfassung und Intentionen der Verfassungsväter unterläuft.

Auch wenn ich sonst von Volker Beck nicht viel halte, muss ich ihm doch Recht geben, wenn er sagt, dass die Verfassung kein Selbstbedienungsladen ist und nicht wie ein Wunschzettel für die tagespolitische Situation verwendet werden darf.

Deshalb frage ich: Wenn alle Parteien für die Auflösung des
Bundestages sind, warum ändern sie nicht das Grundgesetz,

http://focus.msn.de/hps/fol/newsausgabe/newsausgabe…

Danke. Die Stimmen von Union und SPD dürften wohl für eine Verfassungsänderung ausreichen. Und im Bundesrat wird die FDP einfach ignoriert :wink:

Es wundert mich doch sehr, wenn Leute die (sicherlich
problematische) Anwendung des Artikels 68 als Verfassungsbruch
geißeln, aber gleichzeitig ohne mit der Wimper zu zucken, auf
eine Verfassungsänderung bestehen, die wesentliche Grundsätze
der Verfassung und Intentionen der Verfassungsväter
unterläuft.

Die Verfassung auf legale Weise zu ändern, ist mir als rechtsstaatlich orientiertem Bürger lieber, als sie fortgesetzt zu brechen. Wir haben ganz offensichtlich ein Defizit im Grundgesetz. Und das läßt sich beheben. Die Intentionen der Verfassungsväter sind davon übrigens nicht betroffen, weil

a) deren Intention nicht war, die Verfassung bis ans Ende der Welt zu fixieren. Man darf sie nämlich ändern (bis auf Artikel 1-20).
b) eine erforderliche Zweidrittelmehrheit für die Bundestagsselbstauflösung sicherstellt, daß der Bundestag sich nicht ständig selbst auflöst. Nur die ständige Selbstauflösung war wohl die Intention des Parlamentarischen Rats.

Auch wenn ich sonst von Volker Beck nicht viel halte, muss ich
ihm doch Recht geben, wenn er sagt, dass die Verfassung kein
Selbstbedienungsladen ist und nicht wie ein Wunschzettel für
die tagespolitische Situation verwendet werden darf.

Es gab in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland schon mehr als eine Situation, in der Artikel 68 recht weit ausgelegt worden ist. Deshalb sehe ich es nicht so, daß eine Verfassungsänderung nur aufgrund von „Tagespolitik“ zustande kommen würde, sondern daß die Änderung der Verfassung ein Defizit zu beheben.

Hallo,

Im Moment mal eben auf
schnelle da was ändern zu wolln geht nicht.

doch, das geht. Vier Wochen Zeit bräuchten sie, heißt es. Die Mehrheit würden sie wohl auch zustande bekommen und sie bräuchten auch nicht gleich ein ganzes Paket von Änderungen zu verabschieden.

Abgesehen davon gebe ich Dir Recht, daß eine Verfassungsreform z.B. mit Entflechtung der sich überschneidenden Kompetenzen der beiden Parlamentskammern notwendig ist. Wenn eine solche Reform umgesetzt würde, wären die Zeiten der Blockadepolitik wohl vorbei.

Zum Ausgang der BT-Neuwahl und deren Konsequenzen enthalte ich mich eines Kommentars. :wink:

Grüße,

Oliver Walter

Die Verfassung auf legale Weise zu ändern, ist mir als
rechtsstaatlich orientiertem Bürger lieber,

Als rechtsstaatlich orientierter Bürger solltest du dich fragen, inwieweit eine erhebliche und entscheidente Aufstockung der Befugnisse des Bundestags für die LAUFENDE Periode und für den KONKRETEN Fall zulässig ist.
Die Auflösung des AKTUELLEN Bundestags über eine Verfassungsänderung und deren Anwendung halte ich aus rechtsstaatlicher Sicht für bedenklich.

Hallo,

ich kann mir derzeit nicht vorstellen, dass die CDU mit ihrer Mehrheit im Bundesrat für eine Grundgesetzänderung den Weg öffnet. man muss hierbei ja auch mal berücksichtigen, dass dies für die Zukunft Folgen hat und selbst wenn es der CDU derzeit nützlich scheinen könnte, wäre es auch zum Schaden der CDU.

Man kann die Verfassung korrigieren. Ob man sie nach Belieben jedoch ändern darf, damit die Parteien Ziele erreichen können, während man eine Destabilisierung von Regierungen betriebt, kann und darf nicht von der CDU unterstützt werden.

Diese Diskussion ist auch unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass sich SPD und CDU einig sind, dass der Bundesrat erheblich an Macht verlieren soll und die zustimmungspflichtigen Gestze um beinahe 70 % reduziert werden sollen. Wenn diese Erneuerung, von der die SPD nun plötzlich überhaupt nichts mehr wissen will, beim Bundesrat erfolgt, hat die Regierung den Spielraum, den sie wirklich benötigt.

Wir benötigen also eine Verfassungsänderung, aber eine, die die Zuständigkeit des Bundesrates neu regelt.

Grüsse Günter

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Hallo,

man muss hierbei ja auch mal berücksichtigen, dass
dies für die Zukunft Folgen hat

darum geht es auch: nicht die Verfassung zu brechen, sondern dem Bundestag ein Recht einzuräumen, sich selbst aufzulösen. Die Geschichte der Bundesrepublik hat gezeigt, daß dieses Recht fehlt. Die Konsequenz war, daß sich die Volksvertreter dieses Recht trotzdem genommen haben.

und selbst wenn es der CDU
derzeit nützlich scheinen könnte, wäre es auch zum Schaden der
CDU.

Wenn für die Selbstauflösung eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, dann ist die Gefahr viel geringer, daß das Recht auf Selbstauflösung mißbraucht oder allein durch eine Partei angewandt wird. Und man kann Artikel 68 dann so anwenden, wie er gemeint ist, und muß kein Schmierentheater abziehen.

Man kann die Verfassung korrigieren. Ob man sie nach Belieben
jedoch ändern darf, damit die Parteien Ziele erreichen können,

Die Verfassung kann mit Zweidrittelmehrheit der beiden Kammern des Parlaments geändert werden (bis auf Artikel 1-20). Von Belieben kann man deshalb nicht reden.

Diese Diskussion ist auch unter dem Gesichtspunkt zu sehen,
dass sich SPD und CDU einig sind, dass der Bundesrat erheblich
an Macht verlieren soll und die zustimmungspflichtigen Gestze
um beinahe 70 % reduziert werden sollen. Wenn diese
Erneuerung, von der die SPD nun plötzlich überhaupt nichts
mehr wissen will, beim Bundesrat erfolgt, hat die Regierung
den Spielraum, den sie wirklich benötigt.

Ja.

Grüße,

Oliver Walter

Hallo,

man muss hierbei ja auch mal berücksichtigen, dass
dies für die Zukunft Folgen hat

darum geht es auch: nicht die Verfassung zu brechen, sondern
dem Bundestag ein Recht einzuräumen, sich selbst aufzulösen.
Die Geschichte der Bundesrepublik hat gezeigt, daß dieses
Recht fehlt. Die Konsequenz war, daß sich die Volksvertreter
dieses Recht trotzdem genommen haben.

und selbst wenn es der CDU
derzeit nützlich scheinen könnte, wäre es auch zum Schaden der
CDU.

Wenn für die Selbstauflösung eine Zweidrittelmehrheit
notwendig ist, dann ist die Gefahr viel geringer, daß das
Recht auf Selbstauflösung mißbraucht oder allein durch eine
Partei angewandt wird. Und man kann Artikel 68 dann so
anwenden, wie er gemeint ist, und muß kein Schmierentheater
abziehen.

Man kann die Verfassung korrigieren. Ob man sie nach Belieben
jedoch ändern darf, damit die Parteien Ziele erreichen können,

Die Verfassung kann mit Zweidrittelmehrheit der beiden Kammern
des Parlaments geändert werden (bis auf Artikel 1-20). Von
Belieben kann man deshalb nicht reden.

Diese Diskussion ist auch unter dem Gesichtspunkt zu sehen,
dass sich SPD und CDU einig sind, dass der Bundesrat erheblich
an Macht verlieren soll und die zustimmungspflichtigen Gestze
um beinahe 70 % reduziert werden sollen. Wenn diese
Erneuerung, von der die SPD nun plötzlich überhaupt nichts
mehr wissen will, beim Bundesrat erfolgt, hat die Regierung
den Spielraum, den sie wirklich benötigt.

Ich kann Dir im Wesentlichen zustimmen. Trotzdem gibt es für mich keinerlei Gründe nur deshalb die Verfassung zu ändern, egal wer als Partei dann davon den Nutzen hat, weil die Beliebigkeit Einzug hält.

Wenn ich dem Bundestag die Cahnce gebe, mit 2/3-Mehrheit diesen aufzulösen, werden sie es immer dann, wenn es beliebt tun. Dieser Bundestag wir dimmer eine Möglichkeit finden, sich aufzulösen. Er wird immer ein Klüngel finden - aus allen Parteien - die sich einen Erfolg versprechen und mitmachen. Ich möchte als Bürger den Parteien diese Möglichkeit nicht einräumen. Vor allem will ich nicht, wenn dem Bundestag die politische Mehrheit in den Ländern nicht passt, dass wir dann wählen sollen. Oder willst Du alle zwei bis drei Jahre wählen, denn so etwa ist der Zyklus, dass bei einer Regierungspartei sich die Ländermehrheit gegen sie richtet. Heisst das, wenn nun die CDU im Herbst die Wahl gewonnen würde, dann in drei Jahren die Bürger in den Ländern SPD wählen, dass wir den Bundestag neu wählen, nur damit wieder die Farbe auf der Landkarte stimmt.

Da sich die Parteien einig sind, dass die Zuständigkeit des Bundesrates insgesamt erheblich verringert werden soll, wäre es doch jetzt möglich, diese Verfassungsreform durchzusetzen. Dann hätte die jeweilige Bundesregierung stets die Chance, die angeblich so guten Gesetzes der Regierung durchzusetzen. Nur nun will Münte nicht mehr.

Aber offenbar ist seit heute Abend die Diskussion um die Änderung der Verfassug bereits wieder vorbei.

Nun kann man politisch stehen wo man will. Dieses Gerangel um die Methode, wie ein Misstrauensvotum entsteht, obwohl man das Vertrauen hat, dieses schäbige Handeln, wie man die Verfassung am Günstigsten bricht, wird nur zu mehr Politikverdrossenheit führen, gleichzeitig die radikalen Ränder stärken. Betrachtet man sich mal die Szenerie, so frage ich mich, ob man denn bei der SPD vorsätzlich in Kauf nimmt, dieses Land demokratisch in den Ruin zu führen, wenn man schon in der Demokratie nicht die Macht auf Lebenszeit erhält.

Die CDU hat sicher manchen Mist geschaffen und wurde zurecht abgewählt. Doch hier zeigt sich schon der Unterschied zwischen den CDU-Mandatträgern und dem Vaterland einerseits und der SPD andererseits. Wer kein Vaterland hat, muss es nicht schützen, auch nicht dessen Verfassung. Unsere Verfassung ist eben für die SPD-Regierung kein Problem.

Grüsse Günter

Das grösste Problem bei der ganzen Sache ist,
wie man es hinbekommt, dass wenn einige
Rot/Grüne vorgezogen freiwillig aus den Parlamenten und Ämtern fliegen, im September, was ja durchaus möglich ist, wie sie dann Besoldungs/Pensionsanspruchsmässig so, oder gar besser
gestellt werden können, als ob sie die ganzen 4 Jahre
durchgehalten hätten, und ihnen auch die Chance abgegolten wird,
dass 2006 wieder alles ganz anders aussieht bei den Wählern,
sie könnten ja wieder gewählt werden, und dann würden sie
ja noch besser besoldet und verpensioniert. Also
das ganze Geld ginge ihnen ja im September flöten.
Man muss ihnen das jetzt schon ersetzen.
Dabei hilft auch die Schwarz/Gelb Koalition,
die ja nun nicht ganz unbegründet auf die
unverhofft schnell und sicher kommenden Ämter hofft.

Alle anderen Bedenken bezüglich Verfassungshindernissen
sind vorgetäuscht, um von obigem abzulenken.
Wenn man die Kompensation nicht hinbekommt,
dann wird es nicht zur Neuwahl kommen,
vorgeschoben wird aber die Verfassung.

Die Verfassung auf legale Weise zu ändern, ist mir als
rechtsstaatlich orientiertem Bürger lieber, als sie
fortgesetzt zu brechen. Wir haben ganz offensichtlich ein
Defizit im Grundgesetz. Und das läßt sich beheben. Die
Intentionen der Verfassungsväter sind davon übrigens nicht
betroffen, weil

Das ist das Problem, die Verfassungsväter gingen
seinerzeit davon aus, dass die Bürger von sich aus
rechtsstaatlich orientiert sind, oder zumindest
aufgrund ihrer Lebensziele (Menschenrechte, Frieden, Wohlstand durch eigene Arbeit) die demokratische Rechtsstaalichkeit als
bestes Mittel dazu erkannten, und stetig ihr politisches Zuhause wählten.

Wir haben immer noch eine Menge Meschen, aber
es gibt mittlerweile ein erhebliche Masse von Menschen,
die sich entweder böswillig, profitgierig oder auch nur frustriert
auf Leistungsempfang und Ausnutzung der Sozialsysteme
spezialisiert haben. Diese gehen gar nicht wählen,
oder wählen stark wechselhaft, je nach dem,
wo am meisten abstauben können. Da diese Masse kritische Grösse erreicht hat, wählen auch viele der anderen kurzzeitig
gegen jegliche persönliche Auffassung das feindliche Lager,
um dem Einhalt zu gebieten, gegen sowas ist die beste Verfassung machtlos. Viel Wähler wählen demokratisch gesehen konzeptlos.
Gott sei dank haben sie in NRW diesmal nicht braun gewählt,
hohhentlich bleibt das auch im September so.