Krieg als Motor des Fortschritts

Hallo zusammen.

Bin mir nicht ganz sicher, ob dieser Beitrag bei Geschichte am besten aufgehoben ist. Aber habe mich dafür entschieden.

Wir haben in der Schule bald Projekttage und ich bin in der Gruppe „Krieg als Motor des Fortschritts“. Speziell für die Zeit zwischen 1945 und 1980.

Leider finde ich dazu überhaupt nix im Netz. Vielleicht könnt ihr mir hier helfen? Bin auch über Tipps und Anregungen zum Thema allgemein dankbar.

Tim

Auch hallo.

Wir haben in der Schule bald Projekttage und ich bin in der
Gruppe „Krieg als Motor des Fortschritts“. Speziell für die
Zeit zwischen 1945 und 1980.

Leider finde ich dazu überhaupt nix im Netz. Vielleicht könnt
ihr mir hier helfen? Bin auch über Tipps und Anregungen zum
Thema allgemein dankbar.

Ein paar Anregungen in Stichwortform:
-militärisches Wettrüsten zw. West und Ost
-‚Der Krieg ist der Vater aller Dinge‘
-permanente Innovation als Überlebenskriterium eines Unternehmens
-…

Aber hier noch ein Innovationsmotor aus dem schlüpfrigeren Gewerbe: http://www.sueddeutsche.de/wissen/special/921/43878/…

HTH
mfg M.L.

Hallo,

da habe ich eine ganz dringende Bitte: Zum Zitat „Der Krieg ist der Vater aller Dinge“ ist ganz wichtig, daß keine Verwechslung sich einschleicht. Mit diesem Wort aus der vorsokratischen Philosophie ist nicht der Krieg im Sinne von Waffengang gemeint, sondern Krieg als Gegensatz(paar). Also: wo das Leere ist, ist auch das Volle etc.

Das war von Heraklit nie als Kriegsverherrlichung gemeint, wie das vor allem deutsche Nationalisten oft gemeint haben (die von griechischer Philosophie nix verstanden haben)!

Heinrich

3 Like

HAllo,

das ist eine der zweideutigsten Formulierungen, die es gibt - wer auf diese Aufgabenstellung kommt, sollte mal beio sich Inventur machen und nachschauen, ob sein Gehirn noch komplett ist.

Denn der krieg als olches ist ja erst einmal zerstörerisch. Er zerstört materielle Werte und Menschen - und ich weiß nicht, ob man Letzteres gegen irgend einen positiven Effekt aufrechnen kann.

Zum Thema an sich fallen mir zwei Ansätze ein - und beide sind sehr zweischneidig.
Da ist erstens einmal die Tatsache, daß die Entwicklung der Rücstungstechnik und Militärtechnik allgemein (da fließen ja ungehauere Mittel rein) immer mal auch ein paar Produkte und Erkenntnisse liefert, die auch im zivilen Leben von Nutzen sind. Beispiele wären die Entwicklung der Düsenflugzeuge und der Raketentechik. Beides wurde ja zuerst in Deutschöland aus rein militärischem Interesse entwickelt und im 2. Weltkrieg eingesetzt. Auch die Nutzuing des Atoms war ja zuerst einemilitärische Nutzung - als Bombe. Nur wird hier die ganze Brutalität dieser These deutlich - war der Wissensgewinn wirklich das Leben von ein paar Hinderttausend Menschen wert?
Und eine andere Frage ergibt sich hier: Wäre es nicht effektiver, sich gleich auf friedliche Forschung zu beschränken? Diese Frage stellt sich zwar praktisch so nicht, weil immer die Herren Generäle zuerst das Geld kriegen, um neues Spielzeug für sich erfinden zu lassen - aber gestellt werden müßte diese Frage in diesem Zusammenhang schon.

Der zweite Ansatz ist noch schlimmer:
In der Vernichtung steckt auch immer die Chance für einen Neubeginn. Meist ist ja nach einem krieg auch der gesellschaftliche Überbau ziemlich deformiert, zudem sind die Wirtschaftsberhältnisse extrem gestört. Zudem ermöglichen und erzwngen die Menschenverluste und der damit verbundene Bevölkerungsrückgang neue Formen der Arbeitsverteilung und auch der Reichtumsumverteilung. (Ist die Hälfte aller Bauern tot, muß notwendig deren Land irgendwie umnverteilt werden.)
Nach der Leninschen Revolutionstheorie (und auch tatsächlich) spielt auch die Verelendung der Massen im Krieg eine Rolle - Revolutionen finden oft nach Kriegen statt.
Aus der Not heraus werden also nach einem krieg oft neue Wege beschritten und neue Strukturen aufgebaut.
Aber auch hier steht natürlich die Frage, ob es das denn nun wert war unterm Strich.

Das Ganbze ist halte ein generelles Problem. Krieg heißt Tod, Krankheit, Verelendung und Leiden. Dieses Thema unter einem rein positiven Gesichtspunkt zu betrachten mag eines Gelehrten im Elefenbeinturm würdig sein. Aber das in der heutigen Zeit zu tun und unter dieser Thematik zu diskutieren, das vermag wohl echt nur ein krankes Gehirn.

Gernot Geyer

Servus!

das ist eine der zweideutigsten Formulierungen, die es gibt -
wer auf diese Aufgabenstellung kommt, sollte mal beio sich
Inventur machen und nachschauen, ob sein Gehirn noch komplett
ist.

Vielleicht kommt´s dem Lehrer ja grad auf die Zweideutigkeit an? Also, als Ausstellungsmotto wär´s wahrscheinlich in Hinblick auf die Zuschauerzahlen ganz gut, weil´s eben polarisiert und herausfordert. Wobei ich nicht ausschließen will, dass der zuständige Lehrer das Motto tatsächlich ernst meint - dann wär´s allerdings schlimm. Dann möcht ich allerdings auch nicht der Lehrer sein.
Denn entweder der Direktor oder die Eltern oder beide sollten dem lieben Pädagogen dann auf die Zehen treten - gehörig!

VG
Christian

Sehr problematisches Formulierung!
Ist allen Lehrern und Schülern deiner Schule klar, dass diese Formulierung menschenverachtend, zynisch ist und ideologisch ausgenutzt werden kann und wird?
Wer hat sich diese Formulierung an eurer Schule ausgedacht?

Unter wirklich erwachsenen Menschen (im geistigen Sinne) kann man natürlich über so eine Fragestellung nachdenken!
Gruß!
Christian

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Servus Tim,

ein paar Exempel für technische Entwicklungen nach 1945, die zunächst ausschließlich für militärische Zwecke initiiert worden sind. Ich habe sie allesamt nicht überprüft, das können also bloß Ansätze für weitere Recherchen sein - es ist möglich, daß moderne Legenden dabei sind:

  • Raumfahrt, bemannt und unbemannt: Diente im Kern über Jahrzehnte weg ausschließlich der Weiterentwicklung der - teils komplett, teils als Blaupause, teils in Gestalt von Ingenieuren und Technikern - erbeuteten V2-Technik zu Interkontinentalraketen, die in der Lage sein sollten, nukleare Sprengköpfe zu tragen. Bis heute zwei verschiedene Konzepte: US mit etwas höherer Präzision, gewesene UdSSR mit viel höherer Schubkraft. Erst sekundär wurden dann auch zivile Anwendungen dieser Technik entwickelt, z.B. geostationäre Satelliten.

  • Tabellenkalkulationsprogramme (für die Beschleunigung der von Hand recht zeitaufwendigen trigonometrischen Berechnungen für die Feuerleitung bei Artillerie und Luftwaffe)

  • Internet

  • Photogrammetrie, automatisches Erkennen von Ähnlichkeiten digitaler Bilder: Ist entscheidend für die Steuerung einer Cruise Missile, wird heute u.a. bei vollautomatischen Melkmaschinen eingesetzt

  • GPS

Sicherlich gibts noch ziemlich viele einzelne Anwendungen von militärischen Entwicklungen im zivilen Bereich, etwa in der Kfz-Technik, auch eher zufällige: Der Liebherr in Ehingen hätte auch andere Fahrzeuge für seine Schwerlastkräne benutzen können, aber die ausgedienten Trägerfahrzeuge für die russische SS20 waren grad billig zu haben, also hat man sie halt genommen…

Wie bei allen „was wäre wenn“-Fragen, kann man überhaupt nicht beurteilen, welche technischen Entwicklungen ohne Einfluß der militärischen Bedürfnisse bloß später oder langsamer stattgefunden hätten. Und auch nicht, welche ohne Kriegsvorbereitung und Krieg hätten stattfinden können, z.B.:

  • Heliumfüllung bei Luftschiffen: Ausgerechnet die Hindenburg, deren Zerstörung in Lakehurst das Ende der Zeppelin-Luftschiffe bedeutet hat, war bereits für Heliumfüllung konzipiert, aber sie durfte sie nicht kriegen, weil das Deutsche Reich sie (verkürzt gesagt) wegen der laufenden Kriegsvorbereitungen nicht bezahlen konnte.

  • Die zwei letzten bedeutenden Entwicklungen im Dampflokomotivbau wurden durch den WKII gestoppt: Die Maschinen von André Chapelon konnten wegen des deutschen Überfalls und dessen Folgen nicht weiter entwickelt werden, und die deutsche 19 1001 - Einzelachsantrieb mit Dampfmotoren - ist als Kriegsbeute in die USA gekommen, wo man nichts mit ihr anfangen konnte und sie schließlich verschrottet hat, weil Trizonesien den Rücktransport nicht bezahlen konnte Interessanterweise ist derzeit die neutrale CH als einziges Land der Welt in der Lage, Dampflokomotiven mit moderner Technik zu bauen.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

ob man es nun menschenverachtend findet oder nicht, die Fakten sprechen für sich.
Zu Kriegszeiten und davor wurde immer viel Geld locker gemacht, viele Resourcen darauf gelenkt, um bessere Waffentechniken zu entwickeln. Die Entwicklung der Atombombe wurde schon genannt. Die Entwicklung der Computertechnik unmittelbar nach 1945 gehört auch da hinein: Ohne die Entwicklung leistungsfähigerer Computer und Rechnemethoden (Norbert Wiener, ) wäre die Entwicklung der Wasserstoffbombe nicht möglich gewesen.
Aber es gibt auch Gegenbeispiele:

  • Eugen Sänger, Luft- und Raumfahrtwissenschaftler, schrieb 1958 das Buch „Raumfahrt - technische Überwindung des Krieges“. Leider bis heute ein Wunschtraum - auch und besonders unter dem Aspekt, dass die Amerikaner ihre Geldmittel für die ISS stark eingeschränkt haben. Dennoch ergibt sich aus der Raumfahrt, die ja von einzelnen Nationen nicht mehr bezahlbar ist, ein erheblicher „Spin off“: So viele zivil genutzte Entwicklungen aus einem bestimmten Bereich hat es vorher nie gegeben! Eine andere Frage ist, ob man das durch „Nicht-Raumfahrt“ billiger erreicht hätte.
  • Die Japaner hatten sehr zielgenaue Raketen. Beim Nachforschen ergab sich, dass sie für die Kreiselkompasse Motoren und Lager aus der (zivilen) Filmkameratechnik benutzt hatten - muss so vor 20, 30 Jahren gewesen sein.

Mehr fällt mir auf die Schnelle nicht ein, vielleicht hilft’s etwas.
Stucki

Leider finde ich dazu überhaupt nix im Netz.

DAS NETZ selbst ist ein Kind des kalten Krieges. Das wäre doch ein tolles Thema!

Gruß
dataf0x

Hallo.

Also der Thema der gesamten Projekttage laut: „Fortschritt und sein Preis“ und ist dann wieder in verschiedene Unterpunkte aufgeteilt. Wie halt z.B. Krieg, Religion, Gentechnik, …

Wir sind auch eine Schule des Zeiten Bildungwegs und das Durschnittsalter beträgt, keine Ahnung, 25 oder so. Da laufen keine Eltern mehr auf die Barikaden.

Und das Thema „Krieg als Motor des Fortschritts“ hat sich ein Mitschüler einfallen lassen.

Tim

Hallo Tim,

normalerweise ist der ganze Krieg eine einzige Vergeudung von Mittel - wie die Rüstungsproduktion auch. Schau es Dir doch mal selbst in riedenszeiten an, z.B. bei einer Panzereinheit:
Die fahren Panzer für Millionen von Euro - das Geld muß ja in Form von Steuern erst mal durch den STaat aus dem Wirtschaftskreislauf abgepumpt werden. Und dann verfahren die Unmengen an Treibstoff, Tausende Soldaten machen produktiv gar nichts (und wollen aber essen und Sold bekommen in dieser Zeit). Es ist die reinste Form der unproduktiven Geldvernichtung. Bei nem Eurojobber als Straßenkehrer hast Du wenigstens hinterher ne saubere Straße - aber hier? Gar nichts.
Und im kriegsfall wird das noch extremer - da werden auch noch andere Werte vernichtet. Abgesehen vom Menschenleben - obwohl, das ist ja auch ein produktiver Wert an sich. Da steckt ja Investition in Form von Bildung drin z.B.
Rein volkswirtschaftlich mußt Du Dich dann mal fragen, was man mit diesen Unmengen an bezahlten Arbeitsstunden und mit dieser Unmenge an Material so alles hätte anstellen können. Da ist doch das, was z.B, bei militärischer Forschung am Rande abfällt, nur Kleinkram. Weil man das ja auch erforschen könnte ohne auf der Suche nach neuen Waffen zu sein - und sicher wäre eine rein zivile Forschung da sogar effektiver, weil ja der ganze Ansatz und die Fragestellung ne andere wäre.

Gernot Geyer