Kategorie C
Hallo Matze,
vielen Dank für dein freundliche und erschöpfende Auskunft.
Gern geschehen.
Geschockt hast du mich damit keineswegs, dazu bin ich viel zu
sehr Realist und hatte auch mit solchen Zahlen in etwas
gerechnet.
Sehr gut.
Wie du schon bemerkt hast, habe ich von der Materie Null
Ahnung. Daher auch meine unpräzisen Äußerungen in Bezug auf
Hochsee, küstennahe Gewässer usw… Ich habe weder einen
Bootsführerschein noch irgendwelche Erfahrungen mit
Motorbooten. Bisher bin ich lediglich mit meinem Faltboot
gepaddelt und mit einem Katamaran auf dem Mittelmeer
mitgesegelt (wovon ich auch nix verstehe). Nichtdestotrotz
finden meine Frau und ich den Wassersport schon eine schöne
Sache.
Dass ihr noch keine Erfahrungen habt, macht zu diesem Zeitpunkt erstmal gar nichts. Doch der Reihe nach.
Um mal wieder zum Thema zu kommen: Nach deinen Einlassungen
reduzieren wir (meine Frau und ich) das Ganze auf ein
Kajütboot. Das ist das, was wir beide wollen und ich hatte
mich in der Frage nicht richtig ausgedrückt.
O.k., verstanden.
Es sollte schon Platz für 4 Personen haben (zur Not auch für
6), da wir dann auch mit meinen Kindern (9 + 13) oder
vielleicht mit Bekannten mal fahren wollen. Daher sollte es
auch für Törns für 3 Wochen geeignet sein, also Kombüse und
Naßraum müssen vorhanden sein. Natürlich auch entsprechender
Stauraum, aber nicht zu viel. Denn in der meisten Zeit werden
wir es wohl nur zu zweit nutzen.Motormäßig sollte es ausreichend motorisiert sein, d.h. nicht :zuviel und nicht zu wenig. Das ist zwar ganz schön schwammig, :aber ich möchte reisen und nicht rasen.
Da habt ihr ja schon ordentlich nachgedacht. Gut so.
Welche Motoren/Antriebe sind denn kostensparend (Verbrauch, Unterhalt). Meinst du nicht, dass 15 l/h zuviel sind? Sind 2 x 250 PS Motoren wirklich erforderlich für die Ostsee?
Da musst Du nun umdenken. Kostensparend denken ist zwar lobenswert - auf dem Wasser aber der nachgeordnete Gedankengang. Zuerst müsst ihr immer, aber auch wirklich immer, an die Sicherheit denken. Nirgendwo sonst (na ja, vielleicht noch in der Fliegerei aber auch da nicht so extrem) ist Sicherheit so wichtig. Ein in Fahrt befindliches Auto kannst Du immer irgendwie anhalten und mit den meisten Fliegern sollte es einem gut ausgebildeten Piloten auch gelingen halbwegs heil unten anzukommen (wenn es nicht gerade ein Jet ist) aber eine Schiffshavarie ist immer mit höchster Lebensgefahr verbunden. Vielleicht möchtest Du Dir die Einstellung der italienischen Küstenwache zu eigen machen. Vor jedem, aber wirklich jedem, Auslaufen tritt die gesamte Mannschaft an und der Skipper schwört die komplette Mannschaft erneut ein. Jedes Mal und wenn noch so erfahrene Salzbuckel an Bord sind. Und er vermittelt folgendes:
Es gibt vier Zustände/Situationen:
- Es besteht die Möglichkeit des Sinkens
- Es besteht die Wahrscheinlichkeit des Sinkens
- Es besteht die Gefahr des Sinkens
- Das Schiff sinkt
Eine Havarie bedroht immer das Leben (ich rede nicht von Unannehmlichkeiten oder Gefährdungen) der gesamten Besatzung.
Dies gilt für die offene See aber auch für Küstenfahrten. Es ist ein Irrglaube von einem sinkenden Schiff noch die Küste erreichen zu können und wenn die Küste auch nur 1 nm entfernt ist und ihr die Badehosen der Badenden deutlich erkennen könnt. Das müsst ihr unbedingt verinnerlichen!
Wir schlussfolgern: 2 Motoren sind besser als 1 Motor.
Und dieser sollte ausreichend Leistungsreserven haben, damit er nicht permanent an der Leistungsgrenze gefahren werden muss.
Ein solcher Motor hat mindestens 50 KW und Marinemotoren sind tatsächlich sehr durstig
Unter den 15L/h wird tatsächlich, auch mit nur 1 Maschine, nichts zu machen sein. Geh mal von mindestens 25 L/h aus - als Minimum. Bei einer angenommenen Mindestreichweite von 200 nm und einer Reisegeschwindigkeit von 12 kn (Halbgleiter) und den angenommenen 25 L/h brauchst Du eine Treibstoffkapazität von mindestens 450 Litern. Bei einem Dieselpreis von 1,6 Euro/Liter sind das pro Tankfüllung etwas über 700 Euro. Für 200 nm (ca. 370 Km).
Damit müsst ihr euch anfreunden/abfinden.
Könnte man mit so einem Kajütboot auch an der Küste entlang
einmal rundum Europa fahren, um ins Mittelmeer zu kommen?
Theoretisch ja - praktisch nein, denn es gibt da ein paar Handicaps.
Belt (gleich nach dem Ärmelkanal das zweitschwierigste Revier auf dem Globus), Kattegatt (mächtige Strömungen, welche den Spritverbrauch in atronomische Höhen treiben), Nordsee (durch die ausgeprägten Gezeiten nicht ganz einfach), Ärmelkanal (schwierigstes Revier auf dem Globus), die weite Biscaya (das stürmischte Revier des Globus), Argave (herrliche lange Dünung, aber eine wirkliche Schaukelpartie auf einem Motorboot), Strasse von Gibraltar (meistbefahrene Revier des Globus)…
Du siehst, mit einem kleinen Motorboot eine echte Herausforderung. Das ist selbst mit einer seegehenden Segelyacht ein Knaller und nur ausgewachsene Seebären wagen das.
Kurz und gut - vergiss das mit einem kleinen Motorboot.
Konzentrier Dich auf die Ostsee - vielleicht die „dänische Südsee“, ein wunderschönes Revier, gut für viele Jahre schönsten Urlaubs.
Da ihr ja nun keine Erfahrungen habt, möchte ich vorschlagen:
Zieht eine Charteryacht einschliesslich Skipper in Erwägung.
Dies hat mehrere handfeste Vorteile.
Ihr könnt so herausfinden, wie die Familie auf den beengten Platzverhältnissen eines Schiffes zusammen klar kommt. Nicht jeder Jugendliche findet es so toll, wochenlang mit der Familie auf engstem Raum seine Ferien zu verbringen. Sind eure Kinder denn auch seefest (ich meine die Schaukelei)? Ihr habt so die Gelegenheit alles durchzuspielen (einer blockiert, aus welchen Gründen auch immer, für längere Zeit das Klo und dem anderen platzt inzwischen der Darm…) oder (der gewünschte Hafen ist voll, es regnet Bindfäden und ihr müsst einen Hafen weiter und der ist dann auch schon voll - da bleibt dann nur ankern) oder (das anvisierte Lokal hat geschlossen und die Bordküche gibt nur eine stark eingeschränkte Verpflegung her). Was ist mit Deiner Frau? Wer kocht dann (die Küchengerüche ziehen durch das ganze Schiff - prima, wenn dem Einen oder Anderen grad der Magen rebelliert). Überhaupt die ganze Arbeitsteilung (Ordnung und peinliche Sauberkeit ist sehr sehr wichtig an Bord, gleich ob seegehende Segelyacht oder Freizeitmotorboot). Das kann man auf einer gecharterten Yacht alles prima bis zum Extrem ausprobieren. Ich meine, ich hatte das schon angesprochen.
Dann die Disziplin an Bord. O.k. bei einem gecharterten Skipper kein Sicherheitsproblem aber dennoch wird es viele Reibungsgelegenheiten geben. Wer bestimmt letztendlich welcher Hafen angesteuert wird? Und gibt es dann Zoff oder Missmut an Bord? Ich habe mit meiner Frau das Problem, dass sie widerspricht. O.k., zu hause ist sie der unangefochtene Boss (das halten wir noch aus der Zeit, seit unseren Kinder klein waren so und heute ist es wichtig für den Hund - Stichwort Rudelhierarchie) aber an Bord kann ich das nicht gebrauchen. Nicht von ungefähr heisst es halbscherzhaft, dass Frauen an Bord Unglück bedeuten - ich glaube vor diesen Hintergrund ist das zu verstehen, denn wer will schon ernsthaft auf die bessere Hälfte verzichten. Aber auch diese Aspekte müssen noch vor Antritt einer Fahrt und sei es nur eine Urlaubsfahrt, geklärt werden.
Nochmal: Nimm erstmal eine Charteryacht mit Skipper.
Wenn ihr das dann ein paar Mal gemacht habt (Charteryacht) wird vielleicht der Wunsch aufkommen, es auch mal ohne Charterskipper zu versuche. Das ist dann der Zeitpunkt über eine ordentliche Ausbildung nachzudenken. Bis dahin werdet ihr auch eine Vorstellung davon haben (aus Gesprächen mit anderen und dem Charterskipper, usw.), welche Ausbildungsschule an der Küste die richtige für euch sein könnte. Dort lasst ihr euch ausbilden (Tip: macht beide die Ausbildung).
Und dann habt ihr irgendwann die gesetzlich erforderlichen Scheine/Lizenzen und könnt/dürft auf eigenen Namen fahren. Ihr solltet auch weiterhin chartern. So umgeht ihr die Probleme der Lagerung, des Unterhalt usw.
Ich möchte nicht versäumen, da Deine Frau ja nicht wirklich segeln möchte (wahrscheinlich ist ihr die Schräglage unheimlich, aber das ist eine ganz andere Geschichte, denn ein Segelboot fährt umso sicherer um so mehr Lage es schiebt), euch auf die sogenannten Motorsegler hinzuweisen. Dabei handelt es sich um so eine Art Zwischending zwischen Motorboot und Segler. Diese Boote sind meist sehr viel geräumiger als reine Segelschiffe aber nicht ganz so geräumig wie reine Motorboote. Sie sind so stark motorisiert, dass sie auch unter widrigen Umständen ihre Rumpfgeschwindigkeit erreichen, haben auch unter Motor eine enorme Reichweite, sind dabei spritsparend, werden meist aufrecht gefahren, also auch gesegelt. Dazu kommt der gewaltige Vorteil, dass man, sofern genügen Wind herrscht (die laufen bei Leichtwind nur unwillig unter Segel) die Maschine abschaltet und Sprit spart und einfach die einfachen Segel setzt. Eine echte Alternative.
Dann will ich euch noch auf die sehr umfangreiche Lektüre auf dem Markt aufmerksam machen, denn wir wollen ja hier nicht den Rahmen sprengen und ich denke wir sollte es damit auch hier belassen:wink:
Freundliche Grüsse
Ray