Kurt Tucholskis Tod

Hallo,

ich bin letztlich durch eine Lyrikmail mal wieder über Tucholski „gestolpert“ und habe mich gefragt, was diesen Mann bewogen hat, Selbstmord zu begehen- so es denn einer war.
Es wird auf verschiedenen Internetseiten (auch Wikipedia natürlich) überall von einer Krankheit (Nase / Magen) berichtet, nicht aber, unter welcher Krankheit genau er nun eigentlich litt, was ich doch irgendwie seltsam finde. Man könnte bei Magen auf Krebs schließen, aber Magenkrebs ist relativ brutal, damit laboriert man nicht jahrelang herum.
Darüber wüsste ich nun gerne genaueres. Denn Schmerzen haben doch auch schon einige dazu bewogen, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Auch das wäre doch durchaus möglich, denke ich.

Gruß

Hermann

Hallo Hermann,

ist denn nicht einer der Hauptgründe für einen Suizid die für einen selbst empfundene ausweglose Perspektivlosigkeit?

Kann denn diese angesichts der bekannten Entwicklung in Deutschland nicht mindestens genauso lähmend unerträglich georden sein wie sein von seiner Seite aus empfundene Verzweiflung über sein eigenes Versagen (aus seiner Sicht) in bezug auf die verlorene Liebesmüh, sein geliebtes Deutschland vor dieser Entwicklung bewahrt haben zu können?

Eine gescheiterte Beziehung und eine jahrelang sehr angeschlagene Gesundheit sowie seine von ihm selbstempfundene Scham ob seiner „Feigheit“, seinen Freunden Ossietzki und Oss nicht beigestanden zu haben, könnten doch sehr wohl das fast völlige Aufgeben jeglichen Schaffens seit Anfang der 30er Jahre (was doch eigentlich ziemlich deutlich für eine sich höchst unerquickliche Depressionssymptomatik spräche) mit ausgelöst und in den Augen des Niedergeschlagenen somit eine sich verselbstständigte Ausweglosigkeit manifestiert haben.

Ich weiss nicht. Es gibt zahllose weniger nachvollziehbare Gründe, nicht mehr leben zu wollen, findest du nicht?

Beste Grüße

Annie

Hallo Annie,

danke für dein frühes Posting :smile:.

Ich weiss nicht. Es gibt zahllose weniger nachvollziehbare
Gründe, nicht mehr leben zu wollen, findest du nicht?

Ist das jetzt ironisch zu verstehen? Ich wollte eigentlich zunächst nur mal wissen, unter welcher körperlichen Erkrankung Tucholski gelitten hat- oder gibt es da auch Zweifel?

Es grüßt

Hermann

Hei Hermann,

nee, ich hab Nachtschicht :smile: Aber ich habe den Hauptteil deiner Frage dahingehend verstanden, dass du gefragt hattest, was ihn bewogen haben könnte, Selbstmord zu begehen. Über die Natur seiner Krankheiten ist mir auch nichts bekannt, sorry.

Beste Grüße

Annie

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Hei Annie,

nee, ich hab Nachtschicht :smile:

Mein Beileid …

Aber ich habe den Hauptteil
deiner Frage dahingehend verstanden, dass du gefragt hattest,
was ihn bewogen haben könnte, Selbstmord zu begehen.

Nee, ich persönlich neige eher dazu anzunehmen, dass es kein Selbstmord war. Ich schreib’ ja auch im ersten Satz: „… so es denn einer war.“ Auch in der Literaturwissenschaft wird wohl der Selbstmord mittlerweile nicht mehr so kritiklos akzeptiert.

Über die Natur seiner Krankheiten ist mir auch nichts bekannt, sorry.

Na ja, die von dir aufgeführten Punkte und deine Schlussfolgerung, dass man dadurch depressiv werden könnte, ist ja auch schon eine Diagnose, wenn auch keine körperliche. Wahrscheinlich kommt einiges zusammen- mal sehen, ob andere über die Natur seiner körperlichen Erkrankung etwas wissen.

Gruß

Hermann

Tucho steht mir ziemlich nahe, deshalb möchte ich, ohne deswegen weiter zu recherchieren, aus dem Bauch heraus folgendes sagen:
Tucho war ein kleiner, zarter, dicklicher, empfindsamer, klarsichtiger und gewissenhafter Mann. Also keiner, der über fremde Leichen geht, eher ein Opfertyp. Er hat sich mit seiner Rolle als prominenter Bekenner und Idealist ziemlich überfordert. Gegen Ende seines Lebens konnte er sich nach Aussage seiner Freunde einer gewissen Panik nicht entziehen. Er konnte die Dinge nicht so - naja, wie soll ich sagen - glaubensstark - auf sich zukommen sehen wie etwa Bonhoeffer. Viele Menschen sind in einen Strudel hineingeraten (und tun es noch), in dem die Grenzen von Krankheit, Angst, Verzweiflung, Verfolgung und tatsächlicher Übergriffe fließend sind.
Soweit Bumi

Hallo Hermann,

vielleicht sind diese Links etwas hifreich:

http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=…

http://www.kurt-tucholsky.org/?page_id=2

http://www.schulen.ostprignitz.de/heinrich_rau_schul…

http://www.foonews.info/de-rec-buecher/2633276-tod-t…

http://www.deutschstunde.info/media//DIR_43053/ee150…

http://www.was-war-wann.de/personen/schriftsteller/k…

In den div. Links ist von Magenleiden, von Nasenleiden, von Einschlafstörungen, von Depressionen und von Operationen die Rede.

Lieben Gruß
Dantis

Hallo Dantis,

danke für die Links; sie bestätigen das, was ich gefunden habe: Nichts genaues weiß man nicht. Wenn T. ein Nasenleiden hatte und er deswegen im Krankenhaus war, dann nimmt es Wunder, dass es darüber keine genaueren Infos gibt, zumal das ja in Schweden war.

Gruß

Hermann

Hallo Bumi,

also ich habe im Grunde gar nichts gegen ‚Äußerungen aus dem Bauch‘, trifft aber irgendwie nicht so recht den Kern meiner Frage. Der Mann ist schließlich mehrmals operiert worden. Da muss es doch irgendwelche Unterlagen drüber geben, oder?

Gruß

Hermann

Hallo Hermann,
da habe ich den Kern deiner Frage tatsächlich nicht geschnallt. Über medizinische Einzelheiten müsste ich auch googeln etc. Liegt vielleicht auch daran, dass mich die medizinischen Einzelheiten weniger als früher interessieren. Ich empfinde sie mittlerweile als austauschbar. Wenn die Motivation oder der Lebenswille oder das Immunsystem nachlassen und du nicht der Mensch für Krebs bist, na dann wirds halt ein Herzinfarkt oder eine Leberzirrhose wie bei so vielen Schriftstellern.
Gruß
Bumi

Hallo Bumi,

da habe ich den Kern deiner Frage tatsächlich nicht
geschnallt.

Ja, ich weiß, allopathische Einzelheiten sind in der Welt der allgemeinen Psychologisiererei nicht gerade up to date :wink:. Dennoch wüsst’ ich’s halt gerne.

Liegt vielleicht auch daran, dass mich die
medizinischen Einzelheiten weniger als früher interessieren.

Sondern nur die Lebensumstände von Tucholski?

Ich empfinde sie mittlerweile als austauschbar.

Das schnall ich wieder nicht.

Gruß

Hermann

Schnallung
Hallo Hermann,
Psychologisiererei ist natürlich genau so doof wie Allopathisiererei. Ich bin froh, dass es Leute gibt, die sich für die Reparatur kaputter Organe interessieren. Ich muss aber viel seltener hin, seit ich mich als Ganzheit begreife.
Der Spruch von der Austauschbarkeit weniger kurz und zugespitzt: wenn im Laufe der Jahrzehnte schon einiges Wissen beisammen ist über die Zuordnung von Lebensumständen und Krankheitsbildern, reichen einem schon die Auskünfte über die Lebensumstände. Und selbst die sammle ich nicht engagiert, sondern sie sind einfach allgegenwärtig. Ich will mit meinem Nachbarn über Tuchos „Befürchtung“ reden, er könne sich beim Sterben danebenbenehmen und bekomme den ganzen Klatsch mit.
Gruß
Bumi

Hallo bumi,

Psychologisiererei ist natürlich genau so doof wie
Allopathisiererei.

Na, da geb’ ich dir natürlich Recht. Verwunderlich ist doch nur, dass eine Frage nach körperlichen Krankheiten hier sofort mit dem Verweis auf die Lebensumstände von Tucholski beantwortet wird! Nach dem Motto: Igitt, da ist einer, der möchte eine Krankheitsbezeichnung wissen, ist ja ekelhaft! Der steht ganz auf der falschen Seite!

Ich bin froh, dass es Leute gibt, die sich
für die Reparatur kaputter Organe interessieren.

Jau, und wer z.B. Epilepsie hat- wie ich- der ist auch ganz froh über die Chemie, die nämlich dafür sorgt, dass seine Anfälle nicht mehr auftreten (Chemie ohne Nebenwirkungen in meinem Fall). Beim Beinbruch ist vielleicht Reiki auch nicht so angesagt… und so weiter…

Ich muss aber viel seltener hin, seit ich mich als
Ganzheit begreife.

Klingt edel und gescheit, aber auch überaus nichtssagend bzw. dem allgemeinen Zeitgeist folgend.

Der Spruch von der Austauschbarkeit weniger kurz und
zugespitzt: wenn im Laufe der Jahrzehnte schon einiges Wissen
beisammen ist über die Zuordnung von Lebensumständen und
Krankheitsbildern, reichen einem schon die Auskünfte über die
Lebensumstände.

Nö, der Mann ist operiert worden, das geschah- auch damals- nicht auf dem Küchentisch bei sich zu Hause. Also geschah es in einem Krankenhaus, und da wurde - auch damals- schon eine Diagnose gestellt. Ob die nun falsch oder richtig ist, das war auch gar nicht meine Frage.

Und selbst die sammle ich nicht engagiert,
sondern sie sind einfach allgegenwärtig.

Ah, "ALL"gegenwärtig sozusagen kosmisch und intergalaktisch, oder? Ich schließe also meine Augen und Tucholski selbst säuselt mir aus dem Jenseits seine Nasen OP zu. Mensch, also dass ich da nicht selbst gleich drauf gekommen bin!!!

Ich will mit meinem
Nachbarn über Tuchos „Befürchtung“ reden, er könne sich beim
Sterben danebenbenehmen und bekomme den ganzen Klatsch mit.

Ooops, hier wieder ein Nicht Schnaller von mir. Klingt, als versuchst du nun mit Tucholski zu sprechen…

Gruß

Hermann