Eine realistische Einschätzung der Situation!
Einige Ministerien lassen sogar heute noch neue Gebäude bauen
(die örtliche Bauwirtschaft freut sich).
Ausschreibungsrecht ist nicht gerade deine Stärke?
Untersuchungen haben ergeben, dass mehrheitlich die regionale
Baubranche Ausschreibungen gewinnt.
Oh Gott, woher kann das bloß kommen? An den Fahrt- und
Übernachtungskosten für die Mitarbeiter kann das ja wohl nicht
liegen, oder?
Warum sagst du mir das?
Weil Du offensichtlich irgendwelche seltsamen
Schlußfolgerungen aus dem Umstand, daß häufig lokale
Unternehmen bei Ausschreibungen den Zuschlag bekommen, ziehst.
Lieber exc,
bitte beachte doch den Diskussionsverlauf. Hawethie hatte mir vorgeworfen, nichts von Ausschreibungsrecht zu verstehen. Ich habe das so interpretiert, dass ja von einer Ausschreibung einer Bauleistung in der Stadt Bonn nicht unbedingt lokale Unternehmen profitieren müssen. Denn an den Ausschreibungen können sich ja idR Unternehmen aus der ganzen EU beteiligen. Doch unter anderem aus den von dir genannten Gründen ergibt sich in der Praxis meist ein Vorteil für regionale Unternehmen. Die Schlussfolgerung ist, dass der Neubau von Ministerien im Jahre 2006 der Region Bonn erhebliche Vorteile bringt - und das obwohl mit einem Komplettumzug nach Berlin in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten zu rechnen ist. Auch in der Presse wurden die Bauvorhaben teils stark kritisiert, natürlich ohne Folgen.
Daher die großen Widerstände im Rheinland gegen den Umzug. Ist
aber trotzdem kein Argument, da könnte ich auch fordern, dass
die Bundesregierung nach Mecklenburg umzieht, damit die
dortigen Arbeitslosen wieder bessere Chancen haben.
Da muß ich wohl den Passus in der Verfassung übersehen haben,
daß die Hauptstadt dort zu errichten ist, wo es die höchsten
Arbeitslosenquoten gibt.
Erneut frage ich mich, wem du das sagst.
Demjenigen, der eine unsinnige Forderung in den Raum gestellt
hast.
Eine Formulierung wie Da könnte ich ja gleich dieses und jenes vorschlagen bedeutet, dass man auf eine unsinnige Forderung mit einer ähnlich unsinnigen Forderung antwortet. Hawethie meinte, es dürfe keinen Umzug nach Berlin geben, da die Bonner Handwerker wirtschaftliche Verluste zu verzeichnen hätten durch den Abzug der Kaufkraft. Ich sage, dass man auf soetwas keine Rücksicht nehmen kann, auch wenn es keine schöne Sache ist, wenn ein Handwerker in Bonn arbeitslos werden sollte. Dies entspricht in etwa deiner Argumentation.
Natürlich würde Bonn
Kaufkraft verlieren, dafür gab und gibt es den Ausgleich.
Ausgeglichen werden Privilegien, die andere Regionen nie
hatten.
Ausgeglichen werden mehr oder weniger schlagartige Verluste an
Steuern und Kaufkraft, die andere Regionen nie erleben mußten.
Ein Ausgleich für schlagartige Verluste mag nachvollziehbar sein oder nicht. Es ging mir um zukünftige Planungen. Berlin ist nunmal Hauptstadt, warum sollen auf Dauer in Bonn mehr Beamte sitzen als in Berlin?
Richtig, und ich bin nicht dafür, dass wir uns daneben noch
eine teure „Bundesstadt“ leisten.
Was ist denn eine Bundesstadt?
Ein offizieller Titel, damit die Bonner nicht denken müssen,
sie lebten in einer ganz normalen Stadt wie Castrop-Rauxel
oder Lüdenscheidt.
Hast Du auch ein Problem damit, daß Düsseldorf
Landeshauptstadt ist?
Nein, denn NRW braucht wie jedes Bundesland einen Regierungssitz. Ob das nun Düsseldorf oder eine andere Stadt ist, muss das Land selbst entscheiden. Komischerweise kann sich NRW nur eine Landeshauptstadt leisten. Der Bund leistet sich de facto zwei Hauptstädte.
Glaub mir, was einmal nach Berlin gezogen ist, wird nicht so
schnell zurück nach Bonn gehen.
Du meinst außer den Leuten, die pendeln, was Du ja - wenn ich
mich recht entsinne - auch nicht ganz so gut findest.
Wen sprichst du an? Ich sage, in einer Zeit, in der Tausenden
fern von ihrer Heimat eine Arbeit annehmen müssen, weil es zu
Hause nichts gibt, sollten sich die gut versorgten,
unkündbaren Beamten nicht auf derartige Weise gegen einen
Umzug nach Berlin wehren.
Jeder wehrt sich gegen einen Umzug, wenn er diesen nicht will.
Schon die Verlagerung des Arbeitsplatzes von nur einem
Kilometer führt zu Protesten und monatelangen Verhandlungen.
Wieso gehst Du davon aus, daß das bei Mitarbeitern
Bundesbehörden und -ministerien andere Maßstäbe anzulegen
sind?
Klar, du hast vollkommen Recht. Ich finde es auch nicht schön, dass meine Arbeitsstelle 450 km von meiner Heimat entfernt ist. Aber ich weiß, wie schwer es ist, eine solche Arbeitsstelle zu finden. Ich bin froh, diesen Job zu haben, und ich jammere nicht. Jemand, der versetzt werden soll, wird das nicht einfach hinnehmen, und das ist auch gut so. Arbeitnehmer (auch Beamte/Soldaten) sind keine Verfügungsmasse, die man einfach verschieben kann. Aber was ich nicht verstehen kann, ist das Gejammer. Wer sich in der Bundesverwaltung auskennt, wird diejenigen kennen, die persönlich beleidigt sind, weil ihr Arbeitsplatz in drei jahren nach Berlin verlegt werden soll. Die Folge ist die innere Kündigung bzw. Dienst nach Vorschrift. Ich kann das nicht näher erläutern, aber deren Kolleginnen und Kollegen, die schon mehrfach Arbeitsorte wechseln mussten, sind immer wieder entsetzt über dieses Anspruchsdenken.
Ob jemand privat dann am WE nach
Hause fährt, oder gleich seinen Lebensmittelpunkt nach B
verlegt, oder sich eine Stelle in der freien Wirtschaft im
rheinland sucht, ist jedem seine Sache.
Glaubst Du, daß es unüblich ist, daß Mitarbeitern, deren
Arbeitsort sich ändert, Vergünstigungen geboten werden? Wenn
ja: Du irrst.
Umzugskostenhilfen und andere temporäre Übergangshilfen für diejenigen, die froh über ihren Arbeitsplatz sind und nach Berlin gehen, habe ich überhaupt nicht kritisiert.
Was ist eigentlich Dein Anliegen? Außer einigen
Herabwürdigungen der betroffenen Menschen
Ich würdige die betroffenen Menschen nicht herab, ich kann sie bis zu einem gewissen Punkt verstehen. Aber wer meint, er hätte einen Anspruch auf einen gut bezahlten, unkündbaren Job, direkt vor der Haustür, und zwar für die nächsten 20 Jahre, der würdigt diejenigen herab, die für ihren Arbeitsplatz kämpfen und hohe persönliche Einschränkungen hinnehmen müssen.
und der Stadt Bonn
Die OB der Stadt Bonn versucht natürlich für ihre Stadt das Beste herauszuholen. Aber man würde auch nicht den Club der Ferraribesitzer entscheiden lassen, ob es auf deutschen Autobahnen ein Tempolimit geben sollte.
habe ich bisher in Deinen Texten lesen können.
Mein Anliegen: Es muss langsam gut sein mit den Wohltaten für Bonn. Es hat einen Ausgleich gegeben, der die Verluste wahrscheinlich doppelt und dreifach ersetzt hat. Berlin ist nunmal Hauptstadt, und Bonn solle mal auf eigenen Füßen stehen lernen.
Viele Grüße
Ultra