Kündigung nach der Probezeit

Hallo,

ich habe wohl große berufliche Probleme. Für hilfreiche Antworten bin ich sehr dankbar.

ich befinde mich in der Ausbildung zum Industriekaufmann. Leider komme ich nicht so gut mit der betrieblichen Arbeit zurecht. Ich mache sehr viele Fehler und mir wird in der Abteilung nachgesagt, ich würde dies mit Absicht machen. Mir wurde einmal gesagt man würde mich zwar nicht für „dumm“ halten könnte aber meine schlechten betrieblichen Leistungen in der betreffenden Abteilung nicht nachvollziehen.
Ich selber strenge mich immer sehr an, kann es aber einfach nicht besser - vielleicht bin ich auch einfach für manche Aufgaben/Tätigkeiten diesen Berufsfeldes ungeeignet. Man kann also wirklich nicht sagen, dass ich faul bin oder die Fehler mit Absicht verursache. Ich muss darüber sehr oft nachdenken (grübeln) und fühle mich dann öfters nicht richtig „wohl“ in der eigenen Haut um es dezent auszudrücken. Hin und wieder frage ich mich dann wieso mein Leben so ist und ob es sich lohnt zu leben.
Meine schulischen Leistungen sind mindestens durchnschnittlich, d.h. ich habe im Berufsschulzeugnis des ersten Ausbildungsjahres fast nur 2er Zensuren stehen. Es sind keine unentschuldigten Fehltage vorhanden, bin auch nur sehr selten erkrankt gewesen. Die bereits geschriebene Zwischenprüfung ist noch nicht ausgewertet jedoch gehe ich mal von mindestens 50% aus.

Kann man mich durch Abmahungen wegen schlechter betrieblicher Leistung kündigen? Kann ich mir sicher sein, meine Ausbildung zu Ende zu bringen oder muss ich nun mit Kündigung rechnen.

Thomas

hallo thomas,

nach der probezeit kann dein ausbildungsbetrieb dich nach §22 Abs.2, Satz 2 BBiG nur aus einem wichtigen grund kündigen.
ein wichtiger grund liegt vor, wenn es deinem ausbildungsbetrieb unter
berücksichtigung aller umstände des einzelfalles und unter abwägung der interessen beider vertragspartner die fortsetzung des ausbildungsverhältnisses bis zum ablauf der ausbildungszeit nicht zugemutet werden kann.

konkret: eine kündigung aus wichtigem grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrunde liegenden tatsachen (die zur kündigung führen sollen) länger als 2 wochen bekannt sind (was in deinem fall offensichtlich vorliegt, denn deinem ausbilder ist das „problem“ ja schon länger bekannt).

gibt es in eurem betrieb einen betriebsrat bzw. eine jugend- und auszubildendenvertretung, an die du dich wenden kannst?
es gibt die möglichkeit, sich an den lehrlingswart der kammer oder an einen vertrauenslehrer in deiner berufsschule zu wenden um nach lösungen für dein problem zu suchen.
du bist ja selbst unglücklich über deine jetzige situation und hast auch den willen, etwas zu verändern / verbessern.

ich wünsche dir auf jeden fall alles gute!
melanie

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Moinsen!

Kann man mich durch Abmahungen wegen schlechter betrieblicher
Leistung kündigen?

Praktisch gesehen: Nein. Hier würde man im Zweifel (vorm Arbeitsgericht) immer die Schuld dem Ausbildenden geben, weil er nicht fähig war, Dich vernünftig auszubilden.

Kann ich mir sicher sein, meine Ausbildung
zu Ende zu bringen oder muss ich nun mit Kündigung rechnen.

Wenn es immer heißt, „…nur aus wichtigem Grund…“, wie meine Vorrednerin auch schon schrieb, so ist damit eher sowas gemeint wie gar nicht erscheinen, stehlen, etc. Eine fehlende Eignung für die Ausbildung hätte der Ausbilder schon während der Probezeit erkennen müssen.

Gruß

Markus

Hallo.

Kann man mich durch Abmahungen wegen schlechter betrieblicher
Leistung kündigen?

Nein. Und bei einem Lehrling wird schon eine Abmahnung wegen Schlechtleistung vor Gericht auf wackligen Füßen stehen (wenn Du nicht gerade solche Böcke schießest, die ein dressierter Affe nicht fertigbringt - um es mal drastisch zu formulieren).

Kann ich mir sicher sein, meine Ausbildung zu Ende zu bringen

So lange Du Dir keine Verfehlungen anderer Art (die auch schon extrem heavy ausfallen müssten) zuschulden kommen lässest, musst Du nicht befürchten, (wirksam) gekündigt werden zu können.

Und Deinen Ausbildern sei ins Stammbuch geschroben (auch, wenn die hier nicht mitlesen), dass man eigentlich wissen müsste, was die Verstärkung begangener Fehler durch die Vorturner in einem unsicheren, vielleicht auch konfusen, jungen Menschen anrichten kann.

Gruß Eillicht zu Vensre

Hallo Thomas,

hmm, zur rechtlichen Sache haben Dir ja die anderen schon allerlei nützliche Tips verraten. Aber mir klingt zwischen Deinen Zeilen ein bisserl ein Hilferuf durch. Wenn ich das richtig sehe, bist Du jetzt grad im ersten Lehrjahr und irgendwie gelingt Dir einfach nix. Dadurch gibt man Dir nur noch Idiotentätigkeiten und tuschelt. Und noch weniger klappt. Richtig?

Nun kenne ich weder Dich, noch Deinen Ausbildungsbetrieb. Aber ich kann Oki (ähm, Ellicht, meine ich) nur zustimmen: Es ist der verd**** Job Deines Betriebes, Dir alles notwendige beizubringen. Und wenn Du mit der einen oder anderen Sache Probleme hast (und das hat JEDER!) dann wird Dir das eben bei Bedarf 200mal erklärt und basta! Das scheint jedoch bei Euch offensichtlich nicht zu gelingen. Und prinzipiell hast Du mehrere Möglichkeiten:

  • Du leidest Dich durch Deine Lehrzeit durch und machst einen allenfalls mittelprächtigen Abschluss ohne Übernahme am Ende Deiner Lehrzeit
  • Du schmeisst alles hin und machst was ganz anderes (Studium, Schreinerlehre, Auslandsjahr - der Möglichkeiten sind da viele)
  • Du versuchst, Deine Ausbildung in einem anderen Betrieb fortzusetzen
    Das alles sind Möglichkeiten - ob und welche davon in Frage kommen, ahne ich natürlich nicht. Diese Ideen sind auch mehr als Anstösse denn als Vorschlag „geh sofort zu Deinem Scheffe, kündige, schnapp den Rucksack und hau ab nach Australien“ gemeint *fg*

Diese Möglichkeiten würde ich zwar prinzipiell mal durchdenken und mir dann auch so unangenehme Fragen stellen wie „Warum will ich Industriekaufleut werden? Weil das schon immer mein Traum war? Weil Mamma gesagt hat „mach erstmal ne Bürolehre“? Weil mir nix besseres eingefallen ist?“ und „Warum genau dieser Betrieb? Weil ich erhofft habe, dass die mir eine gute Ausbildung mitgeben? Weil ich mich viel zu spät beworben habe und froh war überhaupt noch was zu kriegen? Weil die nicht so genau auf den Mathefünfer geschaut haben?“ „Warum mache ich andauernd dumme Fehler? Traue ich mich nicht zu fragen? Bin ich unkonzentriert?“ Je nachdem wie das ausfällt - und das sollst Du bitte um Himmels Willen nicht in aller Öffentlichkeit sondern daheim im stillen Kämmerlein tun - würde ich mir Alternativen ausdenken.

Parallel würde ich mir Hilfe suchen. Hast Du einen Ausbilder in der Firma, dem Du vertraust? Einen Vorgesetzten? Einen älteren Kollegen, der in der Firma „was zu sagen“ hat? Einen Lehrer an der Berufsschule? Jemanden in der IHK? Einen früheren Lehrer aus der Schule? Eltern? Egal wer - wichtig ist, dass das ein Mensch ist, der etwas älter ist als Du (das Lehrmädel im zweiten Lehrjahr oder Dein Kumpel, der grad KFZ-Mechaniker lernt sind hier eher untauglich) und zu dem Du Vertauen hast. Eventuell sprich mit ihm auch über die oben erwähnten Fragen. Und überleg Dir selber, was Du für Auswege in Deiner jetzigen Firma siehst? Andere Abteilung? Andere Aufgaben? Vielleicht andere Ausbildungsschwerpunkte (Einkauf statt Sekretariat - oder was halt auch)? Ein offenes Gespräch? Mehr Unterstützung?

Ich weiss, alle diese Fragen stellt man sich nur äusserst ungerne. Wer gibt schon gerne zu, dass er Hilfe braucht? Oder wer gibt zu, dass er nur aus Verlegenheit diesen Beruf gewählt hat und sich nun reichlich fehl am Platz fühlt? Aber denk dran: wenn Du nicht aktiv wirst, wirst Du noch unglücklicher werden. Denn *Moraltanteraushäng* jetzt legst Du den Grundstein für Deine berufliche Zukunft, die Dich für die nächsten 50 Jahre (ungefähr) einen guten Teil Deiner Freizeit kosten wird :wink: Sprich, da lohnt sich ein wenig unangenehmes am Anfang vielleicht doch?

*wink* und alles Gute

Petzi