Kochrezept für slawische Endungen; stimmt das?

Liebes Genalogieforum,

kürzlich fiel mir ein recht simples Erklärungsmuster für die Entstehung slawischer Namensendungen in die Hand. Nun bin ich rätseln, ob das auch tatsächlich so simpel ist, wie es erklärt wird.

Jan
Janski = Jans Sohn
Janow = aus Jans Ort kommend
Janowski = Sohn von jemanden, der aus Jans Ort kommt

Also wäre Langowski der Sohn von jemanden, der aus dem Ort eines großen Menschen kommt (falls man fahrlässigerweise annehmen sollte, „Lang“ hätte im ostpreußischem Polnischen eine dem deutschen ähnliche Bedeutung).

Gruß
Hardey

Hallo,

jein!
Ganz so einfach ist es nicht.

http://www.hubert-woelky.de/ahnen/name/suffix.htm

hier sind die Suffixe in slawische Namen schön erklärt

Gruß
Lawrence

Hallo Hardey,

Also wäre Langowski der Sohn von jemanden, der aus dem Ort
eines großen Menschen kommt (falls man fahrlässigerweise
annehmen sollte, „Lang“ hätte im ostpreußischem Polnischen
eine dem deutschen ähnliche Bedeutung).

ergänzend zu dem Link von Lawrence und konkret auf den Namen „Langowski“ eingegangen, möchte ich darauf hinweisen, dass man nicht unbedingt nur ein polnisches Wort erwarten muss („lang“), sondern dass es sogar recht häufig vorkommt, dass der fremdländische Begriff (hier: das deutsche Wort „lang“) unverändert in die eigene (hier: polnische) Sprache übernommen wird und nur durch grammatikbedingte spracheigene Endungen oder lautliche Anpassungen ergänzt/verändert wird. Ein Beispiel aus einem ganz anderen Bereich: der deutsche Begriff „Kindergarten“ wurde fast unverändert als „Kindergarden“ ins Englische übernommen.

Hier also: da offenbar das Polnische keine Probleme mit der Aussprache des Wortes „lang“ hat, wurde der fremde (deutsche) Begriff unverändert in die eigene (polnische) Sprache übernommen und mit eigenen Endungen ergänzt.

Jetzt kommt natürlich noch ein ABER:

Vielleicht trennst Du (unberechtigterweise) den Namen in die (meines Erachtens falschen) Bestandteile Lang-ow-ski und siehst somit als namensverursachend den Begriff „lang“ (schließlich gibt es diesen Familiennamen ja auch im Deutschen zu Hauf).
Ich bin mir aber sicher, dass es sich um einen Herkunftsnamen für einen Einheimischen nach seiner Wohnstätte (Ortsname/Örtlichkeitsname) handelt: Langow / Lankow. Ich weise darauf hin, dass es ja auch in Deutschland etliche Orte / Örtlichkeiten gibt, die „Langau“ bzw. „Langenau“ heißen.
Dieser wurde dann um das unselbständige Suffix „-ski“ ergänzt.
Ferner kommt gerade bei Ostpreußen ja hinzu, dass dieses Gebiet doch recht lang deutschsprachig war. Somit ist es zumindest denkbar, dass es einen Ort dort gibt/gab, der zu deutschsprachiger Zeit „Langau“ / „Langenau“ oder ähnlich hieß, oder auch eine deutschsprachige Enklave in polnischsprachiger Umgebung. Gleichzeitig wäre das auch ein Hinweis, woher der erste Namensträger kam: aus Lang(en)au. Über Wiki habe ich zwar keinen entsprechenden Ort finden können, aber vielleicht sagt das nicht unbedingt etwas aus. In Westpommern gibt es einen Ort Lankow, aber der ist mir von Ostpreußen fast zu weit weg, als dass ich ihn in die engere Wahl als Namensgeber ziehen würde.

Das -ski sehe ich in diesem Fall auch nicht zwangsläufig als Verkleinerungsform (deutsch: -chen, -ke), im Sinne von „der Sohn des …“, möglich ist hier auch die Deutung als „der von…“ und somit ein Herkunftssuffix vergleichbar dem süddeutschen „-er“ (MünchnER, StuttgartER, DillingER).

Was letztlich zutrifft, muss ohnehin eine familienbezogene Forschung ermitteln.

Viel Erfolg bei Deiner weiteren Suche und einen schönen Sonntag wünscht

Alexander

Hallo Hardey,

ich nochmal.

Eben habe ich so frei von der Leber weg geschrieben, mittlerweile habe ich in meinen Namenkundebüchern nachgesehen und ich bin - wieder einmal - bestätigt worden und gleichzeitig kann ich einen erstaunlichen Aspekt hinzufügen:

In drei der vier Werke wird bei „Lang-“ darauf hingewiesen, dass dies in slawischer Umgebung auf „lonka“ geachtet werden muss. Lonka wiederum heißt „feuchte Wiese, feuchte Niederung“.
Wenn ich dieses Faktum hernehme, und weiter kombiniere,
dann erhalte ich
lonka + ow + ski

Wenn ich mir nun das -ow- hernehme und annehme, dass es sich vielleicht um eine jüngere sog. Kopferneuerung nach einem Sprachenwechsel handeln könnte, dann wäre zumindest denkbar, dass dieses -ow- aus dem deutschen „Au“ resultiert. Wir kennen das bis in die heutigen Tage: Man versteht den ursprünglichen Begriff (hier: lonka) nicht, weil man eine andere Sprache spricht und hängt daher als Verdeutlichung das Wort in der eigenen Sprache hinten dran (Au). Bei einem erneuten Sprachenwechsel wird dieser Teil dann wiederum verändert, so dass er heute als „-ow-“ erscheint.
Beispiel von heute:
Beim Fußball: Die Laola-Welle: La ola ist spanisch und heißt genau „die Welle“, somit ist es eine Tautologie, eine Doppelt-Moppelung.
Oder auch das Autobahnschild an der Salzburger Autobahn bis in die späten 1970er Jahre von den Amerikanern:
„Lake Chiemsee“ Lake = See

und auch hier diese gleiche Tautologie (Doppelt-Moppelung):

lonka - Au - ski
feuchte Niederung (slawisch) - feuchte Niederung (deutsch) - der von (slawisch aber auch niederdeutsch: -ske)

Damit ergibt sich auch eine zeitliche Einordnung: Der (Familien)Name ist in einer Zeit entstanden als das Gebiet deutschsprachig war, die Örtlichkeitsbezeichnung wurde von den deutschsprachigen Siedlern um eine Endung ihrer eigenen Sprache (-au)erweitert, da man den originären Begriff „lonka“ nicht verstanden hatte.
Damit ergibt sich eine erstmalige Verwendung dieses Familiennamens in der Zeit von 1650 bis 1750. Ich gehe davon aus, dass die ursprüngliche Namensform mit der Endung -ske endete und die Form -ski jüngeren Datums ist.

ich hoffe, Dir damit ein wenig geholfen zu haben und wünsche einen schönen restlichen Sonntag

Viele Grüße

Alexander

Danke, Lawrence,

Prima Link. Schon gespeichert.

Gruß
Hardey

Hallo Alexander,

wieder einmal hervorragende Antworten mit wertvollen Informationen. Herzlichsten Dank.

Gruß
Hardey

Hallo Lawrence,

schließe mich dem Urteil von Hardey an. Auch ich habe mir diesen äußerst nützlichen Link sofort gespeichert!

Viele Grüße und ein schönes Wochenende wünscht

Alexander