Kugellager wechseln, Passungen, Temperaturen usw

Hallo!

Ich habe diese Woche meinen alten MZ-Motor mal generalüberholt.
Das hat geklappt, aber paar Fragen sind dazu noch offen:

Ich habe alle Kugellager in dem Motor gewechselt.
Die Lager sitzen im Alu-Gehäuse, also habe ich das Gehäuse mit einer Propangas-Heizkanone angewärmt, wie das original-Reparaturhandbuch es vorschreibt.
Die Lager gingen dann leicht und Materialschonend raus, und die neuen leicht hinein.
Ist ja kein Problem, in der Anleitung steht, Gehäuse auf 100° erwärmen usw.
Paar Wassertropfen drauf, wenn es kocht, ist es gut.

Problematischer ist es aber gewesen, die Kurbelwelle einzusetzen.
Auf der einen Seite sitzen 2 Kugellager für die Kurbelwelle hintereinander,
ich hatte die Lager also schon in das Motorengehäuse eingesetzt.
Dann war der nächste Akt, die Lagerinnenringe anzuwärmen, und die Kurbelwelle hineinzusetzen.

Im Rep- Handbuch steht, Lager mit Heizpilzen auf 150° anwärmen.
Als moderner Mensch hab ich natürlich darauf verzichtet, Heizpilze zu drehen, sondern hab eine Heissluftpistole benutzt.

Leider hat das erst beim 4. Versuch geklappt, weil ich die Temperatur nicht einschätzen konnte.
Das ging erst, als das Konservierungsöl der Lager langsam abgeraucht ist.

So, nun die Fragen dazu, wenn ich sowas wieder mal machen will oder soll:

  • Gibt es da eine allgemeingültige Regel, wenn man Kugellager aus Stahl auf eine Welle auf Stahl montieren will,
    wie heiss das sein muss?
  • Ist das vom Wellendurchmesser abhängig?
  • Gibt es da Grenzen, über die man ein Kugellager nicht erhitzen soll? (ich hab aus dem Grund extra welche mit Metallkäfig gekauft)
  • Wie kann ich die Temperatur des Lager-Innen-Ringes bestimmen?
    -Ist es denkbar, in Problemfällen mit dem Gefrierfach des Kühlschrankes oder Kältespray zu arbeiten?

Ich besitze so ein IR-Pyrometer, , diese Geräte zeigen bei blanken Metalloberflächen aber nichts gescheites an.
Mein Nachbar meinte heute, vielleicht mit einem schwarzen Faserstift einen Punkt auf das Lager malen, und den Punkt messen. Wird das was?

Nachbar hat mir weiterhin gesagt, in der Firma, wo er arbeitet, werden immer mal irgendwelche Wälzlager von Motoren usw. gewechselt,
manchmal machen die Betriebshandwerker es selbst, manchmal kommen auch Monteure.
Die Profi´s hätten da irgendwelche Induktionsheizer für die Lager, und kleine magnetisch haftende Thermometer,
und die würden immer bis auf 110° heizen.
Vielleicht kann mir dazu auch jemand was schreiben.
Induktionsheizer lohnt sich für meine Zwecke natürlich nicht.
Aber so ein kleines Thermometer vielleicht schon, wenn es nicht teuer ist,
weil die nächste Oldtimerrestauration schon ansteht.

Grüße,
Edelherb!

Hallo Steffen

Auf der einen Seite sitzen 2 Kugellager für die Kurbelwelle
hintereinander,
ich hatte die Lager also schon in das Motorengehäuse
eingesetzt.

Da wäre es besser gewesen, die Lager auf die Kurbelwelle zu setzen, das Ganze in das Eisfach (ca. 1h), das Gehäuse anwärmen und einsetzen.

Im Rep- Handbuch steht, Lager mit Heizpilzen auf 150°
anwärmen.

Das war nach dem damaligen Stand der Technik korrekt.

sondern hab eine Heissluftpistole benutzt.

Fehler, weil…

weil ich die Temperatur nicht einschätzen konnte.
Das ging erst, als das Konservierungsöl der Lager langsam
abgeraucht ist.

Dann hast du schon schädliche Veränderungen an den Bauteilen.

So, nun die Fragen dazu, wenn ich sowas wieder mal machen will
oder soll:

  • Gibt es da eine allgemeingültige Regel, wenn man Kugellager
    aus Stahl auf eine Welle auf Stahl montieren will,
    wie heiss das sein muss?

Das hängt von der Passung ab, je enger, desto größerer Temp-Unterschied erforderlich.

  • Ist das vom Wellendurchmesser abhängig?

Indirekt, je größer der Dm, desto mehr Dehnung oder Schrumpfung pro °C.

  • Gibt es da Grenzen, über die man ein Kugellager nicht
    erhitzen soll?

Die Änderung der gewollten Materialeigenschaften wie z.B. Härte begrenzen
den Wärme Eintrag auf ca. 230°C.

  • Wie kann ich die Temperatur des Lager-Innen-Ringes
    bestimmen?

Durch Kontaktfühler oder Temperatur Indikator Stifte.

-Ist es denkbar, in Problemfällen mit dem Gefrierfach des
Kühlschrankes oder Kältespray zu arbeiten?

Ja, allerdings eignet sich Kältespray nur für kleine, dünnwandige Teile.

Ich besitze so ein IR-Pyrometer, diese Geräte zeigen bei
blanken Metalloberflächen aber nichts gescheites an.

Wenn man die Temperatur vor dem Erwärmen misst und nur die Wärme Differenz berücksichtigt, geht das auch.

Faserstift einen Punkt auf das Lager malen, und den Punkt
messen. Wird das was?

Schwerlich, weil sich die Farbe verändern wird und damit die T-Anzeige

Die Profi´s hätten da irgendwelche Induktionsheizer für die
Lager, und kleine magnetisch haftende Thermometer,
und die würden immer bis auf 110° heizen.

Das ist die übliche Praxis.

Aber so ein kleines Thermometer vielleicht schon, wenn es

Auch hier kannst du auf die Innenthermometer für Autos zurückgreifen, wenn du nicht absolute Werte sondern nur die Differenz wertest.
Sonst, Stifte, das ist das Handlichste, auch nicht billigste.

Grüße,

dito
R.

Hallo,

Leider hat das erst beim 4. Versuch geklappt, weil ich die
Temperatur nicht einschätzen konnte.
Das ging erst, als das Konservierungsöl der Lager langsam
abgeraucht ist.

So, nun die Fragen dazu, wenn ich sowas wieder mal machen will
oder soll:

  • Wie kann ich die Temperatur des Lager-Innen-Ringes
    bestimmen?

Mit einem Temperaturstift.
Diese Stifte gibt es für verschiedene Temp.-Bereiche.
Bei dem Erreichen der Ref. Temp. tritt eine Verfärbung der markierten Stelle ein.

Grüße
Markus

Hallo!

Ganz vielen Dank für die nützlichen Antworten,
von den Temperaturstiften habe ich noch nie was gehört.
Das ist genial,
das werde ich testen. Ich brauche für meine Zwecke ja auch nur einen oder 2.

MfG,
Steffen!

Hi,

vergiss die Stifte denn diese sind viel zu grob bzgl. der Temperatur. Diese hat man früher in der Schweißtechnik auch eingesetzt um die Vorwärmtemperaturen zu „messen“. Ist Steinzeittechnik! Nimm besser ein Kontaktthermometer. Das kostet nicht mehr die Welt und ist genauer.

Gruß vom Raben

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Hallo Edelherb!

zunächst zur Temperaturmessung: Ob das mit Pyrometer und Farbe funktioniert, kann ich Dir nicht sagen, musst Du evtl. ausprobieren: Schraube mit Farbpunkt versehen, in Eiswasser halten, warten, Temperatur messen und mit kochendem Wasser wiederholen. Aber heute gibt es bereits preiswerte Digitalmultimeter, an die man auch recht preisgünstige Thermoelemente anschließen kann. Die sind sehr genau.

  • Gibt es da eine allgemeingültige Regel, wenn man Kugellager
    aus Stahl auf eine Welle auf Stahl montieren will,
    wie heiss das sein muss?
  • Ist das vom Wellendurchmesser abhängig?

Was sagt die Physik? Metalle dehnen sich (im betrachteten Temperaturbereich) linear mit Zunahme der Temperatur aus. Die Proportinalitätskonstante nennt sich linearer Ausdehnungskoeffizient alpha (Werte: Internet). Wenn Du eine Stahlwelle mit dem Durchmesser d hast und um X °C erwärmst, dann ist der Durchmesser hinterher

d * alpha * X

Eine Bohrung dehnt sich genauso aus wie eine Welle. Ob das dann reicht, weiß ich leider nicht, da musst du die Maschinenbauer fragen, da gibt es bestimmt Regelwerke dazu.

  • Gibt es da Grenzen, über die man ein Kugellager nicht
    erhitzen soll? (ich hab aus dem Grund extra welche mit
    Metallkäfig gekauft)

Die Kugeln werden aus gehärtetem und angelassenem Stahl gemacht. Die Anlasstemperatur beträgt üblicherweise ca. 180 °C. Macht man die Kugeln wärmer, werden sie weicher. Du kannst mal im Internet „100Cr6“ und „Anlassschaubild“ googeln, dann solltest Du Werte finden. Ach, so: das Fett: ggf. nachfetten.

-Ist es denkbar, in Problemfällen mit dem Gefrierfach des
Kühlschrankes oder Kältespray zu arbeiten?

Das oben Geschriebene gilt auch für die Erniedrigung der Temperatur. Wenn also bei 180 °C Schluss ist und es immer noch nicht passt, kann man das andere Teil abkühlen. Das Problem dabei ist, dass man durch Abkühlen ohne spezielles Equipment nicht allzu große Temperaturdifferenzen erreichen kann. Und wenn man es doch kann, muss man auch wieder aufpassen, weil manche Stähle kaltspröde sind. Ich weiß aber nicht, wo das anfängt.

So, das war der Senf des Physikers.

Grüße, Thomas