Krankenkassen-Beitrag und Einkommensteuer

Hallo

Nehmen wir an jemand wird eine längere Zeit (ein paar Jahre), quasi als Privatier von seinen Ersparnissen und stark schwankenden (5.000 -25.000 € p/a) Kapitalerträgen leben. Er wird als freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben. Nun sagt die KK, man solle sein Einkommen schätzen. Danach wird der monatliche Beitrag (vorläufig) berechnet. Nach der Steuererklärung für das abgelaufene Jahr würde dann eine Nachberechnung stattfinden. Nun ergibt sich daraus folgende Problematik: Für die Steuererklärung bräuchte man die Abrechnung der KK um die Beiträge absetzen zu können. Für die Abrechnung der KK bräuchte man wiederum die Steuererklärung. Wie wird hier in der Praxis verfahren?

Danke und Gruß…

Servus,

nein, die braucht man nicht.

Sonderausgaben in einem Veranlagungszeitraum sind ausschließlich das, was in diesem selben Veranlagungszeitraum tatsächlich bezahlt worden ist - vgl. § 11 Abs 2 EStG.

Es geht also nicht um irgendein Verfahren in der Praxis, sondern um die Definition der Ausgabe im EStG.

Wenn man in einem Jahr 3017 die Beiträge

Abrechnung für das Vorvorjahr 175 €
Abrechnung für das Vorjar - 50 €
Vorauszahlungen für das laufende Jahr 985 €

überweist bzw bekommt, dann geht es um Sonderausgaben im Veranlagungszeitraum 3017 in Höhe von 1.110 € - egal für welches Jahr die Beträge bezahlt oder erstattet worden sind. Es zählt nur, wann die Zahlung geflossen ist.

Schöne Grüße

MM

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Hallo Aprilfisch

Danke für die Antwort. Heißt das, dass die Nachzahlung/Erstattung für KK-Beitäge also dann in der Steuererklärung des folgenden Jahres zu berücksichtigen sind?

nein, sondern in der Steuererklärung für das Jahr, in dem die Nachzahlung/Erstattung überwiesen oder erstattet wird. Das kann das Folgejahr sein, es kann (wie in meinem Beispiel) auch das übernächste oder irgendein anderes Jahr sein.

Schöne Grüße

MM

Ups, ich hatte zunächst die 2. Hälfte deiner 1.Antwort übersehen. Nun, so glaube ich, habe ich es verstanden. Also wird die Nachzahlung/Erstattung immer dem Steuer-Jahr zugerechnet, in welchem sie in irgendeiner Richtung floss. Hm, das ist dann natürlich auf Grund des stark schwankenden Einkommens manchmal ungünstig, z.B. wenn man in einem Jahr wegen geringer Einnahmen gar keine Steuer zu zahlen hat (Steuerfreies Existenzminimum), aber hohe Beiträge zur KK hatte, weil auf Einnahmen des Vorjahres basierend. Die KK schaut auf das vergangene Jahr zurück, das Finanzamt interessiert nur wann was geflossen ist, richtig?

Danke und Gruß

Vergiss das letzte Beispiel… Dann bekommt man von der KK ja auch was zurück….

Ja schon, aber für die Einkommensteuer ist das tatsächlich eine ungünstige Situation, weil dann die hohen Sonderausgaben das zu versteuernde Einkommen nur noch weiter unter den Grundfreiberag drücken, also für die ESt wirkungslos bleiben.

Steuern ließe sich das, indem man in einem Jahr, in dem sich abzeichnet, dass nicht sehr viel laufen wird, rechtzeitig vor Ende (so früh wie möglich) die Krankenversicherung informiert. Sie fordert von sich aus die Schätzung der Einkünfte nur einmal für jedes Jahr an, aber sie ist gehalten, Aktualisierungen dieser Schätzung zu berücksichtigen.

Das ist dann vor allem wichtig, wenn das Folgejahr wieder besser läuft und man sich dann mit der hohen Erstattung von der Krankenversicherung für das flaue Jahr, aber im besseren Jahr, die Sonderausgaben verdirbt, die man im besseren Jahr eigentlich brauchen könnte.

Schöne Grüße

MM

Danke für die ausführliche Antwort mit echt wertvollen Hinweisen. Also sollte man versuchen bezüglich der Schätzungen des Einkommens für die KK grundsätzlich tief zu stapeln. Das sollte ja vermutlich legal sein, da ohnehin durch die KK nachverrechnet wird. Bleibt dann wohl nur ungewiss in wie weit sich die KK darauf einlässt, insbesondere wenn es vielleicht zuvor ein paar Jahre relativ hohe Erträge gab. Im Voraus lässt sich das nämlich nicht wirklich gut abschätzen, da es bei der Art der Anlage nicht sicher ist wie die Erträge sein werden.

Servus,

allerdings ist Vorsicht geboten - bei der Krankenversicherung sieht man ja den Verlauf, und wenn die bei der ESt veranlagten Einkünfte regelmäßig deutlich höher sind als die vorab durch den Versicherten geschätzten, hat die Versicherung die Option, sich auf das zurückzuziehen, was sie gem. § 240 Abs 4a SGB V mindestens machen muss - und dann werden die Einnahmen bei den Vorauszahlungen eben ganz regelmäßig so angesetzt, wie die Einkünfte im jeweils letzten ESt-Bescheid veranlagt worden sind, und man hat dann keine Möglichkeit mehr, irgendwas anpassen zu lassen.

Kurzer Sinn: Kooperieren ist auch hier eine recht gute Option.

Schöne Grüße

MM

Was meinst du mit Kooperieren? Kann man da evtl. mit der KK verhandeln bzw. Absprachen machen? Die Erträge sind nunmal wirklich schwer im Voraus abschätzbar. Ich sage nur Krisen wie z.B. Corona, Krieg, Zollkrieg…

In diesem Fall: Nicht versuchen, den Sonderausgabenabzug in dieser oder jener Richtung durch wissentlich zu hohe oder zu niedrige Schätzungen zu beeinflussen, sondern schlicht eine gewissenhafte Schätzung der voraussichtlichen Einkünfte im jeweiligen Jahr vorlegen und, wenn der letzte verfügbare ESt-Bescheid deutlich davon abweicht, mit ein paar Worten erklären, was im laufenden Jahr anders ausschaut.

Schöne Grüße

MM

Ok. Ein gewisses Risiko bleibt also dass die ungünstige Konstellation (mal) vorkommt.

Ich danke dir sehr herzlich und möchte sagen, dass ich es großartig finde das Menschen wie du ihre fachliche Kompetenz hier teilen.

Allerbeste Grüße

Hallo,

nur zwei kleine Anmerkungen dazu - zum einen übermittelt die Krankenkasse die Höhe der gezahlten,freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge dem Finanzamt direkt und die andere Anmerkung wäre - eine Schätzung, wie sie hier angesprochen wurde, erfolgt eigentlich nur einmal, nämlich zu Beginn der freiwilligen Versicherung, in der Folge wird dann grundsätzlich der aktuell vorliegende Einkommensteuerbescheid hergenommen, wie es auch schon @Aprilfisch sehr gut erklärt hat.

Gruss

Czauderna

Hallo

Auch für diese nützliche Information bedanke ich mich ganz besonders.

Beste Grüße