Hallo,
Ich habe keine Lust, über diesen Punkt weiter zu diskutieren.
Es entspricht meiner Meinung und Lebenseinstellung, dass ich
lieber in einem Land leben möchte, wo es keine Übergriffe auf
wehrlose Personen gibt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann,
dass es sich dabei um einen Fehler handelt. Punkt!
Das ist schön, dass das Deine Meinung ist, aber hier geht es wohl eher um die Frage, was unser Gesetz dazu sagt.
Als Rechtsanwalt gibt es zwangsläufig neben einer Meinung
einen anderen Standpunkt
Wiso als Rechtsanwalt? Ich dacht immer, Meinungen kann jeder haben…
Ob es rechtlich vertretbar ist oder
nicht.
Da Dein Standpunkt aber rechtlich nicht vertretbar ist, solltest Du nicht Äußerungen dazu treffen, was die Polizei nach geltendem Recht darf und was nicht, bzw. ob Maßnahmen rechtswidrig oder rechtmäßig waren, sondern fordern, dass das Polizeirecht geändert wird.
Aber das kann oder will ich gar nicht beurteilen.
Es gibt 2 Möglichkeiten hier:
- es ist unrechtens gewesen. Dann sollten meinem Empfinden
hier empfindliche Strafen folgen.
Strafen hängen vom grad der Schuld hab. Da Du weder die Situation noch die beteiligten Personen kennst, solltest Du Dich in dem von Dir doch so hoch gehaltenen Rechtsstaat vielleicht mit Vorverurteilungen etwas zurück halten.
- es ist rechtens. Dann gehört meinem Empfinden nach die
Gesetzeslage geändert.
Das kannst Du gerne fordern. Das war genau das, was ich oben meinte.
Als Wissenschaftler bin ich ein Mensch der
Wahrscheinlichkieten. Ich kenne die Aussage einer Zeugin
(steht weiter oben), und die lässt mich zu dieser vorläufigen
Arbeitshypothese kommen.
Dann frage ich mich, welche Wissenschaft das ist, in der aus einer einzigen Aussage ohne jegliche Kenntnis der Hintergründe der Maßnahme eine solche Schlussfolgerung gezogen werden kann.
Wie Du meiner Vika entnimmts, bin ich auch Soziologe, und solche Arbeitshyothesen würden jedenfalls in den Gesellschaftswissenschaften kaum überzeugen (geschweigen denn in Naturwissenschaften).
Du hast einfach (wie jeder hier auch) zu wenig Wissen über die Situation und bis offensichtlich an einem bestimmten Ergebnis (aus welchen Gründen auch immer) interessiert. Das reicht für kein Hypothese.
Naja, und hier hat es sich nun einmal als Fehleinsatz
herausgestellt, oder?
Darum geht es doch gar nicht! Ich hatte doch bereits zuvor erörtert, dass die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nicht davon abhängt, ob es ein richtiger oder Fehleinsatz war, sondern dies muss ex ante mit Blick auf den Zeitpunkt vor dem Einsatz beurteilt werden. Hier stellt sich die Frage, welche objektiven Anhaltspunkte es dafür gab, dass ein Einsatz richtig wäre oder nicht (der Begriff der „Anscheinsgefahr“, den ich schon zuvor dargestellt habe).
Was wäre denn die Alternative? Dass jeder Polizist, da er letztlich nie weiß, ob der Einsatz kein Fehleinsatz ist, bei jeder Maßnahme Gefahr läuft, sich strafbar zu machen (denn das wäre die Folge, wenn die Rechtswidrigkeit einer Maßnahme allein dadurch bedingt wird, dass es sich nachher als Fehleinsatz herausgestellt hat).
Die falsche Person mit übertriebener Gewalt zu verhaften, das
nenne ich einen Fehleinsatz - im übrigen auch von Ressourcen.
Liest Du eigentlich auch, wenn andere Dir etwas erklären?
Ich hatte doch bereits deutlich dargestellt, dass die Frage, ob die Gewaltanwendung übertrieben war, von dem Hintergrund des Einsatzes abhängt, den wir nicht kennen.
Und ebenfalls hatte ich schon dargestellt, dass es rechtlich völlig egal ist, ob es am Ende ein Fehleinsatz war oder nicht. Entscheidend ist lediglich, was zum Zeitpunkt der Maßnahme für objektive Anhaltspunkte vorlagen.
Und Nocheinmal: Diese kennen wir nicht! Also kann niemand feststellen, ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde oder nicht.
Es ist schon erstaunlich, wie Du Dich einerseits so massiv gegen angeblich rechtswidriges Verhalten einsetzt und gleichzeitig unter Verwerfung aller polizeirechtlichen Regelungen in unserem Land Vorverurteilungen fällst.
Was geboten ist, hängt also davon abm, wovon die Polizei zuvor
objektiv ausgehen konnte. Das wissen wir nicht und können es
daher nicht beurteilen.
Doch: das der Mann nicht die gesuchte Person war, kann es
folglich keine richtig-positive Identifikation gegeben haben,
sondern nur eine falsch-positive (fP).
Ich wiederhole mich erneut: Es spielt rechtlich keine Rolle, ob er der richtige war oder nicht. Das Polizeirecht stellt auf die gegebenen Anhaltspunkte ab und was die Polizei nachvollziehbar annehmen konnte.
Ob es Dir gefällt oder nicht. So ist unser Recht nun einmal. Und wenn Du das ändert willst, solltest Du Dir vielleicht erst mal die Frage stellen, warum das so ist und was die Folge wäre, wenn man das tatsächlich ändern würde.
Da die Sensitivität der Verfahrens hiermit fraglich ist,
müssen bessere Kriterien zur Vermeidung von fP Meldungen her.
Du weist doch gar nicht, welche Kriterien hier angewendet wurden und welche nicht. Du weist nichts über den Einsatz oder dessen Vorgeschichte. Du weist lediglich, dass der der falsche war. Und das reicht nicht aus, um den Fall zu beurteilen.
Es sollte post-hoc untersucht werden, welche Ktiterien die
durchführenden Beamten zu einer fP Identifikation veranlasst
hat. Auch ob diese Kriterien ausreichend gewesen sind.
Na also! Es geht doch! Genau so funktioniert es auch. Und der Betroffene kann auch genau dieses im Nachhinein gerichtlich feststellen lassen (sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage, die auch Grundlage für einen Schadenersatzansspruch sein kann). Dort wird dann geprüft, ob es genügend Anhaltspunkte dafür gab, den Einsatz überhaupt und so, wie er abgelaufen ist, durchzuführen. Das Gericht kann dann nach Untersuchunug des Falles - und in Kenntnis vieler Fakten, die wir nicht haben! - über Rechtmäßigkeit oder Rechtswdidrigkeit entscheiden. Wir können es mit den paar spärlichen Informationen nicht.
Daneben - im Sinne eines Opferschutzes - sollte diskutiert
werden, ob eine fP identifizierte Person nach einem
gewaltsamen Übergriff nicht schnellstmöglich und ohne selber
recherchieren zu müssen durch die Einsatzleitung informiert
und mindestens mit einer Entschuldigung entschädigt wird.
Nun, das kann die Verwaltung diskutieren. Der Personen steht jedenfalls der gerichtliche Weg offen, dies zu überprüfen und ggf. Schadenersatz zu fordern. Zugleich kann sie auch bei Annahme eines rechtmäßigen Einsatzes eine Entschädigung verlangen.
Braucht es noch mehr?
Das sollte in jedem verantwortungsvolllen Beruf so
durchgeführt werden.
Ja, wie gesagt. Die Polizei muss sich da selbst Gedanken machen und das klingt auch nachvollziehbarm, was Du sagst. Hier ging es aber bisher primär um die Rechtslage.
Nämlich keine Gewalt gegen wehr- und arglose Personen
durchzuführen.
Diesen Grundsatz gibt es nicht.
Und wie es den gibt: er ist mir quasi zu eigen.
Schön, aber wir reden hier eigenlich von Grundsätzen des Polizeirechts, weil es um die Frage ging, ob der Einsatz rechtmäßig war oder nicht, bzw, ob wir das überhaupt beurteilen können.
Ich kann Dir leider keinen Paragraphen nennen, wo er
schriftlich nieder gelegt ist.
Was daran liegt, dass es keinen gibt.
Und über die passive Gewalt durch das Anlegen von Handschellen
mag ich auch nicht diskutieren.
…äh, und was soll mir das jetzt sagen?
Das Polizeirecht steht nun einmal unter dem Prinip der
„Effektivität der Gefahrenabwehr“. Was das in der konkreten
Situation bedeutet und bedingt, ist jeweils konkreten zu
beurteilen. Wir wissen es nicht und können das daher nicht.
Das betrifft dann auch die Gefahr, mittags ein Bier trinken zu
wollen und von hinten angegriffen zu werden.
??? Was soll mir das jetzt sagen?
Wenn man einen solchen Grundsatz aufrecht halten möchte,
sollte die Gefahr einer fP Meldung minimiert oder
ausgeschlossen werden.
Ausschließen kann man das nie. Und wer sagt, dass es nicht minimiert wird. Ich weiß es zwar nicht, aber ich habe einfach keine ausreichenden Informationen hierzu. Darum allein geht es. Wir können es hier nicht beurteilen.
Denn persönlich hasse ich den Begriff Kollateralschaden (und
finde ihn zynisch und menschenverachtend).
Über die Angemessenheit des Begriffs kann man gerne streiten und es ist ja nun auch wahrlich kein Begriff, den unser Gesetz verwendet. Aber dass durch Exekutivmaßnahmen auch unschuldige getroffen werden, war schon immer so und wird immer so sein. Wie ich dargelegt habe, haben diese Personen die Möglichkeit, vor Gericht zu gehen. Ob die Polizei im Vorfeld, insbesondere hier, sorgfältig genug arbeitet, kann ich nicht beurteilen. Aus diesem Fall kann man es jedenfalls mit den wenigen Informtionen weder in die eine, noch in die andere Richtung schließen.
Natürlich mögen sog. Polizeikessel real erlaubt sein. Es
überascht mich als Psychologe nicht, dass die Handlungsweise
von eingekesselten Personen nicht mehr vernunftgefärbt ist
(Stichworte: „Fight or Flight“, Cannon 1919, 1924). Die
Eskalation ist durch das Verhalten der Polizei unvermeidlich.
Dies ist z.B. ein psychologischer Mißstand, und als Experte
auf diesem Gebiet darf ich dies zu bedenken geben.
Und diese Kritik wurde ja auch schon von anderen erhoben und ist nicht unbekannt und nachvollziehbar.
Prinzipiell kann die Rechtmäßigkeit des Vorgehens nicht
ausgeschlossen werden, so dass es einer Beurteilung im
Einzelfall bedarf. Mangels Kenntnis wissen wir es nicht.
Wie gesagt, dass will ich auch gar nicht beurteilen.
Naja, das hast Du aber oben mehrfach behauptet.
Ein
Fehler war er aus meinem dafür durch die fP Identifikation.
Wie gesagt, dass hat mir der Rechtmäßigkeit nichts zu tun. Hier kommt es auf die vorliegenden Anhaltspunkte an, wir hatten das schon.
Es ist auch ein Fehler, wenn es eine falsche Alarmierung im
Krankenhaus gibt. Schlimmer kann hier aber eine falsche
Auslassung sein. Deswegen gilt die falsche Auslassung in der
Signalentdeckungstheorie als der gravierendere Fehler.
Wir reden hier aber über die Rechtmäßigkeit eines Polizeieinsatzes und das ist eine rechtliche Frage und keine psychologische.
Aber bei einem Polizeieinsatz - angesichts der möglichen
Konsequenzen (Du schreibst ja als Experte, dass es durchaus
möglich ist, dass die falsche Zielperson unter Umständen vor
dem Gesetz durchaus verletzt werden darf) - sollte darüber
nachgedacht werden (wenn die Polizei nicht im Stande ist, hier
anders vorzugehen), ob nicht die fP Meldung die gravierendere
ist.
Dann mache einen Vorschlag, wie man das polizeirechtlich fassen kann. Bin für alles offen.
Es ist nicht in Ordnung, wenn eine fP identifizierte Person
von einer Spezialeinheit gewaltsam überwältigt wird. Es ist
mehr als wahrscheinlich, dass im Vorfeld hier nicht genug
getan worden ist, um das zu verhindern.
Noch einmal. Mangels Informationen kann man hier überhaupt keine Aussage treffen. Allein die Tatsache, dass es die falsche Person war, kann das keinesfalls bedingen. Hier ist wirklich etwas mehr Objektivität gefragt.
Dieses Vorgehen beharrlich zu verteidigen,
Es wird lediglich verteidigt, dass man den Fal mit den wenigen Informtionen nicht beurteilen kann. Das hat nichts damit zu tun, die Maßnahme selbst zu verteidigen.
anstelle ein nicht
ganz ausgereiftes System zu verbessern,
Wo genau ist das System nicht ausgereift. Das sind völlig pauschale Urteile anhand spärlichster Informationen. Da sollte schon deutlich mehr kommen.
wird dazu führen, dass
die Haltung der Bevölkerung gegenüber der Polizei sich weiter
verschärfen wird.
Persönlich erinnert mich das Verhalten an das eines kleinen
Kindes, was etwas falsch gemacht hat, aber es nicht zugeben
möchte. Oder ein kleines Kind, dem man sein Spielzeug
wegnehmen möchte. Dieses Verhalten immer wieder bei
erwachsenen Menschen zu beobachten halte ich für schwierig.
Und wieder einmal: Wir können den Fall nicht beurteilen und daher auch nicht sagen, ob das kleiner oder große Kind etwas falsch gemacht hat, auch, wenn einer von uns beiden daran anscheinend ein erhebliches Interesse hat.
Gruß
Dea