Kriegsführung des 18. Jahrhunderts

Hallo,

durch das Spiel „Empire: Total War“ motiviert, forsche ich gerade ein wenig nach, wie die Kriegsführung des 18. Jahrhunderts auf taktischer und operativer Ebene aussah. Im Großen und Ganzen lief ein Gefecht ja so ab, dass sich zwei Linien Infanterie gegenüberstanden und aufeinander schossen, das Ganze unterstützt durch Artillerie und an den Flanken tummelte sich vielleicht noch Kavallerie und/oder leichte Infanterie. (Liege ich da falsch?)

Bei gleich starken Armeen scheint (zumindest im Spiel) bei flachem Terrain ohne Hindernisse meist derjenige zu verlieren, der vorrückt (weil er dann das Artilleriefeuer des Feindes „genießen“ kann, während seine eigene Artillerie noch auf dem Marsch ist, um nah genug an den Feind heranzukommen), anschließend von den Musketen der bereits in Stellung gegangenen feindlichen Infanterie empfangen wird, bevor er überhaupt nur einen Schuss abgegeben hat. Wie lief nun so ein Vorwärtsmanöver in der Realität ab und welche Taktiken wand man gegen eine ungefähr gleich starke Armee an, um trotz der Offensivrolle die Oberhand gewinnen zu können?

Und wie sah so eine Schlacht überhaupt im Allgemeinen aus, was Infanterietaktiken, Kavallerie, Artillerie etc. angeht? Wikipedia bleibt dazu stets sehr vage…

Ich danke schon einmal im Voraus!

Servus

Darf ich vorschlagen dass du zunächst einen Blick auf diese Liste von Schlachten im 18. Jhdt wirfst:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kriege_und_Sc…

Such dir die raus über die viel geschrieben wurde. Da sind dann viele Infos und auch Karten enthalten.

Außerdem könntest du gezielt nach bekannten Feldherren wie Napoleon, Wellington oder Karl von Österreich suchen und dir deren Schlachten ansehen.

Wikipedia bietet da recht viel Material zu den großen und bekannten Schlachten. Solltest du dann noch Detailfragen haben werde ich die gerne beantworten.

Mfg
Christoph

Danke für den Link, interesssant waren die einzelnen Informationen schon, nur konnte ich mir meine Frage auch dadurch nicht wirklich beantworten, also wie genau stellte ein Kommandeur z.B. sicher, dass seine Infanterie nicht umgangen werden konnte bei gleichzeitiger Gewährleistung einer ausreichenden Mannschaftsstärke in den Reihen, um Durchbrüche zu verhindern, wie wurden Verluste durch Artillerie möglichst kleingehalten, wie die eigene Artillerie beim Vorrücken vor der gegnerischen geschützt, welche Rolle spielte die Kavallerie, welche die leichte Infanterie, wie sähe z.B. ein Angriff auf feindliche Stellungen bei ungefähr gleichen Stärkeverhältnissen auf flachem Gelände aus?

Gruß!

Danke für den Link, interesssant waren die einzelnen
Informationen schon, nur konnte ich mir meine Frage auch
dadurch nicht wirklich beantworten, also wie genau stellte ein
Kommandeur z.B. sicher, dass seine Infanterie nicht umgangen
werden konnte bei gleichzeitiger Gewährleistung einer
ausreichenden Mannschaftsstärke in den Reihen, um Durchbrüche
zu verhindern,

Einerseits wurde gerade an den Flanken Kavalerie aufgestellt die auf so einen Flankenangriff schnell reagieren konnte. Zudem kämpften nie alle Truppen gleichzeitig sondern es wurde ein recht großer Teil in Reserve gehalten. Die Schlachten damals wurden in der Regel eher durch Abnutzung denn durch überraschende Sturmangriffe entschieden.

wie wurden Verluste durch Artillerie möglichst kleingehalten,

Im 18. Jahrhundert war die Artillerie noch nicht so verheerend wie das zB zur Zeit von Napoleon der Fall war. Prinzipiell gab es 3 Formationen für Infanterie: das Karree (großes Quadrat) war gut gegen Kavallerie aber schlecht gegen Artillerie und schelcht geeignet für Bewegungen. Die Linie war gut für den Kampf gegen Infanterie, minimierte Verluste durch Artillerie, aber war anfällig gegen Kavallerie. Die Reihe war eingentlich nur gut für den schnellen Vormarsch.

wie die eigene Artillerie beim Vorrücken vor der gegnerischen :geschützt,

Die Artillerie hatte keine so große Reichweite daher war es nicht schwer sich davon fern zu halten. Ansonsten lief es eben auf ein Duell der Batterien hinaus.

welche Rolle spielte die Kavallerie,

Viele. Leichte Kavallerie wurde zur Aufklärung verwendet bzw damit wurde dem fliehenden Feind nachgesetzt. Außerdem konnte sie schnell im Hinterland zuschlagen. Schwere Kavallerie war eine Schockwaffe die vor allem von Napoleon dazu verwendent wurde um feindliche Linien aufzubrechen. Außerdem konnte alleine die Anwesenheit von Kavallerie die Flanken des Feindes nachhaltig bedrohen und ihn dadurch hemmen.

welche die leichte Infanterie,

Leichte Infanterie hatte bessere Waffen mit gezogenem Lauf. Dadurch war die Waffe zielgenauer und hatte eine größere Reichweite, dafür dauerte das Nachladen länger. Dadurch konnte sie außerhalb der feindlichen Reichweite bleiben und ihm ungefährdet Verluste beibringen.
Die normale Linieninfanterie schoss damals nicht sehr genau. Denn der Durchmesser des Laufes war größer als das Kaliber der Kugeln da sich bei jedem Schuss Partikel ablagerten.
Auf 300 Meter treffen vielleicht ein Viertel der Geschosse. Auf 150m waren es immerhin das doppelte. Normale Kampfentfernung war durchaus 100m und weniger. Die Entscheidung brachte da oftmals der Nahkampf mit aufgepflanztem Bayonett.

wie sähe z.B. ein Angriff auf feindliche Stellungen bei ungefähr :gleichen Stärkeverhältnissen auf flachem Gelände aus?

Unmöglich zu sagen. Jede Schlacht ist anders wobei es natürlich grundlegende Taktiken gab. Wenn du dich wirklich ernsthaft damit auseinandersetzen willst empfehle ich dir ‚Vom Kriege‘ von Carl von Clausewitz.

Gruß!

Mfg
Christoph

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Hallo,

durch das Spiel „Empire: Total War“ motiviert, forsche ich
gerade ein wenig nach, wie die Kriegsführung des 18.
Jahrhunderts auf taktischer und operativer Ebene aussah. Im
Großen und Ganzen lief ein Gefecht ja so ab, dass sich zwei
Linien Infanterie gegenüberstanden und aufeinander schossen,
das Ganze unterstützt durch Artillerie und an den Flanken
tummelte sich vielleicht noch Kavallerie und/oder leichte
Infanterie. (Liege ich da falsch?)

Hallo Chauvanee,
da Christoph ja schon viel erklärte, möchte ich kurz auf das Spiel eingehen.
Du hast dort ja einen Technologiebaum, wo so alles mögliche von Wirtschaft,Taktik, und Militärtechnik erforscht werden kann.

Da das 18.Jhdt. so ziemlich genau 100 Jahre umfasst, ist es klar, das die Technik und daraus resultierend die Taktik, sich im Laufe der Jahre änderte.
So um 1700ff. bestanden die Armeen noch hauptsächlich aus Kavallerie, wie du vielleicht bemerkt hast wenn du dir einige Schlachten aus den Links die Christoph eingestellt hat, angesehen hast.
Die Artillerie spielte kaum eine grosse Rolle, wie du an den Stückzahlen sehen kannst. Und- die Heere waren kleiner.
Ein 20.000 Mann starkes Heer umfasste damals etwa 12.000 Reiter und nur 80Geschütze.
Die Rolle der Infantrie, zur „Königin des Schlachtfelds“, entwickelte sich erst, als die Musketen effektiver wurden, sprich in Reichweite und Ladezeit. Bis dahin dominierte Jahrunderte lang die Kavallerie.
Die Rolle der Artillerie erkannte erst gegen Ende des Jhdt. Napoleon,
der sie massiert an der geplanten Durchbruchstelle einsetzte.
Auch im Spiel ist das eigentlich so.
Anfangs kann die Art. wenn sie einmal aufgestellt ist, nicht mehr bewegt werden. Das entspricht zwar nicht genau der Realität, symbolisiert aber, wie schwer es war, aufgestellte Art. im Gefecht zu bewegen.
Erst sehr viel später, konnte Art. auch taktisch übers Schlachtfeld ziehen, und die berittene sogar zu Brennpunkten eilen.
Richtig schlecht erging es der Infantrie als die Kartätschenladungen bevorzugt auf sehr kurze Entfernung in die angreiffenden Massen geschossen wurden.

Bei gleich starken Armeen scheint (zumindest im Spiel) bei
flachem Terrain ohne Hindernisse meist derjenige zu verlieren,
der vorrückt (weil er dann das Artilleriefeuer des Feindes
„genießen“ kann, während seine eigene Artillerie noch auf dem
Marsch ist, um nah genug an den Feind heranzukommen),
anschließend von den Musketen der bereits in Stellung
gegangenen feindlichen Infanterie empfangen wird, bevor er
überhaupt nur einen Schuss abgegeben hat. Wie lief nun so ein
Vorwärtsmanöver in der Realität ab und welche Taktiken wand
man gegen eine ungefähr gleich starke Armee an, um trotz der
Offensivrolle die Oberhand gewinnen zu können?

Die Linieninfantrie marschierte in Kolonnen an. Das heisst in Marschformation.
Vielleicht 10-12 Mann nebeneinander.
Aus dieser wechselte man in die Linie, an einer Stelle, die der Regimentskomandeur für geeignet hielt und die auf jeden Fall noch ausser Reichweite der gegn.Musketen war.
Dann wurden sog.Plänkler vorgeschickt, meist die besten Schützen im Regiment, die auch schon mal auf 100 Schritte etwas treffen konnten.
(300m-die Christoph erwähnte-sind schon sehr hoch gegriffen.)
Die Plänkler schossen nun unregelmäßig in die gegn.Linie, während die eigene vorrückte und die gegn. in Unornung geriet. Im Idealfall.
Die englische Linieninfantrie genoss den Ruf bis auf 50 Schritte an die feindl.Linie heranzurücken und dann eine verheerende Salve abschoss,kaltschnäuzig nachlud und nochmal feuerte.

Ich empfehle dir dazu mal den Film „Der Patriot“.
Besonders die letzte Schlacht, wenn die Engländer gegen die amer.Miliz vorrücken.
Da erkennst du auch, wie die Art. wirkt.

Kavalerieattacken werden in Filmen fast immer fälschlich dargestellt.
Jedenfalls kenne ich keinen.

Ja die Flankenangriffe. Der „alte Fritz“ sagte einmal: Sorgen Sie sich nicht so sehr um die Flanken, der Gegner hat auch welche.

grüsse borthi

Die Linieninfantrie marschierte in Kolonnen an. Das heisst in
Marschformation.
Vielleicht 10-12 Mann nebeneinander.
Aus dieser wechselte man in die Linie, an einer Stelle, die
der Regimentskomandeur für geeignet hielt und die auf jeden
Fall noch ausser Reichweite der gegn.Musketen war.

Hat nicht erst Napoleon das gemacht bzw. ist eine Truppe in solch einer tiefen Formation nicht auch sehr anfällig gegenüber Artilleriefeuer?

Ich empfehle dir dazu mal den Film „Der Patriot“.
Besonders die letzte Schlacht, wenn die Engländer gegen die
amer.Miliz vorrücken.
Da erkennst du auch, wie die Art. wirkt.

Den Film habe ich mir gerade angesehen :smiley:

Die Linieninfantrie marschierte in Kolonnen an. Das heisst in
Marschformation.
Vielleicht 10-12 Mann nebeneinander.
Aus dieser wechselte man in die Linie, an einer Stelle, die
der Regimentskomandeur für geeignet hielt und die auf jeden
Fall noch ausser Reichweite der gegn.Musketen war.

Hat nicht erst Napoleon das gemacht bzw. ist eine Truppe in
solch einer tiefen Formation nicht auch sehr anfällig
gegenüber Artilleriefeuer?

Hallo,
du darfst die Machkolonne nicht mit Napoleons Angriffskolonne verwechseln.

Napoleon nutzte die Durchbruchswahrscheinlichkeit einer Kolonne.
Die rückten aber in einer breiteren Front vor.
Etwa 60- 80 Mann nebeneinander und 10 oder 12 Glieder tief.
Diese Taktik entsprang aber mehr einer Notsituation, da die jungen und teilweise schlecht gedrillten und hastig einberufenen Soldaten der Revolutionsarmee Frankreichs, gar nicht in der Lage war die ganzen komplizierten Manöver auszuführen, die die Linartaktik erforderte.

Wenn(!) die Artillerie traf, waren die Verlute natürlich hoch.
Allerdings setzte ja auch Napoleon auf Art.
So vertrieb meist zuerst seine Art. die feindliche an der geplanten Durchbruchsstelle, bevor die Kolonnen vorrückten.
Zudem rückte nicht eine Kolonne vor sondern zumeist eine ganze Division oder gar zwei.
Die feindl. Geschütze die dann noch feuern konnten, nachdem Nap. mit seiner „großen Batterie“ oft Stundenlang das Zentrum beschossen hatte,
hatten reichlich mühe die sehr schnell anrückenden Franzosen genau anzuvisieren.(Im Gegensatz zur nur langsam vorrückenden Linie, oder dem unbeweglichen Karree). Es gab noch keine Zieloptik oder Entfernungsmesser. Gezielt wurde Pi mal Daumen und anvisiert mit einem Blick entlang dem Geschützrohr.
Ausserdem musste beim Nachladen das Rohr wieder gesenkt werden, der Rückstoß hatte das Geschütz verschoben, es dauerte seine Zeit bis das Geschütz wieder in Stellung gebracht war und während dieser Zeit war die Kolonne schon wieder einige hundert Schritte näher heran.
Ausserdem tobten ja ringgsherum auch noch Kämpfe und nicht selten stürmten Lanzenreiter die noch verbliebenen Art-Stellungen.
Die Kolonnen wurden ja nicht gleich zu Beginn eingesetzt, so das sie gegen eine schon stark geschwächte Front anrückten.
Eben zum Todesstoß.
Nap. hielt dazu seine besten Truppen lange in Reserve. Meistens das ganze Gardekorps.
Wenn du fünf oder sechs Stunden lang,seit den frühen Morgenstunden, gekämpft hast,in der Nacht vor der Schlacht hast du selbstverständlich kein Auge zu gemacht, links und rechts von dir Kanonenkugeln einschlagen, deine verwundeten Kameraden schreien oder tödlich getroffen werden, und dann siehst du wie 10 oder 12000 Mann frischer Elitesoldaten auf dich zukommen, mit aufgepflanztem Bajonett,
na Mahlzeit…

grüsse borthi

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Wenn der Feldherr hätte alles aufmarschieren und schießen lassen, dann hätten die mit den besten Schützen oder meisten Soldaten gewonnen, aber besonders im 18. Jahrhundert entschied das Können des Kommandanten und der Überraschungsmoment. Beispiele für deine Suche wären die Kriege Friedrich des Großen im 7 jährigen Krieg. Friedrich legte alles auf Angriff aus, seine Gegner auch auf Verteidigung. Friedrich setzte bei einem Gefecht alles auf eine Karte. Er verstärkte seinen Angriffsflügel und schickte ihn zur Umfassung auf den einen Flügel des Gegeners los. Geringe Mannscgaften , die er zurückhielt täuschten Angriffe auf den anderen Flanken vor, somit war der Gegener gezwungen, überall seine Verteidigung aufrecht zu erhalten und konnte von der ,SEITE" her aufgerollt werden. Ein Angriff der Kavallerie und Infanterie konnte zwar von der ARtillerie aufgehalten werden, doch verreit damit die Artillerie ihren Standort und der Gegner konnte nun ebenfalls mit seiner Artillerie die generische Artillerie vernichten. (Schlacht bei Leuthen ( Dezember 1757)

Gruß