Künstliche v/s vom Körper produzierte Östrogene

Hallo an die Chemiegiganten,

wie erklären Chemiker eigentlich die unterschiedliche Wirkung von synthetisch/künstlich hergestellten Östrogenen, die bei der Anwendung eine Reihe von höchst unerwünschten Nebenwirkungen entfalten (wie etwa Gewichtszunahme, Thrombosen, Herzinfarkten und langfristig gesehen auch Krebs), während die vom Körper selbst hergestellten Östrogene keine dieser Wirkungen zeigen?

Was ist der Unterschied zwischen den beiden Varianten - irgendeinen muß es ja geben, sonst könnten sie nicht so unterschiedlich wirken.

Gruß,
Cantate

Was ist der Unterschied zwischen den beiden Varianten -
irgendeinen muß es ja geben, sonst könnten sie nicht so
unterschiedlich wirken.

Hi
Ich denke der Unterschied besteht vorallem darin, dass die einen vom Körper kommen, die anderen künstlich hinzugegeben werden :wink:

Lass es mich so erklären: die ganzen Hormone sind ein großes Mobile, jedes beeinflusst auf irgendeine direkte oder indirekte Art ein anderes. Der Körper hat ziemlich komplizierte Mechanismen, wie bestimmt wird, welche Menge Hormon (teilweise in Kombination mit anderen) ausgeschüttet werden.

Sieh dir doch in dem Zusammenhang die Wechseljahre an - da kommen Symptome auf, die mit dem Östrogen alleine nichts zu tun haben. Aber das Gesamtgleichgewicht ist gestört. Bis es sich irgendwann wieder einpendelt.

Ich denke einfach, dass künstliche Hormone ein bisschen wie Kanonen auf Spatzen sind, weil man nie so genau weiß, wann genau der Körper das Hormon braucht und ab wann es zu viel ist. Selbst im Tagesverlauf gibt es ja schon Schwankungen - wie will man da ein Medikament exakt dosieren.

Grüße

Laralinda

Moin!

wie erklären Chemiker eigentlich die unterschiedliche Wirkung
von synthetisch/künstlich hergestellten Östrogenen, die bei
der Anwendung eine Reihe von höchst unerwünschten
Nebenwirkungen entfalten (wie etwa Gewichtszunahme,
Thrombosen, Herzinfarkten und langfristig gesehen auch Krebs),
während die vom Körper selbst hergestellten Östrogene keine
dieser Wirkungen zeigen?

Leider ist es nicht so, wie man sich das wünschen würde: Ein Hormon = eine Funktion und für jede Funktion ein anderes Hormon.

Jedes Hormon ist an mehreren Vorgängen im Körpere beteligt und für die meisten Funktion benötigt man mehrere Hormon in unterschiedlichen Kombinationen und Mengenverhältnissen.
Und ein Großteil dieser Funktionen ist noch nicht mal aufgeklärt! Und es gibt bestimmt noch Dutznede anderer Funktionen von verschienden Hormonen, die wir gar nicht kennen.

Ein gezieltes Einsetzen eines Hormones zu einem genau definierten Zweck ist damit (derzeit) ganz einfach so gut wie unmöglich - es wird immer auch Einfluss auf andere Funktionen des Körpers geben.

Das ist ein bischen so wie bei Krebs-Patienten: Da hat man oft auch nur die Wahl zwischen Pech (Krebs) und Schwefel (Chemotherapie). Chemo macht auch keinen Spass, aber solange es nicht besseres gibt . . .

lg, mabuse

wie erklären Chemiker eigentlich die unterschiedliche Wirkung
von synthetisch/künstlich hergestellten Östrogenen, die bei
der Anwendung eine Reihe von höchst unerwünschten
Nebenwirkungen entfalten (wie etwa Gewichtszunahme,
Thrombosen, Herzinfarkten und langfristig gesehen auch Krebs),
während die vom Körper selbst hergestellten Östrogene keine
dieser Wirkungen zeigen?

Die Frage geht eigentlich nicht an die Chemiker, weil die synthetischen und die natürlichen Hormone identisch sind. Es ist wohl eher die unterschiedliche Physiologie. Sieh’ mich aber nicht als Fachmann an, ich mache hier Analogieschlüsse aus meiner Erfahrung mit der Blutgerinnung, die auch sehr komplex ist. Die Regulation am Entstehungsort, die Anforderung des Hormons durch Mangel anderer Stoffe, Konzentrationsgradienten im Körper, das alles kann man mit einer einmaligen Injektion oder über den oralen Weg nicht gut simulieren.
Udo Becker

Hallo Udo,

wie erklären Chemiker eigentlich die unterschiedliche Wirkung
von synthetisch/künstlich hergestellten Östrogenen, die bei
der Anwendung eine Reihe von höchst unerwünschten
Nebenwirkungen entfalten (wie etwa Gewichtszunahme,
Thrombosen, Herzinfarkten und langfristig gesehen auch Krebs),
während die vom Körper selbst hergestellten Östrogene keine
dieser Wirkungen zeigen?

Es ist wohl eher die unterschiedliche Physiologie. Sieh’ mich
aber nicht als Fachmann an, ich mache hier Analogieschlüsse
aus meiner Erfahrung mit der Blutgerinnung, die auch sehr
komplex ist. Die Regulation am Entstehungsort, die Anforderung
des Hormons durch Mangel anderer Stoffe,
Konzentrationsgradienten im Körper, das alles kann man mit
einer einmaligen Injektion oder über den oralen Weg nicht gut
simulieren.

Diese Erklärung, die auch von Laralinda und Mabuse im Großen und Ganzen gegeben wird, ist zumindest zum Teil der Grund dafür, daß sie so unterschiedlich wirken und ist für mich vollkommen nachvollziehbar.

Die Frage geht eigentlich nicht an die Chemiker, weil die
synthetischen und die natürlichen Hormone identisch sind.

Und genau das bezweifele ich, daß sie identisch sind - daher stellte ich die Frage ursprünglich im Brett Chemie… Vielleicht kannst du als Chemiker mir, als nicht-Chemikerin, zu meinen aufgeworfenen Fragen eine nachvollziehbare Antwort geben?

Kontrazeptiva - hier kommen verschiedene chemische Zusammensetzungen zum Einsatz, aus der Roten Liste:
Desogestrel
= 13-Ethyl-11-methylen-18,19-dinor-17a-pregn-4-en-20-in-17-ol
Medroxyprogesteronacetat
= 17-Hydroxy-6a-methyl-4-pregnen-3,20-dion
Levonorgestrel
= (-)-13-Ethyl-17-hydroxy-18,19-dinor-17a-pregn-4-en-20-in-3-on
Etonogestrel
= 13-Ethyl-17-hydroxy-11-methylen-18,19-dinor-17a-pregn-4-en-20-in-3-on
Norethisteronenantal
= 17-Hydroxy-19-nor-17a-pregn-4-en-20-in-3-on
Ethinylestradiol
= 19-Nor-17a-pregna-1,3,5(10)-trien-20-in-3,17-diol

Auch wenn einige Elemente wiederholt auftauchen, so ist die Zusammensetzung jeweils eine Andere und daher auch die Wirkung. Das dürfte belegen, daß diese Östrogene keineswegs „naturidentisch“ sind. Wenn daran überhaupt etwas naturidentisch ist, dann sind es m.E. nur einzelne Bestandteile des körpereigenen Östrogens, aber nicht des Östogenmoleküls insgesamt.

Das dürfte auch erklären, warum die chemischen Östrogene in ihrer Urform ausgeschieden werden und (über Kläranlagen) im Trinkwasser landen, was bei den körpereigenen Östrogenen nicht der Fall ist. Der Körper scheidet Körperfremdes konsequent aus und erkennt die synthetischen Östrogene offensichtlich nicht als körpereigene an.

Wären die chemischen Östrogene wirklich naturidentisch, würden sich auch die Zweiphasen- und Dreiphasen-Kontrazeptiva erübrigen, die eine Kombination von zwei oder mehreren der o.g. enthalten. Dann müssten die Einphasenpräparate ausreichen.

Bei der Menopause sind es wieder andere chemische Zusammensetzungen, die den Östrogenmangel ausgleichen sollen. Aber auch hier soll ja nur Östrogen ersetzt werden, das in der Menopause vom Körper nur noch in stark reduzierter Menge hergestellt wird. Also die gleiche Problematik bei chemischem Ersatz.

Über eine ausführliche Antwort, würde ich mich sehr freuen, denn über diese Frage synthetisch = naturidentisch?, zerbreche ich mir schon lange den Kopf…

Gruß,
Cantate

Off Topic : da du dich für Blutgerinnung interessierst: Lumbrokinase (Extrakt aus dem Regenwurm) - Literaturverzeichnis: http://www.allergyresearchgroup.com/Mar-2009-Focus-N…. Sollte auch in deutsch vorliegen. Interessant dabei: im Gegensatz zu z.B. Marcumar besteht ein vermindertes Risiko an unerwünschten Blutungen. Es soll die Blutgerinnung (Thrombozytenaggregation) hemmen also anti-thrombotisch wirken, fördert die Fibrinolyse durch Erhöhung der t-PA-Aktivität. Die Aktivität des t-PA-Inhibitors und die Prothrombinzeit bleiben unverändert.

Falls dir das bekannt ist, würde mich auch hierzu eine Stellungnahme interessieren, da ich eine Alternative zu Marcumar suche - würde eine Änderung aber dann nur in Absprache mit meiner Ärztin durchführen. Eine möglicherweise positive Bewertung von Lumbrokinase würde mich also nicht zu Leichtsinn verleiten…

Liebe Grüße,
Cantate

Moin Mabuse,

Danke Dir für die Antwort - durchaus nachvollziehbar. Siehe bitte auch meine Antwort an Udo Becker…

wie erklären Chemiker eigentlich die unterschiedliche Wirkung
von synthetisch/künstlich hergestellten Östrogenen, die bei
der Anwendung eine Reihe von höchst unerwünschten
Nebenwirkungen entfalten (wie etwa Gewichtszunahme,
Thrombosen, Herzinfarkten und langfristig gesehen auch Krebs),
während die vom Körper selbst hergestellten Östrogene keine
dieser Wirkungen zeigen?

Leider ist es nicht so, wie man sich das wünschen würde: Ein
Hormon = eine Funktion und für jede Funktion ein anderes
Hormon.
Jedes Hormon ist an mehreren Vorgängen im Körpere beteligt und
für die meisten Funktion benötigt man mehrere Hormon in
unterschiedlichen Kombinationen und Mengenverhältnissen.
Und ein Großteil dieser Funktionen ist noch nicht mal
aufgeklärt! Und es gibt bestimmt noch Dutznede anderer
Funktionen von verschienden Hormonen, die wir gar nicht
kennen.

Das ist alles richtig…

Ein gezieltes Einsetzen eines Hormones zu einem genau
definierten Zweck ist damit (derzeit) ganz einfach so gut wie
unmöglich - es wird immer auch Einfluss auf andere Funktionen
des Körpers geben.

Und hier fängt die Argumentation an zu kneifen: wenn ein körpereigenes Östrogen mit dem synthetisch hergestellten Östrogen „naturidentisch“ ist, wie allgemein behauptet wird, dann müßte es auch alle Funktionen erfüllen, die das Körpereigene erfüllt. Wenn es das aber nicht tut, dann ist es m.E. auch nicht „naturidentisch“, sondern eine synthetische und andersartige Mixtur - siehe Kontrazeptiva und chemische Zusammensetzungen in meiner Antwort an Udo Becker… Vielleicht kann er als Chemiker da konkretere Antworten liefern?

Das ist ein bischen so wie bei Krebs-Patienten: Da hat man oft
auch nur die Wahl zwischen Pech (Krebs) und Schwefel
(Chemotherapie). Chemo macht auch keinen Spass, aber solange
es nicht besseres gibt . . .

Das ist nochmal ein ganz anderes Thema - es gibt Alternativen im Bereich Naturheilkunde, die dem einen oder anderen Patienten zumindest Erleichterung und evtl. eine Besserung bringen könnten. Nicht alles, was dort erzählt wird ist Phantasie, so manches hat auch Hand und Fuß.

Liebe Grüße,
Cantate

Hallo Laralinda,

Auch Dir danke ich für die Antwort. Insgesamt treffen auch deine Begründungen zu, ebenso wie die von Mabuse und Udo Becker. Ich hatte meine Frage ursprünglich in das Brett Chemie gestellt, wurde dann vom MOD verschoben…

Was ist der Unterschied zwischen den beiden Varianten -
irgendeinen muß es ja geben, sonst könnten sie nicht so
unterschiedlich wirken.

Ich denke der Unterschied besteht vorallem darin, dass die
einen vom Körper kommen, die anderen künstlich hinzugegeben
werden :wink:
Lass es mich so erklären: die ganzen Hormone sind ein großes
Mobile, jedes beeinflusst auf irgendeine direkte oder
indirekte Art ein anderes. Der Körper hat ziemlich
komplizierte Mechanismen, wie bestimmt wird, welche Menge
Hormon (teilweise in Kombination mit anderen) ausgeschüttet
werden.
Sieh dir doch in dem Zusammenhang die Wechseljahre an - da
kommen Symptome auf, die mit dem Östrogen alleine nichts zu
tun haben. Aber das Gesamtgleichgewicht ist gestört. Bis es
sich irgendwann wieder einpendelt.
Ich denke einfach, dass künstliche Hormone ein bisschen wie
Kanonen auf Spatzen sind, weil man nie so genau weiß, wann
genau der Körper das Hormon braucht und ab wann es zu viel
ist. Selbst im Tagesverlauf gibt es ja schon Schwankungen -
wie will man da ein Medikament exakt dosieren.

Alles das ist richtig und nachvollziehbar. Bitte sieh dir meine Antwort an Udo Becker an - er hat den Punkt aufgeworfen, den ich im Sinn hatte, als ich die Frage stellte. Jetzt bin ich mal gespannt, welche Antwort er mir auf meine Zweifel geben kann, ob synthetische Östrogene wirklich naturidentisch sind, wie immer behauptet wird… Denn das ist es, was mir Kopfzerbrechen macht…

Grüße,
Cantate

Naturidentisch-synthetisch: Das ist streng wörtlich zu nehmen. Naturidentisch heißt, dass das Molekül synthetisch hergestellt wurde (oder aus natürlichen Quellen isoliert wurde was aber hier nicht gefragt war), aber in Zusammensetzung und Struktur dem natürlich vorkommenden Wirkstoff entspricht. Dies gilt auch für eventuelle sterische Strukturmerkmale.
Synthetisch kann entweder naturidentisch sein oder auch abweichend, aber mit den gewünschten funktionellen Eigenschaften. Hier ist ein weites Feld für Veränderungen am Wirkstoff die eine funktionelle Anforderung erfüllen, aber z.B. zusätzliche Eigenschaften haben. Typische zusätzliche Eigenschaften sind verlängerte Halbwertszeit in vivo oder verbesserte Stabilität des Wirkstoffs in der Flasche/Tablette/Hitze etc.
Bei komplexen Molekülen lässt man manchmal Gruppen weg, wenn sie für die gewünschte Funktion des Wirkstoffs nicht wichtig erscheinen. Beispiele sind Kohlenhydrate an Peptidhormonen wie Insulin. Da nimmt man an, dass der Kohlenhydratanteil nur für die Ausschleusung aus dem Golgi Apparat erforderlich ist. Bei molekularbiologisch hergestellten Proteinen (Fibrinolytika, Faktor VIII, Erythropoetin, Interleukine etc) fehlen die Kohlenhydratseitenketten, weil das Synthesesystem E. coli das nicht kann. Falls nötig kann man dann Hefezellen oder Hamsterzellen zur Synthese nehmen. Auf dem Markt sind z.T. Wirkstoffe die mit beiden Synthesesystemen hergestellt wurden.
Man kann daraus schließen, dass die heutigen Zulassungsverfahren so stringent sind, dass die Risiken, die aus einer von der Natur abweichenden Struktur erwachsen, ausreichend niedrig sind.
Du hast noch erwähnt, dass synthetische Östrogenvarianten/Derivate die Kläranlagen passieren, die natürlichen dagegen nicht. Das wäre mir neu. Der Anteil echt schwangerer Frauen ist aber um ein vielfaches geringer als der Anteil der oral kontrazeptiv therapierenden Frauen. Tatsache ist, dass unser heutiges geklärtes Abwasser in den Fließgewässern die Vermehrung der Fische behindert (Zwitterbildung).
Zu der Frage des Fibrinolyticums aus Regenwürmern antworte ich Dir per e-mail, muss mich auch erst etwas informieren.
Udo Becker

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Hallo Udo,

erst einmal meinen herzlichen Dank für die detaillierte Erläuterung der chemischen Vorgehensweise.

Ich will mal versuchen die Problematik zusammenzufassen - bitte berichtige mich, falls ich etwas mißverstanden habe.

Mabuse: jedes Hormon ist an vielen Vorgängen beteiligt, kooperiert mit anderen bei unterschiedlichen Kombinationen und Mengenverhältnissen. Die meisten Funktionen und Abhängigkeiten sind uns bis heute unbekannt. Der Einsatz eines Hormons wird auch immer Funktionen beeinflussen, die wir noch nicht kennen.

Laralinda: Hormonfunktionen sind ein großes Mobile, alle beeinflussen sich gegenseitig über komplexe Mechanismen. Zu unterschiedlichen Zeiten werden auch unterschiedliche Hormonmengen benötigt, damit wird eine genau Dosierung unmöglich.

Deine erste Antwort: unterschiedliche Physiologie des Körpers, der das Östrogen aufnimmt, vorliegende unterschiedliche Regulation, Mangel anderer Stoffe beeinflußt die Wirkung des Hormons, unterschiedliche Konzentrationsgradienten im Körper.

Als Beispiel für die Problematik der Dosierung bieten sich Insulin bei Diabetikern, Marcumar bei Blutgerinnungsstörungen an.

Naturidentisch-synthetisch: Das ist streng wörtlich zu nehmen.
Naturidentisch heißt, dass das Molekül synthetisch hergestellt
wurde (oder aus natürlichen Quellen isoliert wurde was aber
hier nicht gefragt war), aber in Zusammensetzung und Struktur
dem natürlich vorkommenden Wirkstoff entspricht. Dies gilt
auch für eventuelle sterische Strukturmerkmale.

So weit ist’s klar. Ich ging bisher davon aus, daß die Behauptung naturidentisches Hormon, genau dieses Hormon in seiner Gesamtheit, mit allen Substanzen und Funktionen dupliziert. Gemäß deiner Beschreibung trifft das aber offenbar nicht zu. Es werden nur die davon benötigten Teile dupliziert.

Synthetisch kann entweder naturidentisch sein oder auch
abweichend, aber mit den gewünschten funktionellen
Eigenschaften. Hier ist ein weites Feld für Veränderungen am
Wirkstoff die eine funktionelle Anforderung erfüllen, aber
z.B. zusätzliche Eigenschaften haben. Typische zusätzliche
Eigenschaften sind verlängerte Halbwertszeit in vivo oder
verbesserte Stabilität des Wirkstoffs in der
Flasche/Tablette/Hitze etc.

Diese Veränderungen führen möglicherweise zu einer anderen Funktionsweise im Körper und damit zu den verflixten Nebenwirkungen, die keiner will.

Bei komplexen Molekülen lässt man manchmal Gruppen weg, wenn
sie für die gewünschte Funktion des Wirkstoffs nicht wichtig
erscheinen. Beispiele sind Kohlenhydrate an Peptidhormonen wie
Insulin. Da nimmt man an, dass der Kohlenhydratanteil nur für
die Ausschleusung aus dem Golgi Apparat erforderlich ist.

Erscheinen - nimmt man an: was aber, wenn er noch weitere bisher unbekannte Funktionen hat? Das wurde wohl auch getestet, wobei wichtig wäre zu erfahren, wie langfristig oder ob das am Menschen langfristig, bei der Komplexität der Funktionen überhaupt genau nachvollziehbar wäre/ist.

Bei molekularbiologisch hergestellten Proteinen (Fibrinolytika,
Faktor VIII, Erythropoetin, Interleukine etc) fehlen die
Kohlenhydratseitenketten, weil das Synthesesystem E. coli das
nicht kann. Falls nötig kann man dann Hefezellen oder
Hamsterzellen zur Synthese nehmen.

Grob betrachtet, werden also Kohlenhydratseitenketten, die natürlicherweise enthalten sind, hier durch Anderes ersetzt, was man wohl als körperfremd bezeichnen muß. Auch hier stellt sich die Frage, wie langfristig wurde das am Menschen getestet? Sind es derartige Veränderungen, die langfristig zu den unerwünschten Nebenwirkungen führen können, ohne daß man genau weiß, wie diese tatsächlich zustande kommen? Einfach deshalb, weil man über die komplexen Gesamtfunktionen noch nicht genug weiß, das aber in Kauf nimmt, weil man sonst das dringend benötigte Medikament gar nicht hätte?

Auf dem Markt sind z.T. Wirkstoffe die mit beiden Synthesesystemen :hergestellt wurden. Man kann daraus schließen, dass die heutigen
Zulassungsverfahren so stringent sind, dass die Risiken, die
aus einer von der Natur abweichenden Struktur erwachsen,
ausreichend niedrig sind.

Für viele von der Natur abweichende Strukturen stimmt das sicherlich. In jüngerer Vergangenheit hat sich allerdings gezeigt, daß die Zulassungsverfahren wohl nicht ganz so stringent sind, wie sie sein sollten - doch das ist wieder ein anderes Thema.

Aus dem oben gesagten ergibt sich wohl, daß man bei sog. naturidentischen, synthetisch hergestellten Stoffen, bei der Frage, ob sie dem körpereigenen Stoff entsprechen, antworten müßte: JAEIN! Ein Teil wird naturidentisch dupliziert, aber nicht unbedingt alles.
Bleiben Funktionen unberücksichtigt, weil man meint, sie seien nicht nötig, hat man etwas verändert.

Auf Grund der Komplexität des Geschehens, wie auch von Mabuse und Laralinda beschrieben, ist die langfristige Wirkung auf den Körper dann kaum noch abschätzbar. Hier hebe ich auf langfristig ab, denn kurz- manchmal auch mittelfristig werden die Wirkungen ja erfaßt. Langfristig oft aber erst nach jahrelanger Verwendung der Substanz - was bei der Hormontherapie während der Menopause inzwischen dazu geführt hat, daß die Krankenkassen davon abraten. Hier wurden die Folgen (Nebenwirkungen) erst nach vielen Jahren sichtbar.

Ich möchte hier niemandem zu nahe treten. Während meiner Ausbildung habe ich mal versucht den eigentlich recht simplen Zitronensäurezyklus genau nachzuvollziehen - auf einer großen Tafel! Viele der daran beteiligten Substanzen sind bekannt, als ich aber versuchte herauszufinden, was jede einzelne von ihnen bewirkt, fiel auf, daß vieles nur Pauschal bekannt, anderes noch unbekannt ist, die Verschachtelungen extrem komplex sind - letztlich gab ich auf, die Tafel war auch viel zu klein!

Insoweit kann ich mal wieder nur meiner Ärztin zustimmen: so viel Medikamente wie nötig, aber so wenig wie möglich. Solange wir so wenig über die tatsächlichen Vorgänge im Körper wissen, ist höchste Vorsicht angebracht und die Chemiker beneide ich bestimmt nicht um ihre Aufgabe hier versuchen zu müssen, möglichst alles zu berücksichtigen. Man kann sich dabei nur noch wundern und staunen, wie dieser Körper, in seiner Komplexität und dennoch Perfektion, je zustande kommen konnte… Die Evolution brauchte dazu einige Millionen Jahre, Chemiker, Biologen und Ärzte gibt’s dagegen erst seit einigen Hundert Jahren… Bis sie mit der Evolution gleichziehen, wird’s wohl noch ein Weilchen dauern. :wink:

Herzliche Grüße,
Cantate

Ich kann dazu nur pauschal antworten. Die naturwissenschaftlich basierte Medizin ist ein breit angelegtes Wissensgebiet, das sich ähnlich wie die Naturwissenschaften selbst weiter entwickelt. Die Weiterentwicklung baut auf gesicherten Erkenntnissen auf. Gesichert sind Erkenntnisse dann, wenn Ergebnisse mehrfach unabhängig und widerspruchsfrei reproduzierbar sind. Irrtümer gibt es immer wieder, die in der Medizin natürlich Schaden anrichten können, bevor sie erkannt sind.
Von der heutigen Medizin profitieren wir alle. Bei Dir sehe ich, dass Du überall nach versteckten Gefahren und Risiken suchst. Gleichzeitig erwägst Du eine Jahrzehnte bewährte Therapie (Marcumar) durch eine völlig ungesicherte nicht zugelassene Methode (Lumbrokinase) zu ersetzen. Apropos Lumbrokinase: Regenwurm- Extrakt mit fibrinolytischer Aktivität. Ein Enzym. Es mag die Aktivität eines fibrinolytischen Enzyms haben, aber im Magen wird es schlicht verdaut. Eine Zulassung als Therapeutikum ist hoffnungslos. Daher wird es über die Schiene Nahrungsergänzungsmittel vertrieben. Chinesische Anbieter vertreiben Rohextrakt im Kg Maßstab. Cave !
Grüße Udo Becker

Hallo,

Von der heutigen Medizin profitieren wir alle.

Das ist richtig und ich stimme dir da uneingeschränkt zu.
Andererseits kann sie aber auch viel Schaden anrichten, wenn sie nicht mit der nötigen Sorgfalt eingesetzt wird.

Bei Dir sehe ich, dass Du überall nach versteckten Gefahren und :Risiken suchst.

Nein, ich versuche nur, mich vor unnötigen Risiken zu schützen. Hätte ich als junger Mensch mehr über die Alternativen gewußt, hätte ich mir viel Leid ersparen können. Hätte ich der von Medizinern vorgegebenen OP zugestimmt, könnte ich heute zu den Quadruplegikern gehören, würde aber mindestens im Rollstuhl sitzen. Sich nach gesünderen Methoden umzusehen, hat mir das erspart und ich kann ein fast normales Leben führen. Hätte ich in jungen Jahren die Einnahme der Pille verweigert, die mir wegen Akne verschrieben wurde, hätte ich keine Thrombosen bekommen, hätte heute nicht diese Gefährdung und müßte Marcumar nicht schlucken.

Gleichzeitig erwägst Du eine Jahrzehnte bewährte
Therapie (Marcumar)

Marcumar ist sicherlich das beste dieser Art Medikamente, aber auch dieses hat Nebenwirkungen, belastet die Leber und Nieren und beinhaltet immer ein Blutungsrisiko.

durch eine völlig ungesicherte nicht
zugelassene Methode (Lumbrokinase) zu ersetzen.

Aus westlicher Sicht mag das so zutreffen. Tatsache ist aber, daß dieses Mittel in China schon viele Jahre erfolgreich angewendet wird, zahlreiche Studien durchlaufen hat. Auch in den USA hat es schon kleinere Studien durchlaufen. Dabei fiel auf, daß Lumbrokinase nur im Zusammenhang mit Fibrin aktiviert wird, was insgesamt das Blutungsrisiko reduziert, während es gleichzeitig die Thrombozytenaggregation hemmt. Bei vorurteilsfreier Betrachtung könnte es, weil es anders ansetzt, eine bessere Alternative zu Marcumar darstellen.

Wer sich mit der Entwicklung von Medikamenten im Rahmen der tibetischen und chinesischen Medizin befaßt hat, die sich über mehr als 3000 Jahre entwickelt haben, wird feststellen, daß dies nach ganz anderen als den westlichen Kriterien geschieht. An diesen Mitteln wurde so lange „gefeilt“ bis die Gesamtkombination keine Nebenwirkungen mehr hatte. Im Westen werden Nebenwirkungen immer wieder mit weiteren Medikamenten bekämpft, die ihrerseits wieder Nebenwirkungen haben, daher kommt so mancher auf 10 bis 20 verschiedene Medikamente… Wie soll man damit denn gesund werden?

Apropos Lumbrokinase: Regenwurm-Extrakt mit fibrinolytischer
Aktivität. Ein Enzym. Es mag die Aktivität eines
fibrinolytischen Enzyms haben, aber im Magen wird es schlicht
verdaut.

Na und? Auch Marcumar wird im Magen erst mal verdaut und entfaltet später dennoch seine Wirkung! Wenn man es nicht schnell genug schluckt, löst es sich schon im Mund auf. Das trifft auf die meisten Medikamente zu, es sei denn sie sind in eine Retardkapsel verpackt, die sich erst im Darm auflöst. Aber auch dort gibt es allerlei Enzyme und Verdauungsvorgänge, dennoch wirken sie…

Eine Zulassung als Therapeutikum ist hoffnungslos.

Wie so manches Gute, wird auch dies blockiert bzw. gar nicht erst in Betracht gezogen. Ähnliche Geschichte bei der Osteopathie: in den USA inzwischen ein uraltes Verfahren, in England und Frankreich seit über 10 Jahren als eigenständiger Facharztberuf anerkannt. In Deutschland erst seit knapp einem Jahr überhaupt zugelassen! Warum lernt man bei uns, wenn überhaupt, so wenig oder erst so spät etwas von anderen Ländern? Warum sperrt man sich bei uns derart gegen alles, was andere bereits gründlich untersucht haben? Warum wird es nicht einfach zügig nochmals überprüft und dann zum Wohle zahlreicher Patienten übernommen?

Daher wird es über die Schiene Nahrungsergänzungsmittel
vertrieben. Chinesische Anbieter vertreiben Rohextrakt im Kg
Maßstab. Cave !

Ja - Vorsicht ist bei allem angebracht. Die Verschreibungspflicht für Medikamente ist in dem Sinne ebenfalls ein großes CAVE - WEGEN der Nebenwirkungen sind sie nicht frei verkäuflich. Dennoch sind viele Mittel frei verkäuflich, die es wegen der Nebenwirkungen nicht sein dürften.

Wer heute gesund bleiben oder werden will, kommt nicht umhin sich in alle Richtungen zu informieren, sich einen Arzt zu suchen, der auch für die alternativen oder besser komplementären Möglichkeiten offen ist und dann mit dessen Hilfe den individuell für sich richtigen Weg zu wählen. Das kann dann durchaus auch eine Kombination von Pharmapräparaten, Naturheilkunde, sog. Außenseitermethoden sowie Nahrungsergänzungsmitteln sein.

Keine dieser Richtungen weiß alles, wenn sie aber zusammenarbeiten, ihr Wissen kombinieren, können sie gemeinsam viel mehr erreichen und den Menschen besser helfen, als wenn jeder nur sein eigenes Süppchen kocht! Viele Ärzte, Heilpraktiker und noch mehr Patienten haben das längst erkannt.

Herzliche Grüße,
Cantate

[MOD]: es wird offtopic
Hallo liebe Leut,

langsam wird es offtopic. Wenn ihr euch über das Für und Wider der Schulmedizin bzw. alternative Heilmethoden unterhalten wollt, dann eröffnet dafür bitte einen neuen Thread im Medizin-Brett.

Liebe Grüße
Cess (MOD)