Kuh - blöd UND blind?

Wieso werden gerade der Kuh diese beiden Ausdrücke zugeschrieben? Sind Kühe so unintelligent und haben schlechte Augen???

Freue mich auf eure Antworten!
Elisabeth

Sind Kühe so unintelligent und haben schlechte
Augen?

Na dann mal los:

Eine Kuh ist im Grunde, eigentlich und ursprünglich ebensowenig dumm, wie ein Schwein schmutzig, ein Wolf gefräßig, ein Fuchs schlau, eine Katze falsch oder ein Pfau eitel ist.

Es hat aber den Menschen gefallen, seit Äsops Zeiten schon, den Tieren in Fabeln und im Alltag Eigenschaften beizulegen, die nach der Meinung der Menschen diesen Tieren am ehesten entsprachen.

Bei einigen leuchtet es ein: Wenn ein Pfau sein Rad schlägt, sieht das ganz schön angeberisch aus, ist es auch, da der Pfauhahn so seine Hennen für sich gewinnen will.
Die unabhängige Katze, die mal geht und wieder kommt, mag manchen an bestimmte Frauen erinnert haben.
Dass die Angewohnheit der Schweine, die sich aus hygienischen (!) Gründen im Schlamm suhlen, für einen Menschen nicht angeht, hat sie eben zu „Schweinen“ gemacht.

Weshalb der Fuchs schlau sein soll, ehe er es in der Fabel wurde, und warum man dem Wolf so böse Sachen, wie den Verzehr von kleinen Mädchen und Omas nachsagt, ist mir nicht klar. Man sah den Wolf vielleicht als Konkurrenten beim Nahrungswettbewerb, obwohl neuere Beobachtungen hier einiges richtig stellten.

Nun kann man den Kühen, die seit Jahrtausenden in Abhängigkeit des Menschen leben, und dadurch alle Instinkte und „Erfahrungswissen“, das z. B. Wildrinder durchaus besitzen, verloren haben, nicht unbedingt mehr allzuviel Eigeninitiative zuschreiben.
Sie lassen sich melken (auch hierzu gibt es die Metapher: jemanden melken, oder der ist eine richtige Melkkuh), zum Schlachter führen (man sagt: nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber) und stehen vor einem neuen Stalltor ratlos da und weigern sich einzutreten, weil sie den Eingang zum Stall nicht wieder erkennen. Stallkühe erschrecken auch leichter bei einigen Wetterphänomenen, daher man auch sagt: dastehen wie die Kuh, wenn es donnert. Das kann freilich auch Wildrindern oder Halbwildrindern geschehen, dazu denke man an die eindrucksvollen Bilder von Stampeden in vielen Western.

Das sind, denke ich, Beobachtungen, die in unserem Kulturkreis der Kuh den Ruf, dumm zu sein, einbrachten.

Und wer dumm ist, ist meist auch blind für die Wirklichkeit; weshalb denn ein Kind, das im Spiel die Augen verbunden bekommt, und deshalb die anderen Kinder nicht erkennen kann, dumm wie eine Kuh und in diesem Fall auch blind ist. Meines Wissens wird nur bei diesem Spiel von „Blinde Kuh“ gesprochen, sonst ist es die dumme Kuh.

Ich sagte oben ausdrücklich: in unserem Kulturkreis.

Den Griechen galt die Kühe als schön, weshalb denn Hera auch bo-opis, - leider kennt das Netz offensichtlich keine griechischen Buchstaben - das ist: die „kuhäugige“ Göttin genannt wurde. Zeus höchstpersönlich nahm die Gestalt eines Stieres an, um sich Europa zu nähern.

Den Indern gelten die Kühe heute noch als heilig und verehrenswert, so dass - und das habe ich selber erlebt - ein Inder einer Frau sagen kann: Du bist schön wie eine Kuh. Und das ist ein Kompliment.

In Frankreich übrigens sagte man nicht zu dummen, sondern von bösen, zänkischen Frauen, sie seien Kühe.

Das ist, was ich dazu zusammenbrachte.
Ich hoffe, es hilft und erfreut.

Mit besten Grüßen
Fritz Ruppricht

Hallo Elisabeth!

Kühe sind ausgesprochen geduldig, ruhig und bringen den Menschen so viel Nutzen, daß Millionen von dem leben, was sie produzieren, nämlich Milch und Fleisch.
Deshalb hält man sie wohl für doof.
Schlechte Augen? Da habe ich nie etwas von gehört.
Gruß Werner

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Ja! Danke, du kennst dich ja wirklich bestens aus!!

Elisabeth :o)

vielleicht noch ne idee zu „blinde kuh“. den kühen, rindern wurden bzw. werden oft die augen verbunden, wenn sie „abgeführt“ werden,damit sie z.B. nicht sehen über was für ein dünnes brett sie auf den wagen laufen. Naja, heute wird das vielleicht nicht mehr so oft gemacht, weils zu lange dauern würde.

Fabeltiere und heilige Kühe
Ganz recht weist Herr Ruppricht darauf hin, daß manche Tiereigenschaften eher den (kulturkreisspezifischen) Traditionen von Fabeln entspringen, wogegen andere Zuordnungen vielmehr aus mythischen bzw. religiösen Kontexten zu entnehmen sind.

Die Eigenschaften von Fabeltieren sind eigentlich ja überhaupt keine Eigenschaften der Tiere, sondern Eigenschaften von Menschen. Die Mimik, Gestik und Körpersprache gibt eben manche Assoziation an tierische Merkmale und dann werden diese auf die Tiere projiziert (hier ist „Projektion“ ganz im Sinne auch des psychoanalytischen Terminus gemeint). So ist es ja nicht der Pfau, der „eitel“ ist, indem er sein Rad schlägt, nicht der Affe, der „albern“ ist, nicht das Schwein, das „dreckig“ ist, nicht die Kuh, die „dumm“, weil regungslos, dasteht, sondern jeweils der Mensch, dessen Eigenart mit Hilfe dieser Assoziationen bildlich verdeutlichend dargestellt wird.

Die Kuh spielt derweil als Mythem eine erhebliche und wichtige Rolle in vielen religiösen kultischen Zusammenhängen, besonders in kosmologischen und (vor allem) in kosmogonischen. Geradezu „internationaler“ Standard scheint dabei zu sein, das Rind überhaupt als Repräsentanten des Kosmos (Himmel UND Erde) zu setzen. Daß dies bereits in französischen und spanischen Höhlenmalereien der Fall war, hat die saarländische Höhlenforscherin Marie König nachweisen können. Auch die Edda hat die authumbla als Gestalt der mythischen Urzeit (i.e. der Welt „bevor sie entstand“).

Übrigens konnte Marie König nachweisen (für die französischen Paläoanthropologen überzeugend, für mich auch, in D hatte sie Schwierigkeiten, sich damit durchzusetzen…), daß die Hörner des Stiers die Mondphasen repräsentieren… oft findet sie zwischen den Hörnern noch einen Kreis für den Vollmond…

Wenn die Geschlechter beim Rind-Mythem unterschieden werden, steht generell der (uranische) Stier (wie z.B. der griechische Zeus) für den Himmel und die (chthonische) Kuh für die Erde. Das stimmt damit überein, daß die Kuh ihrerseits meist die Konnotation „Fruchtbarkeit“ hat, was natürlich nur in Viehzuchtkulturen möglich ist und bei Nomaden.

In Ägypten wird die Muttergottheit Hathor durch eine Kuh repräsentiert, bei der Himmelsgöttin Nut stehen die Beine für die Himmelrichtungen.

In China wir an das yin (= die feuchte, kühle Schattenseite des Berges) mit der Kuh assiziiert - das yang (= die trockene, warme Sonnenseite des Berges) dagegen mit dem Pferd.

Das hinduistische Indien kannte Surabhi, Aditi, Prithivi und Nirriti (die Unglück und Krankheit „verwaltet“) als Kuh.

Grüße M.G.

Weshalb der Fuchs schlau sein soll, ehe er es in der Fabel
wurde, und warum man dem Wolf so böse Sachen, wie den Verzehr
von kleinen Mädchen und Omas nachsagt, ist mir nicht klar. Man
sah den Wolf vielleicht als Konkurrenten beim
Nahrungswettbewerb, obwohl neuere Beobachtungen hier einiges
richtig stellten.

Das dürfte der grund sein; natürlich auch, dass der wolf tatsächlich dem menschen gefährlich ist. Alle tiere, die als jagdkonkurrenten zum menschen auftraten, wurden spätestens im 18./19. jhdt. in Europa gnadenlos ausgerottet. Wer sowas tut, braucht aber eine starke rechtfertigung, und deshalb hat man diesen tieren die furchtbarsten eigenschaften angedichtet. Mit menschen, die man ausrotten wollte (Indianern, Afrikanern, Maoris usw.), hat der weiße mann ja das gleiche gemacht.
Und weil brutalos oft phantsielos sind, haben sie ihren opfern meist einfach genau das unterstellt, was sie selbst mit ihnen machten.
Merkwürdig widersprüchlich ist, dass männer sich umgekehrt immer wieder selbst gern mit wölfen verglichen haben, obwohl sie doch in wirklichkeit, zoologisch betrachtet, affen sind. Ganz verquer wird es, wenn kriege damit gerechtfertigt werden, dass ja auch wölfe schafe fressen. Wölfe töten aber in aller regel keine wölfe, so wie männer männer töten. Wölfe fressen schafe, so wie schafe gras fressen. Gras ist schließlich auch ein lebewesen.

Wundert sich tonikal