Kündigung nach 10 Jahren im Betrieb mit 58 Jahren

Hallo,
Mein Onkel ist 58 Jahre alt und seit 10 Jahren beim selben Arbeitgeber tätig (M……)
Er war im Lager in Zweischicht tätig.
Aktuell befindet er sich in der Kur, was über die Krankenkasse läuft.
Heute hat er postalisch die Kündigung zugeschickt bekommen. Ein Zweizeiler in welchen draufsteht, dass er unter Einhaltung der Kündigungsfrist gekündigt wird.
Kein Grund, kein Gegenangebot
Er ist verheiratet, Alleinverdiener, hat zwei minderjährige Kinder und noch eine Hypothek die läuft.
Darf man ihn in dem Alter kündigen?
Lohnt es sich hier zum Anwalt zu gehen um zumindest noch eine Abfindung zu bekommen?
Oder kann er evtl über den Anwalt Anklagen noch weiterhin dort beschäftigt zu werden?
Er hat Sorge, dass er in diesem Alter keinen Job findet. Zumal er körperlich eingeschränkt ist. Rücken, Niere das ganze Programm…
Ich bedanke mich für die Infos!
Liebe Grüße

Hallo,

die ersten Dinge, die ich bei meiner letzten Kündigung geprüft habe: stimmt die Form? Trägt die Kündigung ein Datum? Trägt sie eine Unterschrift? Ist der Unterschreiber zur Kündigung berechtig? Ist der Termin der Kündigung genannt? Ist die Kündigungsfrist gewahrt (gemäß BGB, Arbeitsvertrag und/oder Tarifvertrag)? Besteht eventuell ein Kündigungsschutz durch das KSchG?

Das fordert das BGB nicht.

Wenn ein Tarifvertrag oder eine ähnliche Vereinbarung das nicht anders regelt: ja.

Es ist auf jeden Fall einen Versuch wert. Der Onkel sollte mit seinem Arbeitsvertrag und der Kündigung zum Anwalt gehen, damit der die Richtigkeit überprüft. Vielleicht hat der Arbeitgeber was übersehen.

Je nach Region, Berufserfahrung und Qualifikation hat er die eventuell zu recht.

Viel Erfolg
Pierre

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Wenn die Firma nicht insolvent ist, ein ungewöhnlicher Fall. Denkbar wäre, dass dein Onkel dauerhaft krank ist und keine Aussicht besteht, dass er seinen Arbeitsplatz auch nach längerer Krankheitsphase wieder ausfüllen kann. Das wäre aber in jedem Fall ein nachzuprüfender Kündigungsgrund mit amtsärztlichen Gutachten. Die Kündigung ist zunächst ein formaler Vorgang. Was sagt der Betriebsrat, was die zuständige Gewerkschaft ? Wenn er von dort keine Hilfe erwarten kann, muss dein Onkel unverzüglich der Kündigung widersprechen und einen Anwalt für Arbeitsrecht einschalten. Der wird dann erst mal nachfragen ob Abmahnungen vorliegen, schwere arbeitsrechtliche Versäumnisse etc. Mit dem genannten Sozialhintergrund dürfte die Firma mit der Kündigung scheitern. Wahrscheinlich spekuliert sie auf einen Kompromiss der Abfindung mit Frühverrentung anstrebt. Aber das kann nur ein Anwalt bearbeiten. Hart bleiben, nicht zu früh Kompromisse eingehen.
Udo Becker

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Hallo,

hat der Betrieb einen Betriebsrat?
Steht im Kündigungsschreiben

auch das Enddatum des Beschäftigungsverhältnisses?
Ist der AN evtl. schwerbehindert oder gleichgestellt?
Hat der Betrieb mehr als 20 AN?
Gilt für den Betrieb ein Tarifvertrag?

Bei einer ordentlichen Kündigung muß der AG die Kündigungsgründe erst im Verfahren vor dem Arbeitsgericht nennen.
Wenn es allerdings Hinweise gibt, daß die Kündigung krankheitsbedingt erfolgt und der AG vor der Kündigung kein BEM (betriebliches Eingleiderungsmanagement gem. § 167 Abs. 2 SGB IX )
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9_2018/__167.html
durchgeführt hat, ist eine Kündigungsschutzklage empfehlenswert.

Mit Zustellung der Kündigung hat die zwingende 3-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG begonnen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Kündigung auch dann rechtswirksam, wenn sie inhaltlich rechtswidrig gewesen wäre.
Eine Klageeinreichung beim Arbeitsgericht kann auch jeder einzelne AN ohne Hilfe zur Fristwahrung machen. Jedes Arbeitsgericht hat Rechtspfleger, die Kläger bei der Formulierung der Klage unterstützen. Dafür muß ein Kläger nur einen Ausweis und das Kündigungschreiben mitbringen. Eine Begründung ist bei Klageeinreichung noch nicht nötig und kann nachgereicht werden.

Hoffentlich hat der Onkel nicht an der falschen Stelle (Rechtsschutz im Arbeitsrecht) gespart.

Fachanwälte für Arbeitsrecht sind aber nicht sooo teuer - zumindest nicht eine Erstberatung und ein seriöser Anwalt/Anwältin nennt auch zu Beginn bzw. bei Terminvereinbarung auch die ungefähren Kosten für diese Erstberatung.

&tschüß
Wolfgang

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