Komma- und Rechtschreibfehler als Kunst?

Hallo!

Ist die wahllose Verwendung von Kommas und Groß- und Kleinschreibung anerkannter Kunststil? Oder kreiert hier jemand eine neue Kunstrichtung?

Lest und erklärt mir!

Hanna

Oh, Seele
von Erika Bauer

Oh, Seele
wie schwer bist du!
So, schwer, um Dich ganz zu fassen.
Gefangen, in Deiner Traurigkeit
willst Du selbst ertrinken.
Das Blatt, des Baumes
deckt Dich zu
du frierst, Dir ist so kalt,
Du sehnst Dich
nach den ersten Sonnenstrahlen.
Traurig bist Du!
sehr traurig
das Becken in dem du schwimmst ist voll mit Wasser
Alles, ist überschüttet und voll
wo, ist dein Weg?
Ist, er noch fern?
Kannst, du mir helfen?

Hallo Hanna,

ob’s neuer Stil oder gar neue Richtung ist, weiß ich nicht, aber mein erster Eindruck ist ganz positiv (vermutlich entgegen deinem Gefühl). Die Kommata stehen doch wohl für gedankliche Pausen, die die Schwere (Zeile 2 etc.) betonen sollen. Gedankenstriche würden m. E. wohl dilettantisch aussehen, schätze ich (weil ZU schwer), so aber wird der Lesefluss einigermaßen diskret und dennoch gewollt unterbrochen.

Es erinnert mich ein bisschen an Jandl (naja, nicht ganz treffend und das wäre wohl doch zu hoch gegriffen, denn der Text selbst gibt aus meiner Sicht nicht ganz so viel her wie dieses Stilmittel, denke ich.

Gruß

Bona

Hallo Hanna

jede Kunst folgt einer bestimmten Regel. Die Freiheit des Künstlers liegt darin, sich selber die Regeln auszusuchen.

Bei Interpunktion denke ich da auch an Arno Schmidts „ZETTEL’S TRAUM“
(http://de.wikipedia.org/wiki/Zettels_Traum)
Er verwendet Interpunktion und Layout fast schon eher im Sinne von bildender Kunst denn als Literatur. Sonst wäre es kaum nötig, dass der Autor auf A3-Faksimile-Ausgaben seines Werkes besteht.

Ob nun Erika Bauer sich bewusst gegen Korrekturvorschläge eines Lektors wehrt weiß ich nicht. Ich kann hier auch keine besondere Regel erkennen, die der Freiheit der Künstlerin entsprungen wäre.

Der Freiheit der Kunst gegenübergestellt wird die Freiheit des Kunstrezipienten, einen gewissen Kunststil als solchen anzuerkennen oder eben auch nicht.

Also: Was Dir gefällt, weißt Du selbst am besten. Da kann Dir niemand etwas vormachen.

Viele Grüße
Stefan