Hallo,
Kündigungsschutz besteht in diesem Fall nicht. Hier gibt es nur schwarz oder weiß. Im Falle einer Kündigung müßte die Arbeitnehmerin gem. § 612a BGB beweisen, dass die Kündigung ausgesprochen worden ist, weil die Arbeitnehmerin gegen die UGeld-Streichung vorgegangen ist. Hier ist Vorsicht angeraten, denn es gilt kein Anscheinsbeweis und keine Beweiserleichterung vor Gericht. Kann die Arbeitnehmerin dennoch den Beweis erbringen, indem sich zum Beispiel der Patron bei Gericht verplappert (ich mußte ihr doch kündigen, wenn sie mich verklagt; solche Aussagen kommen bei kleinen Arbeitgebern öfter vor, als man denkt), dann ist die Kündigung unwirksam. Sicher, nach dem Bundesverfassungsgericht gibt es auch für Kleinbetriebe so etwas wie einen Mini-Kündigungsschutz. Auch der führt aber nicht dazu, dass der Arbeitgeber die Rechtfertigung der Kündigung beweisen muß, sondern der Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit der Kündigung. Viel hilft das Urteil des BVerfG in der Praxis nicht weiter.
Unabhängig von einem schriftlichen Arbeitsvertrag besteht hier meiner Meinung nach ein Rechtsanspruch auf das volle Urlaubsgeld, nicht nur die Hälfte oder weniger. Mittlerweile sind die Voraussetzungen zur Entstehung einer betrieblichen Übung enger gezogen, als vor 2004 und 2003. Sie dürfte hier dennoch unproblematisch anzunehmen sein. Allein die einmalige Kürzung der Gratifikation im Jahr 2005 führt nicht zur Beseitigung der Betrieblichen Übung. Die für solche Fälle erfundene „negative Betriebliche Übung“ kann einen zum Vertragsbestandteil gewordenen Anspruch ebenfalls beseitigen. Nach der sehr stark vereinfachten Faustregel jedoch auch erst nach dreimaliger Nichtgewährung hintereinander. Das ist aber wirklich sehr vereinfacht gesagt.
Diese Sache muß kein Anwalt machen. Ich würde damit selbst zum Arbeitsgericht gehen und das Urlaubsgeld einklagen. Spricht dann der Arbeitgeber wirklich die Kündigung aus, kann man im selben Prozeß Kündigungsschutzklage erheben und dann könnte es gut sein, dass der Arbeitgeber bei Gericht patzen wird und sich im o.g. Sinne verplappert. Ist auf Arbeitnehmerseite ein Anwalt dabei, dann wird sich der Arbeitgeber auf die Zähne beissen. Wenn das Tischtuch nicht zerschnitten ist, wird man sich wieder zusammenraufen und der Arbeitgeber wird zahlen. Wenn es zerschnitten ist, redet man über eine Abfindung, vorausgesetzt gute Aussichten in der Kündiunggschutzklage.
Wer in diesem Fall das Risiko einer Kündigung nicht eingehen möchte, der sollte nicht wegen der Kürzung klagen. Ich halte das Risiko eines Kündigungsausspruchs und die Kündigung zu verlieren für hoch.
Eine ganz andere Möglichkeit besteht auch noch darin gem. Nachweisgesetz vom Arbeitgeber die schriftliche Erteilung der wesentlichen Vertragsbedingungen zu verlangen. Darin könnte man erst einmal sehen, was er zum Thema Urlaubsgeld schreibt. Steht das Urlaubsgeld dann nicht in voller Höhe drin, könnte man auch dagegen klagen. Jedoch ist das nicht so einfach, weil man immer auf Leistung klagen muß, wenn man kann. Also könnte einem das Gericht sagen, dass man in diesem Fall das Geld selbst einklagen muß, nicht nur die Vertragsbedingung. Ein gangbarer Umweg wäre es aber doch, weil ich bei dieser Klage nicht gleich mit einer Arbeitgeberkündigung rechnen würde.
Viele Grüße
Thomas Thies