Kosten Ausnüchterungszelle BaWü Stuttgart

Hallo Wissende,

wir haben einen Bekannten, er ist Alkoholiker und nach Verlust seines Führerscheines mit Bus und Bahn unterwegs. Nun wurde er zweimal nachts an div. Haltestellen (auf der Bank eingeschlafen) von der Polizei aufgegriffen und in eine Ausnüchterungszelle gebracht. Morgens durfte er dann wieder gehen.

Er hat jeweils eine Rechnung bekommen (130 EUR pro Nacht) und hat die Rechnungen nicht bezahlt. Nun hat man sein Konto, er hat quasi kein Geld drauf und seinen Kreditrahmen (6000 Euronen) ausgeschöpft. Könnte also mit Ach und Krach nach Erhalt seiner nächsten Rente, die Forderung bezahlen, wenn er denn an sein Konto herankommen würde.

Was mich jetzt interessieren täte: Ist die Polizei berechtigt, einen schlafenden alkoholisierten Menschen einfach mitzunehmen und einzusperren. Er hat ja nicht randaliert! Ist es gerechtfertigt, dafür eine Rechnung zu stellen und bei Nichtbezahlung das Konto zu sperren?

Viele Grüße von Irmgard

Besser in Recht verschieben lassen, da das keine medizinische Frage ist, aber eine offenbar hilflose Person in Gewahrsam zu nehmen ist eine der Pflichten der Polizei, da sie neben Straftaten auch gegen Eigen- und Fremdgefährdung vorzugehen hat. Theoretisch könnte ihm auch eine Anzeige ins Haus flattern wegen vorsätzlichem Herbeiführen eines Vollrauschs… Und die Kontopfändung ist des weiteen erst nach einem längeren Verfahren drin, sprich Mashnbescheid, Vollstreckungsbescheid und so weiter, die euer Bekannter sämtlich ignoriert hat. Oder ist das Koto nicht gepfändet, sondern nur bis zum Anschlag überzogen?

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Hallo Irma,
das sind natürlich unglückliche Umstände.
Dummerweise selbst herbeigeführt.
Ich kann mich nur auf die Auslegung von Wikipedia berufen.
Im Prinzip müsste erstmal geprüft werden, ob Angehörige/Bekannte/Freunde sich der Notsituation annehmen können. Oder Ärzte und Krankenhäuser .
Aber da das ja nach deiner Beschreibung schon wiederholende Formen angenommen hat, besteht da offenbar die Notwendigkeit, den Menschen einzukassieren, um ihn vor möglichen Angriffen zu schützen.
Kann man ihm einen Sozialarbeiter nahe legen?
Mao

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Hallo @Maoming uns @Armin_Diedrich,

danke für Eure Antworten. Armin, wenn Du der Meinung bist, der Artikel gehört ins Rechtsbrett, kannst Du als Mod das bitte verschieben.

Wir kennen ihn schon seit 40 Jahren, da war er ein lieber Mensch und ich kann nicht genau sagen, wann er alkoholkrank geworden ist. Er hat keine Angehörigen und wir haben zwar einen Schlüssel zu seiner Wohnung, aber als Außenstehende keine Rechte.

Das Konto ist nach seinen Angaben bis zum bewilligten Kredit überzogen und seine Karte ist bei dem Versuch Geld abzuheben, eingezogen worden. Das Konto ist irgendwie von Karlsruhe gesperrt worden. Ich denke schon, daß er zu den Rechnungen auch noch Mahnbescheide bekommen hat, aber er erzählt, daß er seinen Briefkasten nicht leert und der Postbote bei Überfüllung die Post wieder mitnimmt.

Ich könnte ihm natürlich mit Geld aushelfen, aber das mache ich nicht. Im März d.J. hat er gesagt, daß er dringend benötigte Medikamente (300 Eur) nicht kaufen kann und da habe ich ihm das Geld gegeben. Auf meine Nachfrage, ob er das Medikament geholt hat und wie es heißt, hat er mir den Namen vorgelesen. Ich habe gegoogelt und festgestellt, daß das Medi gerade mal 60 Eur kostet und den Rest hat er wahrscheinlich verflüssigt! Deshalb bekommt er auch nichts mehr.

Jetzt kommt auch noch dazu, daß seine Mietwohnung total vermüllt ist. Wir haben ihn Mitte des Jahres mal abends nach Hause und in seine Wohnung gebracht, weil er zu stark alkoholisiert war, um mit Öffis zu fahren. Da hat uns der Schlag getroffen, die Wohnung ist total zugemüllt und es gibt keinen Millimeter ohne. Weil er alles auf den Boden wirft, Essensreste, verkackte Hosen, Schriftliches, Topfe, Gläser, leere Flaschen stinkt es fürchterlich. Wir haben ihm angeboten, daß wir versuchen, den Müll zu entsorgen. Erst hat er gesagt, das wäre ein Eingriff in seine Persönlichkeit, aber dann waren wir doch 3x da und haben ca. 20 Säcke Müll entsorgt und kistenweise Flaschen. Und … es sah immer noch aus, als ob nie was gemacht worden wäre. Wir sind jetzt auch nicht mehr dort gewesen, weil ich krank geworden bin und auch weil wir mit der Situation total überfordert sind.

So, das ist aber jetzt lang geworden. Danke fürs Lesen.

Schöne Grüße von Irmgard

Hi, habt Ihr schonmal versucht den sozialen Dienst Eurer gemeinde, Stadt, Kommune, einzuschalten?


Die sind nicht nur in den da geschilderten Angelegenheiten tätig. ramses90

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Hallo @ramses90,

danke für Deine Antwort. Ich habe doch schon geschrieben, daß wir dazu kein Recht haben - er ist nicht mit uns verwandt oder verschwägert.

Grüße Irmgard

Es gibt Dinge, auf die man auch Einfluß nehmen kann ohne verwandt zu sein. Beispielsweise Anregung einer Betreuung. Und soziale Dienste kann man ebenso auf Notistuationen aufmerksam machen ohne daß Verwandtschaft erforderlich ist.Aber da das Leben offenbar völlig aus der Spur geraten ist, ist das mit der polizei eines der kleinsten Probleme. Ihn wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Zwangsräumung der Wohnung bevorstehen, die Miete kann er ja wohl auch nicht bezahlen…

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Beispielsweise Suchtberatung der Caritas: da heißt es explizit: „Sorgen um betroffene Freunde“, also nix mit Verwandtschaft als Voraussetzung

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Danke @Armin_Diedrich,

das habe ich auch schon gelesen, die Charitas Stuttgart hat auch ein Hera-Team, das bei vermüllten Wohnungen einspringt. Das muß aber vom Sozialamt beantragt werden. Ich glaube, seine Rente ist zu hoch (Miete u. dgl. werden ja abgebucht?? (und den Rest versäuft er), daß da was zu machen ist. Und dann käme noch dazu, daß er selbst einverstanden wäre.

Grüße Irmgard

Wenn es so weit ist daß die Karte einbehalten wird und irgendein Gläubiger Kontopfändung beantragt hat gehen auch die Daueraufträge nicht mehr raus.

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ja wahrscheinlich!!

Man kann davon ausgehen, daß im nicht geleerten Briefkasten dann auch schon der eine oder andere unfreundliche Brief des Vermieters inklusive fristloser Kündigung des Mietverhältnisses zu finden ist. Die Geschichte mit der Polizei ist im Vergleich damit so, wie wenn man einem Ertrinkenden einen Eßlöffel Wasser über den Kopf gießt…

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Nur eine Ahnung:
Besagter Mensch verweigert Hilfe von aussen?
Das macht es schwierig.
Bei uns ist die Kirche noch ein stressfreier Anhaltspunkt.
Psychologische Hilfe verweigert er?
Vielleicht musst du ihm das Messer mal auf die Brust drücken.
„Hier hast du Adressen. Kümmere dich, weil ich dein Problem nicht mehr tragen kann“!!!
Ich wünsche dir Kraft!
Mao

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Man kann sinnvoll wirklich nur eines machen: sich so weit wie möglich distanzieren. Wenn jemand erst in die Gosse muß, um sich Hilfe zu suchen, dann muß das geschehen.

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Ja, Du hast recht, aber das ist uns irgendwie nicht möglich, da wir ihn trotz allem gern haben.

Jedenfalls auf gar keinen Fall Geld geben, ansonsten Adressen mitteilen wo er Hilfe finden kann wenn er sie denn will, die Tür offenlassen wenn er von sich aus kommt. Alles weitere kann den potentiellen Helfer ebenso kaputtmachen wie den Betroffenen.

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Hallo Irma,

wendet Euch an den zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienst (mit Name des Stadtteils googeln, Stgt. ist aufgeteilt)! Dort kann sich jede und jeder hinwenden, Ihr braucht nicht verwandt zu sein. Möglich, dass sie Euch wegen der Alkoholerkrankung weiterverweisen, aber das werden sie dann schon sagen. Zumindest kennen sie Anlaufadressen und wissen, was man wie unternehmen kann oder auch nicht.

Zum einen könnt Ihr Euch selbst beraten lassen, wie Ihr gut mit ihm umgehen könnt, mit genügend innerer Distanz und Selbstschutz, aber ohne ihn ganz fallen zu lassen.
Zum anderen bietet der sozialpsychiatrische Dienst auch aufsuchende Hilfe kann, könnte also versuchen, an Euren Bekannten heranzukommen.

Bei uns gibt es dort z.B. auch ein eigenes Programm für Menschen mit vermüllten Wohnungen. Das ist eine psychische Erkrankung, mit ein bisschen Aufräumen ist es da nicht getan, wie Ihr ja schon gemerkt habt.

Mit Alkoholismus, Vermüllung und Verschuldung ist Euer Freund vermutlich ziemlich schwer erkrankt und ganz schön weit abgerutscht. Da braucht es dringend einen Blick von Profis.
Ob er sich helfen lässt, kann keiner wissen.
Einfach nur die Flucht zu ergreifen, weil er so schwierig ist, wäre sehr schade. Aber sich Rat zu holen, auch um darauf zu achten, sich selbst nicht verstricken zu lassen, das fände ich sehr, sehr sinnvoll.

Viele Grüße,

Jule

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Liebe @Jule,

danke für Deinen guten Beitrag. Und nein, wir lassen ihn in seiner schweren Zeit nicht hängen. Aber wie ich schon schrieb, bin ich momentan gesundheitlich nicht gut drauf und kann mich nur bedingt engagieren. Mit meinem Freund habe ich vereinbart, dass wir uns sobald es geht, einen Termin bei der Caritas Stuttgart holen, wo wir uns beraten lassen, wie man weiter vorgehen kann. Die haben mehr Ahnung von der Materie, wie wir. Wir haben ihn übrigens, weil er gerade kein Geld hat, heute zum Abendessen eingeladen, damit er wenigstens mal ein warmes Essen hat.

Viele liebe Grüße an Dich
Irmgard

Liebe Irmgard,

das war auch auf keinen Fall als Vorwurf oder Forderung an Dich gemeint! Ich glaube, es ist bei einer Suchterkrankung nicht einfach, die richtige Mischung aus Ansprechbarkeit und notwendiger Distanzierung zu finden. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, dass Ihr auf Eure eigenen Kräfte achtet.

In einem anderen Kontext (da ging es um Psychosen) habe ich gerade den Satz einer Psychiaterin im Ohr: „Jeder hat immer auch gesunde Anteile, und es kann sinnvoll sein, die anzusprechen.“ Sie brachte als Beispiel, eine kleine, machbare Hilfeleistung zu erbitten wie eine Tasche hochzutragen o.ä.

Das könnte also heißen, wenn Ihr ihn zum Essen einladet, ihn nicht übermäßig zu schonen oder zu versorgen, sondern völlig selbstverständlich irgendwelche Handreichungen zu erbitten: „Trägst Du mal eben den Topf zum Tisch?“ Das sind einfach kleine Signale, dass Ihr ihn weiterhin ernst nehmt und auch, dass Ihr nicht in die Rolle geht, ihm die Verantwortung abzunehmen. Es ändert erstmal nichts an seinen Erkrankungen, aber es stärkt ein ganz kleines bisschen das Gefühl: Ach, das bin ich ja auch noch!

Viele Grüße, und Dir gesundheitlich alles Gute,

Jule

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Hallo liebe @Jule,
nett, daß Du Dich nochmals gemeldet hast.

[quote=„Jule, post:19, topic:9458698“]
das war auch auf keinen Fall als Vorwurf oder Forderung an Dich gemeint![/quote]

So habe ich es auch nicht verstanden. Wir haben ihn jetzt beide Tage am Wochenende zum Essen da gehabt. Er hat den Tisch gedeckt und beim Abräumen geholfen! Aber natürlich hat er auch zwei Gläschen Wein getrunken (selbst eingeschenkt), das können wir ihm einfach nicht verbieten. Man kann nicht von jetzt auf nachher einen Alkoholiker trocken machen, das muss er selbst wollen.

Wir haben ihm auch gesagt, daß er dringend sich mit der Entsperrung seines Kontos auseinander setzen soll. Die Adresse des entsprechenden Sachbearbeiters in Karlsruhe weiß er in der Zwischenzeit. Wie @Armin_Diedrich bereits darauf hingewiesen hat, werden sonst keine Daueraufträge mehr durch die Bank gemacht werden und dann kann zu allem anderen Übel noch eine Wohnungskündigung anstehen.

Weißt Du, früher war er ein ganz lieber Mensch. Er war schon in Vorruhestand, als ich 2005 an Brustkrebs operiert worden bin. Er hat mich mehrmals die Woche zu sämtlichen Bestrahlungen begleitet, damit ich nicht so alleine dort hin muß.

Wir werden sehen, wie das weitergeht und wie wir ihm evtl. dabei helfen können, damit er nicht ganz abrutscht.

Vielen lieben Dank für Deine Ratschläge und schöne Grüße
Irmgard

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