Konjunktiv 'gehen'

Hallo zusammen,

äh… ich habe da mal eine ganz dumme Frage:

Laut Duden, Canoo.net, Leo etc. ist der Konjunktiv von „gehen“ „ginge“.

Das klingt mir auch nicht falsch, aber ungebräuchlich. Mir liegt sehr viel leichter „gänge“ auf der Zunge.

Ist das nur ein baierischer Regionalismus? Oder eine heute ungebräuchliche alte Form des Konjunktivs für dieses Verb (vergleichbar mit „buk“ für „backte“)?

Im Duden finde ich zwar einen Eintrag „gäng“, allerdings mit Verweis auf die feststehende Regewendung „gang und gäbe“ = „gäng und gäbe“ (was ich wiederum noch nie gehört habe; die zweitere Variante; aber sei’s drum).

Vielen Dank für Eure Auskünfte

Gute Nacht wünscht

Alexander

Moin,

Ist das nur ein baierischer Regionalismus?

mag sein, hier im Rheinland kenne ich es nicht.
Hier ginge es oder besser jesacht, jinge.

Gandalf

Hallo Alexander,
Wenn’s nach uns Sachsen ginge , hieße es ginge. Heeßt’s ooch… „Gänge“ hab ich bisher noch nie als Konjunktiv vernommen.

Vielleicht ist es nur eine Analogiebildung zu irgendeinem anderen Verb.

Gruß,

  • André

Hallo,

könnte das sich evtl. auf Schmeller Bd. 1 Spalte 921 beziehen (auch wenn es dort nicht explizit als Konjunktiv bezeichnet wird)?

Hier hoffe ich auf Kreszentia und Nastaly. Wahrscheinlich ist es wirklich nur baierisch…

Gute Nacht zusammen und viele Grüße

Alexander

Hallo, Alexander,

könnte das sich evtl. auf Schmeller Bd. 1 Spalte 921 beziehen
(auch wenn es dort nicht explizit als Konjunktiv bezeichnet
wird)?

auf welchen Abschnitt dieser Spalte http://daten.digitale-sammlungen.de/0000/bsb00005026… beziehst Du Dich?

Bei Grimm ist unter „gehen“ 2) c) zu lesen:

aber auch gang für gieng; man hört es z. b. in Sachsen hie und da, daher selbst bei Lessing, _ im conj. _: nicht weil es mir jezo eben schlecht in Berlin gänge, sondern weil ich es ihnen versprochen habe […]
auch appenz. i gäng _ conj. _ …, bair. i gang, stand, gienge, stünde

Mir ist nur der bairische Konjunktiv „g a ng(ad)“ geläufig, wie auf http://de.wikipedia.org/wiki/Bairische_Dialekte#Unre… dargestellt:

Konjunktiv Singular Plural
1. Person i gàng(ad) mia gànga(d)n
2. Person du gàng(a)st eß gàng(a)ts
3. Person er gàng(ad) se gànga(d)n

Dort wird übrigens in der Verwendung von „gäng(e)“ der Versuch gesehen, den standarddeutschen Konjunktiv II zu bilden:

Das Verb gê ist ein besonderer Fall: […] zum andern ist der Konjunktiv „i gàng(ad)“ eine bairische Eigenbildung. Bairische Schüler sind deshalb beim Erlernen des standarddeutschen Konjunktivs II oft der Meinung, zu „gehen“ laute dieser „gänge“ anstatt „ginge“.

Gruß
Kreszenz

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nördliches Saarland
Hallo Alexander,

in meiner Heimat ist der Konjunktiv-Stamm von gehen ebenfalls gäng, mit den Formen
gäng
gängscht
gäng
gängen
gängt
gängen

Es wird auch im irrealen Bedingungungssatz statt der Formen von würde benutzt:
Was würdest du denn tun? -> Wat gängscht dau da maachen?

Es gibt lokale Aussprachevarianten; das /ä/ wird unterschiedlich lang gesprochen und kann auch zu einem /e/ unterschiedlicher Länge tendieren.
Leider kann ich Dir nicht sagen, ob dies für das gesamte moselfränkische Gebiet gilt.

Grüße
Pit

hi,

zunächst ergänzung: konj. I von gehen ist „gehe“
er sagt, er gehe …

dann: bei uns (westöst.; Vorarlberg, Tirol):
das gäng scho … also V-dialektal „gäng“
des gangat scho … also T-dialektal „gäng“ (a ist in T eine art umlaut)

m.

Hallo Kreszentia,

so wird es sein. Dass wir Bayern aus einem gesprochenen „gangad“ ein falsches Hochdeutsches „gänge“ zu machen versuchen. Ich habe überlegt und Du hast recht: gesprochen ist es ausschließlich „gangad“, aber das würde ich eigentlich nicht schreiben. …

Vielen Dank für Deine wie immer kompetenten Antworten.

Viele Grüße

Alexander

Hallo, Kreszentia,

Wie immer informativ und ausführlich:smile:

Aber natürlich ist das nicht nur auf Bayern beschränkt.
Unter dem Stichwort „österreichischer Konjunktiv“ findet man mittlerweile Abhandlungen. Das ist mehr als Grammatik, das ist Lebensgefühl:smile:

Der Konjunktiv ist die Möglichkeitsform; also was nicht wirklich ist, aber unter gewissen Voraussetzungen wäre oder sein könnte. Also: Könnte, hätte, würde, - soitat, mochat, warat, hättat, tätat, (und eingefügt von mir:gangat); Man kann sagen, der Konjunktiv ist die österreichische Form der Wirklichkeit. (Zitat:Gunkl)

Herzlichen Gruß, Maresa

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Hallo Alexander,

wie Kreszentia es bereits anführt,darstellt, so kenne ich es auch aus der Praxis:
„găng(at)“ (nasallaut)

Gruß
Nastaly

Hallo Kreszentia,

könnte das sich evtl. auf Schmeller Bd. 1 Spalte 921 beziehen
(auch wenn es dort nicht explizit als Konjunktiv bezeichnet
wird)?

auf welchen Abschnitt dieser Spalte
http://daten.digitale-sammlungen.de/0000/bsb00005026…
beziehst Du Dich?

auf das Lemna „gäng, gängig“ (auch wenn das dort Geschriebene sich NICHT auf den Konjunktiv bezieht - sonst wäre es ja klar).

Mir ist nur der bairische Konjunktiv „g a ng(ad)“ geläufig, wie
auf
http://de.wikipedia.org/wiki/Bairische_Dialekte#Unre…
dargestellt:

klar, mir auch, aber halt in der gesprochenen Sprache - und bei der Form „gänge“ - die ja ganz offensichtlich falsch ist - ging es mir um die geschriebene Sprache. Wie Du ja zitierst, ist es ein Versuch der Verhochdeutschung einer Form aus dem Baierischen.

Dort wird übrigens in der Verwendung von „gäng(e)“ der Versuch
gesehen, den standarddeutschen Konjunktiv II zu bilden:

Das Verb gê ist ein besonderer Fall: […] zum andern ist der
Konjunktiv „i gàng(ad)“ eine bairische Eigenbildung. Bairische
Schüler sind deshalb beim Erlernen des standarddeutschen
Konjunktivs II oft der Meinung, zu „gehen“ laute dieser
„gänge“ anstatt „ginge“.

Meine Frage ist damit allumfänglich beantwortet, wofür ich mich nicht nur bei Dir, Kreszentia, bedanke, sondern auch bei allen anderen.

Ein schönes Wochenende wünscht

Alexander

Grüß Euch,
die Tirolerischen Dialekte gehören bis auf wenige Ausnahmen zu den bairischen (südbairischen Dialekten). Häufig wird an der Stelle ein helles „a“ gesprochen, wo im Schriftdeutschen ein „ä“ steht. Das ist aber net überall so. Mir fällt da das Wort „mägerer“ im Südtirolerischen ein. Die Steigerung von „mager“ wäre wohl „magerer“ wird aber im Südtirolerischen mit deutlichem „ä“ gesprochen z.B. „Di Nandl isch mägrer gwortn“. Wie weit diese Form in Nordtirol bekannt ist, weiß ich net. Im Raum FFB (Oberbayern) wäre es aber „mogara“.
Ein weiteres Beispiel ist die tirolerische Wortform „di Schäln“ für hochdeutsch „die Schalen“. Trotzdem heißt es dort „Kaas“ und „gangat“ mit hellem „a“. Das nur als Ergänzung zum Umlaut.
Servus,
Roland

des gangat scho … also T-dialektal „gäng“ (a ist in T eine
art umlaut)