Kosten eines Cembalos zu Bachs Zeiten

Hallo!

Vor kurzem habe ich mit meinen Schülern J.S.Bach und W.A.Mozart besprochen. Als ich ihnen dann einige Unterrichtsstunden später noch Bilder von verschiedenen Cembali zeigte wollte ein 11-jähriger Schüler wissen, ob sich die Komponisten diese Instrumente überhaupt leisten konnten bzw. wieviel es damals gekostet hat.
Darf ich diese Frage den Experten hier weitergeben? Bis jetzt habe ich nämlich noch keine Antwort in meinen Büchern bzw. im Internet gefunden.
Danke!
Ilse

Hallo Ilse,

aus J.S. Bachs Erbteilungsakte von 1750 geht hervor, welche Instrumente die Familie Bach zum Zeitpunkt seines Todes besaß und auf welchen Wert sie geschätzt wurden.

Cap. VI. An Instrumenten.
1. fournirt Claveçin, welches bey der [Taler] [Groschen]
 Familie, so viel möglich bleiben soll . . 80 - -
1. Clavesin ................................ 50 - -
1. dito .................................... 50 - -
1. dito .................................... 50 - -
1. dito kleiner ............................ 20 - -
1. Lauten Werck ............................ 30 - -
1. dito .................................... 30 - -
1. Stainersche Violine ..................... 8 - -
1. schlechtere Violine ..................... 2 - -
1. dito Piccolo ............................ 1 8 -
1. Braccie ................................. 5 - -
1. dito .................................... 5 - -
1. dito .................................... - 16 -
1. Bassettgen .............................. 6 - -
1. Violoncello ............................. 6 - -
1. dito .................................... - 16 -
1. Viola da Gamba .......................... 3 - -
1. Laute ................................... 21 - -
1. Spinettgen .............................. 3 - -
 --------------------
 facit. 371 16 -

Quelle: Hans-Joachim Schulze (Hrsg.): Johann Sebastian Bach. Leben und Werk in Dokumenten. S. 60 f. ISBN: 3423029463 Buch anschauen

Wenn ich jetzt nicht ganz daneben liege ist „Cavecin“ die französische Bezeichnung für das Cembalo. Bach besaß also ganze 5 Stück davon, im Wert zwischen 80 und 20 Talern.
Wieviel Kaufkraft ein Taler 1750 in Leipzig hatte, darf jemand anderes herausfinden :wink:

Grüße
Wolfgang

Hallo Wolfgang!

Herzlichen Dank für deine Infos - meine Schüler werden begeistert sein (hoffe ich jedenfalls :-:wink:. Was die Kaufkraft eines Talers angeht glaube ich, das in irgendeinem Buch schon gelesen zu haben - muss noch nachschauen.
Danke nochmals!
Ilse

Hallo Ilse,
als Johann Sebastian Bach mit 18 Jahren am 9. August 1703 durch das Konsistorium in Arnstadt zum Organisten der Neuen Kirche ernannt wurde, erhielt er als jährliche Besoldung 50 Gulden (= 1050 Groschen) sowie für Kost und Logis 30 Taler (720 Groschen), insgesamt also 73 Taler und 18 Groschen.

Das auf 80 Taler geschätzte ‚furnierte Clavecin‘ in seinem Nachlass (offensichtlich ein besonders hochwertiges Instrument), hätte ihn also damals mehr als ein Jahreseinkommen gekostet. In seiner vorherigen Stellung als Weimarer Hofmusiker verdiente er im Quartal 6 Gulden und 18 Groschen, das sind jährlich 24 Taler 3 Groschen. Das hätte also gerade mal für das billigste, kleine Clavecin und zum Verhungern gereicht. Hinzu kamen allerdings mit Sicherheit noch Nebeneinkünfte; so sind etwa für die Monate April und Mai 1700 jeweils 12 Groschen Nebeneinkünfte als Mettensänger belegt, was auf das Jahr hochgerechnet 144 Groschen bzw. 6 Taler ergibt.

Bei seiner zweiten Anstellung in Weimar (schließlich ab 1713 als Konzertmeister) verdient Bach etwa 150 Taler jährlich, in Köthen dann als Hofkapellmeister ca. 400 Taler.

Natürlich verdiente Bach als Thomaskantor erheblich mehr, ca. 700 Taler im Jahr. Der Leipziger Bürgermeister verdiente übrigens gerade etwas mehr als das Doppelte, 1570 Taler. Der weitaus größte Teil von Bachs Einkommen (ca. 600 Taler) waren allerdings Nebeneinkünfte, sog. ‚Kasualien‘ (Trauungen, Beerdigungen usw.); das Fixgehalt betrug lediglich 87 Taler und 12 Groschen. Hinzu kamen 13 Taler und 3 Groschen für Holz und Lichtgeld, 16 Scheffel Korn, zwei Klafter Brennholz, je zwei Kannen Wein zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten, sowie einige Gelder aus Stiftungen und sonstigen Vermächtnissen. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass nur sehr wenige Musikerstellen derart lukrativ waren.

Man kann aus diesen Einkommensverhältnissen nicht den Schluss ziehen, dass die (sicherlich vorhandenen) Nebeneinkünfte eines einfachen Hofmusikers oder städtischen Organisten gleichermaßen etwa das sechsfache des Fixums betragen hätten. So gingen von den 58 Talern, die der sächsische Hof dem Thomaskantor für eine Huldigungskantate am 17.04.1738 bewilligte, alleine 50 Taler an Bach - die restlichen 8 Taler waren für die ‚Stadtpfeifer‘, also die städtischen Orchestermusiker zusammen. Dabei waren die 58 Taler eine wahrhaft fürstliche Bezahlung - eine Hochzeitsmusik (Brautmesse / Trauungskantate) war schon für 2 Taler und eine Doppelflasche Wein im Wert von 1 Taler zu haben (allerdings wohl kaum eine Originalkomposition).

Alles im Allem dürfte der materielle Wert eines Cembalos damals durchaus mit dem eines Konzertflügels heute vergleichbar sein.

Die Quellen für obige Angaben finden sich in: Bach-Dokumente, Band II: Fremdschriftliche und gedruckte Dokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs 1685-1750. Vorgelegt und erläutert von Werner Neumann und Hans-Joachim Schulze, hrsg. v. Bach-Archiv Leipzig, Kassel und Leipzig, 1969.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Kaufkraft
Hallo Ilse und Wolfgang,
in Christoph Wolffs Bach-Buch, ISBN 3-10-092584-X Buch anschauen gibt es auf Seite 578 eine Tabelle zur Kaufkraft:
Ein Taler entspricht dort 72 Eumel.
Dazu gibt es eine Menge Vergleichspreise. Kleine Auswahl:
1 Kanne (Liter) Milch 5 Pfennig - 1,25 €
1 Kanne Wein 3 Groschen, 2 Pfennig - 9,50 €
Bach Jahresgehalt in Köthen: 400 Taler
1 Hochzeit oder Beerdigung in Leipzig: 1 Taler
Dann folgen übereinstimmend auch noch die Instrumentenpreise, die Wolfgang schon genannt hat.

Viele Grüße
Thomas

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