Kurrentschriftstück

Hallo Gemeinde,
Könnte mir jemand die handschriftlichen Einträge in diesem Standesregistereintrag aus dem Jahr 1896 übersetzen?
Danke im Voraus und beste Wünsche für 2021,
MG!

Salü,

Lampertheim am vierten October tausend acht hundert neunzig und sechs.

Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschien heute zum Zweck der Eheschließung:

  1. der Kaufmann Joseph Hanauer, der Persönlichkeit nach bekannt, israelitischer Religion, geboren am sechsten März des Jahres tausend acht hundert drei und sechszig zu Richen Bezirksamt Eppingen in Baden, wohnhaft zu Cannstatt in Württemberg, Sohn des Kaufmanns Sigmund Hanauer und seiner Ehefrau Regine Hanauer geborene Reichenburger wohnhaft zu Cannstatt, die Lina Oppenheimer, ohne Gewerbe (…)

Schöne Grüße

MM

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… am 4. Oktober 1890
Kaufmann Joseph Genener, be
israelitischer geb. 6 März 1853 zu … einst… wohnh. zu.Lauenstett im Würthemberg
Sohn, des Kaufmannes Sigmunt … Genener und seiner Ehefrau Regina Genener geb. Reichenbürger

Servus,

die wichtigsten Fehler in Deiner Umschrift beziehen sich auf die Großbuchstaben H und C in der deutschen Kurrentschrift, die hier übrigens in einer ausnehmend schönen und deutlichen Handschrift vorliegt. Die kleinen a und e, die in der Tat recht ähnlich sind, lassen sich durch Vergleich und Kontext sehr einfach auseinanderhalten. Der u-Bogen ist so eindeutig wie das d in Siegmund.

Dass es in Württemberg keinen Ort namens Lauenstett gibt, lässt sich übrigens sehr schnell und einfach recherchieren, selbst wenn man nicht weiß, in welchen Gegenden Deutschlands Ortsnamen auf -stett nicht vorkommen.

Schöne Grüße

MM

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Hallo,

Ich würde da eine Lina oder Bina lesen.

Und warum ist bei „israelitischer Religion“ in der Mitte ein Schluss-S benutzt?
fragt sich
Jörg Zabel

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Servus,

ja, die Lina habe ich inzwischen korrigiert. Und das mir! - Ich hatte eine Großmutter aus dem Hohenlohischen und eine Dote aus dem Württembergischen, die beide diesen Namen, ganz eindeutig auf -a endend, trugen - beide freilich ziemlich bzw. ganz am Ende des 19. Jahrhunderts geboren.

Zum runden s in der Mitte des Wortes, wo man eigentlich ein langes s erwarten könnte, kenne ich keine Regel - es kommt mir aber vor, als hätte ich das schon ab und zu gesehen. Kann mich aber auch täuschen, auch ohne überstandene Covid-19-Infektion ziehen so nach und nach die Ratten unterm Dach ein…

Schöne Grüße

MM

Vielen Dank, MM. Hab was ganz anderes gelesen.
Ich hätte noch weitere Seiten aus dem Lampertheimer Register, vielleicht hast Du noch weitere Zeit?
Bis bald.

Servus,

ja, das große H hat der Kuckuck gesehen…

Zeit habe ich glaub schon - von dem vielen weniger angenehmen Zeugs, was ich mir vorgenommen hatte, wird sowieso das meiste wieder mal prokrastiniert…

Aber trotz personenbezogener Angaben lieber hier im Forum als per PN, weil hier die üblichen Verdächtigen für Kontrolle, Korrektur und ggf. Ergänzung zur Verfügung stehen.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

Ich kenne nur das lange S in der Mitte, es sei denn, dass es sich um ein „zusammengesetztes Wort“ handelt, aber das ist hier nicht der Fall. (Das runde S in der Wortmitte sehe ich eigentlich nur in „neuen“ Worten, seit diese Schrift in gewissen Kreisen wieder in Mode ist, allerdings ohne die alten Schreibregeln zu kennen.)

Schau Dir nochmal die „Lina“ an (Vergleich mit Lampertheim). Kann es nicht auch nein B sein? Auch L und B kann der Teufel gesehen haben …

Gruss
Jörg Zabel

Hi Jörg Zabel

Weil das Schluss-s der Kurrentschrift nicht nur am Wortende, sondern auch am Silbenende steht.

Offenbar hat man damals, wie auch heute noch der Duden, die Worttrennung „is-ra-e-li-tisch“ gelesen.

Gruß
Metapher

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Servus,

kurioserweise: Ja. Der Vergleich von „Lampertheim“ und „Bezirksamt“ zeigt ein L und ein B, die aus dieser Handschrift grad gleich ausschauen.

Für Lina spricht bloß die Wahrscheinlichkeit: Bina als verkürzte Sabina gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, und die hebräische Bina wäre wohl erst später in Frage gekommen, als die Zionisten ein von den Württembergern, Hessen, Kurpfälzern, Badensern usw. zu trennendes „Jüdisches Volk“ erfunden hatten.

Schöne Grüße

MM

Servus,

die Erklärungen zu Deinen Fehlern sind weniger für Dich gedacht (ich weiß, dass Du Dir nichts erklären lässt) als für Leser, die die deutsche Kurrentschrift nicht kennen oder nur nach Gefühl lesen, und die mit diesen Erläuterungen selbst lernen können, die Schrift besser zu lesen.

Im übrigen ist es immer ungünstig, in einer Diskussion zu einer Sachfrage Fehler unkorrigiert stehen zu lassen.

Wenn es Dir so schwer erträglich ist, dass Deine Fehler korrigiert werden, gibt es eine ganz einfache Abhilfe: Keine mehr machen…

In diesem Sinne

MM

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Also weiter, jetzt ein harter Brocken in schlampiger Ausführung, der Name des geborenen Kindes ist für mich nicht zu lesen, ebenso der Text rechts im Bild.
Es geht um die Geburt eines Sohnes von Leopold und Regine Oppenheimer im April 1884 (Register vom 10.4.1884), die Eltern der o.g. L(B)ina Oppenheimer waren.

Danke, da hatte ich mehr erkannt.
Bitte lass es und lerne von anderen…

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Ich lese dort das mir eindeutig erscheindende „Bina“. Und zwar wegen der - auch in „ausgeschriebenen“ bzw. schludrigen Kurrenthandschriften kaum unterschlagenen Schleife am Bauch des Buchstabens, bevor er die Brücke zum „i“ schlägt. Diese Schleife definiert ja gerade den Unterschied zwischen den Schreibschrift-Graphen „L“ und „B“.

Die Bedenken von @Aprilfisch

kann ich nicht teilen. Warum sollte ein Joseph israelitischer Religion nicht eine Bina hebräischen Vornamens als Ehegesponst finden können?

Gruß
Metapher

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Ja, das ist wahr.

Die Bina hab ich für eher unwahrscheinlich angesehen, weil der Name für eingesessene Schwaben bzw. Kraichgauer doch ziemlich exotisch gewesen sein muss. Dass man aus der Religion gleich eine ganze Kultur macht und sich gegen die Gojim der Umgebung dezidiert abgrenzt, ist wohl erst später Mode geworden.

Aber es stimmt schon, nach einem Bischof von Rom wird das Mädchen auch nicht grad benannt worden sein…

Schöne Grüße

MM

Erstmal ad hoc der Text rechts:

Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschien heute der Persönlichkeit nach bekannt der Kaufmann Leopold Oppenheimer /Erst/ wohnhaft zu Lampertheim und zeigte vor, daß dem von seiner Ehefrau am[?] achten April dieses Jahres geborenen Kinde männlichen Geschlechts der Vornamen Eugen beigelegt worden sei.
Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.
Leopold Oppenheimer [römisch] I.
der Standesbeamte
Serlinger

Die Übereinstimmung mit[?] dem Hauptregister beglaubigt
Lampertheim am 20. Mai 188(4)
Der Standesbeamte
…[?]

Gruß
Metapher

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Das Formular links:

… erschien heute, der Persönlichkeit nach bekannt, der Kaufmann Leopold Oppenheimer der Erste
wohnhaft zu Lampertheim
israelitischer Religion, und zeigte an, daß der von der
Regine Oppenheimer geborenen Retewitzer/Retowitzer[?],
seiner Ehefrau, israelitischer Religion,
wohnhaft bei ihm,
zu Lampertheim in seiner Wohnung,
am achten April des Jahres
tausend acht hundert achtzig und vier Vormittags
um sechs Uhr ein Kind männlichen
Geschlechts geboren worden sei, welches einen Vornamen
noch nicht
erhalten habe.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben
Leopold Oppenheimer I.

Der Standesbeamte
Serlinger

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Sorry, das reingequetschte Wort ist natürlich
„Leopold Oppenheimer Erster, wohnhaft in …“

(hatte die römische „I“ hinter dem Namen erst später perzipiert)

Tausend Dank.
Eugen, das ist genau der, den wir suchen.
Gefallen im 1. WK. 1914. Wir suchen eventuelle Nachfahren seiner Geschwister.