'Laien'zeugnisse

Hallo,

neulich zeigt mir jemand voller Stolz sein Zwischenzeugnis, bei dem mir die Haare zu Berge standen, weil es von einem Handwerksmeister ausgestellt wurde, der offensichtlich nicht die geringste Ahnung hat, wie ein Zeugnis formuliert wird.

Man hat gemerkt, dass er ein gutes Zeugnis schreiben wollte, dass er dem AN sehr gewogen ist, aber es enthielt z.B. nicht im Geringsten das, was hier bei anderen Zeugnissen oft reklamiert wird: Eigeninitiative, Erfolge etc.

Mir stellt sich aber nun die Frage: Wie betrachten professionelle Personaler derartige Zeugnisse? „Erkennen“ sie die Schwäche des Ausstellers und haben andere als die üblichen Kriterien, um ein derartiges Zeugnis zu bewerten? Wenn ja (was ich hoffe), dann welche?

Dank & Gruß,
Anja

nicht zuviel Hoffnung machen …

Man hat gemerkt, dass er ein gutes Zeugnis schreiben wollte,
dass er dem AN sehr gewogen ist, aber es enthielt z.B. nicht
im Geringsten das, was hier bei anderen Zeugnissen oft
reklamiert wird: Eigeninitiative, Erfolge etc.

Mir stellt sich aber nun die Frage: Wie betrachten
professionelle Personaler derartige Zeugnisse? „Erkennen“ sie
die Schwäche des Ausstellers und haben andere als die üblichen
Kriterien, um ein derartiges Zeugnis zu bewerten? Wenn ja (was
ich hoffe), dann welche?

Das hängt davon ab, wie kenntnisreich der Personaler ist und wieviel gedanklichen Aufwand er bereit ist, in das Zeugnis zu investieren. Großen Illusionen würde ich mich da aber nicht hingeben. Viele werden schlicht nach „Schema F“ verfahren und, wenn sie keine konkreten Erfolge finden, das weitere Denken einstellen; das sieht man ja schon an den Antworten, die diejenigen hier im Forum geben, die für sich in Anspruch nehmen, erfahrene Zeugnisleser zu sein. Kleines Beispiel:

[…] FAQ:2027
Konkrete Erfolge/erkl. Beispiele sind nicht zu finden: durchgefallen

neulich zeigt mir jemand voller Stolz sein Zwischenzeugnis,
bei dem mir die Haare zu Berge standen, weil es von einem
Handwerksmeister ausgestellt wurde, der offensichtlich nicht
die geringste Ahnung hat, wie ein Zeugnis formuliert wird.

Viele Handwerkbetriebe beschäftigen fünf und weniger Mitarbeiter. Die Inhaber/Meister dieser Kleinbetriebe werden vielfach Wichtigeres zu tun haben, als sich mit der verquasten Formulierung von Arbeitszeugnissen zu beschäftigen. Sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen.
Umgekehrt interessiert sie, aus welchem Betrieb am Ort oder in der Region der Bewerber kommt, wo er sonst noch gearbeitet hat und wie lange. Die Namen dieser Konkurrenzbetriebe dürften für ihn aufschlussreicher sein als jedes Zeugnis.

Mir stellt sich aber nun die Frage: Wie betrachten
professionelle Personaler derartige Zeugnisse?

Die „professionellen Personaler“, die täglich in irgendwelchen Internetforen auf die FAQ hinweisen? Die Wahrscheinlichkeit, dass ein tüchtiger Handwerksgeselle mit vermeintlich schlechtem Arbeitszeugnis solchen Gestalten im Kleinbetrieb begegnet, dürfte gegen Null tendieren. Insofern hat das zumindest für die Bewerber keine Bedeutung.

Ja - und nein
Hi!

Mir stellt sich aber nun die Frage: Wie betrachten
professionelle Personaler derartige Zeugnisse? „Erkennen“ sie
die Schwäche des Ausstellers und haben andere als die üblichen
Kriterien, um ein derartiges Zeugnis zu bewerten? Wenn ja (was
ich hoffe), dann welche?

Das wäre ungefähr so, als würdest Du fragen: Wie schnell ist ein Auto?

Zunächst mal wird es einen Kleinbetrieb (Handwerksbetriebe sind selten so groß, dass sie eine Personalabteilung brauchen) kaum interessieren, was da genau im Zeugnis steht.

Personaler als solche werden abhängig von der Resonanz an Bewerbungseingängen mehr oder weniger intensiv in die Bewerbungen hineinschauen.
Ganz ehrlich: Nur, wenn das Anforderungsprofil mit dem Bewerberprofil weitgehend übereinstimmt, schaut man idR. überhaupt in ein Zeugnis (klar kommt das auf die Qualifikation der Stelle an).

Je erfahrener ein Personaler ist, desto eher erkennt er den guten Willen.
Es gibt aber auch genügend Leute meiner Zunft, die sich daran aufhängen (was dann der Grund ist, warum unter anderem ich hier ein so vehementer Verfechter der FAQ:2027 bin), wenn etwas nicht passt.

Gruß
Guido

Hallo Anja,

Mir stellt sich aber nun die Frage: Wie betrachten professionelle Personaler derartige Zeugnisse? „Erkennen“ sie die Schwäche des Ausstellers und haben andere als die üblichen Kriterien, um ein derartiges Zeugnis zu bewerten? Wenn ja (was ich hoffe), dann welche?

Zeugnisse betrachtet man eigentlich immer im Zusammenhang aller vorliegenden Zeugnisse / Referenzen eines Bewerbers, erst die Gesamtsumme ergibt ein Bild.

Mit viel Erfahrung in der Materie erkennt man auch relativ schnell, ob der Zeugnisaussteller das Handwerkszeug beherrscht, insbesondere, wenn das Zeugnis inhaltlich / stilistisch etwas eigenwillig wirkt.

Wenn ein Zeugnis im Vergleich zu den anderen vorliegenden Zeugnissen des Bewerbers auffällig aus dem Rahmen fällt - egal ob in die eine oder andere Richtung - nehme ich schon mal Kontakt zu dem Zeugnisausteller auf und hinterfrage die Bewertung. Erschreckend ist dabei übrigens die relativ hohe Trefferquote gefälschter Zeugnisse.

Viele Grüße
Diana