kleines deterministisches Gedankenmodell
ein Mensch hat einen Gedanken,
also einen Impuls im Gehirn.
unter ganz bestimmten Umständen löst dieser Impuls einen neuen
bestimmten Gedankenimpuls bzw eine bestimmte Handlung aus und
so weiter und so fort.
Wenn man die kausalgesetze des gehirns und die äusseren
Reizquellen kennt, kann man von einem gedanken ausgehend den
gesamten Gedankengang, sowie die handlung des Menschen
vorraussagen.
Weitergedacht könnte man ebenso die Handlungen anderer
menschen und die äusseren abläufe nach den Kausalgesetzen
voraussagen.
weiter gedacht könnte man die vorausgesagten Handlungen
einzelner Menschen miteinander in Beziehung bringen und den
Ablauf eines ganzen Systems voraussagen.
Das heisst: wenn man eine riesige Fülle von Informationen hat,
die kausalgesetze kennt und die nötigen Kapazitäten und Mittel
hat diese Informationen zu verarbeiten kann man rein
theorethisch eine exkte Voraussage für die Zukunft der Welt
erstellen, vorausgesetzt man befindet sich selber ausserhalb
des Systems.
So dachten es sich viele. Oft wird auf Laplace verwiesen, der die Ansicht vertrat, dass prinzipiell die Kenntnis des gegenwärtigen Zustandes der Welt (inklusive aller in ihr befindlichen Gehirne mit ihren Gedanken, die nur Bilder mechanischer (im weitesten Sinne) Vorgänge seien) ausreiche, um den weiteren Verlauf bis in beliebig ferne Zukunft und ebenso die Vergangenheit zu berechnen.
Dabei weise ich auf zwei Dinge hin: 1) Es gibt keinen Beweis dafür, dass die Welt sich kausal verhalte. Wir schließen dies aus Erfahrung, aber solche Induktionsschlüsse sind nicht zu rechtfertigen, sondern Glaubenssache.
2) Es gibt echtes Chaos (genaugenommen ein Glaube wie die Behauptung, es gebe keines.) Spätestens auf der Quantenebene macht die Unschärferelation den Deterministen einen Strich durch die Rechnung.
In vielen Jahren könnte so eine Vorausschau doch tatsächlich
möglich sein, wenn man sich die wissenschaftliche Entwicklung
anschaut.
Und nun das entscheidende:
Wird nicht spätestens dann das Ende der Menschheit kommen,
wenn der Mensch weiss, das seine intimsten Gedanken gelesen
werden können, und wenn er sein ganzes leben selber wie ein
Buch lesen kann?
Siehe den Thread „Können die Menschen einander verstehen?“ Eine Beschreibung zu lesen oder zu hören, heißt noch lange nicht, sie auch zu verstehen.
Was lohnt es sich zu leben, zu hoffen, zu lieben, zu streben,
wenn sowieso schon alles entscheiden und druckreif ist?
Wenn alles vorherbestimmt ist, und deine Gefühle des 3.7.2015 um 22:15 jetzt schon feststehen - was macht das für einen Unterschied? Versuche doch nicht weiter zu leben, zu hoffen, zu lieben oder zu streben, und begründe es dir damit, dass du ja doch nichts bestimmen kannst: du würdest dir irgendwie blöd vorkommen, denn es ist doch nicht zu glauben, dass alles schon festliege. Die Illusion des freien Willens ist unsere hartnäckigste. Seine Unfreiheit kommt aber nicht vom physikalischen Determinismus, den wir hier verhandeln.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Liebe Grüße, Tychi